Hurrelmann fordert Männerquote in Erziehungs- und Bildungsberufen
Collantix, Saturday, 17.12.2005, 14:56 (vor 6908 Tagen)
Hallo,
folgende Meldung habe ich heute in den Nachrichten aufgeschnappt:
Forderung nach Männerquote in Erziehungsberufen
Bielefeld: Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann plädiert für eine Männerqote in Erziehungs- und Bildungsberufen. Der Professor an der Universität Bielefeld sagte in einem Interview, zu wenig Männer in Kindertagesstätten und Schulen seien für die soziale Entwicklung von Buben problematisch. Dadurch fehlten den Jungen die für eine gesunde Entwicklung notwendigen männlichen Vorbilder. Nach Hurrelmanns Worten haben Leistungsabfall und Konzentrationsschwierigkeiten bei Jungen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.
Quelle: Bayerischer Rundfunk
Hat jemand eine Quelle für das Interview im vollen Wortlaut?
Gruß
Collantix
Re: Hurrelmann fordert Männerquote in Erziehungs- und Bildungsberufen
Collantix, Monday, 19.12.2005, 16:34 (vor 6905 Tagen) @ Collantix
Als Antwort auf: Hurrelmann fordert Männerquote in Erziehungs- und Bildungsberufen von Collantix am 17. Dezember 2005 12:56:49:
Hallo,
mittlerweile bin ich selber fündig geworden...
Experte plädiert für Männerquote in pädagogischen Berufen
18.12.2005
(Bielefeld/dpa) - Der niedrige Anteil von Männern in Erziehungs- und Bildungsberufen sollte nach Expertenansicht mit einer vorgegebenen Quote gesteigert werden. "Man sollte darüber nachdenken, in pädagogischen Berufen eine Männerquote einzuführen, damit für Jungen männliche Vorbilder wieder greifbar werden", sagte der Jugendforscher Professor Klaus Hurrelmann von der Universität Bielefeld in einem dpa-Gespräch. Zu wenig Männer in Schulen und Kindertagesstätten seien für die soziale Entwicklung von Jungen problematisch.
"Bis zu ihrem zehnten oder elften Lebensjahr begegnen Jungen im Kindergarten und in der Grundschule fast ausschließlich Frauen in pädagogischen Rollen", sagte Hurrelmann. Dadurch fehlten ihnen die für eine gesunde Entwicklung notwendigen männlichen Vorbilder. "Sehr häufig greifen Jungen deshalb auf nicht mehr zeitgemäße Männerklischees wie Western-Helden oder Familienernährer zurück", sagte Hurrelmann. Der soziale Wandel der Gesellschaft habe sich aber längst entfernt von traditionellen Geschlechterrollen. Viele Jungen plage daher permanent das Gefühl, den Anforderungen der Gesellschaft nicht zu genügen. "Sie stolpern über ihre Probleme als Mann", betonte der Jugendforscher.
Leistungsabfälle und Konzentrationsschwierigkeiten haben laut Hurrelmann in den vergangenen Jahren bei Jungen deutlich zugenommen. "Wenn ich als Junge neben meiner Rolle lebe, dann bin ich psychisch dauerbelastet." Aggressives Verhalten und ein angeschlagenes Selbstwertgefühl seien häufige Folgen. Deshalb müsse die pädagogische Arbeit mit Jungen deutlich verstärkt werden.
Innerhalb der Familie könne das Fehlen männlicher Bezugspersonen häufig nicht kompensiert werden. Etwa 80 Prozent aller allein Erziehenden seien Frauen. Wo es beide Elternteile gebe, sei die Mutter meist die "Haupterzieherin", sagte Hurrelmann.
Im Gegensatz zur Jungenarbeit ist seit der Frauenbewegung der 70er und 80er Jahre die pädagogische Arbeit mit Mädchen verbreitet. "Nicht mehr das katholische Mädchen vom Land ist heute der Problemfall, sondern der Junge mit sozial schwachem familiären Hintergrund», sagte Hurrelmann. An der Entwicklung von Mädchen und Frauen lasse sich aber ablesen, dass mit gezielter Förderung viel erreicht werden könne. "Frauen haben inzwischen neben die traditionellen drei Ks mit Küche, Kirche und Kinder in ihrem Leben wie selbstverständlich ein viertes K für Karriere hinzugenommen."
Gruß
Collantix
Re: Hurrelmann fordert Männerquote in Erziehungs- und Bildungsberufen
Maesi, Tuesday, 20.12.2005, 09:52 (vor 6905 Tagen) @ Collantix
Als Antwort auf: Re: Hurrelmann fordert Männerquote in Erziehungs- und Bildungsberufen von Collantix am 19. Dezember 2005 14:34:24:
Hallo Collantix
mittlerweile bin ich selber fündig geworden...
<tt>Experte plädiert für Männerquote in pädagogischen Berufen(Bielefeld/dpa) - Der niedrige Anteil von Männern in Erziehungs-
und Bildungsberufen sollte nach Expertenansicht mit einer
vorgegebenen Quote gesteigert werden. «Man sollte darüber nachdenken,
in pädagogischen Berufen eine Männerquote einzuführen, damit für Jungen männliche Vorbilder wieder greifbar werden», sagte der
Jugendforscher Professor Klaus Hurrelmann von der Universität
Bielefeld in einem dpa-Gespräch. Zu wenig Männer in Schulen und
Kindertagesstätten seien für die soziale Entwicklung von Jungen
problematisch.
«Bis zu ihrem zehnten oder elften Lebensjahr begegnen Jungen im
Kindergarten und in der Grundschule fast ausschließlich Frauen in
pädagogischen Rollen», sagte Hurrelmann. Dadurch fehlten ihnen die
für eine gesunde Entwicklung notwendigen männlichen Vorbilder. «Sehr
häufig greifen Jungen deshalb auf nicht mehr zeitgemäße
Männerklischees wie Western-Helden oder Familienernährer zurück»,
sagte Hurrelmann. Der soziale Wandel der Gesellschaft habe sich aber
längst entfernt von traditionellen Geschlechterrollen. Viele Jungen
plage daher permanent das Gefühl, den Anforderungen der Gesellschaft
nicht zu genügen. «Sie stolpern über ihre Probleme als Mann», betonte
der Jugendforscher.
Leistungsabfälle und Konzentrationsschwierigkeiten haben laut
Hurrelmann in den vergangenen Jahren bei Jungen deutlich zugenommen.
«Wenn ich als Junge neben meiner Rolle lebe, dann bin ich psychisch
dauerbelastet.» Aggressives Verhalten und ein angeschlagenes
Selbstwertgefühl seien häufige Folgen. Deshalb müsse die pädagogische
Arbeit mit Jungen deutlich verstärkt werden.
Innerhalb der Familie könne das Fehlen männlicher Bezugspersonen
häufig nicht kompensiert werden. Etwa 80 Prozent aller allein
Erziehenden seien Frauen. Wo es beide Elternteile gebe, sei die
Mutter meist die «Haupterzieherin», sagte Hurrelmann.
Im Gegensatz zur Jungenarbeit ist seit der Frauenbewegung der 70er
und 80er Jahre die pädagogische Arbeit mit Mädchen verbreitet. «Nicht
mehr das katholische Mädchen vom Land ist heute der Problemfall,
sondern der Junge mit sozial schwachem familiären Hintergrund», sagte
Hurrelmann. An der Entwicklung von Mädchen und Frauen lasse sich aber
ablesen, dass mit gezielter Förderung viel erreicht werden könne.
«Frauen haben inzwischen neben die traditionellen drei Ks mit Küche,
Kirche und Kinder in ihrem Leben wie selbstverständlich ein viertes K
für Karriere hinzugenommen.»</tt>
<font size="1[/link]GlaubeAktuell</font>
Prof. Hurrelmann erkennt die defizitaeren Verhaeltnisse der heutigen Scheidungs- und Alleinerziehendenkultur zwar; anstatt aber diese Defizite zu beseitigen, will er sie mit Hilfe von Maennerquoten in Paedagogenberufen kompensieren. Ein Unrecht soll also dadurch ausgeglichen werden, indem man ein 'Gegen-Unrecht' installiert. Gescheiter waere es, den Vaetern die ihnen zukommende Stellung wieder zuzugestehen. Muetter, die die Vater-Kind-Bindung behindern, sind konsequent zur Rechenschaft zu ziehen; was sie naemlich tun, ist nichts anderes als eine Form von Kindesmisshandlung - bloss weigern sich Soziologen und sogar viele Kinderpsychologen, dieses simple Faktum zur Kenntnis zu nehmen. Stattdessen doktert man lieber weiter an einem konkursiten System herum und fragt sich belaemmert, weshalb sich die Verhaeltnisse nicht bessern.
Der 'Brueller' ist allerdings Prof. Hurrelmanns Behauptung, traditionelle Geschlechterrollen existierten nicht mehr. Hier frage ich mich ernsthaft, wann der gute Professor das letzte Mal die Rechtswirklichkeit in Trennungs-/Scheidungssituationen konsultiert hat: der geschiedene Vater wird von Rechts wegen in den weitaus meisten Faellen auf seine Funktion als 'Familienernaehrer' reduziert; den heranwachsenden Kindern wird so mit maximaler Wirkung klargemacht, dass der Papi lediglich seinen Unterhalt abzudruecken und sich ansonsten aus der Familie rauszuhalten hat, waehrend die Mami die Kinderbetreuung uebernimmt. Was ist denn das anderes als eine voellig verzerrte Karikatur der vielgeschmaehten 'traditionellen' Geschlechterrollen? Glaubt Herr Hurrelmann tatsaechlich, dass diese weitverbreitete Scheidungsrealitaet an den Kindern keinerlei Spuren hinterlaesst? Und glaubt er tatsaechlich, dass mit einem staatlich bezahlten Lehrer als Ersatzvater die Scheidungsrealitaet und der damit einhergehende Vaterverlust ungeschehen gemacht werden koennen? Glaubt dieser Mann womoeglich auch noch an den Osterhasen? Naja, was kann man schon von einem Professor erwarten, der offenbar an einer Uni doziert, die in einer nichtexistenten Stadt namens 'Bielefeld' steht.
Der Vater in der intakten Familie spielt eine grundlegend andere Rolle als der Lehrer an der Schule. Er zeigt dem Sohnemann und natuerlich auch einer allfaelligen Tochter, wie er mit seiner Ehefrau umgeht, wie er sich in familialen Krisensituationen verhaelt, aber auch wie er mit den alltaeglichen freudigen Ereignissen in der Familie umgeht; der Lehrer hat in der Regel ein viel zu distanziertes Verhaeltnis, als dass er diese gelebte Familienrealitaet vermitteln koennte. Wie alle komplexen Verhaltensmuster muss auch die Liebe bzw. die Verhaltensweisen in Liebesverhaeltnissen erst erlernt werden. Damit meine ich nicht bloss die Liebe zwischen Mami und Papi sondern auch die Liebe zwischen Mutter und Kindern sowie die Liebe zwischen Vater und Kindern - und genau an letzterer mangelt es heute immer oefter. Im besten Fall kann der Lehrer eine Art Mentor darstellen, aber die Welt der Vater-/Kind-Liebe kann er dem Kind meist ebensowenig eroeffnen, wie er aufzeigen kann, wie ein Mann sich im Familiensystem gegenueber seiner Geliebten (der Kindesmutter) verhaelt. Man darf ausserdem nicht vergessen, dass ein Lehrer das Kind vielleicht ein, zwei oder hoechstens drei Jahre begleitet. Mit der Versetzung des Kindes in eine hoehere Klasse werden irgendwann wieder neue Lehrer das Leben des Kindes mitpraegen. Die Konstanz einer kontinuierlichen vaeterlichen Praesenz ist also auch bei Prof. Hurrelmanns Methode gar nicht gegeben; dass das einzelne Kind den Lehrer als Vaterersatzfigur womoeglich noch mit 20 anderen Kindern 'teilen' muss, kommt noch erschwerend hinzu.
Dieser fundamentale Denkfehler passiert soziologischen Technokraten leider immer wieder. Fuer sie ist der Vater beliebig durch andere Maenner (sogenannte 'soziale Vaeter') austauschbar, womit der Vater nicht mehr als einzigartiges Individuum im Leben des Kindes existiert sondern nur noch als blosses abstraktes Ideal. Schlimmer noch: der achso moderne 'Neue Vater' existiert nur von Mutters Gnaden; will sie mit dem Typen nichts mehr zu tun haben, hat er gefaelligst auch aus dem Leben der Kinder zu verschwinden. Genau das ist die Realitaet, die den Kindern - insbesondere aber den Soehnen als Vaeter von morgen - vermittelt wird. Dabei haben die Langzeitforschungen von Dr. Napp-Peters laengst gezeigt, dass Scheidungskinder dann die groessten Probleme haben, wenn der leibliche Vater mittels Zwang durch einen neuen 'sozialen Vater' ersetzt wird. Und dabei ist es IMHO von untergeordneter Bedeutung, ob der nachrueckende Vaterersatz von der Kindesmutter oder neu auch noch durch staatliche Bildungsanstalten mittels Maennerquoten bei den Lehrern vorgesetzt wird. Die Beduerfnisse des Kindes nach konstanten und dauerhaften Beziehungen zu seinem Vater bzw. umgekehrt werden in jedem Fall negiert.
Fazit: Es nuetzt wenig, ein katastrophales System durch ein geringfuegig besseres System zu ersetzen. Vielmehr muesste ein katastrophales System durch ein gutes System ersetzt werden. Davon sind wir aber auch mit Prof. Hurrelmanns gutgemeinten Maennerquoten an Schulen weit entfernt. Abgesehen davon finde ich auch, dass Maenner wieder vermehrt fuer den Lehrerberuf begeistert werden sollten. Mittels Quoten wird man diese Begeisterung jedoch nicht wecken koennen. Wenn es jedoch gelingt, wieder mehr Maenner fuer den Lehrerberuf zu gewinnen, dann sind die Quoten sowieso hinfaellig. Wozu also dieser buerokratische Quotenschwachsinn?
Gruss
Maesi
Re: Hurrelmann fordert Männerquote in Erziehungs- und Bildungsberufen
Mikael, Monday, 19.12.2005, 20:49 (vor 6905 Tagen) @ Collantix
Als Antwort auf: Hurrelmann fordert Männerquote in Erziehungs- und Bildungsberufen von Collantix am 17. Dezember 2005 12:56:49:
Ist das Berufsfeld für viele Männer überhaupt attraktiv ?
- viel Arbeit
- noch mehr Stress
- relativ schlecht bezahlt
- noch schlechteres gesellschaftliches Ansehen
- den ganzen Tag mit den (unerzogenen) Kindern anderer Leute zu tun haben
- auf dem Partnermarkt problematisch: Frau hat die Wahl zwischen Arzt, Rechtsanwalt und ... Pädagoge ?
Gruß !
Re: Hurrelmann fordert Männerquote in Erziehungs- und Bildungsberufen
Odin, Tuesday, 20.12.2005, 02:31 (vor 6905 Tagen) @ Mikael
Als Antwort auf: Re: Hurrelmann fordert Männerquote in Erziehungs- und Bildungsberufen von Mikael am 19. Dezember 2005 18:49:
Ist das Berufsfeld für viele Männer überhaupt attraktiv ?
- viel Arbeit
- noch mehr Stress
- relativ schlecht bezahlt
- noch schlechteres gesellschaftliches Ansehen
- den ganzen Tag mit den (unerzogenen) Kindern anderer Leute zu tun haben
- auf dem Partnermarkt problematisch: Frau hat die Wahl zwischen Arzt, Rechtsanwalt und ... Pädagoge ?
Gruß !
Und Straßenkehrer und Pädagoge?
Viel Arbeit ist es nicht, allerdings einiges mehr an Stress, das stimmt. Ein schlechtes Ansehen kann ich nicht erkennen - im Gegenteil. Schlechte Bezahlung im Vergleich zur Ausbildung stimmt sicherlich, allerdings ist die Ausbildung leichter und mühelos zu schaffen. Das muss man berücksichtigen. Die unerzogenen Kinder anderer Leute sind wirklich nicht jedermanns Sache. Das muss man sich gut überlegen. Aber es gibt auch leichtere Bereiche (meist noch schlechter bezahlt)