Sehr geehrte Frau Hölldobler-Heumüller,
im Internet habe ich Ihre Pressemitteilung Plätze für misshandelte Frauen fehlen vom 25.11. gefunden. Sie beklagen sich darin über den Umstand, dass in Stadt und Kreis Fulda der Bedarf an Plätzen für misshandelte Frauen größer sei als das Angebot, und fordern mehr Geld und Personal, damit misshandelten Frauen besser geholfen werden könne.
Ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie in Ihrer Pressemitteilung nicht darauf hingewiesen haben, dass auch Männer in beträchtlichem Umfang von häuslicher Gewalt, ausgeübt durch Frauen, betroffen sind. Es dürfte Ihnen sehr schwer fallen, vor diesem Umstand die Augen zu verschließen, denn eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien aus der ganzen Welt hat das Dunkelfeld bei diesem Delikt eingehend erforscht und dabei übereinstimmend festgestellt, dass Frauen den Männern, was die Ausübung von Gewalt im privaten Bereich angeht, in nichts nachstehen. Selbst vorsichtige Schätzungen aus Deutschland legen einen beachtlich hohen Anteil von weiblichen Tätern nahe. So schätzt die Berliner Polizei diesen Täterinnen-Anteil auf immerhin etwa 28 Prozent. Und eine vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen im Auftrag der Bundesregierung erhobene Untersuchung aus dem Jahr 1992 spricht von 1,7 Millionen weiblichen und 1,6 Millionen männlichen Gewaltopfern im Untersuchungszeitraum.
Es sollte also angesichts dieser Zahlen eigentlich selbstverständlich sein, dass die Politik nicht nur Gewalt gegen Frauen thematisiert, sondern auch die andere Seite der Problematik häusliche Gewalt nicht verschweigt. Zwar ist der 25. November weltweit als Aktionstag gegen Gewalt an Frauen deklariert. Da es jedoch keinen eigenen Aktionstag gegen Gewalt an Männern gibt, sollte man die überflüssige Unterteilung der Opfer nach Geschlecht einmal grundlegend überdenken. Es hilft den Opfern häuslicher Gewalt Frauen, Männer, Kinder überhaupt nicht, wenn man sie in gute (einer Erwähnung würdige) und weniger gute (verschweigenswerte) Opfer unterteilt. Das Problem häusliche Gewalt wird damit nicht gelöst und es werden außerdem auch noch zusätzliche Gräben zwischen den Geschlechtern aufgeworfen.
Gestatten Sie mir abschließend noch einen Hinweis zur Finanzierung von Frauenhäusern. Nach meinen Informationen gibt es in Deutschland etwa 360 bis 400 Frauenhäuser, die immerhin größtenteils von der öffentlichen Hand finanziert werden. Dem stehen gerade mal eine Handvoll Zufluchtsstätten für Männer gegenüber, die ohne jede finanzielle Unterstützung durch öffentliche Haushalte auskommen müssen und nur fortbestehen können, weil es Männer gibt, die ihr Geld und ihre Zeit dafür opfern, dass Männern, die von ihren Frauen geschlagen worden sind, geholfen werden kann.
Solange dieses bedauerliche Ungleichgewicht existiert, kann ich für Ihre Klage angesichts der Kürzungen, von denen die Frauenhäuser in Hessen betroffen sind, nicht das allergeringste Verständnis aufbringen.
Diesen Brief habe ich soeben als E-Mail an Margaretha Hölldobler-Heumüller, hessische Landtagsabgeordnete der Grünen, geschickt.
Die Pressemitteilung, auf die ich mich beziehe, findet ihr unter:
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- Sehr geehrte Frau Hölldobler-Heumüller, -
Frank,
27.11.2005, 12:16
- Re: Sehr geehrte Frau Hölldobler-Heumüller, -
Martin,
27.11.2005, 14:16
- Re: Sehr geehrte Frau Hölldobler-Heumüller, - Conny, 27.11.2005, 17:27
- Re: Sehr geehrte Frau Hölldobler-Heumüller, - Frank, 27.11.2005, 20:09
- Re: Sehr geehrte Frau Hölldobler-Heumüller, - Leser345, 27.11.2005, 23:10
- weiß jemand wo es die Statistik vom GewaltschutzG gibt? - Jim, 28.11.2005, 02:04
- Sagte da eine ungewollt die Wahrheit? -
Beelzebub,
28.11.2005, 02:36
- noch ein Mythos widerlegt - Frank, 28.11.2005, 12:00
- Re: Sehr geehrte Frau Hölldobler-Heumüller, -
Martin,
27.11.2005, 14:16