2081 - der Trailer - Gleichheit für alle (Allgemein)
Dummerjan, Tuesday, 22.05.2012, 19:26 (vor 4569 Tagen)
Gleichheit für alle - Kurt Vonneguts "2081" schon heute?
2081 - der Trailer - Gleichheit für alle
DvB, Tuesday, 22.05.2012, 20:34 (vor 4569 Tagen) @ Dummerjan
Gleichheit
für alle - Kurt Vonneguts "2081" schon heute?
Hat mal irgendwer hier reingestellt: http://www.tnellen.com/cybereng/harrison.html
Ich hab es übersetzt:
Es war im Jahr 2081, und alle waren schließlich gleich. Sie waren nicht nur gleich vor Gott und dem Gesetz. Sie wurden gleich in jeder Hinsicht. Niemand war schlauer als irgendwer sonst. Niemand sah besser aus als alle anderen. Niemand war stärker oder schneller als jeder andere. Alle diese Gleichheit wurde erreicht durch die 211., 212. und 213. Verfassungsänderung und die unaufhörliche Wachsamkeit der Agenten des US-Generalbehinderers.
Aber einige Dinge des Leben waren dadurch immer noch nicht richtig. April trieb z.B. noch Menschen in den Wahnsinn, indem sie nicht der Frühling war. Und es war in diesem klammen Monat, als die Behinderungsmänner George und Hazel Bergerons vierzehnjährigen Sohn Harrison verhafteten.
Gut, es war tragisch, aber George und Hazel konnten wenig darüber nachdenken. Hazel hatte eine perfekt durchschnittliche Intelligenz, was bedeutete, daß sie über nichts anders als in kurzen Schüben nachdenken konnte. Und George, dessen Intelligenz über der Norm lag, hatte einen kleinen Behinderungsempfänger im Ohr. Er war gesetzlich verpflichtet, ihn ständig tragen. Er war auf einen Regierungssender eingestellt. Alle zwanzig Sekunden erzeugte das Gerät einige scharfe Geräusche, um Leute wie George von der unlauteren Gehirnausnutzung abzuhalten.
George und Hazel schauten fern. Da waren Tränen auf den Hazels Wangen, aber sie hatte im Moment vergessen, wofür die waren.
Auf dem Fernsehschirm waren Ballerinas.
Ein Summer ertönte in Georges Kopf. Seine Gedanken flohen in Panik, wie Banditen vor einer Alarmanlage.
"Das war ein wirklich guter Tanz, den die gerade getan haben", sagte Hazel.
"Huh", sagte George.
"Der Tanz - es war schön", sagte Hazel.
"Yup", sagte George. Er versuchte, ein wenig über die Ballerinas nachzudenken. Sie waren aber nicht wirklich sonderlich gut - auch nicht besser, als irgendwelche anderen gewesen sein würden. They were burdened with sashweights and bags of birdshot, and their faces were masked, so that no one, seeing a free and graceful gesture or a pretty face, would feel like something the cat drug in. Sie waren mit sashweights und Beuteln aus Schrot behangen, und ihre Gesichter waren maskiert, so daß niemand eine freie und anmutige Geste oder ein hübsches Gesicht sah und sich wie eine besoffene Katze fühlen würde. George spielte mit der vagen Idee, daß Tänzer vielleicht besser nicht behindert werden sollten. Aber er kam nicht sehr weit damit, da ein weiteres Geräusch im Behinderungsempfänger seine Gedanken zerstreute.
George zuckte zusammen. So auch zwei von den acht Tänzerinnen.
Hazel sah ihn zusammenzucken. Da sie selbst keinen Behinderer hatte, fragte sie George, was das neueste Geräusch war.
"Klang, wie wenn jemand eine Milch-Flasche mit einem Ball Peen Hammer zerschlägt", sagte George.
"Ich denke, es wäre wirklich interessant, all die verschiedenen Klänge zu hören", sagte Hazel ein wenig neidisch. "All die Sachen, die sie sich ausdenken."
"Ähm", sagte George.
"Nur, wenn ich der Generalbehinderer wäre, weißt du, was ich tun würde?" fragte Hazel. Hazel hatte tatsächlich eine starke Ähnlichkeit mit dem Generalbehinderer, einer Frau namens Diana Moon Glampers. "Wenn ich Diana Moon Glampers wäre", sagte Hazel, "hätte ich am Sonntag Glockenspiel - nur Glockenspiel. Zur Ehre der Religion."
"Ich könnte denken, wenn es nur Glockenspiel wäre", sagte George.
"Nun, vielleicht in realer Lautstärke gemacht", sagte Hazel. "Ich glaube, ich gäbe einen guten Generalbehinderer ab."
"So gut wie jeder andere", sagte George.
"Wer weiß besser als ich, was normal ist?", fragte Hazel.
"Richtig", sagte George. Er begann glimmeringly, über seine abartigen Sohn, der jetzt im Gefängnis war, über Harrison, nachzudenken, aber ein 21-Kanonen-Salut in seinem Kopf beendete das.
"Junge!", rief Hazel, "das war der Hammer, nicht wahr?"
Es war so ein Hammer, daß George weiß war und zitterte und Tränen auf dem Rand seiner roten Augen standen. Zwei der acht Tänzerinnen stürzten auf Studioboden, were holding their temples.
"Du siehst plötzlich so müde aus", sagte Hazel. "Warum streckst du dich nicht auf dem Sofa aus, so kannst du deinen Behinderungssack auf das Kissen legen, Honeybunch." Sie meinte die 47 Pfund Schrot in einer Tasche, die um Georges Hals gekettet war. "Mach' und ruh' den Sack ein Weilchen", sagte sie. "Ist mir egal, wenn du mir für eine Weile nicht gleich bist."
George wog die Tasche mit den Händen. "Ich habe nichts dagegen", sagte er. "Ich spüre es gar nicht mehr. Es ist wie ein Teil von mir."
"Du bist so müde in letzter Zeit - so abgenutzt", sagte Hazel. "Wenn da bloß eine Möglichkeit wäre, daß wir ein kleines Loch in den Boden der Tasche machen und ein paar von den Bleikugeln herausnehmen könnten. Nur ein paar."
"Zwei Jahre im Gefängnis und zweitausend Dollar Strafe für jede Kugel würde ich damit herausholen", sagte George. "Ich nenne das kein gutes Geschäft."
"Wenn du nur ein paar herausnehmen könntest, wenn du von der Arbeit kommst", sagte Hazel. "Ich meine - du konkurrierst hier nicht mit irgendjemandem. Du sitzt bloß herum."
"Wenn ich es versuchte", sagte George, "dann würden das andere Menschen auch tun, und schon bald wären wir gleich wieder zurück in den finsteren Zeiten, jeder im Wettbewerb gegen alle anderen. Das willst du doch nicht, oder?"
"Ich würde es hassen", sagte Hazel.
"Na siehst du." sagte George. "In dem Moment, in dem die Menschen beginnen, die Gesetze zu betrügen, was denkst du, was mit der Gesellschaft passiert?"
Da Hazel nicht in der Lage zu einer Antwort auf diese Frage war, konnte George auch keine liefern. Eine Sirene ging in seinem Kopf los.
"Schätze, es würde alles auseinander fallen", sagte Hazel.
"Was würde?", fragte George verständnislos.
"Gesellschaft", sagte Hazel unsicher. "War das nicht das, was du gerade sagtest?
"Wer weiß?" sagte George.
Das Fernsehprogramm wurde plötzlich für eine Nachrichtensendung unterbrochen. Es war zunächst nicht klar, worüber, weil der Ansager, wie alle Sprecher, einen schweren Sprachfehler hatte. Eine halbe Minute lang, und in einem Zustand hoher Erregung, versuchte der Sprecher zu sagen: "Meine Damen und Herren."
Er gab schließlich auf und übergab die Nachricht einer Ballerina zum Vorlesen.
"Das ist es -" sagte Hazel bei dem Sprecher, "er wollte. Das ist Größe. Er versuchte sein Bestes, so gut er es konnte, mit dem, was Gott ihm gegeben hatte. Er kann stolz auf sein ehrliches Bemühen sein."
"Meine Damen und Herren", sagte die Tänzerin, die Nachricht lesend. Sie muß außerordentlich schön gewesen sein, weil die Maske, die sie trug, scheußlich war. Und es war leicht zu sehen, daß sie die Stärkste und Anmutigste von all den Tänzern war, ihre Behinderungstaschen waren so groß, wie die von zwei 100-Pfund-Männern.
Sie mußte sich erstmal für ihre Stimme entschuldigen, die eine sehr unfaire Stimme für eine Frau war. Ihre Stimme war eine warme, leuchtende, zeitlose Melodie. "Entschuldigen Sie", sagte sie und begann, ihre Stimme absolut wettbewerbsunfähig verstellend, erneut.
"Harrison Bergeron, vierzehn Jahre alt", sagte sie in einem grackle Kreischen, "ist gerade aus dem Gefängnis entkommen, wo er wegen des Verdachts auf Planung einer Verschwörung zum Umsturz der Regierung gefangengehalten war. Er ist ein Genie und ein Sportler, unterbehindert und muß als extrem gefährlich angesehen werden."
Ein Polizeifoto von Harrison Bergeron flackerte von oben nach unten über den Bildschirm - dann seitlich, wieder von oben nach unten, dann wieder richtig herum. Das Bild zeigte die volle Größe Harrisons vor einem in Fuß und Zoll kalibrierten Hintergrund. Er war genau sieben Fuß groß.
Der Rest von Harrisons Auftritt war Fasching und Technik. Niemand wurde jemals mit schwereren Behinderungen geboren. Er war den Hindernissen schneller entwachsen, als die Behinderungsagenten sich vorstellen konnten. Statt eines kleinen Behinderungsempfänger für geistige Behinderung, trug er ein Paar gewaltige Kopfhörer und eine Brille mit dicken, gewellten Gläsern. Die Brille war nicht nur dazu bestimmt, ihn halb blind zu machen, sondern ihn auch mit Kopfschmerzen zu versehen.
Er war über und über mit Schrott behängt. Normalerweise gab es eine gewisse Symmetrie, eine militärische Ordnung der demonstrativen Behinderung starker Leute, aber Harrison sah aus wie ein wandelnder Schrottplatz. Im Rennen des Lebens erreichte Harrison 300 Pfund.
Und sein gutes Aussehen zu unterbinden, sorgten die Behinderungsagenten für einen roten Gummiball als Nasenbekleidung, hielten seine Augenbrauen abrasiert und bedeckten sogar seine weißen Zähne mit schwarzen Kappen an snaggle-Zahn zufällig.
"Wenn Sie diesen Jungen sehen", sagte die Tänzerin, "versuchen Sie nicht - ich wiederhole, nicht - mit ihm zu diskutieren."
Da war plötzlich der Schrei einer aus den Angeln gerissenen Tür.
Rufe und bellende Schreie der Bestürzung kamen aus dem Fernseher. Das Foto von Harrison Bergeron auf dem Bildschirm sprang wieder und wieder, wie der Tanz nach der Melodie eines Erdbebens.
George Bergeron hatte das Erdbeben richtig identifiziert, und das konnte er ja auch - wie oft schon hatte sein eigenes Haus nach der gleichen Absturzmelodie getanzt. "Mein Gott", sagte George, "das muß Harrison sein!"
Die Erkenntnis wurde sofort durch das Geräusch eines Autounfalls in seinem Kopf aus seinen Gedanken gesprengt.
Als George seine Augen wieder öffnen konnte, war das Foto von Harrison weg. Ein lebendiger, atmender Harrison füllte den Bildschirm.
Klirrend, verkleidet und riesig stand Harrison in der Mitte des Studios. Den Knauf der gesprengten Studiotür hatte er noch in seiner Hand. Ballerinas, Techniker, Musiker und Moderatoren kauerten auf ihren Knien in der Erwartung ihres Todes.
"Ich bin der Kaiser!" rief Harrison. "Hörst du? Ich bin der Kaiser! Jeder muß tun, was ich sage!" Er stampfte mit dem Fuß und das Studio erzitterte.
"Schon wie ich hier stehe", brüllte er, "verkrüppelt, humpelnd, krank - bin ich ein größerer Herrscher als jeder Mensch, der je gelebt hat! Jetzt sieh, was aus mir wird!"
Harrison zerriß die Riemen seiner Behinderung wie nasses Seidenpapier, zerriß Bänder, die garantiert fünftausend Pfund halten sollten.
Harrisons Behinderungsschrott stürzte zu Boden.
Harrison steckte seine Daumen unter den Bügel des Vorhängeschlosses, das seine Kopfbehinderung sicherte. Der Bügel barst wie Sellerie. Harrison drosch seine Kopfhörer und seine Brille gegen die Wand.
Er warf seine Gummiball-Nase weg. Es zeigte sich ein Mann, der Thor, den Gott des Donners, eingeschüchtert hätte.
"Ich werde jetzt meine Kaiserin wählen!" sagte er und blickte auf die kauernden Menschen herunter. "Ich lasse die erste Frau, die es wagt, sich auf ihre Füße zu erheben, Anspruch auf ihren Gefährten und ihren Thron haben!"
Ein Moment verging, dann stand eine Ballerina auf, schwankend wie eine Weide.
with marvelous delicacy. Harrison pflückte die Geistbehinderung aus ihrem Ohr, entfernte ihre körperlichen Behinderungen mit herrlichen Leckerbissen. Zum Schluß entfernte er ihre Maske.
Sie war blendend schön.
"Nun -", sagte Harrison, ihre Hand nehmend, "sollen wir den Menschen die Bedeutung des Wortes Tanzen zeigen? Musik!", befahl er.
Die Musiker kletterten wieder zurück in ihre Stühle, und Harrison beraubte auch sie ihrer Behinderungen. "Spielt euer Bestes", sagte er zu ihnen, "und ich mache euch zu Baronen und Grafen und Herzögen."
Die Musik begann. Es war zuerst normal - billig, dumm, falsch. Aber Harrison schnappte zwei Musiker von ihren Stühlen, wirbelte sie herum wie Schlagstöcke, während er sang, wie er die Musik gespielt haben wollte. Er schmiß sie zurück in ihre Stühle.
Die Musik begann erneut und war stark gebessert.
Harrison und seine Kaiserin merely lauschten der Musik eine Weile - lauschten gravely, wie zur Synchronisation ihrer Herzschläge mit ihr.
Sie verlagerten ihre Gewichte auf ihre Zehen.
Harrison legte seine großen Hände auf des Mädchens schmale Taille und ließ sie die Schwerelosigkeit spüren, die sie bald haben würde.
Und dann, in einer Explosion der Freude und der Gnade, sprangen sie in die Luft!
Es waren nicht bloß die Gesetze des Landes entsorgt, auch das Gesetz der Schwerkraft und die Gesetze der Bewegung.
They reeled, whirled, swiveled, flounced, capered, gamboled, and spun.
Sie sprangen wie Hirsche auf dem Mond.
Die Studiodecke war dreißig Fuß hoch, aber jeder Sprung brachte die Tänzer ihr näher.
Es war ihre klare Absicht, die Decke zu küssen. Sie küßten sie.
Und dann, die Schwerkraft mit Liebe und bloßer Willenskraft neutralisierend, verharrten sie zollbreit unterhalb der Decke in der Luft und küßten sich für eine lange, lange Zeit.
Dann begab es sich, daß Diana Moon Glampers, die Generalbehinderin, mit einer doppelläufigen ten-gauge Schrotflinte ins Studio kam. Sie schoß zweimal, und der Kaiser und die Kaiserin waren tot, bevor sie den Boden berührten.
Diana Moon Glampers lud die Waffe nach. Sie zielte auf die Musiker und sagte, sie hätten zehn Sekunden, um ihre Behinderungen wieder anzulegen.
Plötzlich war Bergerons Fernsehröhre ausgebrannt.
Hazel wandte sich zu George, um den Blackout zu kommentieren. Aber George war auf dem Weg in die Küche, um eine Dose Bier zu holen.
George kam mit dem Bier zurück, machte Pause, während ein Behinderungssignal ihn schüttelte, dann setzte er sich wieder. "Du hast geweint", sagte er zu Hazel.
"Yup" sagte sie.
"Weswegen?" fragte er.
"Ich hab's vergessen", sagte sie. "Etwas wirklich Trauriges im Fernsehen."
"Was war es?" fragte er.
"Es ist allerlei Brei in meinem Kopf", sagte Hazel.
"Vergiß traurige Dinge", sagte George.
"Tu ich immer", sagte Hazel.
"Das ist mein Mädchen", sagte George. Er zuckte zusammen. Da war das Geräusch einer Niet-Pistole in seinem Kopf.
"Gee - ich könnte sagen, das eine war ein doozy", sagte Hazel.
"Du kannst das nochmal sagen", sagte George.
"Gee -" said Hazel, "I could tell that one was a doozy."
Bei der letzten Zeile blick ich allerdings nicht durch - was ist "Gee" und was ist "doozy"? - wär schön, wenn das mal einer ergänzen könnte, der besser Englisch kann.
--
2081 - der Trailer - Gleichheit für alle
bberlin, Tuesday, 22.05.2012, 23:43 (vor 4569 Tagen) @ DvB
Besten Dank. Ich suche schon lange nach diesem Text. Vonnegut hat ihn auch an anderer Stelle (die ich auch nicht finde) untergebracht in der Vorstellung vom EWIG GLEICHGÜLTIGEM GOTT, der alles ausgleicht, so dass jeder, der etwas Besonderes hat (ein Talent, eine Schönheit) ausgleichende Gewichte mit sich herumtragen muss. Kurt Vonnegut ist sowieso eine Entdeckung. An anderer Stelle (suche ich auch) wird ein Volk besiegt, weil die Feinde gefälschte Statistiken in Umlauf bringen, von denen das Volk demotiviert wird.
Vonnegut
DvB, Wednesday, 23.05.2012, 00:04 (vor 4569 Tagen) @ bberlin
Mit Gott hat ers anscheinend dauernd gehabt: http://en.wikiquote.org/wiki/Kurt_Vonnegut
--