Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

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Falsche Väter

Odin, Wednesday, 03.05.2006, 14:12 (vor 6782 Tagen)

Falsche Väter

Nach den »Scheinehen« werden von den Ausländerbehörden in Deutschland neuerdings so genannte Scheinvaterschaften untersucht.

Die Stadt Hamburg will wachsen, so steht es im Regierungsprogramm. Ihr Ziel will die Stadt jedoch nicht mit einer offenen Einwanderungspolitik erreichen. Obwohl seit dem Jahr 1998 ein neues Kindschaftsrecht gilt, wonach ein leiblicher wie auch ein sozialer Vater gleichermaßen anerkannt werden, solange die Mutter zustimmt, verlangte die Hamburger AusländerInnenbehörde im vergangenen Herbst einen DNA-Test von einem deutschen Vater. Die Behörde hegte Zweifel an seiner Vaterschaft, weil die ecuadorianische Mutter der gemeinsamen Tochter zum Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig war.

Der Vater stimmte einem DNA-Test aber nicht zu. Die Forderung sei verfassungswidrig, und es sei nicht Aufgabe der AusländerInnenbehörde, in den Intimbereich familiärer Verhältnisse einzudringen, argumentierte er. Kürzlich teilte die Behörde der Mutter mit, sie müsse innerhalb von drei Monaten ausreisen, ansonsten werde sie abgeschoben. Dem stehe auch der deutsche Kinderausweis der Tochter nicht entgegen, schließlich habe dieser »lediglich deklaratorischen Charakter«, hieß es in einem Schreiben der Behörde. Der Fall liegt inzwischen vor dem Hamburger Verwaltungsgericht zur Entscheidung.

Die Innenminister der Bundesländer haben im Jahr 2002 in dem Bericht »Vaterschaftsanerkennungen zu Zwecken der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der deutschen Staatsangehörigkeit« festgestellt: »Das derzeitige Staatsangehörigkeits- und Ausländerrecht bietet keine Möglichkeit, den Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes als Rechtsfolge einer zweckwidrigen Vaterschaftsanerkennung sowie die hiervon abgeleitete Aufenthaltserlaubnis der Mutter zu unterbinden.« Nach den so genannten Scheinehen hatten sie ein neues »Schlupf­loch« ausgemacht: die so genannte Scheinvaterschaft. Nicht nur die Mütter, sondern »ganze Familien« zögen daraus »aufenthaltsrechtliche und in der Folge auch sozialhilferechtliche Nutzen«, meinten die InnenministerInnen und regten eine Gesetzesänderung an. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat inzwischen einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt.

Ihre Pressemitteilung beginnt einfühlsam: »Unsere Gesellschaft braucht Kinder und Kinder brauchen Väter. Seit 1998 haben wir deshalb aus gutem Grund auf jede Art von ?Vaterschafts-Tüv? verzichtet.« Der behördliche Vaterschaftstest wurde vor wenigen Jahren abgeschafft, um den veränderten Familienformen gerecht zu werden und nicht­eheliche Kinder mit ehelichen gleichzustellen. Trotzdem aber seien die GesetzgeberInnen nun bei Missbrauchsfällen gefordert, meint Zypries.

Einen DNA-Test will das Bundesjustizministerium zwar nicht einführen, doch die Behörden sollen eine Vaterschaft anfechten können, »wenn der Anerkennung weder eine sozial-familiäre noch eine leibliche Vaterschaft zugrunde liegt«. Wie die »Zweckwidrigkeit« ermittelt werden soll, bleibt offen.

Die Vorgeschichte des Gesetzentwurfs ist bemerkenswert. Die Innensenatoren von Berlin und Hamburg wiesen im Jahr 2002 auf die so genannten Scheinvaterschaften hin. Gleichwohl stellte die Innenministerkonferenz in dem oben erwähnten Bericht fest, dass noch unklar sei, ob Gesetzesänderungen erforderlich seien, da keine belastbaren empirischen Daten vorlägen. Diese wurden daraufhin per Umfrage in den AusländerInnenbehörden gesammelt. Das Ergebnis waren Zahlen, deren »Belastbarkeit« angezweifelt werden. Zwischen April 2003 und März 2004 sei in 2.289 Fällen eine Aufenthaltsgenehmigung an eine unverheiratete ausländische Mutter eines deutschen Kindes erteilt worden, 1.665 dieser Frauen seien zum Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig gewesen.

In wie vielen Fällen die Vaterschaft tatsächlich »zweckwidrig« anerkannt wurde, kann damit nicht belegt werden, gestanden die InnenministerInnen ein. Dennoch heißt es in dem Bericht, die Daten ließen eine »Dimension« erkennen, »die eine Vernachlässigung des Problems nicht rechtfertigen«. Unter Titeln wie »Kampf gegen Scheinvaterschaft« kursieren diese Zahlen nun in Berichten von Tageszeitungen, ohne infrage gestellt zu werden. Auch die Pressemitteilung der Bundesjustizministerin bedient sich dieser Zahlen und fügt noch einen besonders reißerischen Fall hinzu, in dem ein Obdachloser für 5.000 Euro ein Kind einer ausländischen Frau anerkannt haben soll.

http://no-racism.net/article/1661/

Re: Falsche Väter

Scipio Africanus, Wednesday, 03.05.2006, 14:29 (vor 6782 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Falsche Väter von Odin am 03. Mai 2006 11:12:23:

Der Vater stimmte einem DNA-Test aber nicht zu. Die Forderung sei verfassungswidrig, und es sei nicht Aufgabe der AusländerInnenbehörde, in den Intimbereich familiärer Verhältnisse einzudringen, argumentierte er.

Eine gute Argumentation. Er hätte noch auf das "Informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes" hinweisen können. Das scheint in diesem Fall plötzlich ohne jede Bedeutung zu sein, woran man wieder mal die Verlogenheit in der ganzen Debatte erkennt.

Die Zypries sieht einen Missbrauch, wenn ein Mann die Vaterschaft anerkennt, um einer Mutter die Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Dazu werden sogar neue Gesetze gebastelt. Der ganz alltägliche Missbrauch deutscher Mütter, die einem Mann die Vaterschaft unterschieben, wird hingegen sogar geschützt, ja den Männern, die den Missbrauch aufzudecken versuchen, wird mit Haftstrafe gedroht.

Dieses Urteil würde mich sehr interessieren ! Der Staat soll das Recht haben, die Vaterschaft zu überprüfen, der Vater aber nicht. Frau Zynisch ist wieder mal in ihrem Element !

Ihre Pressemitteilung beginnt einfühlsam: »Unsere Gesellschaft braucht Kinder und Kinder brauchen Väter. Seit 1998 haben wir deshalb aus gutem Grund auf jede Art von ?Vaterschafts-Tüv? verzichtet.

Nicht ganz korrekt. Richtig müsste es heissen : Unsere Gesellschaft braucht Kinder und zahlende[/i] Väter. Unser Schlampenschutzgesetz trägt dem Rechnung.

Scipio, angesichts solcher Meldungen etwas zynisch

Re: Falsche Väter

newbie, Wednesday, 03.05.2006, 15:24 (vor 6782 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Falsche Väter von Odin am 03. Mai 2006 11:12:23:

Falsche Väter
Nach den »Scheinehen« werden von den Ausländerbehörden in Deutschland neuerdings so genannte Scheinvaterschaften untersucht.
Die Stadt Hamburg will wachsen, so steht es im Regierungsprogramm. Ihr Ziel will die Stadt jedoch nicht mit einer offenen Einwanderungspolitik erreichen. Obwohl seit dem Jahr 1998 ein neues Kindschaftsrecht gilt, wonach ein leiblicher wie auch ein sozialer Vater gleichermaßen anerkannt werden, solange die Mutter zustimmt, verlangte die Hamburger AusländerInnenbehörde im vergangenen Herbst einen DNA-Test von einem deutschen Vater. Die Behörde hegte Zweifel an seiner Vaterschaft, weil die ecuadorianische Mutter der gemeinsamen Tochter zum Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig war.
Der Vater stimmte einem DNA-Test aber nicht zu. Die Forderung sei verfassungswidrig, und es sei nicht Aufgabe der AusländerInnenbehörde, in den Intimbereich familiärer Verhältnisse einzudringen, argumentierte er. Kürzlich teilte die Behörde der Mutter mit, sie müsse innerhalb von drei Monaten ausreisen, ansonsten werde sie abgeschoben. Dem stehe auch der deutsche Kinderausweis der Tochter nicht entgegen, schließlich habe dieser »lediglich deklaratorischen Charakter«, hieß es in einem Schreiben der Behörde. Der Fall liegt inzwischen vor dem Hamburger Verwaltungsgericht zur Entscheidung.
Die Innenminister der Bundesländer haben im Jahr 2002 in dem Bericht »Vaterschaftsanerkennungen zu Zwecken der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der deutschen Staatsangehörigkeit« festgestellt: »Das derzeitige Staatsangehörigkeits- und Ausländerrecht bietet keine Möglichkeit, den Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes als Rechtsfolge einer zweckwidrigen Vaterschaftsanerkennung sowie die hiervon abgeleitete Aufenthaltserlaubnis der Mutter zu unterbinden.« Nach den so genannten Scheinehen hatten sie ein neues »Schlupf­loch« ausgemacht: die so genannte Scheinvaterschaft. Nicht nur die Mütter, sondern »ganze Familien« zögen daraus »aufenthaltsrechtliche und in der Folge auch sozialhilferechtliche Nutzen«, meinten die InnenministerInnen und regten eine Gesetzesänderung an. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat inzwischen einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt.
Ihre Pressemitteilung beginnt einfühlsam: »Unsere Gesellschaft braucht Kinder und Kinder brauchen Väter. Seit 1998 haben wir deshalb aus gutem Grund auf jede Art von ?Vaterschafts-Tüv? verzichtet.« Der behördliche Vaterschaftstest wurde vor wenigen Jahren abgeschafft, um den veränderten Familienformen gerecht zu werden und nicht­eheliche Kinder mit ehelichen gleichzustellen. Trotzdem aber seien die GesetzgeberInnen nun bei Missbrauchsfällen gefordert, meint Zypries.
Einen DNA-Test will das Bundesjustizministerium zwar nicht einführen, doch die Behörden sollen eine Vaterschaft anfechten können, »wenn der Anerkennung weder eine sozial-familiäre noch eine leibliche Vaterschaft zugrunde liegt«. Wie die »Zweckwidrigkeit« ermittelt werden soll, bleibt offen.
Die Vorgeschichte des Gesetzentwurfs ist bemerkenswert. Die Innensenatoren von Berlin und Hamburg wiesen im Jahr 2002 auf die so genannten Scheinvaterschaften hin. Gleichwohl stellte die Innenministerkonferenz in dem oben erwähnten Bericht fest, dass noch unklar sei, ob Gesetzesänderungen erforderlich seien, da keine belastbaren empirischen Daten vorlägen. Diese wurden daraufhin per Umfrage in den AusländerInnenbehörden gesammelt. Das Ergebnis waren Zahlen, deren »Belastbarkeit« angezweifelt werden. Zwischen April 2003 und März 2004 sei in 2.289 Fällen eine Aufenthaltsgenehmigung an eine unverheiratete ausländische Mutter eines deutschen Kindes erteilt worden, 1.665 dieser Frauen seien zum Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig gewesen.
In wie vielen Fällen die Vaterschaft tatsächlich »zweckwidrig« anerkannt wurde, kann damit nicht belegt werden, gestanden die InnenministerInnen ein. Dennoch heißt es in dem Bericht, die Daten ließen eine »Dimension« erkennen, »die eine Vernachlässigung des Problems nicht rechtfertigen«. Unter Titeln wie »Kampf gegen Scheinvaterschaft« kursieren diese Zahlen nun in Berichten von Tageszeitungen, ohne infrage gestellt zu werden. Auch die Pressemitteilung der Bundesjustizministerin bedient sich dieser Zahlen und fügt noch einen besonders reißerischen Fall hinzu, in dem ein Obdachloser für 5.000 Euro ein Kind einer ausländischen Frau anerkannt haben soll.

Zwangstests für Ausländer? SKANDAL!
Wo bleibt denn da das informationelle Selbstbestimmungsrecht? :-D

Re: Falsche Väter

stiller Mitleser ;-), Thursday, 04.05.2006, 01:08 (vor 6781 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Falsche Väter von Odin am 03. Mai 2006 11:12:23:

Einen DNA-Test will das Bundesjustizministerium zwar nicht einführen, doch die Behörden sollen eine Vaterschaft anfechten können, »wenn der Anerkennung weder eine sozial-familiäre noch eine leibliche Vaterschaft zugrunde liegt«. Wie die »Zweckwidrigkeit« ermittelt werden soll, bleibt offen.

Was ist eigentlich eine "sozial-familiäre Vaterschaft"? Für Unterhaltspflichten genügt doch auch entweder eine leibliche oder eine anerkannte Vaterschaft. Da kräht kein Hahn danach, aus welchen sonstigen Gründen das passiert ist....

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