Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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französische Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem will Freier kriminalisieren :-( Vorbild Schweden :-( (Feminismus)

EED, Monday, 02.07.2012, 23:01 (vor 4376 Tagen)

Das ehrgeizige Ziel der jungen Ministerin

Die frisch ernannte französische Frauenministerin will die Prostitution in Frankreich gesetzlich verbieten – ein unter Umständen nicht ganz einfaches Unterfangen.

Sie ist das jüngste Gesicht der französischen Regierung: die frisch gebackene Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem. Die 34-jährige Politikerin wuchs als Tochter marokkanischer Einwanderer auf, studierte Jura und beteiligte sich als Wahlkampfsprecherin an Hollandes Erfolg bei den französischen Präsidentschaftswahlen.

Nun hat die politische Senkrechtstarterin der Prostitution in ihrem Land den Kampf angesagt: «Mein Ziel wie auch jenes der sozialistischen Partei ist es, die Prostitution verschwinden zu sehen>, sagte sie gegenüber der französischen Sonntagszeitung «Journal du Dimanche>. Die Westschweizer Zeitung «Le Matin> ist der Frage der beruflichen Umorientierung der französischen Prostiuierten nachgegangen.

Riesiger administrativer Aufwand

Schon jetzt gibt es in Frankreich verschiedene Organisationen, die Prostituierte bei ihrer beruflichen Umorientierung unterstützen. Für viele Betroffene bedeutet dieser Schritt einen langen, anstrengenden und meist teuren Weg. Hélène de Rugy, die für die Frauenorganisation Amicale du Nid arbeitet, erklärt: «Als allererstes müssen sich die Betroffenen mit dem eigenen Körper auseinandersetzen, um ihr Selbstwertgefühl und ihr soziales Netzwerk wiederherzustellen>. De Rugys Organisation befürwortet das geplante Prostitutionsverbot.

Die berufliche Umorientierung und Begleitung von Prostituierten bringe einen riesigen administrativen Aufwand mit sich und verlange eine umfassende gesundheitliche und psychologische Betreuung, erklärt Marcelle Provost, die in Orléans ehemalige Prostituierte unterstützt. «Manchmal flüchten die Betroffenen ganz ohne Geld>, erzählt sie.

«Als ich mich um Stellen beworben habe, hat man mir nicht einmal geantwortet
Viele Organisationen klagen über fehlende Mittel: «Wir machen hohe Verluste, weil man uns die Mittel gekürzt hat>, erklärt de Rugy. Ihre Organisation unterstützt jährlich über 4'000 Betroffene auf ihrem Weg aus der Prostitution. Auch müssten die Betroffenen «einen eisernen Willen> an den Tag legen, präzisiert France Arnould, Präsidentin des Vereins Amis du Bus des femmes: «Aus der Prostitution auszusteigen heisst, ein komplett neues Leben zu beginnen>. Auch müssten die meisten Frauen mit einem viel geringeren Einkommen klarkommen. Für Corinne, die als Prostituierte im Pariser Bois de Boulogne arbeitet «kommt es nicht in Frage, mit dem Mindestlohn auszukommen, vor allem dann nicht, wenn man eine Familie ernähren muss>. Auch sei es schwierig «nach 40 einen anderen Job anzunehmen>.

Die heute 62-jährige Gabrielle Partenza arbeitete früher als Prostituierte und präsidiert heute die Organisation A nos aînées. Ihre Struktur bietet älteren Prostituierten Unterstützung an. Partenza hatte selbst mit 52 ihr berufliches Umfeld gewechselt und eine Stelle als Mediatorin angenommen. Die Probleme vieler älterer Prostituierten sind ihr bekannt: «Als ich mich um Stellen beworben habe, hat man mir nicht einmal geantwortet>, erzählt sie. Partenza lebt von der Sozialhilfe und kommt «nur schwer über die Runden>. Die zurzeit existierenden Massnahmen würden sie eher wieder «zurück auf die Strasse schicken>.

Lücken im Lebenslauf

Morgane Merteuil, Vize-Präsidentin der französischen Gewerkschaft für Prostituierte, steht den Plänen der neuen Regierung kritisch gegenüber. Sie weist auf das Stigmatisierungsrisiko hin: «Frauen, die jahrelang als Prostituierte gearbeitet haben, weisen grosse Lücken im Lebenslauf auf – weil man natürlich nicht schreibt, dass man Prostituierte war>. Diese Lücke wolle man rechtfertigen, ohne dabei das Wort Prostitution in den Mund zu nehmen. Dies verlange seitens der Berater des Arbeitsamts viel Verständnis, erklärt Hélène de Rugy. «Ein potenzieller Arbeitgeber braucht so etwas nicht zu wissen>.

Die Berufsperspektiven ehemaliger Prostituierten seien vielseitig, erklärt de Rugy weiter, und erzählt vom Beispiel einer Betroffenen, die jetzt in der öffentlichen Verwaltung arbeitet. «Bei vielen Berufen können die Betroffenen ihre psychologischen und menschlichen Fähigkeiten einbringen. Pflegeberufe, unter anderem in Altersheimen, sind da sehr gut geeignet>, weiss auch France Arnould. Viele Ex-Prostituierte arbeiten als Reinigungskräfte, Verkäuferinnen und Pflegerinnen. Andere werden Assistentinnen und Sekretärinnen, noch andere eröffnen ihr eigenes Geschäft oder machen sich selbstständig. Aber einfach ist es nie, vor allem dann nicht, wenn die Betroffenen von ehemaligen Kunden erkannt werden. Marcelle Provost erzählt vom Beispiel einer Betroffenen, die ihren Job im Fastfood-Restaurant verlor, nachdem sie ein ehemaliger Kunde erkannt und verraten hatte.

Schätzungen zufolge arbeiten in Frankreich gegenwärtig 18'000 bis 20'000 Prostituierte. Bereits vor zehn Jahren hatte der ehemalige Präsident und damalige Innenminister Sarkozy der Prostitution den Kampf angesagt. Die Prostitution wurde aus der Pariser Innenstadt verbannt, verlagerte sich aber in die Vorstädte.

zensierte Kommentare:
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Das-ehrgeizige-Ziel-der-jungen-Ministerin/story/30851685?comments=1


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