Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Andenpakt

Frank, Friday, 25.11.2005, 15:23 (vor 6929 Tagen) @ Zeitgenosse

Als Antwort auf: Andenpakt-Verschwörung von Zeitgenosse am 24. November 2005 17:56:

Die feministische Deutungshoheit nahezu aller politischen Vorgänge im deutschen Blätterwald scheint mittlerweile total zu sein.
Mir scheint, das Urteil über Merkels Kanzlerschaft ist schon festgelegt. Alles was ihr gelingen wird, wird als Zeichen für die Überlegenheits weiblicher Führerschaft gedeutet werden. Alles was ihr mißlingen wird, gibt justament ein weiteres Indiz für das Wirken der Männer-Mafia aus dem Off. Die Frau kann nur gewinnen.

Und das Schlimme ist: Nicht nur die Doofen und die breite Masse glaubt diesen Quatsch. Auch jede Menge Intellektuelle, allesamt eigentlich gescheite Leute, darunter erschreckend viele Männer, merken gar nicht, dass die Kaiserin in Wirklichkeit nackt ist.

Ein Beispiel: Da ist oft zu lesen "Über Merkels Frisur ist mehr diskutiert worden als über ihre politischen Vorstellungen. Ein Beispiel dafür, dass Frauen in der Politik immer nur auf ihr Äußeres reduziert werden."

Wenn ich so einen Stuss lese, kann ich nur lachen. Erstens: Wer beschäftigt sich denn mehr mit dem Äußeren von Politikern als mit deren politischem Programm? Aus Umfragen und Wahlbeteiligungsstatistiken ergibt sich ein weit verbreitetes Desinteresse von Frauen am politischen Geschehen. Für die sind die Frisur, der Bauch, die Brille von Politikern tendenziell viel faszinierender als Rentenstreit, Staatsverschuldung, Wirtschaftskrise und all dieses unerfreuliche, komplizierte Zeugs.

Zweitens: Nicht jede Frau in der Politik erregt mit ihrem Äußeren Aufsehen. Über Frisuren, Gesicht, Figur und Kleidung von Schavan, von der Leyen, Bulmahn, Zypries und vielen anderen Frauen habe ich noch nie irgend etwas gelesen. Umgekehrt sind Kohls Kopf ("Birne"), Genschers Elefantenohren, Schröders angeblich nicht gefärbte Haare und Fischers Gewichtsschwankungen immer wieder Gegenstand erregter Diskussionen gewesen.
Hier wird - mal wieder - eine Ungleichbehandlung zu Lasten von Frauen behauptet, die es in Wahrheit gar nicht gibt.

Drittens: Was Männer machen, machen sie falsch. Wenn sie die Tatsache, dass z.B. Angela Merkel eine Frau ist, ignorieren, wird ihnen das genauso als frauenfeindlich ausgelegt wie umgekehrt die ständige Betonung dieser Weiblichkeit. Im einen Fall sind sie Gefühlskrüppel, die unfähig sind, im Politiker den (weiblichen) Menschen zu sehen, im anderen Fall reduzieren sie sie auf die Eigenschaft Frau und nehmen ihre politischen Vorstellungen nicht ernst.

Feminismus funktioniert halt immer nach dem selben leicht durchschaubaren Mechanismus.


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