Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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von wegen "neue Männer braucht das Land" (Bildung)

Kurti, Saturday, 18.08.2012, 14:03 (vor 4269 Tagen) @ Stefan

Frauen in Beziehungen Weiblich, gebildet, partnerlos

Wieder mal die alte Nummer: Wenn ein Mann nicht an Frauen herankommt, ist er ein Vollversager. Bleiben Frauen partnerlos, fühlt sich eine der größten Zeitungen des Landes zu Betroffenheitsbekundungen genötigt.

Frauen sind die wahren Bildungsaufsteiger.

Nun ja, einschlägige Studien, dass sie bei gleichbleibender Leistung besser benotet werden als Jungen, haben wir hier im Forum ja schon oft genug durchgekaut.

Blossfeld: Wir haben unsere Analyse mit den Männern angefangen, weil ihre Lebensläufe viel einfacher zu analysieren sind als die von Frauen. Männer leben heute noch so wie vor 40 Jahren. Da hat sich nicht viel geändert.

Hallo? Männer werden heute nicht ebenfalls häufig arbeitslos, müssen häufig den Job wechseln? Und dass heute jede zweite Ehe scheitert und 80 Prozent aller Scheidungen von Frauen eingereicht werden, war vor 40 Jahren auch schon so?

ZEIT: Männer sind für Soziologen also langweilig, Frauen hingegen spannend?

Und ohne eine Prise Männer-Bashing geht es natürlich nicht ab.

Blossfeld: Oft heißt es, Mädchen seien angepasster und folgsamer und bekämen daher bessere Noten als Jungs, die gern mal für Ärger sorgen. Ich finde das nicht plausibel, denn dass Mädchen und Jungen sich in ihrem Verhalten unterscheiden, dürfte schon vor 100 Jahren so gewesen sein. Das kann nicht die Ursache sein für die tief greifenden Veränderungen.

Ich weiß es noch aus meiner Schulzeit: Die Musterschülerinnen konnten vortrefflich Texte aus dem Lehrbuch wie Papageien nachplappern. Aber wirklich verstanden, verinnerlicht haben sie die Inhalte nicht. Im Grunde waren sie biologische Kassettenrekorder.

ZEIT: Was dann?
Blossfeld: Noch vor 50 Jahren war die gesellschaftliche Botschaft an Mädchen: >Und wenn ihr noch so schlau seid, vergesst es. Ihr habt keine Chance auf Karriere.« Heute lautet das Versprechen an die Frauen: >Ihr könnt mit Bildung etwas werden, ihr müsst eure Chancen nur wahrnehmen.« Was wir noch nicht genau wissen: wann der Punkt war, an dem das ins Positive gekippt ist. Was wir wissen: Wenn so ein Prozess einmal läuft, lässt er sich nicht mehr stoppen. Höhere Bildung führt zu höherer Erwerbstätigkeit, die führt zu höheren Einkommen, zu erfolgreicheren Karrieren, was wiederum zu höherer Bildung bei den Frauen in der nächsten Generation führt.

Diese Einschätzung sieht völlig anders aus, wenn man sich anschaut, welchen für den Arbeitsmarkt komplett irrelevanten Blödsinn Frauen studieren.
(Und bei mir im Kursinstitut landen dann all diese Medienwissenschaftlerinnen, Kommunikationswissenschaftlerinnen, Soziologinnen, Kulturanthropologinnen, Psychologinnen und Neurolinguistische Programmiererinnen vor meinem Schreibtisch und ich soll dann Jobs finden, die zu ihren verkorksten Bildungslaufbahnen passen.)

ZEIT: Ist das bei den Männern anders?
Blossfeld: Bei den Männern hat die soziale Herkunft 1950 über die Bildungschancen entschieden, und sie entscheidet auch heute noch darüber.

Und darum gibt es uns Maskulisten, damit wir den Finger immer wieder in diese Wunde legen.

ZEIT: Aber heute gehen doch auch viel mehr Jungs aufs Gymnasium als früher!
Blossfeld: Stimmt. Nur hat sich unter den Arbeitersöhnen die Zahl der Gymnasiasten seit den sechziger Jahren lediglich vervierfacht, in der Mittelschicht aber versiebenfacht. Man kann sogar behaupten, dass sich die relativen Bildungschancen der Unterschicht bei den Männern verschlechtert haben.

Ist auch längst ein alter Hut, dass Mädchen bei gleicher Leistung viel leichter eine Bildungsempfehlung fürs Gym bekommen als Jungen.

ZEIT: Die Bildungsreformer von einst sind also gescheitert?
Blossfeld: Bei den Jungs ja. Bei den Mädchen nicht. Für die Bildungsreformer der Sechziger und Siebziger war das sprichwörtliche katholische Arbeitermädchen vom Lande die Personifizierung der Bildungsbenachteiligung. Heute sind 55 Prozent der Studienanfänger Frauen. Das ist eine Revolution.

Naja, siehe meine Ausführungen zum Thema Lieblingsstudien von Frauen.

ZEIT: Genau deshalb beschweren sich junge Männer immer häufiger, dass sie keine Chance mehr beim Berufseinstieg hätten.
Blossfeld: Das ist Unsinn. Richtig ist: Männer steigen heute später ins Berufsleben ein, als sie es früher taten, aber das ist nicht die Schuld der Frauen, sondern eine Folge der Bildungsexpansion, weil mehr von ihnen Abitur machen und studieren. Grundsätzlich aber gilt: In der Lebensmitte sind fast genauso viele Männer Vollzeit erwerbstätig wie vor 40 oder 50 Jahren.

Hier redet er aber komplett am Thema vorbei. Von Quote hat er wohl noch nie etwas gehört?

ZEIT: Also wieder alles ziemlich langweilig.

Der Interviewer ist langweilig.

Blossfeld: Genau. Erst recht, wenn man sich im Vergleich dazu die Frauen anschaut. Auch sie bleiben länger im Bildungssystem.

Na, wenn sie beide gleich lang im Bildungssystem verbleiben, wieso wirft er das dann den Männern vor? Versteh ich nicht.

ZEIT: Das gesellschaftliche Versprechen an die jungen Frauen, >Ihr könnt mit Bildung was werden«, bleibt also eine Phrase?
Blossfeld: An einem bestimmten Punkt zumindest verkehrt es sich ins Gegenteil. Die Frauen laufen vorneweg

Sagen wir mal, ihre entzückenden Popochens werden ins Ziel geschoben.

Traditionell haben Männer wie Frauen sich jeweils einen Partner auf Augenhöhe gesucht, also jemanden, der zum Beispiel ein ähnliches Bildungsniveau hat. Ein häufiges Muster war aber auch, dass die Männer sich bei der Partnerwahl vom Bildungsniveau nach unten und die Frauen nach oben orientierten. Um ein Beispiel zu geben: Ein Arzt heiratet eine Krankenschwester, das war und ist ein gängiges Muster, bis heute.

Immer wenn ich das höre, kapiere ich eines nicht. Es wird uns in feministischen Texten doch immer wieder hämisch unter die Nase gerieben, dass es in Wahrheit die Frauen sind, die die Männer auswählen. Die Frauen senden dann irgendwelche geheimen Botschaften aus, die ins Unterbewusstsein des Mannes gelangen. Und der Mann in seinem „männlichen Stolz“ bildet sich bloß ein, dass er der Eroberer wäre.
Kann mir mal jemand erklären, wie diese Behauptung mit der zuvor genannten Aussage, dass Männer sich unter ihnen stehende Frauen bewusst aussuchen, in Einklang zu bringen ist? Ich verstehe es nämlich nicht.

Eine Reaktion der Frauen wäre, zu sagen: Wenn Männer sich nach unten orientieren können, können wir das auch. Aber das tun sie nicht. Natürlich gab es immer schon einige wenige Frauen, die sich in einen weniger gebildeten Mann verliebt haben, und dann wurde geheiratet. Aber für die meisten Frauen ist das undenkbar.
ZEIT: Selbst wenn sie ohne Partner bleiben?
Blossfeld: Schauen Sie sich die Singlequoten an. Die höchsten finden sich heutzutage unter hoch qualifizierten Frauen und unter wenig gebildeten Männern, weil die für Frauen unattraktive Heiratspartner sind. Eigentlich schon immer waren.

Das ist ja direkt mal erfrischende Ehrlichkeit!

ZEIT: Was folgt daraus?
Blossfeld: Sowohl Frauen als auch Männer müssten ihre normativen Vorstellungen von dem, was ein attraktiver Partner und eine erfolgreiche Beziehung ist, ändern.

Frauen in erster Linie, würde ich mal sagen, Frauen.

Bei Frauen gibt es bislang aber keinerlei Anzeichen dafür, dass das geschieht, zumindest hierzulande nicht. Männer dagegen scheinen eher bereit zu sein, ihr Muster zu ändern und sich nach oben zu orientieren. Das zeigen unsere Studien der Partnerwahl im Internet.

Und noch einmal bin ich ganz perplex über soviel unkonventionelles Denken!

ZEIT: Na klar: Sie gewinnen schließlich, während die Frauen verlieren.

Ganz genau. FrauInnen sind immer OpferInnen, ganz egal, was sie tun.

Blossfeld: Ganz so einfach ist das nicht. Für einen Mann, der die traditionellen Vorstellungen im Kopf hat, von wegen: >Der Mann ist der Ernährer«,

Der Mann ist doch so und so der Ernährer. Notfalls wird er über Scheidungsabzocke dazu gemacht.

für so einen Mann ist es eine Art Entmännlichung,

Ein geistig gesunder Mann denkt nicht darüber nach, was „männlich“ oder „weiblich“ ist. Das ist Femi-Denke.

Es gibt einige Männer, die gegen alle Normen versuchen, bei besser gebildeten Frauen zu landen, aber die lassen sie abblitzen.

Das predigen wir hier im Forum schon lange.

Blossfeld: Unsere Beobachtungen legen nahe: Je mehr Frauen die Ernährerrolle übernehmen und den Mann dabei überflügeln, desto mehr muss sich der Mann seiner Geschlechtsidentität versichern.

Schnarch, das alte Märchen von den verunsicherten Männern …

Blossfeld: Die Unternehmen verhalten sich auch zwiespältig. Auf der einen Seite wollen sie die hoch qualifizierten Frauen umwerben – indem sie Kinderbetreuungsmöglichkeiten anbieten, vernünftige Arbeitszeiten ermöglichen und so weiter. Gleichzeitig aber werden sie einen Teufel tun, Männer, die hervorragende Mitarbeiter sind, für eine längere Zeit in die Familie zu schicken. Also senden die Unternehmen ständig ambivalente, geschlechtsspezifische Botschaften. Mit Chancengleichheit hat das nichts zu tun.

Es dreht sich eben immer nur alles um Frauen …

Gruß, Kurti


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