Alleinerziehende Hartz-IV-Metropole Berlin (Allgemein)
Bereits in seiner Funktion als Berliner Finanzsenator hat Thilo Sarrazin vor den Fehlentwicklungen bei Hartz IV gewarnt. Gerade in der Hauptstadt, die oft den unschönen Beinamen Hartz-IV-Metropole erhält, konnte Sarrazin aufgrund der Häufung Irrwege ausmachen. Doch seine Kritik wurde von allen Seiten abgelehnt. Nun greift das größte Berliner Wohnungsunternehmen Degewo einen Kritikpunkt auf.
Hat der Staat versagt? Offenbar, denn wenn ein Wohnungsunternehmen der Meinung ist, selbst die Initiative ergreifen zu müssen, um Fehlentwicklungen beim deutschen Hartz-IV-System zu reduzieren, spricht vieles dafür. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Degewo Aktiengesellschaft vollständig in öffentlicher Hand ist, denn trotzdem ist es keineswegs üblich, dass ein Wohnungsunternehmen staatliche Aufgaben übernimmt.
Allerdings verfügt die Degewo über Kontakte in die Politik, zahlreiche Politiker sitzen im Aufsichtsrat und so findet man leicht einen Ansprechpartner, um die Firmenmaxime „Wirtschaftliches Handeln mit sozialem Augenmaß ist bei uns Programm“ auch umzusetzen. Denn es sind immer öfter soziale Probleme, die ein wirtschaftliches Handeln schwierig machen.
Vor allem in Berlin-Marzahn häufen sich die Probleme mit alleinerziehenden Hartz-IV-Empfängerinnen. Schon 2009, als Sarrazin noch Berliner Finanzsenator war, fand er hier die Beispiele für seine ausführliche Hartz-IV-Kritik in „Deutschland schafft sich ab“. Bei den 14- bis 18-jährigen Jugendlichen lag der Anteil von Hartz-IV-Kindern bei 29,1 Prozent, bei den Kindern bis acht Jahre waren es sogar 51,7 Prozent. In Marzahn leben besonders viele alleinerziehende Mütter, die Töchter großziehen, die, wie sich zeigt, immer öfter auch zu alleinerziehenden Müttern werden. Bundesweit sind rund 40 Prozent der Alleinerziehenden zugleich Hartz-IV-Empfängerinnen, in Berlin sind es fast 50 Prozent. Und je früher die Mädchen zu Müttern werden und somit keine Ausbildung haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie und ihre Kinder auf ewig Hartz-IV-Empfänger bleiben. Böse Zungen lästern, dass in einigen Stadtteilen Berlins ganze Hartz-IV-Empfänger-Dynastien entstünden.
Die Degewo spürt als eine der ersten die Folgen dieser Entwicklung. „Marzahn ist die Hochburg der Alleinerziehenden in Berlin, viele suchen bei uns nach einer Wohnung. Doch oft fehlt ein Schulabschluss oder eine Ausbildung, ein Großteil bezieht Hartz IV und so mancher hat zudem einen Negativeintrag in einem Schuldnerverzeichnis“, so Frank Bielka, Vorstandsmitglied der Degewo auf PAZ-Anfrage. „Wir wollen diesen jungen Menschen helfen, den Kreislauf zu durchbrechen. Das Sozialsystem kümmert sich zu wenig um diese jungen Frauen und Männer. Wir haben daher den Anstoß gegeben und viele verschiedene Akteure zusammen gebracht: den Senat, das Bezirksamt, das Jobcenter, den Marzahn-Hellersdorfer Wirtschaftskreis und den Kinderring e.V.“ Alle zusammen haben sich das Ziel gesetzt, vorerst in einem Pilotprojekt Mütter in die Lage zu versetzten, ein selbstständiges, eigenverantwortlich gestaltetes Leben führen zu können. Und so letztendlich Mieter zu bekommen, die einen festen Tagesablauf haben, ihr Geld selbst verdienen und die Miete auch zahlen. Denn immer öfter klagen andere Mieter bei der Degewo über alleinerziehende Mütter, die erst gegen Mittag aufstehen und ihre Kinder, die oft von verschiedenen Vätern sind, noch spät abends mit dem Bobbycar lärmend über die Flure sausen lassen.
Da das Gesetz nach der Geburt eines Kindes von den Frauen nicht verlangt, dass sie sich um eine Arbeit kümmern, gibt es wenig Anreize für sie zu arbeiten, zumal viele ungelernte Kräfte sind, die, so sie denn einen Job haben, nur wenig verdienen, zugleich aber als Alleinerziehende besonders viel Stress mit der Vereinbarkeit von Job und Familie haben. Gerade für junge Mütter sei diese gewährte Auszeit aber der falsche Weg, da viele so den Moment verpassen, in dem sie eine Ausbildung machen können, warnt die Sozialarbeiterin Marina Bikádi, die für die Degewo die „Jule“-Mütter betreut.
Nun soll das Wohnprojekt „Jule“ (Kurzform von „Junges Wohnen“) jungen, alleinerziehenden Müttern helfen, eine Ausbildung zu machen. Frei nach dem Motto „Fordern und Fördern“ erhalten die jungen Frauen eine günstige, aber neu renovierte Wohnung und ihre Kinder werden betreut, während sie sich bilden und somit den Grundstein für ihre Zukunft legen. Wer keine Zeugnisse, sprich Ergebnisse, vorweisen kann, der fliegt aus dem Projekt, droht die Degewo. Bis März konnten sich junge Mütter auf die 15 Plätze des zunächst auf drei Jahre angelegten Projekts bewerben. Während dieser Zeit begleiten Mitarbeiter der Alice-Salomon-Hochschule, die sich auf Soziale Arbeit, Gesundheit sowie Erziehung und Bildung spezialisiert hat, das Wohnprojekt. Sind die Ergebnisse positiv, will die Degewo „Jule“ fortsetzen.
Bereits in seiner Funktion als Berliner Finanzsenator hat Thilo Sarrazin vor den Fehlentwicklungen bei Hartz IV gewarnt. Gerade in der Hauptstadt, die oft den unschönen Beinamen Hartz-IV-Metropole erhält, konnte Sarrazin aufgrund der Häufung Irrwege ausmachen. Doch seine Kritik wurde von allen Seiten abgelehnt. Nun greift das größte Berliner Wohnungsunternehmen Degewo einen Kritikpunkt auf.
Hat der Staat versagt? Offenbar, denn wenn ein Wohnungsunternehmen der Meinung ist, selbst die Initiative ergreifen zu müssen, um Fehlentwicklungen beim deutschen Hartz-IV-System zu reduzieren, spricht vieles dafür. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Degewo Aktiengesellschaft vollständig in öffentlicher Hand ist, denn trotzdem ist es keineswegs üblich, dass ein Wohnungsunternehmen staatliche Aufgaben übernimmt. Allerdings verfügt die Degewo über Kontakte in die Politik, zahlreiche Politiker sitzen im Aufsichtsrat und so findet man leicht einen Ansprechpartner, um die Firmenmaxime „Wirtschaftliches Handeln mit sozialem Augenmaß ist bei uns Programm“ auch umzusetzen. Denn es sind immer öfter soziale Probleme, die ein wirtschaftliches Handeln schwierig machen.
Vor allem in Berlin-Marzahn häufen sich die Probleme mit alleinerziehenden Hartz-IV-Empfängerinnen. Schon 2009, als Sarrazin noch Berliner Finanzsenator war, fand er hier die Beispiele für seine ausführliche Hartz-IV-Kritik in „Deutschland schafft sich ab“. Bei den 14- bis 18-jährigen Jugendlichen lag der Anteil von Hartz-IV-Kindern bei 29,1 Prozent, bei den Kindern bis acht Jahre waren es sogar 51,7 Prozent. In Marzahn leben besonders viele alleinerziehende Mütter, die Töchter großziehen, die, wie sich zeigt, immer öfter auch zu alleinerziehenden Müttern werden. Bundesweit sind rund 40 Prozent der Alleinerziehenden zugleich Hartz-IV-Empfängerinnen, in Berlin sind es fast 50 Prozent. Und je früher die Mädchen zu Müttern werden und somit keine Ausbildung haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie und ihre Kinder auf ewig Hartz-IV-Empfänger bleiben. Böse Zungen lästern, dass in einigen Stadtteilen Berlins ganze Hartz-IV-Empfänger-Dynastien entstünden.
Die Degewo spürt als eine der ersten die Folgen dieser Entwicklung. „Marzahn ist die Hochburg der Alleinerziehenden in Berlin, viele suchen bei uns nach einer Wohnung. Doch oft fehlt ein Schulabschluss oder eine Ausbildung, ein Großteil bezieht Hartz IV und so mancher hat zudem einen Negativeintrag in einem Schuldnerverzeichnis“, so Frank Bielka, Vorstandsmitglied der Degewo auf PAZ-Anfrage. „Wir wollen diesen jungen Menschen helfen, den Kreislauf zu durchbrechen. Das Sozialsystem kümmert sich zu wenig um diese jungen Frauen und Männer. Wir haben daher den Anstoß gegeben und viele verschiedene Akteure zusammen gebracht: den Senat, das Bezirksamt, das Jobcenter, den Marzahn-Hellersdorfer Wirtschaftskreis und den Kinderring e.V.“ Alle zusammen haben sich das Ziel gesetzt, vorerst in einem Pilotprojekt Mütter in die Lage zu versetzten, ein selbstständiges, eigenverantwortlich gestaltetes Leben führen zu können. Und so letztendlich Mieter zu bekommen, die einen festen Tagesablauf haben, ihr Geld selbst verdienen und die Miete auch zahlen. Denn immer öfter klagen andere Mieter bei der Degewo über alleinerziehende Mütter, die erst gegen Mittag aufstehen und ihre Kinder, die oft von verschiedenen Vätern sind, noch spät abends mit dem Bobbycar lärmend über die Flure sausen lassen.
Da das Gesetz nach der Geburt eines Kindes von den Frauen nicht verlangt, dass sie sich um eine Arbeit kümmern, gibt es wenig Anreize für sie zu arbeiten, zumal viele ungelernte Kräfte sind, die, so sie denn einen Job haben, nur wenig verdienen, zugleich aber als Alleinerziehende besonders viel Stress mit der Vereinbarkeit von Job und Familie haben. Gerade für junge Mütter sei diese gewährte Auszeit aber der falsche Weg, da viele so den Moment verpassen, in dem sie eine Ausbildung machen können, warnt die Sozialarbeiterin Marina Bikádi, die für die Degewo die „Jule“-Mütter betreut.
Nun soll das Wohnprojekt „Jule“ (Kurzform von „Junges Wohnen“) jungen, alleinerziehenden Müttern helfen, eine Ausbildung zu machen. Frei nach dem Motto „Fordern und Fördern“ erhalten die jungen Frauen eine günstige, aber neu renovierte Wohnung und ihre Kinder werden betreut, während sie sich bilden und somit den Grundstein für ihre Zukunft legen. Wer keine Zeugnisse, sprich Ergebnisse, vorweisen kann, der fliegt aus dem Projekt, droht die Degewo. Bis März konnten sich junge Mütter auf die 15 Plätze des zunächst auf drei Jahre angelegten Projekts bewerben. Während dieser Zeit begleiten Mitarbeiter der Alice-Salomon-Hochschule, die sich auf Soziale Arbeit, Gesundheit sowie Erziehung und Bildung spezialisiert hat, das Wohnprojekt. Sind die Ergebnisse positiv, will die Degewo „Jule“ fortsetzen.
Eine andere Hartz-IV-Fehlentwicklung, die die Degewo aber nicht beeinflussen kann, ist der Umstand, dass Alleinerziehende etwa 140 Euro Zulage pro Kind erhalten, so sie keinen unterhaltszahlenden Kindsvater vorweisen können. „Hartz IV schafft keine Anreize, in eine Beziehung zurückzukehren“, klagte deswegen auch Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit. Denn hat die Alleinerziehende wieder einen verdienenden Partner, mit dem sie zusammenzieht oder ihn gar heiratet, fallen diese rund 140 Euro weg. Daher meiden viele die offizielle Partnerschaft, was wiederum verhindert, dass die Kinder in geordneten Familienverhältnissen aufwachsen. „Als Bundesagentur für Arbeit können wir die Alleinerziehendenzulage nicht abschaffen. Wir können nur gegenüber der Politik deutlich machen, dass es sich hier um einen Fehlanreiz handelt und sich eher vermittlungshemmend auswirkt“, so die Arbeitsagentur auf PAZ-Anfrage.
Rebecca Bellano
http://www.preussische-allgemeine.de/nachrichten/artikel/raus-aus-dem-teufelskreis.html