Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Die Sorte mag ich besonders :--(

Garfield, Friday, 05.05.2006, 19:49 (vor 6574 Tagen) @ stiller Mitleser ;-)

Als Antwort auf: Re: Die Sorte mag ich besonders :--( von stiller Mitleser ;-) am 04. Mai 2006 19:17:

Hallo Mitleser!

Das stimmt. Es gab zwar auch Ausnahmen, nämlich Studienrichtungen, wo man händeringend Bewerber suchte, z.B. im Pädagogik-Bereich. Da reichte auch der normale Grundwehrdienst.

Wenn man aber Geschichte, Medizin, Jura oder ähnliches studieren wollte, dann mußte man sich schon mindestens für 3 Jahre als Unteroffizier auf Zeit verpflichten, und oft wurde auch eine SED-Mitgliedschaft verlangt. Letzterer konnte man notfalls durch eine Aufnahme in einer der Blockparteien (z.B. LDPD oder NDPD) entgehen, aber soweit ich mich erinnere, durften die nicht unbegrenzt Bewerber aufnehmen.

Die Lehrer an den DDR-Schulen bekamen von oben Quoten vorgegeben - das war eine Art Plan, in dem festgelegt war, wieviele Jungen sie für den Dienst als Unteroffiziere oder Offiziere auf Zeit und als Offiziersbewerber pressen mußten. Und an den EOS (Gymnasien) gab es darüber hinaus wahrscheinlich noch eine Plan-Zahl für neue SED-Mitglieder. Wenn diese Plan-Zahlen nicht erreicht wurden, gab es Ärger, also übten die Lehrer auch entsprechend Druck aus, und man wurde oft regelrecht erpreßt.

In meiner Abi-Zeit hatten wir einen Typen in der Klasse, der freiwillig in die SED eingetreten ist. Zum Ärger der Lehrer ist er dazu aber direkt zur SED-Kreisleitung gegangen und hat da seinen Aufnahmeantrag gestellt. Die Lehrer ärgerte das deshalb, weil sie bereits andere Schüler zum Eintritt in die SED genötigt hatten. Das war den Lehrern ja auch nicht angenehm. Diesen Typen hatten sie gar nicht gefragt, weil der nur schlechte Zensuren hatte, deshalb auch gar nicht studieren wollte und somit schwer erpreßbar war. Hätten sie gewußt, daß der freiwillig in die SED eintreten wollte, dann hätten sie ihn sofort auf die Liste gesetzt und sich eine Erpressung erspart. Dann fragte auch noch jemand von der SED-Kreisleitung an, wieso dieser Schüler sich denn nicht an die Parteisekretärin der Schule oder an einen anderen Lehrer gewandt hatte und ob es da etwa kein Vertrauen zum Lehrpersonal gäbe... Obendrein war nun der SED-Neumitglieder-Plan übererfüllt, und das bedeutete in der Planwirtschaft normalerweise, daß er beim nächsten Mal entsprechend höher angesetzt wird...

Tja, so war das in der DDR - nur mal so für alle, die das nicht erlebt haben. Deshalb sollte man jemanden, der länger als nötig bei der NVA oder auch SED-Mitglied war, nur dafür nicht pauschal verurteilen.

Freundliche Grüße
von Garfield


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