Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Staatliche Zwangsverheiratung

Mus Lim ⌂, Monday, 01.03.2010, 03:35 (vor 5385 Tagen)

Zwangsheirat ist eigentlich ein Thema, das in Verbindung mit Migrantengruppen gebracht wird. Es ließe sich darüber streiten, ob dies absichtlich geschieht, um davon abzulenken, dass tagtäglich Bürger in Deutschland zwangsverheiratet werden. Mit der Schließung einer Ehe wird ja auch eine Wirtschaftsgemeinschaft begründet. Genau das wird nun vom Staat vorgenommen, wenn Nichtverheiratete von der ARGE zu Bedarfsgemeinschaften zusammengefasst werden, in der Absicht damit Sozialleistungen zu sparen.

Der erste Schlag wurde mit der Reform des Ehescheidungsrechtes von 1977 geführt. Seitdem kann in Deutschland jeder beliebig aus der Ehe aussteigen, ohne damit Versorgungsansprüche zu verlieren. Vor allem nichtberufstätige Frauen profitieren hiervon. Im Klartext: Mit der Selbstverwirklichung der Frau wurde die Pflicht zur ehelichen Solidarität für die Frau faktisch aufgehoben, aber nacheheliche Solidarität kann weiterhin vom Mann eingefordert werden. Die im Familienrecht deklamierte "Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft" (§ 1353, Abs. 1, BGB) wird dadurch zur Leerformel gemacht.

Damit wurde die Grundlage für ein Geschäftsmodell gelegt, mit dem der Staat seinen Bürgern Unterhaltspflichten zwischen Personen auferlegen kann, die weder miteinander verwandt sind, noch in ehelicher Gemeinschaft zusammen leben. § 1353 BGB besagt: "Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung." Mit dem staatlichen Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft wird das "füreinander Verantwortung tragen" aus dem Kontext der "ehelichen Lebensgemeinschaft" herausgebrochen.

Apologeten des Zeitgeistes verbreiten nun die Parole, dass sich die Zeiten eben ändern und es damit auch neue Formen des Zusammenlebens geben würde. Hinter diesen Nebenkerzen wird die Tatsache verborgen, dass die Menschen in anderen Lebensbereichen wie dem Erwerb einer Immobilie oder dem Kauf eines Pkw eine Errosion von Sicherheit und Verlässlichkeit nicht hinnehmen. Im Gegensatz dazu wurde für die Institution Familie im Grundgesetz ein "besonderer Schutz der staatlichen Gemeinschaft" festgelegt. Warum sollte also ausgerechnet die Demontage der Familie befürwortet werden?

Denn was anderes sind denn diese hochgepriesenen "neuen Formen des Zusammenlebens"? Sie sind für den Bürger äußerst vage und unsichere Konstrukte, deren Regeln vom Staat festgelegt werden. Mit Autonomie und Selbstbestimmung hat das dann nichts mehr zu tun. Bei der staatlich verordneten Bedarfsgemeinschaft verpflichtet der Staat für Nichtverheiratete und Nichtverwandte Verantwortung zu übernehmen, wobei für diese neue Form des Zusammenlebens der Artikel 16 (2) der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verletzt wird, der da lautet: "Die Ehe darf nur auf Grund der freien und vollen Willenserklärung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden."

Der hier vollzogene Prozess kann in drei Schritten beschrieben werden:

1. Zunächst wird die von der staatlichen Gemeinschaft zu schützende Ehe und Familie demontiert und zerstört.
2. Danach werden staatliche Definitionen von "eheähnlichen Lebensgemeinschaft" und "Bedarfsgemeinschaften" geschaffen, die sich von der Ehe/Familie in drei Punkten unterscheidet:
a) Sie entfalten keine Schutzfunktion für den Bürger.
b) Sie werden nicht durch den freien und vollen Willen der Bürger geschlossen.
c) Sie sind nicht autonom und vom Bürger selbstbestimmt, sondern werden vom Staat fremdbestimmt.
3. Den staatliche definierten "eheähnlichen Lebensgemeinschaften" und staatlich verordneten Bedarfsgemeinschaften werden Unterhaltspflichten auferlegt, die sich zuvor nur aus Verwandtschaft oder freier Eheschließung und Familiengründung ergaben.

Dieser Doppelschlag aus Familiezerstörung und staatlicher Zwangsverheiratung ermöglicht dem Staat:

1. Die privaten Lebensbereiche seiner Bürger zu bestimmen.
2. Den totalen Zugriff auf die finanziellen Ressourcen seine Bürger. Neben dem schon bestehenden Steuermonopol bekommt der Staat so noch das Instrument der Festsetzung von Unterhaltsverpflichtungen.

Damit dürfte die Basis einer freien Gesellschaft zerstört sein. Der totale Staat rückt damit in greifbare Nähe. Als Gegenmaßnahmen bietet sich an, sich als Mann generell von Frauen fernzuhalten, keinesfalls mit einer Frau zusammenzuziehen und erst Recht keine Kinder zeugen, die eine lebenslange Unterhaltssklaverei begründen könnte. Aber auch Wohngemeinschaften mit Männern sollte vorsichtshaber vermieden werden. In Zeiten des Genderismus schreckt der Staat bestimmt nicht davor zurück, heterosexuellen Männern eine homosexuelle Bedarfsgemeinschaft zu unterstellen.

"Die Kriterien zur Definition einer Bedarfsgemeinschaft für nichtgebundene Lebensgemeinschaften widersprechen der in Art. 2 des Grundgesetzes geschützten Handlungsfreiheit und Privatautonomie."
"Die Schlechterstellung der Bedarfsgemeinschaften gegenüber Einzelpersonen untergräbt die Solidarität in gelebten Sozialbeziehungen."

Dem ist zuzustimmen. Nicht nur die faktische Schlechterstellung, schon oder sogar gerade die Not, sich entweder mit einer Kürzung am Existenzminimum abzufinden oder aber sich von eben dieser "geübten Solidarität" distanzieren zu müssen, den Freund, die Freundin als "nur Mitbewohner" in einer "reinen WG" – und damit den eigenen Lebensalltag als oberflächlich und unsolidarisch denunzieren zu müssen, stellt für die Betroffenen eine Kränkung dar, die in ihren gesellschaftliche Folgen kaum abzuschätzen ist.

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Staatliche Zwangsverheiratung

Eugen, Monday, 01.03.2010, 13:30 (vor 5385 Tagen) @ Mus Lim

Zwangsheirat ist eigentlich ein Thema, das in Verbindung mit
Migrantengruppen gebracht wird. Es ließe sich darüber streiten, ob dies
absichtlich geschieht, um davon abzulenken, dass tagtäglich Bürger in
Deutschland zwangsverheiratet werden. Mit der Schließung einer Ehe wird ja
auch eine Wirtschaftsgemeinschaft begründet. Genau das wird nun vom Staat
vorgenommen, wenn Nichtverheiratete von der ARGE zu Bedarfsgemeinschaften
zusammengefasst werden, in der Absicht damit Sozialleistungen zu
sparen.

....

Guter Beitrag. Ganz nett wären dazu Quellenangaben (sofern das nicht komplett dein geistiges Eigentum ist).

Quellenangaben

Mus Lim ⌂, Monday, 01.03.2010, 17:13 (vor 5384 Tagen) @ Eugen

Guter Beitrag. Ganz nett wären dazu Quellenangaben (sofern das nicht
komplett dein geistiges Eigentum ist).

Selbst verfasst! 8-)

Zweitletzter Absatz:
Bernd Schlüter: Zehn Thesen zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II), Version: 18. Mai 2006
zitiert von Klaus Heck, in: Füreinander einstehen, jenseits einer „Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft“ im Sinne des SGB II, Seite 15/16

Letzter Absatz
Klaus Heck, Seite 16

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Brilliant erkannt und dargestellt. Bravo! (kT)

Gast1212331, Monday, 01.03.2010, 18:23 (vor 5384 Tagen) @ Mus Lim

- kein Text -

Nachtrag: Bedarfsgemeinschaft als Damoklesschwert

Mus Lim ⌂, Monday, 01.03.2010, 18:59 (vor 5384 Tagen) @ Mus Lim

Die Bedarfsgemeinschaft hängt also zukünftig wie ein Damoklesschwert über jeden Bürger, der sich solidarisch mit anderen verhält und ihnen beispielsweise beim Umgang mit Behörden hilft. Damit ist die Axt an die Wurzel einer sozialen und solidarischen Gesellschaft gelegt. Es liegen schon Berichte vor, dass SachbearbeiterInnen die Bereitschaft, Freunden (es könnten auch Nachbarn oder Arbeitskollegen sein) in Verhandlungen mit der ARGE zu unterstützen, als ein belastendes Indiz, das für das Vorliegen einer "Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" spräche, gewertet haben.

Klaus Heck berichtet, dass seine Freundin ihm eine Vollmacht für Verhandlungen mit ARGE erteilt hatte, weil sie ein Zwangsarbeitsverhältnis wegen illegaler Arbeitsbedingungen ohne Eintreten einer Sperrzeit beenden wollte und ihm in diesen Angelegenheiten mehr Sachkompetenz und Verhandlungsgeschick zutraute. Weil bei diesem Ansinnen Sozialleistungen vom Staat fällig geworden wären, hat die Sachbearbeiterin ihn mal eben mit seiner Freundin zwangsverheiraten wollen. Das hätte bedeutet, dass das Arbeitslosengeld um jeweils 10% gekürzt worden wäre.

Beispiel entnommen aus
"Füreinander einstehen" - Jenseits einer "Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" im Sinne des SGB II, Seite 9

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Danke, schöne Beschreibung ;-) kt

Timothy, Monday, 01.03.2010, 20:49 (vor 5384 Tagen) @ Mus Lim

- kein Text -

Staatliche Zwangsverheiratung

Christine ⌂, Thursday, 04.03.2010, 21:35 (vor 5381 Tagen) @ Mus Lim

Hi Mus Lim,

ich habe den kompletten Beitrag in FemokratieBlog eingestellt, auch mit der ursprünglichen Quelle.

http://femokratieblog.wgvdl.com/staatliche-zwangsverheiratung/03-2010/

Gruß - Christine

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