Hyänen im Hosenanzug
Hyänen im Hosenanzug
Ein neues Buch über weibliche Sabotage am Arbeitsplatz
Am Arbeitsplatz herrscht Wettbewerb: um die guten Jobs und die dicken Gehaltsschecks, um Redezeit im Meeting, die besten Mitarbeiter im Team, ja sogar um den Parkplatz vor dem Haupteingang. Männer finden das normal, viele genießen es gar zu konkurrieren. Schließlich haben sie sich schon als Jungs geprügelt, um herauszufinden, wer der Platzhirsch auf dem Schulhof ist.
Frauen hingegen werden vom Konkurrenzkampf im Büro offenbar überrascht. So sehr, daß ganze Bücher über die Tatsache entstehen, daß Kolleginnen sich untereinander nicht unbedingt verhalten wie liebende Schwestern. Nach Anja Busses "Zicken unter sich" im vergangenen Jahr kommt nun Nan Mooney mit "I Can't Believe She Did That!"
Das Buch ist unterhaltsam geschrieben, trotzdem will man es vor Ärger am liebsten in die Ecke pfeffern, weil die Anekdoten über den Kampf der Amazonen jedem Büromenschen so verdammt vertraut vorkommen: In über 100 Interviews mit Arbeitnehmerinnen aus verschiedenen Branchen und Hierarchiestufen hat Mooney gesammelt, wie und warum Frauen sich im Job gegenseitig ausbooten, hintergehen, anfeinden.
Das Gerempel um die sonnigen Plätze an der Macht, das Männern bestenfalls den Spruch entlockt "Wenn du die Hitze am Herd nicht vertragen kannst, dann versuch auch nicht zu kochen", scheint Frauen zu entsetzen. "Ich dachte immer, wir Mädels müssen zusammenhalten", beschreibt die Autorin die typisch weibliche Haltung. "Wir fühlen uns emotional verpflichtet, einander zu unterstützen, wollen und müssen aber auch miteinander konkurrieren."
Statt dabei ein professionelles Maß an Fairness zu pflegen, sind Frauen auch im Büro entweder beste Freundinnen oder aber erbitterte Feindinnen. Insbesondere dann, wenn eine aus der Gruppe heraus es wagt aufzusteigen: Zu den Machtspielchen mit den Männern kommt zusätzlich noch der Kampf gegen die Kolleginnen. Eingeweihte meinen dazu: Letzteres ist deutlich schlimmer.
Die vielgepriesene höhere emotionale Intelligenz der Frauen entpuppt sich dabei nicht als Vorteil. Frauen erspüren genau, wo die Schwächen des Gegners sind und wissen, wo sie zuschlagen müssen. Daß Frauen persönlich stärker interagieren und daher die besseren Führungskräfte sind, wird gern betont, die Kehrseite fällt unter den Tisch: Frauen nehmen alles persönlich, insbesondere die Aktivitäten anderer Frauen. Wo Männer das Visier hochklappen und offen attackieren, sabotieren Frauen im Verborgenen. Kurz, von der Mär, Frauen seien schon deswegen die besseren Chefs, weil sie weniger mit ihrem Ego beschäftigt sind, können sich die Arbeitgeber getrost verabschieden.
Mooney nennt verschiedene Anlässe für Stutenbissigkeit. Die Einzelkämpferin hatte jahrelang den Exotenstatus als einzige Frau am Konferenztisch, dann erscheint plötzlich noch eine Dame, und schon fliegen die Pfeile. Hinzu kommt in vielen Fällen der beliebte Wettbewerb nach dem Motto: Wer ist hier die Dünnste, Jüngste, Schönste? Das Wesen mit der optischen Pole Position hat am Ende den Schwarzen Peter und ein paar neue Feindinnen. Überdies haben viele der Frauen, die schon länger im Spiel um die Topjobs sind, auf Kinder verzichtet. Nun rächen sie sich unbewußt an den jüngeren Kolleginnen, die weder Budgetgespräche noch Babygeplapper missen wollen.
Ein derart politisch unkorrektes Buch zu schreiben ist verdienstvoll, weil es den Leser zwingt, sich mit den eigenen, oft schon seit Jahren nicht mehr hinterfragten Überzeugungen zu beschäftigen. Die Schwäche des Textes liegt nicht in seiner Aggressivität, sondern im Versuch, das weibliche Zickentum mit den Kindheitserfahrungen wegzuerklären. Das "brave Mädel" wird belohnt, wenn es zärtlich und kooperativ ist, wenn es so ruppig auftritt wie sein Bruder, folgt Tadel. Also, meint Mooney, ist Konkurrenz für weibliche Wesen immer mit Schuld belastet. Das ist dummes Zeug, denn erstens werden viele Mädchen gar nicht mehr so erzogen, und zweitens erlaubt man Männern ja auch nicht, wie die Axt im Walde aufzutreten, bloß weil sie als Jungs gern den Raufbold gaben.
Schließlich gibt es mindestens so viele gräßliche Kollegen wie Kolleginnen. Wer sich jedoch fragt, warum es sowenig weibliche Chefs gibt, wo doch Frauen angeblich die besseren Manager sind, kriegt mit dem Buch eine mögliche Teilantwort. Offenbar wird die Ansicht, daß Frau entweder nett sein kann oder erfolgreich, weniger von den Herren Entscheidern gepflegt als von den Frauen selber. Solange sich die Damen untereinander bekriegen, brauchen sich die Männer keine Sorgen zu machen.