Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Afghanistan: Zivilisten getötet durch NATO-Angriff

Goofos @, Monday, 22.02.2010, 14:42 (vor 5394 Tagen)

Ich frage mich gerade, ob man nach dem verpatzten NATO-Angriff auch von "getöteten Zivilisten" geredet hätte, wenn nur Männer unter den Opfern gewesen wären?

Besondern hervorgehoben werden von den mehr als 30 Opfern besonders (laut Welt) die vier Frauen und ein Kind. Was der überwiegende Rest der Opfer ist, das bleibt im Dunkeln. Nett ist auch, wie die Isaf zu dem Schluß kommt warum es sich um Zivilisten handelte:

"Die Isafteilte mit, Truppen hätten eine Gruppe Menschen ausgemacht, die sie für Aufständische auf dem Weg zum Angriff auf eine Einheit aus afghanischen und Isaf-Soldaten hielten. Nach dem Bombardement hätten Bodentruppen am Ort des Luftschlags aber Frauen und Kinder vorgefunden."
(Welt Online)

oder

"Die Nato bestätigte, dass Flugzeuge am Sonntag auf eine Gruppe von Fahrzeugen gefeuert hätten, in denen Aufständische vermutet worden seien. Tatsächlich hätten sich in den Autos aber auch Frauen und Kinder befunden."
(Spiegel Online)

Solange nicht klar war, dass unter der Gruppe Menschen auch ein paar Frauen und Kinder waren, war das also OK, oder was? Sind das die Kriterien für die Isaf wann es sich bei Menschen um Zivilisten handelt? Hätte man auch von "Zivilisten" geredet wären keine Frauen und Kinder unter den Opfern gewesen oder wäre es dann stattdessen ein erfolgreicher Angriff auf "Aufständische" gewesen?

Entschuldigungen wie diese:

"Wir sind tief traurig darüber, dass Unschuldige auf so tragische Weise ihr Leben verloren haben", teilte Nato-Oberbefehlshaber Stanley McChrystal mit. "Ich habe unseren Streitkräften noch einmal klargemacht, dass wir hier sind, um das afghanische Volk zu beschützen, und dass es das Zutrauen in unsere Mission erschüttert, wenn wir versehentlich Zivilisten verletzten oder töten", sagte er.

oder Apelle wie dieser:

Karsai hatte erst am Samstag vor dem Parlament in Kabul einen eindringlichen Appell an die Truppen gerichtet, Zivilisten zu schützen. Auch zu Beginn der Großoffensive in der südafghanischen Provinz Helmand am vorvergangenen Samstag hatte Karsai die Truppen dazu aufgerufen, vorsichtig vorzugehen. Die Vereinten Nationen hatten ebenfalls an die Konfliktparteien appelliert, Unbeteiligte zu schützen.

bekommen damit einen ziemlich faden Beigeschmack wenn man sich als Mann in der Nähe einer Frau und Kindes aufhalten sollte, damit er auch den Schutz der Zivilisten geniessen darf. Wer in das Profil männlich, ledig und ohne Familie passt, sollte dann gleich mal sich vor den Isaf Truppen in Sicherheit bringen. Vor allem sollten diese Männer sich von anderen Männern fern halten. Ansonsten könnte es sein, dass bei ihnen eine Bombe auf dem Kopf landet und die Isaf Truppen am jubeln sind, endlich mal wieder ein paar Aufständische und Terroristen erwischt zu haben.

Afghanistan: Zivilisten getötet durch NATO-Angriff

Willi, Monday, 22.02.2010, 16:00 (vor 5393 Tagen) @ Goofos

Überall, auch in der BILD:

http://www.bild.de/BILD/politik/2010/02/22/nato-in-afghanistan/toetet-dutzende-zivilisten.html

Kommentare satt:


""33 Zivilisten getötet .... Unter den Opfern seien vier Frauen und ein Kind....""

Welches Geschlecht hatten die unerwähnten, nicht hervor gehobenen 28 Menschen?
Gelten für sie Menschenrechte zweiter Klasse, weshalb sie unerwähnt, nicht gezählt unter den Tisch fallen?

Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Kind um einen Jungen, weil sonst wäre es ja bestimmt Feministisch-korrekt extra als Mädchen erwähnt und hervorgehoben worden?

85-90 Prozent Männer, Familienernährer und Väter nicht erwähnt!
Merkt ihr solchen männerfeindlichen Sexismus überhaupt nicht?

Afghanistan: Zivilisten getötet durch NATO-Angriff

Oliver, Tuesday, 23.02.2010, 15:32 (vor 5392 Tagen) @ Willi

Überall,

auch gestern Abend in der Tagesschau!

Das hat auch meine Frau so aufgeregt, dass sie einen Leserbrief geschrieben hat:


An: redaktion@tagesschau.de
Betreff: stereotype redewendung in den nachrichten

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schätze die "Tagesschau" als informatives Medium. Was ich aber einfach nicht verstehen kann: warum wird in Nachrichten, die Katastrophen betreffen (letztes Beispiel der NATO-Angriff, bei dem Zivilisten ums Leben kamen) immer wieder ein stereotyper Satz verwendet? Zum Beispiel: "Es sind 33 Opfer zu beklagen, davon alleine 3 Frauen und ein Kind". Und diesen Satz hört man dann ständig wiederholt! Ich bin eine Frau und ich muss wirklich sagen, das fällt sogar mir auf, dass auch hier eine schlimme Entwicklung zu beobachten ist. Das ist gender mainstreaming, was da betrieben wird! Sind denn Männer weniger wert als Frauen? Man könnte ja meinen, Männer seien "unwertes" Leben! Ob Kind von drei, Mann von 30 oder Frau von 50 Jahren - das sind ganz einfach Menschen, denen das Leben genommen wurde.

Es grüßt Sie,

XXX


--

Liebe Grüße
Oliver


[image]

Afghanistan: Zivilisten getötet durch NATO-Angriff

Goofos @, Tuesday, 23.02.2010, 20:04 (vor 5392 Tagen) @ Oliver

Das Problem bei der Sache ist nicht nur, dass die Redakteure solcher News das immer schön unhinterfragt abtippen, sondern eben auch, dass die Infos in der Form schon so verteilt wird. Aufgabe der Presse wäre eigentlich hier mal genauer und kritisch Nachzuhaken warum die NATO das schon so ausdrückt. Ich erinnere mich nur an Welt Online die bei etwas ähnlichem tatsächlich mal nachgefragt hatten warum nur Frauen und Kinder Opfer sind obwohl vorwiegend Männer die Opfer waren (wurde auch hier im Forum diskutiert, aber ich finds gerade nicht). Die Antwort war weil man sich nicht sicher sein könne wer von den Männern Zivilisten, also Opfer, und wer Aufständischer ist. Weshalb man bei den männlichen Opfern ganz einfach nicht von Opfern spricht.

Demnach kann man sagen, dass Männer unter einem Generalverdacht stehen, Frauen und Kinder werden pauschal unter Zivilisten, Unschuldige, Unbeteiligte gestellt. Verkürzt: Männer sind Täter, Frauen und Kinder sind Opfer.

Auch hier gilt, eigentlich sollte die kritische Presse nachhacken. Wenn die Isaf eine Bombe auf Menschen abwirft weil sie unter den Menschen keine Frauen und Kinder entdecken konnten, dann stimmt da etwas nicht. Wenn man eine Bombe auf Zivilisten abwirft, nur weil nach deren Kriterien nur bei Frauen und Kindern automatisch sicher ist, dass es sich dabei um Zivilisten handelt, dann stimmt da sogar ganz gehörig etwas nicht.

Aufgabe unserer völlig verblödeten kritischen Presse sollte es sein auch kritisch zu sein.

Afghanistan: Zivilisten getötet durch NATO-Angriff

Pilatus, Monday, 22.02.2010, 21:59 (vor 5393 Tagen) @ Goofos

Eine fehlgeleitete Bombe kann schon mal passieren.

powered by my little forum