Lesenswerter Text auf Cuncti zum Thema Feindbilder (Feminismus)
Arne Hoffmann: Wenn männliche Gewalt gegen Frauen thematisiert wird, gibt es zahlreiche Männer, die diesen Misstand beklagen und bekämpfen. Versucht man aber, über weibliche Täterschaft zu sprechen, reagieren, wie Sie geschildert haben, viele "Expertinnen", Journalistinnen und andere Frauen mit heftiger Wut. Woher kommt diese massive Abwehr?
Burkhard Oelemann: Diese Frage hat mich in den letzten Jahren viel beschäftigt, denn ich habe gerade hier im Laufe der Jahre viel Widersprüchliches und manches Abenteuerliche erfahren. Es gab und gibt einige Frauen im psychosozialen Bereich, die sich schlicht professionell verhalten und Gewaltopfer als solche sehen, völlig unabhängig von deren Geschlechtszugehörigkeit. Einige Psychologinnen und Pädagoginnen arbeiten ja seit vielen Jahren mit Jungen als Gewaltopfer, und sie gehörten zu denen, die in unserer Republik zuerst über Jungen als Opfer sexualisierter Gewalt veröffentlichten.
Andere Frauen und Männer – nach meiner Erfahrung sind dies leider die meisten – zeigen sich jedoch völlig erkenntnisresistent, argumentieren zynisch und hasserfüllt, sobald auch nur das Gespräch auf Jungen als Opfer kommt. Bei erwachsenen männlichen Opfern ist der Anteil der Frauen aus der psychosozialen Szene, die sich für dieses Thema überhaupt interessieren, nach meiner Einschätzung noch geringer als bei den Jungen. Ich vermute, das liegt daran, dass Jungen zumindest zum Teil noch Kinder sind.
Die Dynamik solchen Verhaltens lässt sich gut in einem Buch von Arist von Schlippe, Haim Omer und Nahi Alon nachlesen. Sein Titel – "Feindbilder - Psychologie der Dämonisierung" – sagt schon beinahe alles. Offensichtlich brauchen bestimmte Gruppen von Menschen Feindbilder, wenn sie sich selbst als Opfer sehen – und zugleich auf dem Opferstatus beharren wollen. Menschen, die wirklich Opfer geworden sind, haben verständlicherweise Angst. Diese Angst kann aber auch sehr neurotisch werden und damit hochgradig pathologische Ausformungen annehmen. Genau das passiert seit vielen Jahren in der politischen und sozialen Szene beim Thema häusliche Gewalt. Frauen werden als Täter ja mehrheitlich ignoriert und verleugnet – und dies geschieht sehr einfach, indem im Gegenzug Männer als "Masse" zuerst depersonalisiert und anschließend dämonisiert werden. Dies geschieht, indem man Männern nur Schlechtes unterstellt – und wenn sich einige von ihnen dagegen wehren wollen, werden sie eben als Lügner bezeichnet oder als Weicheier nicht ernst genommen und diffamiert.
Die Autoren beschreiben sehr anschaulich, wie durch die Dämonisierung eines anderen Menschen oder einer Gruppe eine heftige Dynamik entzündet wird, in der alles, was von den Dämonisierten kommt, in einem zunehmend negativ gefärbten Licht wahrgenommen wird, bis im Falle der häuslichen Gewalt Männer regelrecht zu "Monstern" gemacht werden, die mit allen Mitteln zu bekämpfen sind, da man sich mit aller Macht gegen sie wehren muss. Dämonisierung beginnt zuerst mit dem Säen von Zweifeln und setzt sich mit Verdächtigungen fort, bis dass sie eben in der scheinbaren Gewissheit über die grundlegende Schlechtigkeit der anderen – eben der Männer – endet.
Daraus resultieren dann nicht selten sehr entschlossene feindselige und militante Aktionen, oder massivste Vorverurteilungen durch staatliche Behörden, wie es gerade einem 17jährigen Berufsschüler widerfährt, der nur eine gewöhnliche Kleidung trägt und zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort wohnt und öffentlich unter Nennung des Namens verdächtigt wird, ein Mädchen getötet zu haben. Die Aufregung über die vielen Aufrufe bei Facebook, diesen Jungen zu foltern und zu lynchen, ist zwar verständlich, doch sind solche Absonderlichkeiten eben auch ein logisches Produkt von jahrzehntelangem Männer- und Jungen-Bashing durch Politiker und die so genannte "Fachöffentlichkeit".
Ich bin aufgrund einer Schwerbehinderung jetzt zwar schon über sieben Jahre aus dem aktiven Tagesgeschäft ausgeschieden, doch ich weiß, dass meine Kollegen heute zum Teil noch in gleicher Weise wie ich früher dämonisiert werden, denn auch wir, die wir mit Tätern arbeiten und uns gegen eine Dämonisierung dieser Menschen stellen, müssen zwangsläufig gleich mit verdächtig und dämonisiert werden..
http://cuncti.net/lebbar/117-burkhard-oelemann-qdie-lynchaufrufe-sind-ein-logisches-produkt-jahrzehntelanger-daemonis...
Gruß, Kurti