Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: E. Herman: Die Emanzipation – ein Irrtum?

Maesi, Saturday, 29.04.2006, 14:47 (vor 6564 Tagen) @ Altschneider

Als Antwort auf: Re: E. Herman: Die Emanzipation – ein Irrtum? von Altschneider am 26. April 2006 16:47:

Hallo Altschneider

Insofern sollte die Politik sich bereits jetzt herzlich bei den Frauenrechtlerinnen bedanken."
Endlich sagt das auch mal eine Frau - das ist seit Jahren überfällig.
Wenn eng wird mit dem Wohlstand, werden Frauen klarsichtig - und auf einmal Hausfrau und Mutter mit Mann wieder attraktiv.
Aber aber die Verhältnisse sind nicht einfach umkehrbar, Männer sollten soviel gelernt haben, dass sie sich nie wieder in die Versorgerrolle drängen lassen.
Und die Frauen, die 40 Jahre auf der Feminismuswelle mitgeschwommen sind, sind auch noch in der Verantwortung.
Aber immerhin, ein Anfang.

Voellige Zustimmung. Das Rad der Zeit laesst sich nicht zurueckdrehen, insofern ist Frau Hermans Artikel reichlich naiv. Sie gleicht einem Kind, welches boese und widerborstig zum Papa war und 10 Minuten spaeter ihm wieder auf den Schoss krabbelt und treuherzig sagt: 'jetzt bin ich wieder lieb zu Dir'. Einem fuenfjaehrigen Kind kauft man sowas ab, einem Erwachsenen nie und nimmer. Viel Porzellan wurde zerschlagen, Vertrauen zerstoert; sowas laesst sich nicht einfach wieder hinbiegen, indem man sagt: 'vergesst was frueher war, denn jetzt sind wir wieder lieb zu Euch'. Beinahe zwei Generationen wurden darauf konditioniert, dass der Papa entbehrlich ist, dass seine groesste Wichtigkeit darin besteht, Zahlesel zu sein und er ansonsten jederzeit aus der Familie entsorgt werden kann. Die Jungs haben ihre Zukunft in den entsorgten Vaetern gesehen, die Maedels ihre Zukunft in den vaeterentsorgenden Muettern. Wer glaubt, diese stetig fortschreitende Erosion der Familie habe waehrend ueber 35 Jahren die darin aufwachsenden Generationen nicht gepraegt, der glaubt wahrscheinlich auch an den Osterhasen. Da reichen keine Lippenbekenntnisse ueber die Wichtigkeit der Vaeter; schon gar nicht, wenn man gleichzeitig in noergelnd-noetigendem Ton den Anteil der Vaeter an der Kinderbetreuung/-erziehung ultimativ einfordert und gleichzeitig die Vaeter als faul, gewalttaetig u.a. bezeichnet werden.

Ich gebe Frau Herman hingegen Recht im Hinblick darauf, dass Feministen einen betraechtlichen Flurschaden angerichtet haben. Zu lange wurden Maenner/Jungen im allgemeinen und Vaeter im besonderen verhoehnt, diffamiert, als minderwertig oder unnuetz erklaert; diese Niedertracht wurde waehrend Jahrzehnten staatlich geduldet oder gar unterstuetzt. Wie gross der feministische Anteil am Zerfall der Familien ist, kann man aber wahrscheinlich nie genau quantifizieren, da er eben nicht so sehr direkter Natur war sondern v.a. indirekter Natur, indem man das Vertrauen zwischen Maennern und Frauen systematisch untergrub, Angst vor gewalttaetigen Maennern/Vaetern saete, Duenkel und Selbstueberschaetzung bei Frauen naehrte, indem man deren Leistungen als grossartig hinstellte und die Leistungen der Maenner gleichzeitig als minderwertig abqualifizierte. Das Gift sickerte langsam ein, durchtraenkte nach und nach die gesamte Gesellschaft; (zer-)stoerte bestehendes Vertrauen in funktionierenden Beziehungen, verhinderte den Aufbau von Vertrauen in sich anbahnenden Beziehungen, machte aus jeglichem Begehren einen potentiellen Akt der sexuellen Belaestigung mit dem entsprechenden Risiko beim Begehrenden. Ein Patentrezept, wie das Gift aus der Gesellschaft entfernt werden kann, gibt es nicht - ein kurzfristig wirksames sowieso nicht. Und selbst wenn die Giftzufuhr von heut auf morgen unterbunden wuerde, breitete sich das bereits verabreichte Gift noch eine erhebliche Zeit weiter aus. Das Vertrauen muss erst wieder muehsam aufgebaut werden, und das dauert eben seine Zeit.

Vertrauen ruht IMHO auf drei wesentlichen Standbeinen: auf gegenseitigem Respekt, Verlaesslichkeit und Loyalitaet. Dies sind Werte, die heute leider wenig gelten. Respektlosigkeit gilt als Tugend, Unzuverlaessigkeit als Akt hoeherer Gewalt, und Loyalitaet haelt man fuer einen unnoetigen Zwang. Solange das so bleibt, wird IMHO auch Vertrauen zwischen Mann und Frau eher Mangelware bleiben. Die klassische Ehe (egal, ob Zivilehe oder religoes motivierter Ehebund) forderte diese Werte mehr oder weniger direkt ein. Natuerlich glaubten auch die geistigen Entwickler solcher Ehebuendnisse nicht wirklich, dass man sowas per Dekret befehlen kann; aber sie zeigten damit auf, worauf die Ehegatten besonders achten muessen, soll ihre Ehe wirklich erfolgreich und dauerhaft sein - ob die Ehegatten sich dann auch wirklich daran hielten, lag in erster Linie in deren Verantwortung, wobei natuerlich ein sehr starker gesellschaftlicher Druck auf ihnen lastete, das zu tun.

Da Vertrauen die Grundlage jeder langfristig ausgelegten Beziehung ist, spielt es absolut keine Rolle, ob man nun die traditionelle Ehe, die gleichgestellte Ehe (in der beide Partner dieselben Aufgaben paritaetisch aufteilen) oder sonst irgendeine mehr oder weniger stark formalisierte Partnerschaft bevorzugt; die diesbezueglichen Grabenkaempfe zwischen den Vertretern verschiedener Systeme (auch in diesem Forum) halte ich deshalb fuer reine Spiegelfechtereien. Es gibt allerdings einen Punkt, den die traditionelle Ehe mit Aufgabenteilung der gleichgestellten Ehe voraus hat: es gibt weniger Konfliktpotential, da die Reviere der beiden Partner abgesteckt sind und diese in ihren eigenen Bereichen jeweils die Oberhoheit ausueben. In der gleichgestellten Ehe jedoch beackern beide dieselben Bereiche: Kompetenzgerangel, gegenseitiger Konkurrenzkampf (ebenjener, welcher Frau Herman in ihrer Polemik moniert), Uneinigkeit in Belanglosigkeiten sowie damit zusammenhaengende Streitereien sind vorprogrammiert. Wer es gern hat, dass dauernd die Fetzen fliegen, immer wieder ausufernde Grundsatzdiskussionen ueber Belanglosigkeiten gefuehrt werden und beide Partner sich permanent gegenseitig dreinreden, der ist damit zweifellos gut bedient; ich fuerchte bloss, dass das auf Dauer fuer die meisten Leuten aeusserst anstrengend ist und ausserdem immer nur wieder die Differenzen der Partner aufzeigt, anstatt deren Gemeinsamkeiten, was natuerlich ebenfalls entzweit. Bei der traditionellen Ehe muss uebrigens keineswegs zwingend der Mann den Ernaehrerpart uebernehmen und die Frauen die Kinderbetreuung/Hausarbeit; umgekehrt geht's auch, nur ist der Rollentausch noch weniger akzeptiert als die gleichgestellte Ehe, obwohl jener IMHO aehnlich stabil waere wie die traditionelle Aufgabenteilung.

Natuerlich waren und sind Familien nie nur Hort von Familienidyll und heile Welt. Auch in dieser Beziehung ist Frau Herman reichlich blauaeugig. Nichtsdestotrotz waren sie jahrtausendelang insgesamt sehr erfolgreich fuer das Aufziehen des Nachwuchses. Waere es nicht so, existierten wir wahrscheinlich gar nicht. Zwischen den Extrema 'Familienidyll' und 'Familienhoelle' liegt ein breites Spektrum und dort waren und sind auch die weitaus meisten Familien anzusiedeln. Eine empirisch einfach feststellbare Tatsache, die Dogmatiker beider Lager gefliessentlich uebersehen. Aufschlussreich ist, wie heftig, mit was fuer einem beispiellosen Aufwand und mit welchen teilweise geradezu grotesken Argumenten Frau Hermans Text zerrissen wird; sie scheint da einen sehr, sehr wunden Punkt getroffen zu haben.

Gruss

Maesi


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