'Schuldig in einem besonders schweren Fall'
Ich lernte ihn 2008 auf einem Lehrgang kennen. Ein knappes, halbes Jahrhundert alt, Typ 'gutmütiger Teddybär' und mit einem Frauenbild beseelt, welches ich mit 'Marienkult' beschreiben würde, hatte er sich gerade von seiner Ex getrennt. Eine AE mit einer damlas 15-jährigen Tochter, erst vor kurzem in das kleine Städchen gezogen. Schlimme Dinge, die man da von ihr vernahm. Alkohol und Drogen zugetan, ein belastetes Verhältnis zur eigenen Tochter - die erinnere sie zu stark an den Erzeuger. Außerdem gibt es Gerüchte, sie habe damals in Nürnberg als Prostituierte gearbeitet. Man trennt sich nach einigen Wochen.
Aber die Tochter ist ihm in der Zeit richtig ans Herz gewachsen. Der Kontakt bleibt bestehen, sie besucht ihn regelmäßig nach der Schule. Er hilft bei den Hausaufgaben, kocht Essen für sie. Sie sehe in ihm einen Ersatzvater, er versucht, die Rolle auszufüllen. Die Mutter ist darüber nicht erfreut.
Ich sage nichts, wir kennen uns erst kurz.
Die Noten werden besser, in Mathe jetzt von 5 auf 3, den Rest schaffen wir auch noch. Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten. Sie möchte gerne im Schlüpfer bei ihm rumlaufen, tut sie zuhause ja auch. Er macht ihr klar, das sei etwas ganz anderes. Dann kommt sie mit einem Tütchen Hasc#isc# an, er schimpft, das Zeug verschwindet im Klo.
Ich sage jetzt was, und wie sich herausstellt, bin ich nicht der einzige.
Er versteht mich, kann sich aber nicht vorstellen, dass ....
Warum sollte sie denn sowas ...
Und außderdem habe er ja inzwischen gemerkt, dass Morb etwas gegen Frauen hat, hahahaha ...
Es ist ihm aber Recht, dass der Kontakt zu der kleinen langsam abreißt.
Ein paar Wochen später dann eine seltsame SMS von der Ex.
Jetzt bist du drann!!!
Jetzt bist du drann!!!
Jetzt bist du drann!!!
Er kann sich keinen Reim darauf machen, aber ein Blick in den Briefkasten bringt Aufklärung. Die Staatsanwaltschaft teilt ihm mit, es liege eine Anzeige gegen ihn vor. Ihr vermutet richtig, sexueller Missbrauch (später eingestellt) und Weitergabe von Drogen an Minderjährige. Sein Weltbild bricht zusammen, aber er ist guter Hoffnung, aus der Sache ungeschoren wieder rauszukommen, denn er hat ja nichts getan!!!
Diese Woche war dann endlich nach langer Anlaufzeit die Gerichtsverhandlung. Er hat viele Beweise für seine Unschuld gesammelt, Handyfotos zeigen ihn zu Zeitpunkten bei Bekannten, wo er laut Anklage gerade sexuellen Missbrauch beging, Zeugen bestätigen widersprüchliche Aussagen von Mutter und Tochter bei unterschiedlichen Anlässen. Eigentlich kann ja nichts mehr schiefgehen.
Aber es kommt anders.
Noch bevor es überhaupt zur Verhandlung kommt, bitten Richterin, Staatsanwältin und Verteidiger zu einem 'Rechtsgespräch'.
Das Ergebnis:
Der kleinen - inzwischen schwanger - will man die Aussage ersparen.
1. Er bekennt sich in allen Punkten schuldig. Dass das Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs inzwischen eingestellt wurde (die kleine war 15 und behauptete später, es wäre einvernehmlicher Sex gewesen), ist für das Gericht nicht von von Interesse. Einige Zeitungsberichte erwähnen den sexuellen Missbrauchs auch, obwohl dies im Verfahren keine -offizielle- Rolle mehr spielte.
2. Er bekommt zwei Jahre auf Bewährung.
3. Er verzichtet auf Revision.
Falls er sich nicht einverstanden erkläre, "werde er heute das Gerichtsgebäude in Handschellen verlassen". Die Richterin ist entschlossen, ihn dann zu fünf Jahren Gefängnis zu verurteilen, wegen "der besonderen Schwere der Straftat", wie es auch in einigen Zeitungsartikeln zu lesen ist.
Sein Anwalt rät ihm dringend, anzunehmen, was er dann auch macht.
Er zieht mit seinen Zeugen (ungehört) und Beweisen (nicht zur Kenntniss genommen) wieder ab, jetzt kehrt er gerade die Scherben seines Weltbildes zusammen.
Ich konnte die ganze Geschichte, von ihrer Entstehung bis zum -von mir so erwarteten- Ende ausführlich beobachten. Ich kann euch sagen, wenn es sogar einen wie IHN trifft, seit wachsam, denn dann kann es wirklich jeden von uns treffen!
Morb