Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Bei Geld hört die Liebe auf

Maesi, Thursday, 20.10.2005, 00:51 (vor 6966 Tagen) @ Peter

Als Antwort auf: Bei Geld hört die Liebe auf von Peter am 17. Oktober 2005 22:48:

...tja...Pech gehabt! ;-)

http://www.n-tv.de/591315.html[/i]

In diesem Falle die (ohnehin nur geheuchelte) Liebe des Staates (ein seelenloses Monstrum) zur Institution der Ehe.
Wie mir generell auffällt: Daß staatliche Interventionen (auch und gerade im Bereich des menschlichen Zusammenlebens) primär einem Zwecke dienen: den Staatssäckel von lästigen Ausgaben zu entlasten (und das Geld lieber für die machterhaltende Lobby- und Klüngelpflege auszugeben).

Da ergibt sich ein aeusserst zwiespaeltiges Bild. In den vergangenen 50 - 60 Jahren hat sich der Staat immer staerker in die Belange der Buerger eingemischt. Die meisten der grossen Sozialwerke (Altersvorsorge, Arbeitslosenunterstuetzung, Krankenkasse, Unfallversicherungen) wurden entweder in dieser Zeit installiert oder zumindest wesentlich ausgebaut. Vorher waren die Buerger bzw. die Familien als wichtigste elementare Solidargemeinschaften fuer alle diese Belange selbst verantwortlich. Die Verschiebung von Aufgaben, die urspruenglich Familien uebernahmen, an weitgehend anonyme, staatliche Institutionen hat IMHO Familien weitgehend obsolet gemacht; in der Folge wurden dadurch indirekt wohl mehr Familien zerstoert als durch saemtliche Ehebrueche, feministischen Selbstverwirklichungsphantasien, Auseinanderleben der Ehegatten, weltanschauliche Differenzen der Ehegatten und sonstige Gruende, die bei Ehescheidungen so angegeben werden, zusammen. Weil die Solidargemeinschaft 'Familie' wird heute nicht mehr 'gebraucht' wird, faellt sie haeufiger und schneller auseinander (sofern sie ueberhaupt erst zustandekommt) - das ist der Preis fuer die sozialstaatliche Sicherheit, den wir zu zahlen haben.

Erst nachdem der Staat ueberhaupt eine finanzielle Verpflichtung als seine Sache anerkannt hat und damit prinzipiell zu uebernehmen bereit war, konnte er versuchen, die sich daraus ergebenden Kosten abzuschieben. In frueheren Zeiten wurden Armengenoessige ohne Angehoerige u.U. ins Armenhaus abgeschoben, wo sie ein ziemlich tristes Dasein fristeten; Kinder, deren Eltern sie nicht versorgen konnten, wurden kurzerhand als Verdingkind (=Pflegekind) in irgendeiner Bauernfamilie untergebracht, sich selbst ueberlassen oder als billige Arbeitskraft augebeutet/verkauft (man erinnere sich etwa an die bis zum Ersten Weltkrieg verkauften 'Schwabenkinder'), und das war dann wahrlich kein Zuckerschlecken. Das heute geltende Unterhaltsrecht gab es schlichtweg nicht, und man musste in der Familie das Beste daraus machen. Aus diesem Grunde waren die Ehen frueher sehr stabil; es war meist eine Frage der nackten Existenz, dass man zusammenblieb - und bei der Frage entweder 'hungern' oder als Ehegatten sich irgendwie miteinander arrangieren war die Entscheidung fuer alle Beteiligten vergleichsweise einfach. Der Unterschied besteht also darin, dass damals nicht Kosten vom Staat auf den Buerger abgewaelzt sondern schlichtweg gar nicht erst als Staatsverpflichtung anerkannt wurden (ueber eine staatliche Bevorschussung von Unterhalt haetten die damals bloss verstaendnislos den Kopf geschuettelt), der Staat erachtete das wirtschaftliche Ueberleben seiner Buerger weitgehend als deren familiale Privatsache. Und genau das hatte erhebliche gesellschaftliche Konsequenzen auf die Familiensolidaritaet aber beispielsweise auch auf die Nachbarschaftssolidaritaet, die Solidaritaet in der Dorf- oder Quartiergemeinschaft - ueberall war man gezwungen sich gegenseitig zu helfen, um ueber die Runden zu kommen. Die heutige Anonymisierung und Vereinzelung der Menschen hat zweifellos sehr stark mit der zunehmenden Installierung des weitgehend anonym handelnden Sozialstaatssystems zu tun.

In diesem Sinne haben Feministinnen (und nicht nur diese) den Staat nicht gekapert sondern sind eine symbiotische Beziehung mit ihm eingegangen

Zweifellos ist der Feminismus eine Beziehung mit dem Staat eingegangen - zumindest jene Teile, die ich gemeinhin als Staatsfeminismus bezeichne. Inwieweit die Beziehung tatsaechlich symbiotisch oder eher als parasitaer zu bezeichnen ist, muesste man wohl genauer untersuchen. Fuer den Staat bringt der Feminismus IMHO kaum einen greifbaren Nutzen. Vielmehr konnten sich feministische Lobbyisten in bestimmten staatlichen Bereichen einnisten, weil einerseits eine gewisse Klientel das so wollte und dementsprechende Interessenvertreter bei den Parteien waehlte, und andererseits das Machtestablishment die Lobbyisten so befrieden konnte - es handelt sich eher um einen machtpolitischen Kuhhandel denn um eine Symbiose.

Beispiele:
Das oben erwähnte Gesetz gegen Versorgungsehen: Das Institut der Ehe wird vom Staat nur dann anerkannt, soweit es ihn von Verpflichtungen und damit Ausgaben entlastet (Unterhaltszahlungen) sobald es ihn etwas kostet, will er davon nix wissen. Steht das so im Grundgesetz?

Die traditionelle buergerliche Ehe wurde vom Staat gewissermassen als Gesamtpaket von Rechten und Pflichten der Ehegatten einander gegenueber installiert; die Ehe erzeugte also Rechtssicherheit. Finanzielle Ansprueche von Ehegatten gegenueber dem Staat (welcher Art auch immer) gehoerten urspruenglich ueberhaupt nicht dazu. Erst durch den Sozialstaat mutierten Ehe und Familie je laenger je mehr zu staatlichen Subventionsempfaengern und Foerderobjekten; durch die explodierten Scheidungszahlen haengen gerade Alleinerziehende heute finanziell richtiggehend am staatlichen Tropf. Vor 50 oder 60 Jahren waeren sie gar nicht erst zu Alleinerziehenden geworden, weil vom Exe noch weniger Unterhalt zu erwarten gewesen waere als heute (wenn ueberhaupt), und der Staat haette mit Sicherheit eiskalt darauf hingewiesen, dass der Alleinerziehende gefaelligst selbst arbeiten gehen solle, und die Kinderbetreuung von ihm irgendwie privat zu organisieren sei. Es war dieser Zwang zur Selbstorganisation aufgrund aeusserer Umstaende der Ehen so dauerhaft werden liess. Hingegen waren nichteheliche Partnerschaften gar nicht anerkannt und obendrein gesellschaftlich verpoent, wenn nicht sogar gesetzlich verboten, waehrend es gleichzeitig einem sozialen Aufstieg entsprach, wenn man heiratete. Junggesellen und Jungfern hatten u.U. bei der Stellensuche erhebliche Probleme, weil Verheiratete (insbesondere verheiratete Maenner als anerkannte Familienernaehrer) bevorzugt eingestellt wurden.

Fehlende steuerliche Absetzbarkeit von Unterhaltszahlungen: Na klar erst kommt der Staat, dann der Unterhalt und vom Rest kann der Zahlungspflichtige dann bei Aldi Joghurt kaufen. Warum sollte der Staat hier auf sichere Einnahmen verzichten?

Der Staat sah sich schon immer als privilegierter Glaeubiger (vor allen anderen Glaeubigern) gegenueber seinen Buergern.

Das (vorerst gescheiterte) Gesetz gegen heimliche Abstammungstests (fälschlich Gentests genannt): Hier hat der Staat die Befürchtung wirtschaftlich potente Unterhaltszahler zu verlieren (wenn diese feststellen das der Balg nicht von ihnen ist) und selber einspringen zu müssen da der tatsächlich Unterhaltspflichtige nicht mehr zu identifizieren ist. Keinen anderen Grund gibt es, alles andere ist (feministische) Propaganda.

Zustimmung. Die strafrechtliche Verfolgung von heimlichen Vaterschaftstests wurde einzig und allein aus diesem Grund heraus geplant. Das sieht man schon daran, dass sich die politische Diskussion ausschliesslich auf die Vaeter konzentrierte, die mit diesen Tests Gewissheit ueber ihr tatsaechliches Verwandtschaftsverhaeltnis mit ihren Kindern zu erlangen hoffen. Die bis zu 40% Frauen, welche solche Tests anfordern, waren politisch absolut kein Thema. In Faellen, in denen die Mutter aufgrund ihrer Promiskuitaet nicht sicher ist, wer denn nun eigentlich der Vater ihres Kindes ist, bringen die heimlichen Vaterschaftstests dem Staat sogar Vorteile, weil die Frau dann mit grosser Sicherheit den richtigen Vater benennen kann und bei allfaelligen Vaterschaftsanfechtungsklagen beim hernach behoerdlich angeordneten Vaterschaftstest keine 'Ueberraschungen' mehr zu erwarten sind.

Die Gleichstellung von homosexuellen Lebenspartnerschaften: Die Gleichstellung ist ein Witz und bietet bestenfalls Marginalien wie erleichte Auskunftserteilung beim Arzt. Dagegen steht die damit eingegangene gegenseitige vollumfängliche Unterhaltverpflichtung (dafür als eine Art "Perversenzuschlag" dann allerdings kein Ehegattensplitting bei der ESt). Dies war der Hauptgrund für die Einführung. Netter Nebeneffekt: Bonuspunkte bei Lobbies die ihre Existenz auch gerne rechtfertigen möchten und bei einer relevanten Wählergruppe.
Was für ein Grund haben Staat und Wirtschaft für die massive oberflächliche Frauenbevorzugung?

Die Wirtschaft bevorzugt die Frauen gar nicht so sehr, wie es manchmal scheint. Die Frauenbevorzugung ist nahezu ausschliesslich auf die politische Ebene sowie den OeD beschraenkt. Mittels geeigneter Gesetze soll aber jetzt auch die Privatwirtschaft im feministischen Frauenbevorzugungssinne korrumpiert werden. Ob das funktioniert, bezweifle ich. Ein Unternehmer haelt sich im heutigen Markt nicht lange, wenn er ueber laengere Zeit hinweg das Verhaeltnis zwischen dem erbrachten Nutzen und der verursachten Kosten der bei ihm Beschaeftigten ausser Acht laesst. Sofern solche Gesetze tatsaechlich eine leistungsunabhaengige Frauenbevorzugung erzeugen sollen, dann werden sie von der unter immensem Kostendruck stehenden Wirtschaft auf die eine oder andere Weise unterlaufen. In die Koepfe der meisten (nicht marktwirtschaftlich denkenden) Sozialreformer genderistischer Herkunft geht das allerdings nicht hinein. Sie glauben an die ordnende Kraft des Obrigkeitsstaates und kalkulieren die Kreativitaet der opportunistischen Menschen so gut wie nie mit ein; die Tragoedie ist perfekt, wenn zwischen gaengelnder Obrigkeit und sich kreativ widersetzenden Untertanen ein Wettlauf entsteht, den die Obrigkeit in den seltensten Faellen gewinnen kann, und wenn doch, dann nur mit aeusserst repressiven Mitteln.

Meine These (ob sie neu ist, weiss ich nicht, würde mich aber auch wundern):
Frauen werden benötigt zur Stabilisierung des Systems.
Sie sind unkritische Konsumenten und sie sind willige Konsumenten (jeder Versandhauskatalog hat 500 Seiten unötigen Mist für die Zielgruppe Frau, 10 Seiten unnötigen Mist für die Zielgruppe Mann und 20 Seiten sinnvolles für beide Geschlechter aufgelistet - warum wohl?)
Sie hinterfragen weniger (oder gar nicht) - weder das System als ganzes als auch nur einzelne Anordnungen. Das erlebe ich täglich im Geschäft, wo die Frauen treudoof jeden Unsinn schlucken und ausführen der von oben angeordnet wird und dafür natürlich von den Managern gemocht werden (und deswegen natürlich auch nicht Karriere machen, jemand muss ja den Unsinn der Chefs ausführen *fg*)

Das alles ist durchaus moeglich. Bloss muss man sich fragen, ob die Systemstabilisierung durch konsumunkritische Frauen tatsaechlich allein durch staatliches Sponsoring erzielt werden kann, oder ob das wenigstens die effizienteste Methode ist. Das ist keineswegs sicher, denn staatliche Subventionierung und strikte Kostenkontrolle vertragen sich nur aeusserst selten, da der Staat so gut wie nie marktwirtschaftlich handelt. Selbst wenn heute einzelne Systemtheoretiker die 'Erhaltung weiblicher Kaufkraft durch Staatssubventionen' als angemessene Loesung ansehen und aus diesem Grund den weiteren Ausbau solcher Zahlungen befuerworten, bezweifle ich, dass das schon zu Beginn dieser Subventioniererei die Intention war. Urspruenglich ging es wohl einfach darum, einem wirtschaftsschwachen Menschen zu helfen - zumindest haben sich die Verantwortlichen der Sozialstaatsidee das selbst so eingeredet.

Gruss

Maesi


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