"Reitunfall" Psychologie Experiment
Das "Reitunfall" Psychologie Experiment erwähnt auch die Oberstaatsanwältin Gordon
http://familienrecht.at/fileadmin/jur_aufsaetze/l_o_z/tews3_aussagepsychologie.pdf
Anlässlich eines vom Autor mit Univ. Prof. Dr. Max Steller und Frau Dr. Renate Volbert veranstalteten Seminars konnte den Teilnehmern ein beeindruckendes Beispiel demonstriert werden. Ein etwa 8-jähriges Kind berichtete (auf Video aufgenommen) von
a) einem Reitunfall, den es hatte und
b) von einem Vorfall, bei welchem es in einem Bach fast ertrunken wäre.
Alle Teilnehmer [zwei gerichtlich zertifizierte SV, ein - nunmehriger - OGH-Richter, drei Anwälte und eine Lebens- und Sozialberaterin] qualifizierten
a) einstimmig als erlebnisbegründeteSchilderung
b) überwiegend als nicht erlebnisbegründet.
Faktum: das Kind hatte
a) NIE einen Reitunfall,
b) beruhte auf einem tatsächlichen Vorfall.
Anschließend wurden mehrere Befragungen des Kindes (auf Tonband) wiedergegeben, wie die Aussage zu a) in mehreren Befragungen sich entwickelt hatte.
Freilich ist festzuhalten, dass betreffend Missbrauchsvorwürfen sich aus ethischen Gründen Experimente mit Kindern mit der Suggestion solcher Erlebnisse selbstverständlich vollkommen verbieten.
Univ. Prof. Dr. Max Friedrich seinerseits steht sogar öffentlich dazu, sich bewusst zu sein, mit seiner Meinung ["Missbrauchsaussagen von Kindern könnten weder bewusst noch unbewusst suggeriert werden"], sich gegen 100 Jahre Suggestionsforschung zu stellen (LG für Strafsachen Wien 4d Hv 2174/98, HV vom 2000-07-20, ON 83 Seite 8. Angesichts des internationalen Forschungsstandes, dass die Voreinstellung des Interviewers einen wesentlichen Einfluss18) auf das Ergebnis der Befragung hat, ist dies ebenso wichtig, wie eine Einstellung des Gutachters, dass "das Gutachten in seinen Schlussfolgerungen nur darauf abzielen kann, die Aussagen von Kindern möglichst zu erhärten"19), 20). Für Kinder ist es üblich, Informationen von Erwachsenen in kommunikativen Prozessen zu erwerben. Vermitteln Erwachsene dem Kind eine spezifische Auffassung eines Ereignisses, kann das dazu führen, dass das Kind seine eigene Erinnerung revidiert, die sich im Widerspruch zur Vermutung des Erwachsenen befindet, weil das Kind den Erwachsenen für kompetenter hält.
Die beschränkte Anzahl von Sachverständigen in Österreich führt überdies zu der grotesken Situation, dass die "überprüften" (zu überprüfenden) Sachverständigen oft in anderen Verfahren die überprüfenden Sachverständigen sind 21).
16) Es soll hier keinesfalls ein Privatkrieg des Autors gegen Univ. Prof. Dr. Max Friedrich geführt werden. Es führt nur kein Weg an der Tatsache vorbei, dass sich das im Aufsatz dargestellte Teilproblem (Kompetenzfrage) in Österreich vornehmlich an diesem einen SV festmachen lässt, zumal auch der OGH (ua OGH 1996/03/28, 15 Os 26/96 Prof. Friedrich hohes Ansehen attestiert [angesichts des rechtlichen Faktums, dass der OGH kein Tatsachengericht ist, für sich bemerkenswert]. Andererseits waren seine Gutachten auch unabhängig vom Autor mehrfach Gegenstand kollegialer fachlicher Kritik (siehe ua OGH 2001/09/13, 12 Os 43/01).
17) Besonders plastisch tritt das Problem im Verfahren 27 Hv 22/97 des LG Linz hervor (laufender Wiederaufnahmeantrag seit über drei Jahren!). Hier wurde Univ. Prof. Dr. Max Friedrich mit der Überprüfung eines psychologischen (!) Gutachtens beauftragt. Bemerkenswert, als der Vorsitzende an sich den Akt der Untersuchungsrichterin mit dem Auftrag der Einholung eines "Sachverständigen-Gutachtens aus dem Gebiet der Kinder- und Aussagepsychologie.." übermittelt hatte. Nach Einholung dieses Gutachtens des kinderpsychiatrischen SV wurde der Wiederaufnahmeantrag abgewiesen. In der einer Beschwerde Folge gebenden Entscheidung wurde darauf hingewiesen, dass Prof. Friedrich sein Gutachten am eindeutig formulierten Gutachtensauftrag vorbei erstattet habe. (OLG Linz 2002/07/02, 8 Bs 121/03). Das oben dargestellte "Kompetenzproblem" ist aber (leider noch) nicht in der Entscheidung angesprochen!
18) "Psychologische Begutachtung im Strafverfahren", Hans-Ludwig Kröber, Max Steller, Steinkopff-Verlag, Darmstadt 2000, Seite 123f - R.Volbert; das Gutachten Steller-Volbert im Verfahren vor dem BGH zu 1 Str 617/98 Seite 72f;
19) Univ. Prof. Dr. Max Friedrich in "Tatort Kinderseele, Sexueller Missbrauch und die Folgen", Seite 126.
20) Die beschränkte Anzahl von Sachverständigen in Österreich führt überdies zu der grotesken Situation, dass die "überprüften" (zu überprüfenden) Sachverständigen sehr rasch in anderen Verfahren die "überprüfenden" Sachverständigen sind (zB im Wiederaufnahmeverfahren des LG Ried, 8 Vr 235/96 [Beschwerdegericht OLG Linz] war Hofrat Univ. Prof. R.Q. erster überprüfender SV, Frau Univ. Doz. Dr. M. R. [eine Schülerin von Hofrat Q.] Zweitgutachterin; in einem weiteren (Wiederaufnahme-)Verfahren des LG Ried 11 Vr 298/98 Univ. Doz. M.R. Erstgutachterin, Hofrat Univ. Prof. R.Q. überprüfender SV; im Verfahren des LG für Strafsachen Wien Hofrat Univ. Prof. R.Q. erster Gutachter [dessen Gutachten zu harscher Kritik Anlass gab; zu einer Überprüfung kam es letztlich nicht, da der Senat im dritten Rechtsgang aus tatsächlichen Zweifeln zu einem Freispruch kam. Der OGH hatte im ersten aufhebenden Erkenntnis allerdings gefordert, dass sich das Erstgericht mit den Argumenten der Verteidigung gegen die Beweisführung durch SV-Gutachten auseinander zusetzen hätte (OGH1999/10/21, 11 Os 122/99). Letztlich führt das zur Problematik, mit der viele Verteidiger in Österreich zu kämpfen haben, dass es innerösterreichisch schwer ist, Gutachter zu finden, die bereit sind als Privatgutachter gerichtlich erstellte Gutachten überprüfen.
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Imion1,
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Rainer,
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Imion1,
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Imion1,
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Roslin,
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Stranger in a strange World,
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Rainer,
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Krischan.,
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Rainer,
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Stranger in a strange World,
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- "Reitunfall" Psychologie Experiment - pappa_in_austria, 07.03.2009, 15:42