Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Der Staat und die Hartz4-Debatte - oder: Die spätrömische Dekadenz

Mus Lim ⌂, Sunday, 14.03.2010, 20:43 (vor 5373 Tagen)

Der Staat belohnt eine Ehescheidung mit 300 Euro pro Monat

Familien, die von Hartz4 betroffen sind, müssen sich überlegen, ob sie nicht unverzüglich gegenüber der ARGE erklären sollen, dass sie auf Dauer getrennt leben. Der Staat belohnt diese Entscheidung nicht nur mit 68 Euro Geldleistung mehr pro Monat, sondern übernimmt auch die Miete für die Wohnung des Vaters inkl. Heizkostenübernahme und Möbel-Erstausstattung. Dort kann er sich ein Arbeitszimmer einrichten und - ganz ungestört vom Kinderlärm - seiner Arbeitssuche nachgehen. Natürlich darf er - nur wegen der Kinder natürlich - täglich abends in sein altes Zuhause zurückkehren, fast wie früher, als er noch Arbeit hatte ...

Wäre dies dann Missbrauch von Sozialleistungen? - Juristisch sicher nicht, solange er wirklich auf Dauer dieser bürgerlichen Institution entsagen will - und warum sollte er nicht? Wenn ein Unternehmer in ähnlicher Lage einen solchen "Gestaltungsspielraum" nicht rational zum Vorteil seiner Firma auslegen würde, dann würden ihm wahrscheinlich alle Banken sofort die Kredite sperren - wegen Kreditunwürdigkeit.[1]

Man sollte immer in Erinnerung behalten, dass Familie auch eine Wirtschaftsgemeinschaft ist und von daher unternehmerisches Denken erwartet werden kann. Es gibt keinen grundsätzlichen Unterschied zu einem Unternehmen, dass seine Standortwahl unter anderem von öffentlichen Fördermitteln abhängig macht. Wenn ein großes Unternehmen seine Produktion in Westdeutschland schließt und in Ostdeutschland oder Rumänien wieder öffnet, helfen auch alle Appelle von Bürgermeister, Stadtdirektor und vielen anderen Bürgervertretern an die Verantwortung an die Unternehmerfamilie bzw. die Aktionäre nichts. Die Antwort der Unternehmer wird stets dieselbe sein, dass es Aufgabe des Gesetzgebers sei, den volkswirtschaftlichen Rahmen zu gestalten, und sie müssten rein betriebswirtschaftlich denken.

Auch in den Gemeinden ist inzwischen betriebswirtschaftliches Denken eingezogen, selbst wenn dies volkswirtschaftlich von Nachteil ist. So sind Bezirksbürgermeister bestrebt, attraktive Bürger anzulocken und weniger attraktive möglichst in andere Stadtteile zu verdrängen. Vor diesem Hintergrund sollte öffentliche Wirtschaftsförderung, staatliche Sozialleistungen und die Hartz4-Debatte neu überdacht werden.

Die Vermittlungsleistungen der ARGE von Hartz4lern

Klaus Heck berichtet, wie er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des Arbeitsamtes eine junge Mathematikerin betreute, die aus dem Iran geflohen war und nun im Rahmen einer Arbeitsfördermaßnahme für den gemeinnützigen Verein Schreibarbeiten erledigte. Innerhalb weniger Wochen erlernte sie die Grundlagen doppelter Buchführung.

Und mittels eines zusätzlichen Selbststudiums war sie bald in der Lage, in der Buchhaltung des Vereins eingesetzt zu werden. Zufällig rief eine befreundete Personalleiterin an und fragte K.H., ob er keine Buchhalterin empfehlen könne. Sofort sprach er mit der Geschäftsführerin des "Vereins für Arbeit", doch diese winkte ab: Er solle der Frau bloß nichts von dieser Stelle sagen, denn sie mache sich gerade in der Buchhaltung für den Verein so gut. Auch in diesem Beispiel stehen betriebswirtschaftliche Überlegungen höher, als der eigentliche Auftrag: Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt.[2]

Soviel zum Thema "spätrömischer Dekadenz"!

[1] Klaus Heck: "Füreinander einstehen" - Jenseits einer „Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft“ im Sinne des SGB II, Seite 28
[2] Klaus Heck, Seite 29

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Der Staat und die Hartz4-Debatte - oder: Die spätrömische Dekadenz

Sachse, Monday, 15.03.2010, 01:38 (vor 5373 Tagen) @ Mus Lim

Du hast etwas vergessen: Alleinerziehende bekommen einen Zuschlag, so 127 Euro.

Der Staat und die Hartz4-Debatte - oder: Die spätrömische Dekadenz

Gleichstellungsgeschädigter, Monday, 15.03.2010, 02:15 (vor 5373 Tagen) @ Sachse

Du hast etwas vergessen: Alleinerziehende bekommen einen Zuschlag, so 127
Euro.

... und sind sozial geachtet im Gegensatz zum gewöhnlichen Hartzer, der bekanntlich faul und ist und zu nichts taugt! Darüber hinaus erwerben sie auch während des Bezuges von Hatz4 durch ihre Erziehungsarbeit "berufliche Qualifikationen" und "Anrechnungszeiten" für spätere Fortbildungen.

Der Staat und die Hartz4-Debatte (Nachtrag)

Mus Lim ⌂, Monday, 15.03.2010, 19:33 (vor 5372 Tagen) @ Mus Lim

Der Staat belohnt eine Ehescheidung mit 300 Euro pro Monat

Familien, die von Hartz4 betroffen sind, müssen sich überlegen, ob sie nicht unverzüglich gegenüber der ARGE erklären sollen, dass sie auf Dauer getrennt leben. Der Staat belohnt diese Entscheidung nicht nur mit 68 Euro Geldleistung mehr pro Monat, sondern übernimmt auch die Miete für die Wohnung des Vaters inkl. Heizkostenübernahme und Möbel-Erstausstattung. Dort kann er sich ein Arbeitszimmer einrichten und - ganz ungestört vom Kinderlärm - seiner Arbeitssuche nachgehen. Natürlich darf er - nur wegen der Kinder natürlich - täglich abends in sein altes Zuhause zurückkehren, fast wie früher, als er noch Arbeit hatte ...[1]

Die Frau gilt dann als "Alleinerziehende". Wenn sie für die Pflege und Erziehung von mindestens im Haushalt lebenden Kind verantwortlich ist, steht ihr aufgrund der "besonderen Haushaltssituation" in jedem Fall ein Mehrbedarfszuschlag zu. Dabei ist unerheblich, ob die Eltern das gemeinsame Sorgerecht ausüben. Seit 2005 wird allen Alleinerziehenden grundsätzlich ein Mehrbedarfszuschlag von 12 Prozent des Eckregelsatzes für jedes Kind gezahlt. Abweichend davon wird für ein Kind unter sieben Jahren oder zwei Kinder unter 16 Jahre ein Mehrbedarf von 36 Prozent des Eckregelsatzes von 345 Euro anerkannt (= 124 Euro). Maximal wird ein Mehrbedarfszuschlag von 60 Prozent gezahlt. Ein Beispiel: Eine Alleinerziehende mit einem Kind von 8 Jahren erhält neben der Regelleistung von 345 Euro für sich 41 Euro zusätzlich als Mehrbedarfszuschlag, zudem 207 Euro Sozialgeld für ihr Kind, insgesamt also 593 Euro.[2]

Wäre dies dann Missbrauch von Sozialleistungen? - Juristisch sicher nicht, solange er wirklich auf Dauer dieser bürgerlichen Institution entsagen will - und warum sollte er nicht? Wenn ein Unternehmer in ähnlicher Lage einen solchen "Gestaltungsspielraum" nicht rational zum Vorteil seiner Firma auslegen würde, dann würden ihm wahrscheinlich alle Banken sofort die Kredite sperren - wegen Kreditunwürdigkeit.[1]

Man sollte immer in Erinnerung behalten, dass Familie auch eine Wirtschaftsgemeinschaft ist und von daher unternehmerisches Denken erwartet werden kann. Es gibt keinen grundsätzlichen Unterschied zu einem Unternehmen, dass seine Standortwahl unter anderem von öffentlichen Fördermitteln abhängig macht. Wenn ein großes Unternehmen seine Produktion in Westdeutschland schließt und in Ostdeutschland oder Rumänien wieder öffnet, helfen auch alle Appelle von Bürgermeister, Stadtdirektor und vielen anderen Bürgervertretern an die Verantwortung an die Unternehmerfamilie bzw. die Aktionäre nichts. Die Antwort der Unternehmer wird stets dieselbe sein, dass es Aufgabe des Gesetzgebers sei, den volkswirtschaftlichen Rahmen zu gestalten, und sie müssten rein betriebswirtschaftlich denken.

Auch in den Gemeinden ist inzwischen betriebswirtschaftliches Denken eingezogen, selbst wenn dies volkswirtschaftlich von Nachteil ist. So sind Bezirksbürgermeister bestrebt, attraktive Bürger anzulocken und weniger attraktive möglichst in andere Stadtteile zu verdrängen. Vor diesem Hintergrund sollte öffentliche Wirtschaftsförderung, staatliche Sozialleistungen und die Hartz4-Debatte neu überdacht werden.

Die Vermittlungsleistungen der ARGE von Hartz4lern

Klaus Heck berichtet, wie er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des Arbeitsamtes eine junge Mathematikerin betreute, die aus dem Iran geflohen war und nun im Rahmen einer Arbeitsfördermaßnahme für den gemeinnützigen Verein Schreibarbeiten erledigte. Innerhalb weniger Wochen erlernte sie die Grundlagen doppelter Buchführung.

Und mittels eines zusätzlichen Selbststudiums war sie bald in der Lage, in der Buchhaltung des Vereins eingesetzt zu werden. Zufällig rief eine befreundete Personalleiterin an und fragte K.H., ob er keine Buchhalterin empfehlen könne. Sofort sprach er mit der Geschäftsführerin des "Vereins für Arbeit", doch diese winkte ab: Er solle der Frau bloß nichts von dieser Stelle sagen, denn sie mache sich gerade in der Buchhaltung für den Verein so gut. Auch in diesem Beispiel stehen betriebswirtschaftliche Überlegungen höher, als der eigentliche Auftrag: Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt.[2]

Soviel zum Thema "spätrömischer Dekadenz"!

[1] Klaus Heck: "Füreinander einstehen" - Jenseits einer "Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" im Sinne des SGB II, Seite 28
[2] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: "Hartz IV bringt viel - auch für Alleinerziehende"
[3] Klaus Heck, Seite 29

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Spätestens mit der Begriffsfindung "spätrömische Dekadenz"...

Michi @, Wednesday, 17.03.2010, 14:46 (vor 5370 Tagen) @ Mus Lim

...unterliegt unser Freund, Genießer und Verfechter des Analverkehrs ersten folgenschweren Irrtums. Die spätrömische Dekadenz ging nicht vom Volke und unterer sozialer / Einkommens- / Schichten aus, sondern wurde von der obersten Liga und Führung vor- / gelebt, gefördert und indoktriniert. Also warm-Guido: Flieg weiter...Thema verfehlt, sechs, setzen...!

Michi
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