Frauentag: Das große Jammern geht los (Artikel mit Kommentarfunktion)
Dieser Artikel auf profil-online erweckt den Eindruck, dass Österreich bei den Frauenrechten ungefähr mit Afghanistan und Saudi-Arabien auf einer Stufe stehe:
Kommende Woche, am 8. März, dem Internationalen Frauentag, wird kurz bejammert werden, dass sich an den Macho-Strukturen wenig ändert. Dann wird der Frauentag vorbei und alles wie immer sein. Also – verheerend.
Als "Beleg" gelten einseitige und unseriöse Studien, die "Gleichberechtigung" nach dem Ausmaß der Privilegierung von Frauen messen, während sie die Benachteiligungen von Männern komplett ignorieren:
Im „Gender Gap Report“ des World Economic Forum landet die Republik beim Kriterium der ökonomischen Teilhabe auf dem beschämenden 103. Rang unter 134 Staaten. Gerade Länder wie Nicaragua oder die Vereinigten Arabischen Emirate liegen hinter Österreich, das moslemische Indonesien aber davor.
Was die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen betrifft, lässt Österreich unter den EU-Staaten nur Estland hinter sich. 25,5 Prozent betragen hierzulande die Gehaltsunterschiede. Alle anderen 26 Mitgliedsländer erzielen bessere Werte, selbst die als klassische Macho-Regionen verschrienen Südländer wie Spanien oder Italien. Bei der Zahl der Forscherinnen ist Österreich Viertletzter. Und bis heute gibt es keine einzige Frau an der Spitze einer öffentlichen Universität.
Wenn selbst in Indonesien die Zustände "gerechter" sind als in Österreich, macht das die Verfasserinnen dieses Artikels nicht im Geringsten stutzig. Der Gedanke, dass überzogene Frauenförderung die Zielgruppe womöglich gar nicht motiviert, sondern eher einlullt und sie jeglicher Eigeninitiative beraubt, ist ihnen natürlich fremd. Warum sind in Ländern, in denen Frauenförderung faktisch nicht existiert, die Lohnunterschiede geringer, die Anteile von Frauen bei Professoren und Topmanagern jedoch höher als in den Ländern mit "erfolgreicher" Frauenpolitik? Weil sie dort etwas leisten, weil sie sich durchbeißen müssen und nicht durch bequeme Quotenregelungen verwöhnt werden? Komisch, den wahren Gründen für solche (scheinbaren) Parodoxien geht mal nie jemand nach. Es könnten ja unerwünschte Ergebnisse dabei herauskommen.
Die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen sind heute jedenfalls wieder so groß wie 1980. Die Wiener Volkswirtin Christine Zulehner: „Höchstens die Hälfte der Einkommensunterschiede“ lasse sich rational erklären, der Rest sei reine Lohndiskriminierung. Selbst die Bruttostundenlöhne von vollzeitbeschäftigten Frauen sind um 22 Prozent niedriger.
Ich bin über die Zustände in Österreich nicht genau im Bilde. Aber ich kann mir nun wirklich nicht vorstellen, dass dort in den letzten 30 Jahren nichts für die "Gleichstellung" der Frauen unternommen worden ist. Und trotzdem sind die Einkommensunterschiede nun wieder so groß wie 1980. Ist die ganze Frauenförderung damit für die Katz? Rausgeworfenes Geld? Oder sagt das Ausmaß dieses Einkommensunterschieds am Ende gar nicht so viel darüber aus, wie es um die Gleichberechtigung wirklich steht?
Erheiternd auch die Kaffeesatzleserei der Volkswirtin, die ganz genau Bescheid weiß: mindestens die Hälfte der Einkommensunterschiede sind "reine Lohndiskriminierung". Da sagen alle wirklich seriösen Studien aber etwas ganz anderes aus...
Auch sonst ist der Artikel eine einzige Katastrophe. Das übliche Geseiche über benachteiligte Frauen, das diese Benachteiligung wie immer nur im Berufsleben (Einkommenshöhe, Führungspositionen, Professorinnenstellen) sucht - und dort natürlich auch findet. Kein Wort über höhere Lebenserwartung, bequemere Jobs und gesetzliche Privilegien. Selbst das frühere Renteneintrittsalter entpuppt sich als perfide Benachteiligung der Frauen:
Das 1993 in die Verfassung geschriebene niedrigere Frauenpensionsalter (erst bis 2034 wird es schrittweise an jenes der Männer angeglichen) erwies sich als Scheintriumph der Frauenbewegung: Der Sozialforscher Bernd Marin weist in seinem neuen Buch „Women’s Work and Pensions“ nach, dass es Frauen eher schadet. In einem Arbeitsmarkt wie Österreich, der von Seniorität geprägt ist, verpassen sie wichtige Gehaltssprünge.
Die Presse läuft sich warm für den Frauentag. Wie immer auf dem üblichen niedrigen Niveau. Das war erst der Anfang.
Frauentag: Das große Jammern geht los (Artikel mit Kommentarfunktion)
Ich bin über die Zustände in Österreich nicht genau im Bilde. Aber ich
kann mir nun wirklich nicht vorstellen, dass dort in den letzten 30 Jahren
nichts für die "Gleichstellung" der Frauen unternommen worden ist.
Ich bin ab und zu in Erwachsenenbildungsinstituten als Trainer tätig, um meine kärglichen Journalistenhonorare aufzubessern. Daher bin ich auch gut informiert über die verschiedenen Angebote dort. Und wenn du so einen Katalog in die Hand nimmst, dann liest du ständig: Frauen-..., Frauen-..., Frauen-..., Gender-..., Gleichstellungs-... Frauen dies, Frauen das. Frauen hier, Frauen da. Das Einzige, was ich bisher noch nicht entdeckt habe, ist eine Empowerment-Maßnahme unter dem Titel "Wie Frauen erfolgreich bei Grün eine Fußgängerampel benutzen." Aber ich bin mir sicher, das kommt auch noch.
Gruß, Kurti