Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Dank Deutschland: Schluß mit Tradition in Bénin (1)

Thomas Lentze, Saturday, 27.05.2006, 02:22 (vor 6756 Tagen)

http://www.intact-ev.de/index.html

http://www.intact-ev.de/aktuell/18.pdf




Endlich geschafft: Schluss mit weiblicher Genitalverstümmelung in
Benin

Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und (I)NTACT feiern mit den
Menschen vor Ort

Natitingou war in Feststimmung. Vom 8. bis 10. April stand die Stadt im
Nordwesten
Benins Kopf. Fast zweitausend Menschen waren gekommen, um mit den
Regierungsvertretern und Gästen aus Deutschland, allen voran Bundesministerin
Heidemarie Wieczorek-Zeul und die Vorsitzenden des Vereins (I)NTACT, Christa
Müller und Detmar Hönle, zu feiern.

Der Anlass: Das Ende der Tradition der
weiblichen Beschneidung in Benin.


An diesem Erfolg hat (I)NTACT, der
saarländische Förderverein, seit seiner Gründung im Jahr 1996, maßgeblich
mitgewirkt.

Alle hatten lange für ihr Ziel gekämpft. Die einen für den Erhalt eines jahrtausende
alten Brauchs. Die anderen dagegen.

Heute ist man sich einig: Die weibliche
Genitalverstümmelung darf es in Benin nicht mehr geben. Das bekräftigten zum
Festauftakt nicht nur hochrangige Regierungsvertreter, darunter die beninische
Familienministerin Léa Hounkpé. und die Ministerin für Handel und Industrie,
Massiyatou Latoundji Lauriano, sondern auch die Fetischpriester, die das grausame
Ritual am längsten verteidigt hatten. ?Nie mehr wollen wir den Befehl zur weiblichen
Beschneidung erteilen. Kein Beschneider, keine Beschneiderin soll diese Tat mehr
in unserem Namen durchführen,? erklärten die Traditionshüter vor aller Welt.
Wie aber war ein solcher Erfolg überhaupt möglich, fragen diejenigen, die bisher
glaubten, das Problem der Beschneidung sei ebenso unüberwindbar wie grausam.
?Ein Grund dafür, dass letzten Endes auch die Fetischpriester überzeugt wurden, ist
das Ansehen und die Glaubwürdigkeit unserer beninischen Partner vor Ort?, sagt
Elke Proell, Geschäftsleiterin von (I)NTACT. ?Organisationen, die durch ihre
jahrelange Präsenz und Entwicklungsarbeit in Dörfern gezeigt haben, dass sie am
Schicksal der einfachen Menschen interessiert sind und ihre Arbeit auch positive
Veränderungen bringt, können auch im Kampf gegen die weibliche Beschneidung
überzeugen.?
?Der Erfolg ist letztendlich der hartnäckigen Überzeugungsarbeit derjenigen, auch
einzelner Persönlichkeiten, zu verdanken, die sich jahrelang unnachgiebig im Kampf
gegen die Beschneidung eingesetzt haben,? meint Christa Müller, Vorsitzende und
Gründerin des Vereins, und denkt dabei besonders an den Beniner Toussaint
N?Djonoufa, der schon seit acht Jahren vor Ort für (I)NTACT arbeitet.

Ein Übriges tut das Strafgesetz, das es seit 2003 gibt. ?Ein Gesetz allein bewirkt
nicht viel,? so Müller, ?wenn das Gesetz aber, so wie in Benin, in der Folge von
Aufklärungsarbeit verabschiedet wird und von den schon existierenden Dorfkomitees
als Schutzinstrument genutzt werden kann, dann verhindert es Rückfälle.?
Die Freude über den Erfolg wird auch von Bundesministerin Wieczorek-Zeul geteilt.

?Dies ist ein großer Tag für Benin und für Afrika,? sagt sie, ?ich bin sicher: Die Töchter
Benins werden ihren Töchtern von diesem Tag erzählen.? Und sie fügt hinzu:
?(I)NTACT kann stolz sein. Danke dafür!?


Doch allen Beteiligten, ob beninischer Regierung, deutschen Gästen oder
Partnerorganisationen, ist auch klar: Um das Ergebnis zu sichern, muss die
beninische Bevölkerung weiter in ihren Bemühungen unterstützt werden. ?Jetzt
müssen die Regierung und die Deutschen hinter uns stehen,? sagt Hama Ibrahima,
eine Beschneiderin, die ihren Beruf aufgegeben hat, ?sonst kann es sehr bald wieder
so sein wie früher.?


Der Verein (I)NTACT wird in seinem Engagement nicht nachlassen. Daran lässt
Christa Müller keinen Zweifel. ?Es gibt viele Länder in Afrika, in denen ähnliche
Ergebnisse erreicht werden können. Senegal, Burkina Faso oder Togo sind nur
einige. In Benin müssen wir nun gezielt für die Nachhaltigkeit der Ergebnisse
sorgen. Wir stehen zusammen mit unseren afrikanischen Partnerländern in der
moralischen Pflicht, dafür die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen.?

Trotz leerer Vereinskasse ist Müller zuversichtlich. ?Benin hat ein Signal gesetzt,
das, so hoffe ich, nicht auf taube Ohren stoßen wird.?

(I)NTACT Spendenkonto: 712 000
Sparkasse Saarbrücken, BLZ 590 501 01
Aktuelles Bildmaterial zum Benin-Ereignis können Sie von der (I)NTACT-
Geschäftsstelle in Saarbrücken erhalten.
Kontaktieren Sie hierfür die
Pressereferentin Gisela Mahler unter Tel. (0681) 32400 oder unter der E-mail
Adresse <g.mahler intact-ev.de>
Saarbrücken, April 2005

Dank Deutschland: Schluß mit Tradition in Bénin (2)

Thomas Lentze, Saturday, 27.05.2006, 03:02 (vor 6756 Tagen) @ Thomas Lentze

Doch aufgepaßt Freunde! Ich zitiere eine Passage nochmal :

Doch allen Beteiligten, ob beninischer Regierung, deutschen Gästen
oder Partnerorganisationen, ist auch klar: Um das Ergebnis zu sichern, muss
die beninische Bevölkerung weiter in ihren Bemühungen unterstützt werden.
?Jetzt müssen die Regierung und die Deutschen hinter uns stehen,? sagt Hama
Ibrahima, eine Beschneiderin, die ihren Beruf aufgegeben hat,?sonst kann
es sehr bald wieder so sein wie früher.?

Zitierte Beschneiderin hat ihren Beruf gewechselt, hat jetzt sicher ein höheres Einkommen. Is gut so? Nee, jetzt kommt die Unterhaltspflicht.

Entwicklungshilfe ist ein Deal: wir gestatten euch, Schulen hinzustellen oder - von uns aus - die Entschneidung zu verordnen. Aber das will bezahlt sein, und zwar nachhaltig! Die Schule wird vielleicht nie gebaut, oder nie besucht. Aber auf das Unterhaltsgeld besteht jetzt ein Anspruch. Es soll sogar Fotos von dem Projekt geben...

Ich fand die obigen Meldungen in einer sich christlichen betitelnden Zeitschrift. Da gibts auch ein Forum. Ich habe die Beschneidungskampagne dort thematisiert. Die Weiber waren empört. Den thread konnte ich nicht mehr abrufen, habe aber einen Teil davon gespeichert. Hier ist er:

Beschneidung - warum?
Schneider
> 12.12.05 21:09 « TLentze

Frauen beschneiden Frauen. Niemand zwingt sie. Meine Ex-Ehefrau, Westafrikanerin, jetzt in Deutschland lebend, ist ebenfalls beschnitten. Mir wäre es kaum aufgefallen, wenn sie es mir nicht gesagt hätte. Sie hat geäußert, daß sie eine Tochter ebenfalls beschneiden lassen würde, weil sie das richtig findet.

Jetzt kommen Vertreter der (fortgeschritteneren) Zivilisation und sagen: Das ist doch barbarisch. Wir müssen was dagegen tun. Wir sammeln jetzt für einen guten Zweck. Und seht her: wir haben Erfolge! Alle Beschneiderinnen in Bénin haben neue Jobs, dank unserer Hilfe.

Aber wird dieser "Erfolg" von Dauer sein? Ich habe meine Zweifel. Als ich den Frauen, die auf meinem Grundstück in Bénin am Fluß entlang junge Bäume fällten, Geld gab, nahmen sie es gerne an; aber als ich später wieder zurückkam, war das Holz trotzdem weg. Kulturrevolutionen sind eben mit Geld und "fortschrittlichen" Idealen nicht zu machen. Der damalige Präsident des Landes ließ sich "Chamäleon" nennen - als Ehrenname. Als die Sowjetunion zusammenbrach, wandelte er das Land von einer marxistischen Militärdiktatur in die "erste Demokratie Afrikas" (1989). Er wußte, wie er es anzustellen hat, damit das Geld weiter fließt. Und ich denke, die Beschneiderinnen wissen ebenfalls, wie sie es anstellen, um zusätzliche Einnahmen zu erhalten.

Ist es nicht eurozentristische Arroganz, wenn wir meinen, wir müßten einen fremden Kulturkreis von seinen Traditionen "befreien"? Wie würden wir reagieren, wenn uns aus Afrika Proteste erreichten gegen kosmetische Brustoperationen? Würden wir sie ernstnehmen? Sicher nicht - weil ihre Geldwährung nicht taugt, um unseren Chirurgen neue Jobs zu geben.

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I
> 14.12.05 15:50 «

Das soll ja wohl ein mieser Scherz sein. Du willst den barbarischen Akt einer Beschneidung wirklich mit plastischer Chirugie vergleichen? Ich fasse es nicht...

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Schneider
> 15.12.05 00:28 «

Der Unterschied liegt wohl darin, daß plastische Chirurgie nichts mit einer kulturellen Tradition zu tun, die wir zu respektieren hätten, sondern mit ganz persönlicher weiblicher Eitelkeit. Genauer gesagt: mit Narzißmus; oder (auch) mit dem Willen, Männer aufzureizen, insofern zu beherrschen, jedenfalls den eigenen Marktwert zu erhöhen.

Warum betreiben die Afrikanerinnen traditionell keine "plastische Chirurgie"? Warum lassen sie ihre Brüste hängen anstatt sie per BH in ständiger Erektion zu halten? Weil sie ihre Brüste den Säuglingen geben anstatt sie sexistisch zu instrumentalisieren!

Und darum handelt es sich - heute freilich eingeschränkt - um Naturvölker.

Das heißt: sie sündigen weniger als wir. Deshalb ist Jesus Christus in unseren Breiten erschienen und nicht bei ihnen!

Grüße,
Schneider.

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Kardinal
> 15.12.05 09:26 «

Folgenden Text zum Thema fand ich im Internet:

"20 Jahre, nachdem die Mutter ihr ein Stück Holz zwischen die Zähne steckte und sagte "Beiß zu, bis der Schmerz nachläßt!" hat Waris Dirie ihr Schweigen gebrochen. Öffentlich berichtete sie, wie ihr als kleines Mädchen von alten Frauen die Schamlippen und die Klitoris weggeschnitten wurden, weil dies in ihrem ostafrikanischen Heimatland Somalia nun einmal so Brauch ist.
Kurz darauf war Waris Dirie aus Somalia geflohen, um der Verheiratung mit einem reichen Greis zu entgehen. Sie schlug sich in London als Putzmädchen durch, bis eine Fotoagentur sie entdeckte. Mit der Veröffentlichung ihres "bestgehütetsten Geheimnis" reiht sie sich ein in die lauter werdenden Proteste gegen das blutige Ritual, das vor allem in Afrika, aber auch in Teilen Asiens immer noch gängige Praxis ist. Mehr als zwei Millionen Mädchen und junge Frauen - so schätzt die Weltgesundheitsorganisation - müssen jedes Jahr die "Verstümmelung ihrer Genitalien" über sich ergehen lassen und oft lebenslange Folgeschmerzen ertragen.

Erst vor kurzem hat eine rituelle Massenbeschneidung im westafrikanischen Sierra Leone daran erinnert, daß der Brauch trotz jahrzehntelanger Bemühungen um Aufklärung keineswegs am Aussterben ist. Mit blutenden, oft stark entzündeten Wunden wurden dutzende Patientinnen in die Krankenstation von Grafton nahe der Hauptstadt Freetown eingeliefert.

Wären dort nicht belgische Mediziner der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" tätig, hätte die Außenwelt nicht erfahren, daß an einem einzigen Tag Mitte Januar bei einer geheimnisumwitterten Dschungel- Zeremonie 600 jungen Frauen mit unsauberen Messern, Scheren und Glasscherben die Genitalien abgeschnitten wurden.

Seit christliche Missionare dagegen anpredigten, haben unzählige staatliche und private Organisationen im Geiste abendländischer Aufklärung versucht, das "Sauberkratzen" zu bekämpfen, wie der Brauch in Afrika vielerorts genannt wird. "Aussichtslos", sagt resignierend der kenianische Arzt Sohanpal Dhupa. "Studierte Leute liefern ihre Töchter zwar nicht mehr den alten Hexen und deren Glasscherben aus, doch statt mit dem Unsinn aufzuhören, schicken sie die Mädchen zur Operation ins Krankenhaus."

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Schneider
> 15.12.05 09:46 «

In Kürze:

Ich habe etwa 7 Jahre in Westafrika zugebracht und mich zeitweilig mit den Frauen auch recht "intim" befaßt, habe auch dort zweimal geheiratet. Sicher sterben Jungen und Mädchen auch an traditionellen Vorrichtungen, wie es die Beschneidungen sind. Aber vor allem sterben Menschen dort aus ganz anderen Gründen vorzeitig: iatrogen, d.h. an aus Europa importierten, hier nicht mehr zugelassenen Medikamenten, medizinisch gesagt an Nierenversagen. Es besteht eine Allianz der Korruption zwischen dortigen Ärzten, Apothekern und hiesigen Exporteuren. Damit wird ein ungeheurer Mißbrauch getrieben, für den wir "Entwickelte" die Hauptverantwortung tragen.

Es ist erstaunlich, wie stark unsere Wahrnehmung fremder Kulturen von der Medienmacht gesteuert wird!

Schneider

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Kardinal
> 15.12.05 21:09 «

"Die religiöse Grundlage und Legitimierung für die Mädchenbeschneidung waren immer der Kernpunkt der Debatte über diese Praktizierung. Die meisten Befürworter stützen ihre Stellung damit, auf zwei zentrale? und ihrer Meinung nach generell akzeptierten- islamischen Traditionen. Eine davon basiert auf einen Ausspruch des Prophete Mohamed:?Die Beschneidung von Mädchen bemisst den Wert des Mädchens.? und die andere beruft sich auf die Worte des Propheten zur Frauenbeschneiderin Umm´Atiyya,?Beschneide die Mädchen, aber übertreibe nicht, da diese Art der Beschneidung von den Ehemännern am meisten gewünscht ist und das Gesicht der Frau auf bestmögliche Art und Weise strahlen läßt.?

aus "geocities"

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Schneider
> 15.12.05 22:28 «

Und jetzt noch in Abrundung:

Ich habe das Buch von Hirsli nicht gelesen, ebensowenig andere weibliche Erfahrungsberichte, will sie auch nicht lesen, möchte die behaupteten Tatsachen anderseits nicht grundsätzlich bestreiten. Ich möchte sie allerdings relativieren.

Wir leben in einer Zeit, da Opfer zu sein - oder darüber zu schreiben - en vogue oder modern ist. Wer als Opfer "anerkannt" wird, hat nicht nur zumindest ideelle Entschädigungsansprüche, sondern auch eine gewisse Narrenfreiheit im Anklagen und Fordern. Und wer darüber schreibt, der findet schnell einen Verleger, wahrscheinlich auch Förderungsgelder und Preise, bisweilen ein Bundesverdienstkreuz, ja deren zwei - wie Alice Schwarzer, die berufsmäßige Chefsanklägerin des männlichen Geschlechts und Veropferungs-Expertin des weiblichen.

Was bedeutet es für den Christen, das Kreuz auf sich zu nehmen? Schimpf und Schande, Geißelung (Folter, sagen wir heute), Hinrichtung, Auferstehung.

Und was bedeutet es, das Bundesverdienstkreuz an sich zu nehmen? Auszeichnung und Ehre, Fördermittel, "Lebens"sicherung, vielleicht aber auch geistiger Rückfall, Sündenfall.

Es ist nun eine Erfahrungstatsache, daß in Hinblick auf Anerkennung des Opfer-Tatbestandes gern ein wenig nachgeholfen wird. Relativ gut belegt ist das für die Frauenhausszene, aber nicht nur dort : keine Opfer mehr, kein Geld mehr. Also her mit den Opfern. Es gibt sie; ihr wißt es nur noch nicht! Da wird gelogen was das Zeug hält.

Ich erwähnte oben ein wirkliches Problem in Afrika, das ist der "iatrogene" (arzt-erzeugte) Tod. Hat jemand in Bénin Fieber und hat Geld, um eine Behandlung zu bezahlen, so kriegt er erstmal gleichzeitig: Injektionen gegen Malaria, Injektionen mit Antibiotika, mit Cortison, mit C-Vitamin (!), eventuell mehr. Dann wird - unsinnigerweise - eine Blutanalyse gemacht. Hilft die "Behandlung" nicht, so bekommt er alle möglichen weiteren Medikamente verschrieben, zum Teil mit denselben Wirkstoffen, aber verschiedenen Namen, und grundsätzlich mit abgelaufenem Verfallsdatum, da sie im Einkauf billig sind. Zeigen sich dann nervöse Störungen, so kommt Haloperidol (ein Neuroleptikum, gegen Schizophrenie) hinzu. Bald kann die Großfamilie das Geld nicht mehr auftreiben. Dann folgen Drohungen: Wenn ihr nicht kauft, dann seid ihr schuld am Tod des Patienten. Zum Schluß kommt das Nierenversagen. Das ist in Krankenhäusern die gewöhnliche Todesursache. Und in den Angehörigen die Schuldgefühle. Rechtzeitig hat der Arzt, der mit dem Apotheker oft identisch oder aus derselben Familie ist, noch Geschenke bekommen. Die behält er natürlich.

Einmal stand ich in einer Apotheke vor einer Papptonne von "Medicor". In deutscher Aufschrift war zu lesen: Unverkäuflich. Die Apothekerfrau packte die Tabletten gerade in kleine Plastiktüten, natürlich für den Verkauf. Ich zögerte etwas, sie auf das Verkaufsverbot hinzuweisen, weil ich annahm, daß ihr das peinlich sein würde. Es war ihr aber gar nicht peinlich! Dann schrieb ich an "Medicor" in Deutschland. Ich bekam auch eine Antwort, etwa dahingehend, daß man nicht genug Leute habe, um die Verwendung der Medikamente zu kontrollieren. - Hmmm...Was ist mit den massenhaft auf allen Märkten verkauften Antibiotika ohne Beipackzettel, die dort nach Farben sortiert verkauft werden? Die kommen sicher nicht von Medicor. Sondern...also, öffentlich spekulieren darf ich ja nicht.

Gäbe es Fördergelder, wenn man hierüber schreiben würde? Wenn ja, von wem!? Wer es versucht, hier ein Licht anzumachen, der merkt, daß er kein Kreuz angeheftet kriegt, sondern daß er eher eins tragen muß. Die Pharma- und Entwicklungshilfe-Industrie wird sich nicht so kostengünstig "umschulen" lassen wie die traditionellen Beschneiderinnen. Es hängt jedenfalls u.a. damit zusammen, daß ich nicht mehr dort bin. Nicht daß ich mich jetzt als Opfer fühle! Mir geht es auch hier ganz gut.

Freundliche Grüße

Schneider

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15.12.05 22:37 «

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Schneider
> 15.12.05 22:40 «

Hallo Kardinal!

Soeben nach Absenden meiner Nachricht habe ich die deine gelesen. Ich frage dich nun: Was beabsichtigst du mit der Zuordnung weiblicher Beschneidung auf den Islam? Sind die Beschneiderinnen etwa islamischen Glaubens? Kannst du vielleicht eine richtige Quellenangabe machen und das Zitat irgendwie sinnvoll einordnen? Oder willst du nur "das Patriarchat" (früher waren es "die Juden") zum Täter machen?

Ich will nicht polemisieren. Ich würde es nur gerne einmal genauer wissen.

Freundliche Grüße

Schneider

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i-fish
> 16.12.05 10:24 «

Wieso nenne Sie sich "Schneider", wenn sie eine eMail-Adresse mit dem Namen "Lentze" angeben? Das ist schon eine an das Perverse grenzende Sympathiebekundung für die üblen Schlächter, die immer noch das steinzeitliche Ritual der weiblichen Beschneidung durchführen!

Diese Praxis hat rein gar nichts von einer Traditin der "edlen Wilden", sondern ist ganz einfach ein barbarischer Steinzeitbrauch.

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Schneider
> 16.12.05 13:38 «

Guten Tag i-fish!

Es ist in Foren so üblich, mit einem Nicknamen aufzutreten, auch wenn man sich nicht unbedingt verstecken muß.

Inwiefern ich für die Schlächterinnen (es handelt sich durchwegs um Frauen!) Sympathie empfinde, dazu habe ich mich recht differenziert geäußert. Vielleicht liest du einmal nach? Um jemanden zu verstehen, ist eben eine gewisse Vorleistung zu erbringen, was einem Christen nicht schwer fallen sollte. Oder bin ich hier im falschen Forum?

Freundliche Grüße,
Schneider.

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i-fish
> 16.12.05 14:36 «

Das entkräftet in keinem Punkt meine Befürchtungen. Erstens läßt die Wahl des Nicknames (und mir war durchaus bewußt, dass es ein Nickname ist) sehr darauf schließen, bei wem Deine Sympathie ist (nämlich keineswegs bei den verstümmelten Frauen und Mädchen) und zweitens überzeugt mich das Lesen Deiner Beiträge eher davon, dass Du diese grausame Praxis verharmlosen willst. Gerade mit Differenzierungen im Zusammenhang mit einer derart menschenverachtenden Tat verharmlost man die Tat.

Und Deine Behauptung, dass es sich bei den Tätern "durchwegs um Frauen" handelt, spricht nicht wirklich dafür, dass Du Ahnung von dem Thema hast.

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Schneider
> 16.12.05 18:01 «

i-fish: Nun haben wir deine auf mich bezüglichen Befürchtungen, Schlußfolgerungen, Überzeugungen und Verurteilungen zur Kenntnis genommen und sollten uns wieder auf die Sache konzentrieren.

Angesichts des Enthusiasmus im Kampf gegen weibliche (!) Beschneidung können wir uns folgende Fragen stellen :

1.

Wenn wir Nächstenliebe ausüben wollen, ist es dann nicht vielleicht unnötig, ja verfehlt, den Hilfsbedürftigen möglichst weit weg zu suchen, etwa im Dschungel? Selbst im Falle einer gewaltigen Naturkatastrophe, die auf einen Schlag zehntausende Opfer fordert, wird ja das Leid unseres bedürftigen Nachbarn dadurch nicht gelindert. Es gibt immer genug zu tun auch in unserer unmittelbaren Nähe. Wahrscheinlich bleiben wir alle da hinter unseren Möglichkeiten zurück. Die Nähe, das kann sogar der "Balke im eigenen Auge" sein, also unser seelisches Innere, das läuterungsbedürftig ist.

2.

Wenn man nun trotzdem in exotischer Gegend und in spektakulärer Sache etwas tun möchte, so stellt sich gerade, wenn es um vermutetes Unrecht geht, die Frage: Habe ich die Kompetenz, das Unrecht als solches einzuschätzen und dagegen vorzugehen? Die Antwort lautet unzweifelhaft "ja", wenn das Problem aus meinem eigenen Kulturkreis importiert ist. In diesem Falle (Stichwort: Verkauf entsorgungspflichtiger Antibiotika) besteht unzweifelhaft die Notwendigkeit und Pflicht. Fasziniert mich jedoch etwas so Ausgefallenes wie die weibliche (!) Beschneidung, so muß ich mich fragen: was sind meine persönlichen Beweggründe?

3.

Vor der Wahl einer Aufgabe sollte man sich auch fragen: Will ich in der Nachfolge Christi handeln, d.h. mein Kreuz tragen? Will ich Angriffe, Verleumdungen, Verluste akzeptieren? Oder will ich mich selbst, mein Ego, verwirklichen, und das als ein Verdienst deklarieren lassen? Will ich ein Verdienst-Kreuz?

Ich stelle diese Fragen, weil sie gerade im Forum einer Zeitschrift mit christlicher Zielsetzung sicher nicht deplaziert sind.

Schneider

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Meggy
> 16.12.05 19:04 «

an den Schneider:
Das kann doch alles nicht Dein Ernst sein. Deine Menschenverachtung macht mich fast sprachlos. Natürlich gibt es auch in meiner Umgebung Nachbarn/Nächste, um die ich mich kümmere. Aber es gibt doch sicher eine Abstufung des Leids. Wenn mein Nachbar nicht mit Hartz IV zurecht kommt und seine Kinder deshalb in Armut leben, dann lädt man sie zum Essen ein oder organisiert sonst irgendwie Nachbarschaftshilfe. Wenn aber tausende junger Mädchen auf die brutalste Art und Weise verstümmelt werden, dann hat dieses Leid eine etwas andere Qualität. Ja, auch in meiner Nachbarschaft gibt es Jungens, die an der Bushaltestelle Hakenkreuze schmieren, aber in Darfur sterben im Monat 20.ooo Menschen wegen eines offenen Rassismus einer islamistischen Regierung. Wo sollte man also zuerst anpacken?
Wenn Du Menschenrechtsaktivisten Profilierungssucht vorwirfst und ihnen die Kompetenz absprichst, so muß ich Dir sagen: ich erkenne bei Dir keinen Funken Kompetenz in Bezug auf die weibliche Beschneidung. Als Mann solltest Du Dich besser raushalten, wenn es darum geht, daß Du eine Verstümmelung rechtfertigst, die eben nicht Dich betrifft, sondern nur Frauen!
So viel Selbstgerechtigkeit, soviel Arroganz, wie aus Deinen Worten spricht: das ist nicht christlich!

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Schneider
> 17.12.05 01:39 «

Wo sollte man also zuerst anpacken?

Bei sich selbst! Wer nicht bereit ist, im eigenen Hause zu kehren, der muß sich fragen lassen, warum er in anderen Häusern kehrt, und ob er dazu eingeladen worden ist.

Es gäbe freilich einen Grund, anderswo zu kehren, und einen dieser Gründe habe ich ausführlich genannt. Ich meine den Medikamentenmüll, den wir dort gewinnbringend abgeladen haben.

Daß der nicht dorthin gehört, steht doch außer jeden Zweifel. Warum sich stattdessen in einer Weise einmischen, daß dies von den Betroffenen als Arroganz der ehemaligen Kolonisatoren gedeutet wird?

Stell dir doch mal vor, es würde in Benin ein wütender Protest ausgehen gegen die Bergsteigerei in den Alpen, weil da unzählige Menschen wegen einer Tätigkeit, die völlig unnötig, ja obendrein noch ökologisch schädlich ist, verunglücken. Oder gegen die Karies bei Kindern infolge von Süßigkeiten, die sie von ihren Eltern erhalten. Das sind jetzt noch ganz harmlose Beispiele von Zuständen, die bei uns nicht in Ordnung sind. Wie würdest du reagieren? Wahrscheinlich würdest du lachen und die Spendengelder gerne einstecken. So reagieren jedenfalls die Afrikaner. Ich war vor Ort, du darfst es mir glauben!

Schneider

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Meggy
> 17.12.05 11:27 «

...und sollten uns wieder auf die Sache konzentrieren

das waren die Worte des Schneiders. Aber er selbst eröffnet in jedem Posting so viele Nebenkriegsschauplätze, dass einem schwindelig wird. Was haben die Medikamente mit Beschneidung zu tun? Was haben die Alpen oder Karies mit Beschneidung zu tun? Bleib beim Thema. Was rechtfertigt es, junge Mädchen aufzuschlitzen und für ihr Leben lang zu verstümmeln? Was legitimiert diese Schlächter dazu, ihre Kinder auf so bestialische Art und Weise zu verstümmeln? Und wenn es so wäre, dass jeder bei sich selbst anfangen soll...woher willst Du wissen, dass dies die anderen nicht längst getan haben? Du unterstellst anderen, dass sie bigott, egoistisch und profilierungssüchtig sind. Dabei bist Du der einzige, auf den das zutrifft. Du bist so selbstgerecht, dass Du nicht einmal merkst, dass Du hier für Verstümmelungen eintrittst, die Menschen betreffen, die sich nicht wehren können.

Indien und seine 1 Million Eunuchen

Wolfgang, Saturday, 27.05.2006, 04:38 (vor 6755 Tagen) @ Thomas Lentze

www.zdf.de/ZDFde/inhalt/4/0,1872,1014116,00.html

Ich bin immer noch stinkesauer, weil niemand gegen diese Zustände angehen will!!!!

Indien und seine 1 Million Eunuchen

Wolfgang, Saturday, 27.05.2006, 04:42 (vor 6755 Tagen) @ Wolfgang

Der Guru, Thayamma, Grosse Mutter genannt, entscheidet, wer kastriert wird. Ein Ritual, das nicht alle überleben. Parvati beschreibt drastisch, wie ihre Kastration vorging: "In der Dämmerung haben sie Süßspeisen vorbereitet und die Gegenstände für die Zeremonie zurecht gelegt. Sie haben heilige Lieder gesungen. Die Thayamma hat mir einen Strick um mein Geschlechtsteil gebunden und es mit einem Hieb abgeschlagen. Es fiel in ein Loch, das sie in den Sand vor mir gegraben hatten. Dann floss ganz viel Blut. Sie schlugen mir ins Gesicht, damit ich nicht ohnmächtig werde. Dann gossen sie heißes Öl in die Wunde, damit sie sich schneller schließt. Alle riefen Mata, Mata, Mata, nach der Grossen Muttergöttin damit ich überlebe."

Indien und seine 1 Million Eunuchen

Thomas Lentze, Saturday, 27.05.2006, 05:00 (vor 6755 Tagen) @ Wolfgang

Ich bin immer noch stinkesauer, weil niemand gegen diese Zustände angehen
will!!!!

Hallo Wolfgang !

Du willst doch nicht etwa, daß Indien jetzt mit deutschen Steuergeldern von dieser Tradition befreit wird ?

Den Ausdruck "Verstümmelung" halte ich sowohl für die beninische matriarchale Tradition der Beschneidung als auch für die indische Tradition der Eunuchen für bedenklich. Sicher, es sind Verstümmelungen, kein Zweifel. Aber sie werden von den "Betroffenen", den "Opfern", viel weniger als grausame Gewalttaten erlebt als von uns.

In Benin habe ich von vielen schlimmen Dingen Kenntnis erhalten, Massensterben durch umgestürzte Busse, durch Krankheiten, Flutkatastrophen etc., aber nie von einer Frau, die sich durch Beschneidung beeinträchtigt gefühlt hätte oder die daran gestorben wäre.

Was die indischen Eunuchen betrifft, so scheint es sich eher um Privilegierte und nicht um Opfer zu handeln. Um Menschen, die zwar irgendwie "am Rande der Gesellschaft" leben, denen aber auch segenreiche Kräfte zugesprochen werden und die folglich gerade zu erhabenen Anlässen gerne gesehen sind.

Oder sehe ich das falsch ?

Grüße !

Thomas

Indien und seine 1 Million Eunuchen

Thomas Lentze, Saturday, 27.05.2006, 05:18 (vor 6755 Tagen) @ Wolfgang

Der Guru, Thayamma, Grosse Mutter genannt, entscheidet, wer
kastriert wird. Ein Ritual, das nicht alle überleben.
Parvati beschreibt drastisch, wie ihre Kastration vorging: "In der
Dämmerung haben sie Süßspeisen vorbereitet und die Gegenstände für die
Zeremonie zurecht gelegt. Sie haben heilige Lieder gesungen. Die Thayamma
hat mir einen Strick um mein Geschlechtsteil gebunden und es mit einem
Hieb abgeschlagen
. Es fiel in ein Loch, das sie in den Sand vor mir
gegraben hatten. Dann floss ganz viel Blut. Sie schlugen mir ins Gesicht,
damit ich nicht ohnmächtig werde. Dann gossen sie heißes Öl in die Wunde,
damit sie sich schneller schließt. Alle riefen Mata, Mata, Mata, nach der
Grossen Muttergöttin damit ich überlebe."

Wolfgang, nun aber langsam ! Zuvor steht dort:

der Gruppe, abgegeben. Sie entscheidet, wer in die Gruppe aufgenommen wird und wer welche Arbeiten verrichtet.

"Aufgenommen werden" heißt nicht "gezwungen werden". Wahrscheinlich heißt es, daß es mehr Bewerber gibt als Aufgenommene ! Das ist zu vermuten auch aus folgendem Grund:

Viele Leute küssen uns die Füße, weil sie glauben, wir sind eine Verkörperung der Götter, vor allem die Reichen im Norden.

Wer läßt sich nicht gerne die Füße küssen und als Gott betrachten ? Klar, diese Menschen gehören einer Kaste an, welche ihnen sonst nicht viel läßt. Wenn überhaupt, dann wäre das das Skandalöse.

Schilderungen von Riten, bei denen Blut fließt, lassen sich natürlich immer gut "ausschlachten", um gemischte Gefühle hervorzurufen. Manche Menschen werden davon aufgegeilt, verdrängen aber sofort das Lustvolle daran und kleiden es dann in den Affekt der Empörung, der Entrüstung. Das kennen wir ja alle in Hinblick auf männlichen "Triebtäter", "Lustmörder" (die im Gefängnis oft mit Heiratsanträgen überhäuft werden) und "Kindesschänder". Für einen Journalisten ist das immer ein gefundenes Fressen.

Also ich meine, wir sollten das mal ein bißchen aus Abstand beurteilen, zumal so ein Artikel ja nun nicht gerade den Wert einer ethnographischen Studie hat.

Gute Nacht und bis morgen !

Thomas

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