Vom Glück der Sklaven
Hallo,
Für die, die es noch nicht gelesen haben, hier einmal ein kurzer Auszug
aus Esther Vilars "der dressierte Mann".
Vom Glück der Sklaven
Der zitronengelbe MG schleudert. Die junge Frau
am Steuer bringt ihn etwas waghalsig zum Stehen,
steigt aus und entdeckt, daß der linke Vorderreifen
platt ist. Ohne Zeit zu verlieren, trifft sie Vorkehrun-
gen für die Reparatur: Sie blickt den vorbeifahrenden
Autos entgegen, als erwarte sie jemand. Auf dieses
international genormte Signal weiblicher Hilflosigkeit
(»schwache Frau von männlicher Technik sitzengelas-
sen«) stoppt bald ein Kombiwagen. Der Fahrer erfaßt
sofort, was zu tun ist, sagt tröstend: »Das werden wir
gleich haben« und bittet die Frau zum Zeichen seiner
Entschlossenheit um ihren Wagenheber. Er fragt sie
nicht, ob sie das Rad selbst wechseln kann, denn er
weiß - sie ist etwa dreißig, modisch angezogen und
geschminkt -, daß sie es nicht kann. Als sie keinen
Wagenheber findet, holt er seinen eigenen, sein übriges
Werkzeug bringt er gleich mit. In fünf Minuten hat er
die Sache erledigt und das schadhafte Rad an dem hier-
für vorgesehenen Platz verstaut. Seine Hände sind
ölverschmiert. Als ihm die Frau ihr besticktes Ta-
schentuch anbietet, weist er es höflich zurück. Er hat
für solche Fälle immer einen alten Lappen in seinem
Werkzeugkasten. Die Frau bedankt sich überschweng-
lich und entschuldigt sich für ihre »typisch weibliche«
Ungeschicklichkeit. Wenn er nicht gekommen wäre, sagt
sie, hätte sie womöglich bis zum Abend hier gestanden.
Er entgegnet darauf nichts, aber als sie einsteigt,
schließt er galant die Wagentür und gibt ihr über die
heruntergekurbelte Fensterscheibe hinweg noch den
Rat, den schadhaften Reifen bald ersetzen zu lassen.
Sie sagt, sie werde ihren Tankwart noch am gleichen
Tag entsprechend anweisen. Dann fährt sie davon.
Während der Mann sein Werkzeug aufräumt und
allein zu seinem Wagen zurückgeht, bedauert er, daß
er sich jetzt nicht die Hände waschen kann. Auch seine
Schuhe, mit denen er während des Radwechsels in
feuchtem Lehm gestanden ist, sind nicht mehr so sauber,
wie sie es für seine Arbeit - er ist Vertreter - sein
sollten. Wenn er seinen nächsten Kunden noch errei-
chen will, muß er sich beeilen. Er startet den Motor.
»Diese Frauen«, denkt er, » eine blöder als die an-
dere«, und er fragt sich im Ernst, was sie nur ange-
stellt hätte, wenn er nicht gleich zur Stelle gewesen
wäre. Er fährt, ganz gegen seine Gewohnheit, unvor-
sichtig schnell, um die Verspätung wieder aufzuholen.
Nach einer Weile fängt er an, leise vor sich hinzusum-
men. Auf eine gewisse Art ist er glücklich.
Die meisten Männer hätten sich in der gleichen Si-
tuation gleich verhalten, die meisten Frauen ebenso: Die
Frau läßt den Mann - nur aufgrund der Tatsache, daß
er ein Mann ist und sie etwas ganz anderes, nämlich
eine Frau bedenkenlos für sich arbeiten, wann immer
es eine Gelegenheit gibt. Mehr als auf die Hilfe eines
Mannes zu warten, hätte diese Frau nicht unternehmen
können, hat sie doch nichts weiter gelernt, als daß man
bei einer Autopanne einen Mann mit der Reparatur
beauftragt. Der Mann hingegen, der für einen ihm völ-
lig fremden Menschen eine Dienstleistung rasch, fach-
kundig und kostenlos erledigt, seine Kleider ruiniert,
den Abschluß eines Geschäfts in Frage stellt und sich
am Ende noch durch überhöhte Geschwindigkeit in
Gefahr bringt, hätte außer dem Radwechsel noch ein
Dutzend anderer Defekte an dem Auto beheben kön-
nen und hätte es auch getan, denn dafür hat er es ja
gelernt. Und warum soll sich eine Frau mit Repara-
turen befassen, wenn die Hälfte der Menschen - die
Männer - das so gut kann und auch bereit ist, ihr Kön-
nen der anderen Hälfte zur Verfügung zu stellen?
Die Frauen lassen die Männer für sich arbeiten, für
sich denken, für sich Verantwortung tragen. Die Frauen
beuten die Männer aus. Aber die Männer sind stark,
intelligent, phantasievoll, die Frauen schwach, dumm
und phantasielos. Warum werden trotzdem die Männer
von den Frauen ausgebeutet und nicht umgekehrt?