angeblich wollen junge, linke Frauen nicht Feminazis sein. Wäre zu schön um wahr zu sein!?!? (Feminismus)
Die undankbaren Töchter
Jungpolitikerinnen wollen keine Feministinnen sein und proben den Aufstand gegen die altgediente SP-Frauengarde. Sie hätten bloss Angst vor dem Liebesentzug, kontern bestandene SP-Vorkämpferinnen.
Die neue Co-Generalsekretärin der SP, Flavia Wasserfallen, sieht sich als Pionierin der Gleichberechtigung. Bisher sei das Generalsekretariat der SP stets in Männerhand gewesen, erklärte sie gegenüber dem «Tages-Anzeiger>. Die Aussage stimmt zwar so nicht, weil mit der Zürcherin Barbara Hearing-Binder 1997 schon einmal eine SP-Frau das Amt innehatte – als Nachfolgerin von André Daguet. Damals war Wasserfallen noch ein Teenager. Die Aussage ist dennoch typisch für die junge Frauengarde der SP.
Als sie auf die Welt kamen, war das Frauenstimmrecht eine Selbstverständlichkeit, genauso wie die Tatsache, dass heute in den Uni-Hörsälen 60 Prozent Frauen sitzen. Oder dass Politikerinnen inzwischen bis in allerhöchste politische Ämter vordringen. Kein Wunder, halten Jungpolitikerinnen die SP-Geschlechterpolitik heute für leicht verstaubt, wie der erfolglose Antritt der beiden SP-Nachwuchshoffnungen Tanja Walliser (BE) und Jon Pult (GR) bei der letzten SP-Delegiertenversammlung zeigt. Das Duo engagierte sich für einen gemischtgeschlechtlichen Gleichstellungsrat und wollte die altbestandene SP-Frauengarde mehr oder weniger entmachten.
Es braucht weiterhin Anwältinnen für Frauenfragen
Wasserfallen findet zwar die Diskussion interessant, hält sich hier jetzt aber zurück. «Die jungen SP-Frauen wollen keinen Anti-Männer-Kurs mehr fahren>, sagt dagegen die junge Berner SP-Stadträtin Lea Kusano, ein anderes Berner SP-Talent. Sie finde es zwar gut und sinnvoll, wenn Männer in der Gleichstellungspolitik tätig würden. Bis jetzt sei es aber so, dass sie nur beim «SP-Frauen-Bashing> mithelfen, «bei konkreten gleichstellungspolitischen Projekten sind sie aber nicht dabei. Und da stellen sich mir halt Fragen.> Sie sei der Meinung, Männer sollten sich ihren Platz innerhalb konkreter Projekte selber mal einräumen und dann könne man die Strukturdiskussion führen.
Gehen die bestandenen SP-Frauen bei der Gleichstellungsfrage zu stark auf die Männer los? «Ach, was>, sagt SP-Nationalrätin Maria Roth-Bernasconi, frühere Co-Präsidentin der SP-Frauen. «Die jungen SP-Frauen haben einfach Angst vor dem Liebesentzug.> Bei der Gleichstellungspolitik gehe es nicht gegen Männer, sondern für Frauen. «Wir wollen mit aufgeschlossenen Männern die Gleichstellungspolitik umsetzen>, sagt die Genfer Politikerin. Die Lohngleichheit sei zum Beispiel bis heute noch nicht hergestellt. «Es braucht darum weiterhin Anwältinnen für Frauenfragen>, betont die Genferin.
Denn Frauen verdienen heute im Schnitt immer noch zwischen 20 und 30 Prozent weniger. Auch ist die Familienarmut in der Schweiz in erster Linie Frauenarmut, das haben diverse Studien wiederholt festgehalten. Heiraten ist für Männer mit Lohnzuschlägen, für Frauen mit Lohneinbussen verbunden. Und in den Vorstandsetagen grosser Unternehmen sind Frauen weiter eine Rarität. In der Politik sieht es heute besser aus, immerhin sitzen drei Frauen im Bundesrat. «Trotzdem müsse man auch hier ständig dranbleiben>, sagt Roth-Bernasconi. Sonst sei man schnell weg vom Fenster.
Frauen hatten auch an der SP-Spitze einen schweren Stand
Als Politikerin mit Jahrgang 1955 weiss sie ganz genau, was das bedeutet. Als die Genferin in die Politik einstieg, mussten die Frauen für einen Platz an der Sonne noch hart kämpfen, doppelt so viel leisten und gingen am Ende trotzdem meistens leer aus. 1983 hätte eigentlich die Zürcherin Liliane Uchtenhagen die erste Schweizer Bundesrätin werden sollen. Aber das von Männern dominierte Parlament wählte stattdessen den Solothurner Otto Stich. Christiane Brunner ging es 1993 ähnlich. Die SP-Frauen mobilisierten daraufhin 20'000 Frauen auf dem Bundesplatz mit der gewünschten Wirkung.
Der gewählte Francis Matthey (NE) wurde von der SP-Parteileitung zum Verzicht überredet und mit Christiane Brunner und Ruth Dreifuss wurden zwei neue Kandidatinnen aufgestellt. Und das Parlament wählte am Ende Ruth Dreifuss in den Bundesrat. Aber auch SP-intern hatten Frauen zuweilen einen schweren Stand. An die Spitze der Partei schaffte es bisher erst eine Frau, Ursula Koch 1997. Nach drei Jahren war ihre Ära bereits zu Ende. «Dass die SP heute zwei Frauen als Co-Generalsekretärinnen anstellt, ist letztendlich auch eine Folge jahrelanger Bemühungen der SP-Frauen>, sagt Roth-Bernasconi.
Artikel:
http://bazonline.ch/schweiz/standard/Die-undankbaren-Toechter/story/13702375
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