bt-hib: 81.000 Fälle beim EGMR anhängig
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Berlin:Mi, 31.05.2006Redaktionsschluss:16:30 Uhr(167)
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (Anhörung)
81.000 FÄLLE BEIM EUROPÄISCHEN GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE ANHÄNGIG
Berlin: (hib/JBU)Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) sind derzeit rund 81.000 Beschwerden wegen Verletzung der Konvention
zum Schutze der Menschrechte und Grundfreiheiten anhängig.
Dies war den Ausführungen von Professor Georg Ress zu entnehmen, der
als ehemaliger Richter am EGMR im Fachausschuss über den
Menschenrechtsschutz im Gebiet des Europarates informiert hat. Der Ausschuss befasste
sich am Mittwochnachmittag in einer öffentlichen Anhörung mit der Reform
und Stärkung europäischer Menschenrechtsschutzsysteme.
Er hatte dazu vier Experten geladen, die die unterschiedlichen
Verfahren zum Schutz der Menschenrechte in Europa aus dem Blickwinkel der
verschiedenen Institutionen beleuchteten: Neben dem EGMR in Straßburg
gehörten dazu die Europäische Union (EU) und die Organisation für Sicherheit
und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Ress plädierte dafür, den EGMR durch die EU zu stärken sowie die
Zusammenarbeit des EGMR mit den jeweiligen Mitgliedstaaten zu intensivieren.
Dadurch werde das gesamte System gefördert. Dies sei insbesondere im
Hinblick auf Vollstreckungsschwierigkeiten der durch den EGMR gefällten
Urteile erforderlich.
Die Außenministerien seien dabei im Besonderen dazu aufgerufen, zu
einer Verbesserung des Menschenrechtsschutzes beizutragen.
Dem Menschenrechtsschutz innerhalb der EU widmete sich Lotte Leicht von
"Human Rights Watch" in Brüssel. Sie betonte die Bedeutung der EU in
Menschenrechtsfragen auch für Gremien anderer Staaten. Kritik äußerte sie
insbesondere im Hinblick auf häufig mangelnde Expertise in
Arbeitsgruppen, Komitees und im Stab des Sonderbeauftragten für Menschrechte.
Der Einsatz von Menschrechtsexperten müsse in wesentlich höherem Maße
zum Zuge kommen. Darüber hinaus müsse der Menschenrechtsdialog zwischen
der EU und Staaten wie beispielsweise dem Iran, China und auch Russland
auf höchster politischer Ebene vorangetrieben und diesem dadurch
konsequent Nachdruck verliehen werden.
Eine institutionelle Ausgestaltung des EU-Grundrechtsschutzes forderte
Wolfgang S. Heinz vom Deutschen Institut für Menschenrechte. Angesichts
der zunehmenden Vertiefung der Europäischen Integration in
menschenrechtssensiblen Bereichen wie zum Beispiel dem Einwanderungs- und Asylrecht
sei eine polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen
unabdingbar.
Dies erfordere eine demokratische, präventive und gerichtliche
Grundrechtskontrolle über die EU-Aktivitäten in den betroffenen Sektoren. Heinz
betonte, dass sich ein umfassender Menschenrechtsschutz nur aus dem
Verbund der drei europäischen Institutionen (EU, OSZE, EGMR) ergebe.
Kritik äußerte er insbesondere hinsichtlich der finanziellen
Ausstattung des EGMR. Dies stelle ein ernsthaftes Problem dar.
Die Nutzung von Synergieeffekten der menschenrechtlichen Instrumente
von allen drei genannten Organen forderte der ehemalige deutsche
Botschafter Wilhelm Höynck. Um den Schutz der Menschenrechte in Europa besser
zu gestalten, müsse der Netzwerkcharakter gefördert und damit eine
bessere Koordination und Kooperation hergestellt werden.
Darüber hinaus sollte mit "Beitragslob" und "Beitragstadel" ein
Kontrollmechanismus bei der OSZE installiert werden, wie er beim
Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen bereits bestehe.
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Es ist schon interessant, daß ausgerechnet in der EU so viele Fälle anhängig sind, da war selbst ich überrascht.
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein