Die Zukunft des Feminismus
Andreas C., Saturday, 15.07.2006, 22:50 (vor 6935 Tagen)
Die Zukunft des Feminismus muss unter dem Wandel der allgemeinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse betrachtet werden. Dieser Wandel wird im wesentlichen die folgenden, bereits bestehenden Trends fortsetzen:
a) alternde Gesellschaft
b) mehr Armut
c) zunehmende Ghettoisierung der grossen europäischen Städte
d) zunehmende Kriminalität
Die Beispiele Russland und Osteuropa veranschaulichen, wie in Musterländern des sozialistischen Feminismus die Basis für die Fortführung des "Siegeszuges" infolge verheerender Wirtschaftskrisen eingebrochen ist. Die Mehrheit der Frauen wünscht auf der familiären Mikro- wie auf der gesellschaftlichen und kulturellen Makroebene den Schutz und die Führung durch Männer. Dies ist seit Jahrtausenden so und hat sich auch heute nicht geändert.
Das Problem, vor dem wir stehen ist, dass wir Zeiten grosser Unsicherheit, ja traumatischen Ereignissen entgegen gehen, jedoch nicht mehr zu den vom Feminismus beklagten aber geordneten Verhältnissen zurück kehren können -auch wenn die Vorteile der alten Ordnung von einer zunehmenden Zahl von Frauen erkannt werden.
Es wäre falsch, "rot-grün" oder "die Feministen" für alles Unheil verantwortlich zu machen, weil zu simpel gestrickt. Die heutigen Probleme im Feld der Beziehungen zwischen Mann und Frau sind Ausdruck einer Zivilisationskrise. Man kann zum Beispiel auf die Französische Revolution zeigen, die postuliert hat, dass alle Menschen gleich sind und zur Aufhebung der jahrhundertealten Ständeordnung (Adel, Kirche, Bauernstand u. Bürger) geführt hat. Diese Sichtweise, dass alle gleich sind scheint human und gerecht, nur hat sie eben auch Nebenwirkungen. Was ist aus der europäischen Hochkultur des 17. und 18. Jahrhunderts geworden? Aus Mozart und Haydn? Heute, wo alle gleich sind, ist es eben auch leichter geworden, den Geschmack der Massen (MTV, Blöd-TV) überall durchzusetzen. Der Sozialismus und Nationalsozialismus waren bereits Manifestationen der gewaltigen Verunsicherung in Europa die von ihnen verübten sozialen Experimente haben ein weiteres zur Erosion der Werte und Kultur beigetragen.
Der langen Rede kurzer Sinn: Es geht nicht um die Verklärung einer vergangen Zeit. Die Aussage ist klar und ernüchternd: Der atemberaubende Aufstieg Europas in den letzten 500 Jahren hat gleichzeitig mit ihrer gesellschaftlichen Differenzierung die Grundlagen für die heute vorliegende Instabilität geschaffen. Unsere heutigen Gesellschaften sind differenziert aber eben auch instabil. Mit dem Phänomen "Feminismus" stehen wir am Ende einer Entwicklung, die sehr weit zurück reicht und absolut unumkehrbar ist.
Das heisst: Zwar kann der Niedergang des Wohlfahrtsstaates und das "Erwachen" der Männer ein Umdenken bewirken. Doch dies kann die kollektive Verunsicherung, d. h. das Fehlen von gesellschaftlichen Codes, die Unsicherheit darüber was "richtig" und was "falsch" ist, kurz, das Fehlen einer allgemein akzeptierten gesellschaftlichen Moral und nicht wettmachen.
Andreas C.
Die Zukunft des Feminismus
DschinDschin, Saturday, 15.07.2006, 23:09 (vor 6935 Tagen) @ Andreas C.
Die Zukunft des Feminismus muss unter dem Wandel der allgemeinen
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse betrachtet
werden. Dieser Wandel wird im wesentlichen die folgenden, bereits
bestehenden Trends fortsetzen:a) alternde Gesellschaft
b) mehr Armut
c) zunehmende Ghettoisierung der grossen europäischen Städte
d) zunehmende KriminalitätDie Beispiele Russland und Osteuropa veranschaulichen, wie in
Musterländern des sozialistischen Feminismus die Basis für die Fortführung
des "Siegeszuges" infolge verheerender Wirtschaftskrisen eingebrochen ist.
Die Mehrheit der Frauen wünscht auf der familiären Mikro- wie auf der
gesellschaftlichen und kulturellen Makroebene den Schutz und die Führung
durch Männer. Dies ist seit Jahrtausenden so und hat sich auch heute nicht
geändert.Das Problem, vor dem wir stehen ist, dass wir Zeiten grosser
Unsicherheit, ja traumatischen Ereignissen entgegen gehen, jedoch
nicht mehr zu den vom Feminismus beklagten aber geordneten Verhältnissen
zurück kehren können -auch wenn die Vorteile der alten Ordnung von einer
zunehmenden Zahl von Frauen erkannt werden.Es wäre falsch, "rot-grün" oder "die Feministen" für alles Unheil
verantwortlich zu machen, weil zu simpel gestrickt. Die heutigen
Probleme im Feld der Beziehungen zwischen Mann und Frau sind Ausdruck
einer Zivilisationskrise. Man kann zum Beispiel auf die Französische
Revolution zeigen, die postuliert hat, dass alle Menschen gleich sind und
zur Aufhebung der jahrhundertealten Ständeordnung (Adel, Kirche,
Bauernstand u. Bürger) geführt hat. Diese Sichtweise, dass alle gleich
sind scheint human und gerecht, nur hat sie eben auch Nebenwirkungen. Was
ist aus der europäischen Hochkultur des 17. und 18. Jahrhunderts geworden?
Aus Mozart und Haydn? Heute, wo alle gleich sind, ist es eben auch leichter
geworden, den Geschmack der Massen (MTV, Blöd-TV) überall durchzusetzen.
Der Sozialismus und Nationalsozialismus waren bereits Manifestationen der
gewaltigen Verunsicherung in Europa die von ihnen verübten sozialen
Experimente haben ein weiteres zur Erosion der Werte und Kultur
beigetragen.Der langen Rede kurzer Sinn: Es geht nicht um die Verklärung einer
vergangen Zeit. Die Aussage ist klar und ernüchternd: Der atemberaubende
Aufstieg Europas in den letzten 500 Jahren hat gleichzeitig mit ihrer
gesellschaftlichen Differenzierung die Grundlagen für die heute
vorliegende Instabilität geschaffen. Unsere heutigen Gesellschaften sind
differenziert aber eben auch instabil. Mit dem Phänomen "Feminismus"
stehen wir am Ende einer Entwicklung, die sehr weit zurück reicht und
absolut unumkehrbar ist.Das heisst: Zwar kann der Niedergang des Wohlfahrtsstaates und das
"Erwachen" der Männer ein Umdenken bewirken. Doch dies kann die kollektive
Verunsicherung, d. h. das Fehlen von gesellschaftlichen Codes, die
Unsicherheit darüber was "richtig" und was "falsch" ist, kurz, das Fehlen
einer allgemein akzeptierten gesellschaftlichen Moral und nicht
wettmachen.Andreas C.
Danke Andreas C. für diesen hervorragenden Beitrag, der unseren Blick ins Historische erweitert hat.
Ja es ist wohl so. Europa und die westliche Welt steuert einem Wendepunkt zu. Und zu so einem Wendepunkt gehört neben dem Verfall der Volkskraft vor allem der Verfall der moralischen Kraft. In einer solchen Situation treten dann die falschen Propheten (Phrophetinnen) auf. Feminismus ist wie Hausschwamm. Es zersetzt die tragenden Balken der Gesellschaft, Ehe und Familie und männlichen Geist. Aber der Pilz wird den Zusammenbruch nicht überleben.
Niemand fragt sich, worum Männer so sind, wie sie sind und der Verweis auf die Jäger und Sammler greift zu kurz. Männer sind so wie sie sind, weil nur Männer in der Lage sind, die Herausforderungen der geänderten Umwelt zu meistern. Sie sind die Träger des Fortschritts. Sie sind die Eroberer, die Erforscher, die Erfinder, die Kämpfer, die Verteidiger, die Zerstörer, die Erbauer. Ein Volk ohne Männer ist auf dieser wilden Welt nichts als nur Beute.
Bedenke doch, bei Männern begrenzt keine durch Bedürfnisse der Fortpflanzung gegebene nennenswerte Grenze die Gestaltungsmöglichkeit der Evolution. Männer sind stets viel mehr als Frauen an die aktuellen Gegebenheiten angepasst.
Übrigens, kulturell ist auf dieser Welt alles umkehrbar oder neu gestaltbar.
Gruß DschinDschin
--
Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.
Die Zukunft des Feminismus
Nihilator , Bayern, Sunday, 16.07.2006, 01:46 (vor 6935 Tagen) @ Andreas C.
bearbeitet von Nihilator, Sunday, 16.07.2006, 01:53
Hallo Andreas!
Schöne Analyse, in der Du IMHO die historischen Zusammenhänge richtigstellst. Die feministische Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist nur die verschärfte Fortführung eines Weges, dessen Ursprung natürlich deutlich länger als 100 Jahre zurückliegt.
Die Beispiele Russland und Osteuropa veranschaulichen, wie in
Musterländern des sozialistischen Feminismus die Basis für die Fortführung
des "Siegeszuges" infolge verheerender Wirtschaftskrisen eingebrochen ist.
Die Mehrheit der Frauen wünscht auf der familiären Mikro- wie auf der
gesellschaftlichen und kulturellen Makroebene den Schutz und die Führung
durch Männer. Dies ist seit Jahrtausenden so und hat sich auch heute nicht
geändert.
In der Sowjetunion und dem Ostblock hat es aber eigentlich keinen Feminismus in dem Sinne gegeben, stattdessen tatsächliche gesetzliche und arbeitsmäßige Gleichstellung. Zu diesen Erfahrungen hier ein paar Sätze des Historikers Martin van Creveld (aus "Das bevorzugte Geschlecht"):
"In vieler Hinsicht bildete Bebels Werk die Grundlage für die ab 1918 in der Sowjetunion eingeschlagene Politik. Nachdem die Bolschewiken in einem vom Krieg und der Revolution zerstörten Land die Macht übernommen hatten, war es ihr Hauptanliegen, die Produktion wieder in Gang zu bringen. Die schnellste Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, war ihrer Meinung nach die, auf das wichtigste ungenutzte Potential an Arbeitskräften zurückzugreifen, d.h. auf die riesige Anzahl unbeschäftigter Frauen. Wie Engels vorgeschlagen hatte, sollten Frauen außer Haus arbeiten. In erster Linie, um sie dazu in die Lage zu versetzen - um nicht zu sagen, sie dazu zu zwingen -, führte der im Entstehen begriffene kommunistische Staat bezüglich der Situation der Frauen einige der bisher durchgreifendsten Reformen durch.
Die Natur dieser Reformen wurde von zwei Frauen, Alexandra Kollontai und Nadeschda Krupskaja (Lenins Frau) dargelegt, die beide Bebel folgten, ohne ihre geistige Verwandtschaft mit ihm anzuerkennen. Vor allem Kollontai hielt Arbeit im Dienste der Gesellschaft für das Wichtigste im Leben, ja, Arbeit war so bedeutend, daß sie den Frauen kaum die notwendige Zeit einräumen wollte, mit einer anderen >Arbeitseinheit« schwanger zu gehen. Damit Frauen arbeiten konnten, >mußten Küche und Ehe getrennt werden«. Die traditionellen Aufgaben der Frauen wie Putzen, Kochen, Waschen, Flicken und sogar die Erziehung der Kinder würden von der Gemeinschaft übernommen werden. In ihren radikaleren Momenten sagte Kollontai sogar voraus, daß Wohnungen für eine einzelne Familie verschwinden und durch Wohnheime ersetzt werden würden. Noch Ende der Zwanzigerjahre des zwanzigsten Jahrhunderts arbeiteten Architekten an Plänen für derlei Wohnheime, die jedoch nie verwirklicht wurden.
Hätte man diese Pläne umgesetzt, wäre die Sowjetunion in einen riesigen, unpersönlichen Kibbuz verwandelt worden. Nicht zuletzt der Widerstand der Frauen gegenüber dem Bestreben der Partei, ihnen die Kinder wegzunehmen, ließ diese Idee scheitern. Schließlich betrafen die umfassendsten Reformen das Familienrecht. Männer waren nun nicht länger die Haushaltsvorstände. Es gab keinen Unterschied mehr zwischen ehelichen und unehelichen Kindern. Da Frauen gleichberechtigt für ihren Lebensunterhalt arbeiten sollten, wurde das Scheidungsrecht so vereinfacht, daß die Familie kaum noch existierte. (!) Abgeschafft wurde auch die Unterhaltszahlung, die, wie es hieß, im Epizentrum des alten Systems stand, das Frauen ihrer ökonomischen Unabhängigkeit und ihres Stolzes beraubt hatte.
Die Ergebnisse, z.B. eine in die Höhe schießende Scheidungsrate, wurden bald sichtbar. Innerhalb weniger Jahre gab es Millionen verlassener Frauen und Kinder, die verzweifelt versuchten, ohne männliche Unterstützung zu überleben - das heißt, im großen und ganzen ohne jegliche Unterstützung. Die Armut zog Kriminalität nach sich. Eine Generation von Kindern wurde auf die Straße geworfen und war zum Diebstahl oder zur Prostitution gezwungen. Ende der Zwanzigerjahre führte die Regierung eine Kehrtwende herbei. Das Familienrecht wurde verschärft, und die Familie erhielt ihren Ehrenplatz als Keimzelle der kommunistischen Gesellschaft zurück. Um sicherzustellen, daß Männer ihre Frauen und Kinder unterstützten, führte man die Unterhaltszahlung wieder ein, nicht jedoch die Bestimmungen, die Frauen den Männern untergeordnet hatten. Kollontais Werke verschwanden aus den Bibliotheken. Mehrere der Männer, die für die früheren Gesetzesentwürfe verantwortlich gewesen waren, wurden festgenommen und erschossen. Der vielleicht wichtigste Punkt des ursprünglichen Programms, der nach wie vor verwirklicht werden sollte, war genau der, mit dem wir uns hier beschäftigen, nämlich das Bestreben, Frauen zu bezahlter Arbeit zu verhelfen.
Vor der Revolution hatten die meisten Menschen in den Ländern, die nun zur Sowjetunion vereint waren, ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft verdient, was natürlich bedeutete, daß Frauen immer sowohl im Haushalt als auch außerhalb des Hauses gearbeitet hatten (!). Jetzt unternahm man große Anstrengungen - die nach und nach Früchte trugen -, Frauen auch für andere Berufe zu gewinnen. Waren 1928 nur 24 Prozent der Frauen erwerbstätig, so stieg dieser Anteil 1930 auf 26,7 Prozent, 1934 auf 31,7 Prozent und 1937 auf 35,4 Prozent. Wie in anderen Ländern wurden als erste die Frauen beschäftigt, die keinen Mann hatten, der sie unterstützte. Noch 1936, als das Regime sich fest etabliert hatte, arbeiteten weniger als die Hälfte der verheirateten Frauen.
Während der Zwanzigerjahre stieg die Zahl erwerbstätiger Frauen fast ausschließlich in Erwerbszweigen an, in denen sie traditionell beschäftigt worden waren, nämlich in der Leichtindustrie - Lebensmittel, Tabak, Textilien, Leder und Papier -sowie in Dienstleistungsbereichen wie den Lehrberufen und dem Handel. 1930 startete man jedoch auch eine Kampagne, um Frauen für nicht-traditionelle Erwerbszweige zu gewinnen. Zwischen 1930 und 1931 waren 44 Prozent der neuen Bauarbeiter und sogar 80 Prozent der neuen Industriearbeiter Frauen. Der Anteil der Frauen an der Arbeiterschaft in Großindustrien stieg von 28 Prozent im Jahr 1930 auf 40 Prozent im Jahr 1937. In den größten Industriestädten wie Leningrad war der Prozentsatz sogar noch höher. In einer Zeit, in der aufgrund der Weltwirtschaftskrise die Löhne und der Lebensstandard auf ein Minimum herabsanken, hatten Frauen das Vergnügen, Metall zu schmelzen, Hochhäuser zu bauen und Lokomotiven zu fahren, wurden gleichzeitig aber ermutigt, für ihre Ehemänner ein >heiteres Zuhause« zu schaffen. Einige von denen, die sich diesem Wandel unterwarfen, wurden Objekte einer umfassenden Propaganda, die als Hauptpreis ein Treffen mit dem Vater der Völker selbst einschloß. Andere wurden durch drakonische Gesetze, die das >Schmarotzertum« zu einem Verbrechen erklärten, zur Arbeit gezwungen. Doch selbst in dieser Schönen Neuen Welt arbeiteten die Frauen der Führer nicht.
Zugegeben, mehr sowjetische Frauen als je zuvor verließen das Haus und wurden erwerbstätig. Doch gelang es ihnen ebenso wenig wie ihren männlichen Kameraden, die unerträgliche Starrheit des Regimes zu überwinden, ganz zu schweigen von seiner Tendenz, jede Initiative, ob ökonomischer oder anderer Art, zu ersticken. Von der Propaganda und dem Gesetz getrieben und unterstützt durch kostenlose oder fast kostenlose Kindergärten, nahmen Millionen von Frauen Lohnarbeit an. Millionen weitere gingen auf Universitäten und machten eine Berufsausbildung, oft in Bereichen wie dem Ingenieurswesen, die früher den Männern vorbehalten gewesen waren, jedoch nicht so viele, wie der Staat es sich gewünscht hätte. Und dennoch glich schließlich die in kommunistischen Ländern übliche Hierarchie im Berufsleben - einschließlich nach 1945 die Rangordnung in Satellitenstaaten wie der DDR und der Tschechoslowakei - der in allen anderen Ländern. Die meisten Frauen arbeiteten in einer Handvoll von Berufen - dem Lehramt, der Verwaltung, verschiedenen Dienstleistungsgewerben und dem Einzelhandel -, in denen es nur wenige Männer gab. Frauen hatten vor allem weniger angesehene und schlechter bezahlte Positionen inne. Die relativ hohe Anzahl von Frauen in der Medizin und im Rechtswesen zeugte lediglich von der mittelmäßigen Bezahlung und dem mäßigen Ansehen dieser Berufe. Auf den höheren Stufen der Karriereleiter traf man immer weniger Frauen an.
Inzwischen machten die sehr beengten Wohnverhältnisse, die Notwendigkeit, selbst für die einfachsten Konsumgüter stundenlang anzustehen, und die Last der Hausarbeit für viele Frauen das Leben fast unerträglich. Ab den Dreißigerjahren verringerte sich die Geburtenrate. In der UdSSR waren Verhütungsmittel jedoch immer von zweifelhafter Qualität und Mangelware. Zuweilen wurde offiziell von ihnen abgeraten, oder sie waren sogar verboten. Die vorrangige Methode war dementsprechend die Abtreibung, ob legal oder nicht. Schätzungen zufolge wurden während der letzten Jahre des Sowjetregimes zwei Drittel aller Föten abgetrieben. Selbst unter den besten Bedingungen ist eine Abtreibung ein traumatisches Erlebnis. Umso mehr, wenn sie, wie in der Sowjetunion, oft unter schwierigen Bedingungen und mit wenig oder gar keiner Betäubung durchgeführt wurde. Es ist wohl kaum übertrieben, zu sagen, daß in den siebzig Jahren, die dieses Regime überdauerte, die Versuche, Frauen zu emanzipieren, indem man sie zwang, zu den gleichen Bedingungen zu arbeiten wie die Männer, deren Lebenswillen auslöschten.
Etwa um 1980 begriff das Regime, daß hier ein Problem vorlag. Auf der Suche nach einer Lösung verwehrte es Frauen nun den Zugang zu 450 schwereren und gefährlicheren Berufen. Zu anderen den Frauen verliehenen >Privilegien« gehörten kürzere Arbeitszeiten, ein Vorteil, den sie noch heute im post-kommunistischen Rußland genießen. Als nächstes erlaubte man ihnen, Teilzeit zu arbeiten. Bestimmte Arbeiten wurden als Heimarbeit vergeben, so daß weibliche Erwerbstätige ihre Arbeit mit der Kinderpflege verbinden konnten. Außerdem konnten sie längeren bezahlten und unbezahlten Erziehungsurlaub nehmen sowie Urlaub, um sich um ihre kranken Kinder zu kümmern. Schließlich startete Michail Gorbatschow, der behauptete, daß Millionen überzähliger Stellen existierten, eine Kampagne, die Frauen >zurück ins Heim« (!) bringen sollte, eine Aktion, bei der sich die Väter und Mütter des Sozialismus im Grab umgedreht hätten. Auch die Frauen hatten ihre Lektion gelernt und weigerten sich rundweg, männliche Berufe zu ergreifen. Einige sehnten sich zurück nach der >russischen Küche«, die plötzlich zu einem Zentrum der >Intimität, des öffentlichen Interesses und der geistigen Kreativität« wurde. Andere verfluchten den Feminismus, der ihrer Meinung nach dafür verantwortlich war, daß sie arbeiten mußten. Das war zuwenig, zu spät. Als der Kommunismus scheiterte, war das Leben der Frauen so hart geworden, daß Rußlands Bevölkerung jährlich um eine Million (!) abnahm."
(Hervorhebungen von mir)
Letztlich ist der Untergang der Sowjetunion also auch auf eine verfehlte, weil nicht an den Wünschen und Voraussetzungen der Menschen ausgerichteten, Geschlechterpolitik zurückzuführen. Eine bisher kaum betrachtete Tatsache.
In der Sowjetunion hat man in den Zwanzigern und Dreißigern die totale Gleichstellung (also das Modell "Odin") ohne Feminismus ausprobiert. Und ist damit grandios gescheitert. Interessant sind die Parallelen zur heutigen Entwicklung: Geburtenrückgang, massenhafte Abtreibung, zerrüttete Familien, verwahrloste Kinder, überforderte Frauen, Bevölkerungsrückgang.
Das soll uns aber auf keinen Fall hindern es nochmal und nochmal so zu probieren. Wenn man mit dem Schädel immer wieder vor die Wand rennt, wird die schon irgendwann nachgeben, nicht wahr?
Faszinierend finde ich auch, daß selbst kommunistische Betonköppe in der Lage waren, die Probleme zu erkennen und gegenzusteuern. Selbst im Friedhofsklima der stalinistischen 30er Jahre. Wir dagegen weigern uns hartnäckig, Dinge zur Kenntnis zu nehmen, die einfach nicht sein dürfen. Ideologische Verblendung, die selbst über die der Sowjetführer hinausgeht?
Der langen Rede kurzer Sinn: Es geht nicht um die Verklärung einer
vergangen Zeit. Die Aussage ist klar und ernüchternd: Der atemberaubende
Aufstieg Europas in den letzten 500 Jahren hat gleichzeitig mit ihrer
gesellschaftlichen Differenzierung die Grundlagen für die heute
vorliegende Instabilität geschaffen. Unsere heutigen Gesellschaften sind
differenziert aber eben auch instabil. Mit dem Phänomen "Feminismus"
stehen wir am Ende einer Entwicklung, die sehr weit zurück reicht und
absolut unumkehrbar ist.
Ich wäre vorsichtig mit absoluten Unumkehrbarkeits-Postulaten. Der Honeckers Erich und seine Kumpane haben auch immer so etwas gesagt - und sich geirrt.
Die DDR ist bilderbuchmäßig rückabgewickelt worden. Alte Eigentumsverhältnisse wurden, so gut es ging, wiederhergestellt, desgleichen die Verwaltungsgliederung. Das Sozialistische Gesetzbuch (1976) wurde abgeschafft und wieder durch das uralte BGB ersetzt, das Land an den Gültigkeitsbereich des Grundgesetzes von 1948 angeschlossen (die bis dahin gültige DDR-Verfassung stammte von 1968).
"Den Feminismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf?"
Des schau'mer amoal.
Gruß,
nihi
--
CETERUM CENSEO FEMINISMUM ESSE DELENDUM.
MÖSE=BÖSE
Fast ein Jahr lang suchte sie Hilfe bei Psychiatern, dann wandte sie sich Allah zu.
Gute Zusammenfassung!
Guildo, Sunday, 16.07.2006, 03:15 (vor 6935 Tagen) @ Nihilator
Moin nihi,
Faszinierend finde ich auch, daß selbst kommunistische Betonköppe in der
Lage waren, die Probleme zu erkennen und gegenzusteuern. Selbst im
Friedhofsklima der stalinistischen 30er Jahre. Wir dagegen weigern uns
hartnäckig, Dinge zur Kenntnis zu nehmen, die einfach nicht sein dürfen.
Ideologische Verblendung, die selbst über die der Sowjetführer hinausgeht?
Es ist wirklich unheimlich erkennen zu müssen, dass manch Stalinist einsichtiger und lernfähiger war als es heute so mancher "Männchenrechtler" ist!
Gruß - Guildo
--
Most places where we all come from we can have a date, pay over $100 and not even get a goodnight kiss from some broad-ass feminazi who thinks her shit doesn't stink.
(unbekannter Fan von Angeles City)
Die Zukunft des Feminismus
Nihilator , Bayern, Sunday, 16.07.2006, 04:55 (vor 6935 Tagen) @ Nihilator
Zwei Stellen aus dem Creveld-Text möchte ich nochmal herausgreifen:
Abgeschafft wurde auch die Unterhaltszahlung, die, wie
es hieß, im Epizentrum des alten Systems stand, das Frauen ihrer
ökonomischen Unabhängigkeit und ihres Stolzes beraubt hatte.
Schade eigentlich, daß unsere heutigen Frauen einen solchen Stolz offenbar nicht besitzen, oder?
Und dennoch glich schließlich die in kommunistischen Ländern
übliche Hierarchie im Berufsleben - einschließlich nach 1945 die
Rangordnung in Satellitenstaaten wie der DDR und der Tschechoslowakei -
der in allen anderen Ländern. Die meisten Frauen arbeiteten in einer
Handvoll von Berufen - dem Lehramt, der Verwaltung, verschiedenen
Dienstleistungsgewerben und dem Einzelhandel -, in denen es nur wenige
Männer gab. Frauen hatten vor allem weniger angesehene und schlechter
bezahlte Positionen inne. Die relativ hohe Anzahl von Frauen in der
Medizin und im Rechtswesen zeugte lediglich von der mittelmäßigen
Bezahlung und dem mäßigen Ansehen dieser Berufe. Auf den höheren Stufen
der Karriereleiter traf man immer weniger Frauen an.
Dies sollte man sich noch einmal ganz langsam durch den Kopf gehen lassen: 60 Jahre, also drei Generationen, lang hat man in diesem System nicht nur Frauen alle Hindernisse aus dem Weg geräumt, sondern sogar massiven Druck auf sie ausgeübt, sich vollwertig ins Erwerbsleben zu integrieren. Ergebnis: das Gleiche wie in Ländern, in denen es überhaupt keine Frauenförderung gab. Frauen besetzten nicht die verschiedenen Hierarchieebenen, sondern blieben dort so unterrepräsentiert, wie sie es -lautstark bejammert als die letzte verbliebene angebliche Benachteiligung- bei uns heute auch sind.
Muß man die Frauen in die Chefetagen prügeln (zimperlich waren die Sowjets da ja nun nicht)? Ist ihnen das einfach nicht wichtig genug? Können sie's nicht?
Was zur Hölle ist da nur faul?
Gruß,
nihi
--
CETERUM CENSEO FEMINISMUM ESSE DELENDUM.
MÖSE=BÖSE
Fast ein Jahr lang suchte sie Hilfe bei Psychiatern, dann wandte sie sich Allah zu.
Die Zukunft des Feminismus
DschinDschin, Sunday, 16.07.2006, 05:23 (vor 6935 Tagen) @ Nihilator
Zwei Stellen aus dem Creveld-Text möchte ich nochmal herausgreifen:
Abgeschafft wurde auch die Unterhaltszahlung, die, wie
es hieß, im Epizentrum des alten Systems stand, das Frauen ihrer
ökonomischen Unabhängigkeit und ihres Stolzes beraubt hatte.
Schade eigentlich, daß unsere heutigen Frauen einen solchen Stolz offenbar
nicht besitzen, oder?
Und dennoch glich schließlich die in kommunistischen Ländern
übliche Hierarchie im Berufsleben - einschließlich nach 1945 die
Rangordnung in Satellitenstaaten wie der DDR und der Tschechoslowakei -
der in allen anderen Ländern. Die meisten Frauen arbeiteten in einer
Handvoll von Berufen - dem Lehramt, der Verwaltung, verschiedenen
Dienstleistungsgewerben und dem Einzelhandel -, in denen es nur wenige
Männer gab. Frauen hatten vor allem weniger angesehene und
schlechter
bezahlte Positionen inne. Die relativ hohe Anzahl von Frauen in der
Medizin und im Rechtswesen zeugte lediglich von der mittelmäßigen
Bezahlung und dem mäßigen Ansehen dieser Berufe. Auf den höheren Stufen
der Karriereleiter traf man immer weniger Frauen an.
Dies sollte man sich noch einmal ganz langsam durch den Kopf gehen lassen:
60 Jahre, also drei Generationen, lang hat man in diesem System nicht nur
Frauen alle Hindernisse aus dem Weg geräumt, sondern sogar massiven
Druck auf sie ausgeübt, sich vollwertig ins Erwerbsleben zu
integrieren. Ergebnis: das Gleiche wie in Ländern, in denen es
überhaupt keine Frauenförderung gab. Frauen besetzten nicht
die verschiedenen Hierarchieebenen, sondern blieben dort so
unterrepräsentiert, wie sie es -lautstark bejammert als die letzte
verbliebene angebliche Benachteiligung- bei uns heute auch sind.Muß man die Frauen in die Chefetagen prügeln (zimperlich waren die Sowjets
da ja nun nicht)? Ist ihnen das einfach nicht wichtig genug? Können sie's
nicht?Was zur Hölle ist da nur faul?
Gruß,
nihi
Sie können nicht, nihi, sie können nicht.
Wenn über die Jahrzehntausende Frauen immer erfolgreiche Männer zur Paarung bevorzugen und Männer nichtdominante, schöne Frauen, was meinst Du, was das System (unsere Art Homo sapiens sapiens) dann für Gaben in die Wiege der Angehörigen der beiden Geschlechter legt.
Hier nochmal den Link: Was Schimpansen und Frauen gemeinsam haben
Gruß DschinDschin
--
Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.
Die Zukunft des Feminismus
Nihilator , Bayern, Sunday, 16.07.2006, 05:53 (vor 6934 Tagen) @ DschinDschin
Sie können nicht, nihi, sie können nicht.
Wenn über die Jahrzehntausende Frauen immer erfolgreiche Männer zur
Paarung bevorzugen und Männer nichtdominante, schöne Frauen, was meinst
Du, was das System (unsere Art Homo sapiens sapiens) dann für Gaben in die
Wiege der Angehörigen der beiden Geschlechter legt.Hier nochmal den Link:
Was Schimpansen und
Frauen gemeinsam habenGruß DschinDschin
Wow.. beeindruckender Text! (der Harry muß wirklich ganz schön angry sein )
Fazit: wir brauchen Gender Mainstreaming nur -sagen wir optimistisch- einige zehntausend Jahre durchhalten, während selbstverständlich alle mit Begeisterung dabei sind und an sich arbeiten, die Frauen sich bewußt für schwächliche Männer entscheiden und die Männer für unattraktive, häßliche Frauen (also Femis) und dann, ja dann ist das Femi-Paradies voller gleicher Menschen endlich da!
Und wenn sie nicht (aus)gestorben sind, dann träumen sie noch heute!
Gruß,
nihi
--
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Fast ein Jahr lang suchte sie Hilfe bei Psychiatern, dann wandte sie sich Allah zu.
Das "Modell Odin" - immer gescheitert!
Klaus_z, Sunday, 16.07.2006, 10:03 (vor 6934 Tagen) @ Nihilator
In der Sowjetunion hat man in den Zwanzigern und Dreißigern die totale
Gleichstellung (also das Modell "Odin") ohne Feminismus ausprobiert. Und
ist damit grandios gescheitert. Interessant sind die Parallelen zur
heutigen Entwicklung: Geburtenrückgang, massenhafte Abtreibung, zerrüttete
Familien, verwahrloste Kinder, überforderte Frauen, Bevölkerungsrückgang.Das soll uns aber auf keinen Fall hindern es nochmal und nochmal so zu
probieren. Wenn man mit dem Schädel immer wieder vor die Wand rennt, wird
die schon irgendwann nachgeben, nicht wahr?
Hallo,
die Schwierigkeiten sind heute die selben wie damals.
Man zerstört die natürliche Familie, die Keimzelle der Gesellschaft und wundert sich dann, daß es nicht funktioniert.
Ich frage mich auch, wie lange man noch angeblich "neue" Modelle ausprobieren will, bis man erkennt, daß eben die gute alte Familie mit klarer Rollenverteilung das Optimum der Entwicklung darstellt - alle anderen Modelle sind in Jahrtausenden einfach untergegangen.
Insbesondere das "Modell Odin" mit Frauen in Erwerbsarbeit zwingen und Kinder in Kitas entsorgen ist fatal für eine Gesellschaft.
Gruß
Das "Modell Odin" - immer gescheitert!
DschinDschin, Sunday, 16.07.2006, 15:00 (vor 6934 Tagen) @ Klaus_z
In der Sowjetunion hat man in den Zwanzigern und Dreißigern die totale
Gleichstellung (also das Modell "Odin") ohne Feminismus ausprobiert.
Und
ist damit grandios gescheitert. Interessant sind die Parallelen zur
heutigen Entwicklung: Geburtenrückgang, massenhafte Abtreibung,
zerrüttete
Familien, verwahrloste Kinder, überforderte Frauen,
Bevölkerungsrückgang.
Das soll uns aber auf keinen Fall hindern es nochmal und nochmal so zu
probieren. Wenn man mit dem Schädel immer wieder vor die Wand rennt,
wird
die schon irgendwann nachgeben, nicht wahr?
Hallo,
die Schwierigkeiten sind heute die selben wie damals.
Man zerstört die natürliche Familie, die Keimzelle der Gesellschaft und
wundert sich dann, daß es nicht funktioniert.Ich frage mich auch, wie lange man noch angeblich "neue" Modelle
ausprobieren will, bis man erkennt, daß eben die gute alte Familie mit
klarer Rollenverteilung das Optimum der Entwicklung darstellt - alle
anderen Modelle sind in Jahrtausenden einfach untergegangen.Insbesondere das "Modell Odin" mit Frauen in Erwerbsarbeit zwingen und
Kinder in Kitas entsorgen ist fatal für eine Gesellschaft.Gruß
Warum es ohne Familie nicht geht, siehe hier Ökonomie der Ehe
Gruß DschinDschin
--
Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.
Das "Modell Klaus" - immer gescheitert!
Andi, Sunday, 16.07.2006, 16:04 (vor 6934 Tagen) @ Klaus_z
Sorry Klaus -jetzt reichts mir aber.
Die Bedingungen sind Dank der naturwissenschaftlichen und technischen Entwicklung ganz andere als vor 100 Jahren.
Eine Frau, die heutzutage angibt, dass sie sich ihrem Mann und ihrer Familie widmet, meint damit üblicherweise, dass sie sich nur um ihre "Selbstverwirklichung" kümmert, etwas, wofür ihr Mann, der den Unterhalt der Frau erarbeiten muss, überhaupt keine Zeit hat.
Anders sieht es nur bei sehr, sehr kleinen Kindern aus. Das ist vielleicht wirklich ein Fulltime-Shop.
Was mich positiv stimmt, ist die geschichtliche Tatsache, dass alle Systeme, die alle Vorteile der einen (hier den Frauen) und alle Nachteile der anderen Seite (hier den Männern) zuschieben, auf Dauer gescheitert sind.
Dein Gesellschaftsmodell wird daher genau wie der Feminismus (der sich bei der Verteilung der Vor- und Nachteile nicht von deinem Modell unterscheidet) scheitern.
Viele Grüße,
Andi
Die Familie das einzig funktionierende Modell
Klaus_z, Sunday, 16.07.2006, 17:10 (vor 6934 Tagen) @ Andi
bearbeitet von Klaus_z, Sunday, 16.07.2006, 17:16
Sorry Klaus -jetzt reichts mir aber.
Die Bedingungen sind Dank der naturwissenschaftlichen und technischen
Entwicklung ganz andere als vor 100 Jahren.Eine Frau, die heutzutage angibt, dass sie sich ihrem Mann und ihrer
Familie widmet, meint damit üblicherweise, dass sie sich nur um ihre
"Selbstverwirklichung" kümmert, etwas, wofür ihr Mann, der den Unterhalt
der Frau erarbeiten muss, überhaupt keine Zeit hat.Anders sieht es nur bei sehr, sehr kleinen Kindern aus. Das ist vielleicht
wirklich ein Fulltime-Shop.Was mich positiv stimmt, ist die geschichtliche Tatsache, dass alle
Systeme, die alle Vorteile der einen (hier den Frauen) und alle Nachteile
der anderen Seite (hier den Männern) zuschieben, auf Dauer gescheitert
sind.Dein Gesellschaftsmodell wird daher genau wie der Feminismus (der sich bei
der Verteilung der Vor- und Nachteile nicht von deinem Modell
unterscheidet) scheitern.
Das ist ja nicht "mein" Gesellschaftsmodell, sondern ich verweise nur auf das EINZIGE Modell, das bisher funktioniert hat - die Familie mit klarer Rollenverteilung.
Alle anderen Modell sind ausgestorben und haben sich deshalb nicht bewährt.
Wie Nihilator schon anmerkte - wie lange noch rumexperimentieren mit angeblicher "Gleichberechtigung" und "jeder soll alles machen" Modellen?
Wie lange noch neomarxistische Ideen versuchen zu verwirklichen?
Klar sein sollte angesichts Scheidungsrekorde, zerfallender Beziehungen, Geburtenschwund, daß die heutigen Vorstelleungen wohl falsch sein müssen und die damaligen, ursprünglichen, natürlichen Ordnungen wohl nicht so falsch gelegen haben wie uns immer wieder eingeredet wurde.
Früher hatten wir kaum messsbare Scheidungszahlen, ausreichend Nachwuchs und eben keine der angeblich "modernen" Beziehungsprobleme wie heute.
Dazu kommt, daß es gerade heute überhaupt keinen Sinn mehr macht, den ohnehin schon strapazierten arbeitsmarkt mit zuwenig Arbeitsstellen noch mit einer Schwemme von karrieresüchtigen Frauen weiter unter Druck zu bringen und damit die Löhne immer weiter zu senken.
Außerdem zeigt die Geschichte auch ganz deutlich, daß solche Wohlstandsphasen, wie wir sie heute erleben immer nur Ausnahmeerscheinungen sind. Ob mans glaubt oder nicht: Der Wind wird wieder wesentlich rauher werden, es werden wieder massive Krisen kommen. Dank eindeutiger, stabiler Rollenmodelle und damit stabiler FAmilie konnten usnere Vorfahren mit sowas umgehen und überstehen - da sieht es bei uns jedoch schlecht damit aus.
Bisher sind alle Kulturen zugrundegegangen, in denen die Familie als Urzelle der Gemeinschaft zerstört wurde.
Die Familie das einzig funktionierende Modell
Gismatis, Basel, Sunday, 16.07.2006, 22:16 (vor 6934 Tagen) @ Klaus_z
Hallo Klaus
Dein Gesellschaftsmodell wird daher genau wie der Feminismus (der sich
bei
der Verteilung der Vor- und Nachteile nicht von deinem Modell
unterscheidet) scheitern.
Das ist ja nicht "mein" Gesellschaftsmodell, sondern ich verweise nur auf
das EINZIGE Modell, das bisher funktioniert hat - die Familie mit klarer
Rollenverteilung.
Aber der Haushalt gibt heute nun mal nicht mehr so viel zu tun, wie früher. Solange Kinder im Haus sind, mag dieses Modell noch akzeptabel sein. Aber wenn die Kinder aus dem haus sind, wie viel gibt ein 2-Personen-Haushalt dann noch zu tun? Zwei Stunden täglich? Und der Mann soll gleichzeitig acht Stunden ausser Haus arbeiten, exklusive Arbeitsweg? Kein Wunder, dass deine Partnerin hinter dir steht, bequemer geht's doch fast nicht mehr!
Alle anderen Modell sind ausgestorben und haben sich deshalb nicht
bewährt.
Wie Nihilator schon anmerkte - wie lange noch rumexperimentieren mit
angeblicher "Gleichberechtigung" und "jeder soll alles machen" Modellen?
Wie lange noch neomarxistische Ideen versuchen zu verwirklichen?
Gleichberechtigung hat meiner Meinung nach eine Chance, wenn auf die natürlichen Veranlagungen der Geschlechter Rücksicht genommen wird. Die bisherigen Versuche (Sozialismus, Feminismus) sind eben daran gescheitert.
Klar sein sollte angesichts Scheidungsrekorde, zerfallender Beziehungen,
Geburtenschwund, daß die heutigen Vorstelleungen wohl falsch sein müssen
und die damaligen, ursprünglichen, natürlichen Ordnungen wohl nicht so
falsch gelegen haben wie uns immer wieder eingeredet wurde.Früher hatten wir kaum messsbare Scheidungszahlen, ausreichend Nachwuchs
und eben keine der angeblich "modernen" Beziehungsprobleme wie heute.Dazu kommt, daß es gerade heute überhaupt keinen Sinn mehr macht, den
ohnehin schon strapazierten arbeitsmarkt mit zuwenig Arbeitsstellen noch
mit einer Schwemme von karrieresüchtigen Frauen weiter unter Druck zu
bringen und damit die Löhne immer weiter zu senken.
Eine Möglichkeit besteht darin, die Arbeitszeit für alle zu verkürzen. Dann hat es auch für Frauen Platz. Andererseits finde ich auch, dass bloße Karrierefördermaßnahmen für Frauen sowie Fördermaßnahmen für Frauen in für sie ungeeignete Berufe einzustellen sind.
Gruß
Gismatis
Rückabwicklung ?
Dark Knight, Monday, 17.07.2006, 06:10 (vor 6933 Tagen) @ Nihilator
Ich wäre vorsichtig mit absoluten Unumkehrbarkeits-Postulaten. Der
Honeckers Erich und seine Kumpane haben auch immer so etwas gesagt - und
sich geirrt.
Die DDR ist bilderbuchmäßig rückabgewickelt worden. Alte
Eigentumsverhältnisse wurden, so gut es ging, wiederhergestellt,
desgleichen die Verwaltungsgliederung. Das Sozialistische Gesetzbuch
(1976) wurde abgeschafft und wieder durch das uralte BGB ersetzt, das Land
an den Gültigkeitsbereich des Grundgesetzes von 1948 angeschlossen (die bis
dahin gültige DDR-Verfassung stammte von 1968).
Dafür haben wir die SED im Bundestag und teilweise wieder in Landesregierungen (jaja, die nannte sich PDS und nun Linkspartei). Rotgrün hat die Bürokratie erweitert mit solchem Kram wie dem Dosenpfand, deren Philosophie war es ja, den Bürger zu erziehen. Eine sehr sozialistische Einstellung. Und außerdem gibt es ja sozialistische Denkmodelle in Sachen Geburtenstatistik, will sagen, daß der Staat sich in die privaten Belange seiner Bürger einmischen will (von wegen "Wer kinderlos ist zahlt mehr Rente" und dergliechen).
Da frag ich mich eher, wer da wen rückabwickelt... es kommt mir eher so vor, als ob Honeckers Erben und ihre willigen Verbündeten dieBundesrepublik rückabwickeln.
Dark Knight
Rückabwicklung ?
HanJüChuan, Monday, 17.07.2006, 17:24 (vor 6933 Tagen) @ Dark Knight
Salü zusammen
Dark Knight:
Dafür haben wir die SED im Bundestag und teilweise wieder in
Landesregierungen (jaja, die nannte sich PDS und nun Linkspartei). Rotgrün
hat die Bürokratie erweitert mit solchem Kram wie dem Dosenpfand, deren
Philosophie war es ja, den Bürger zu erziehen. >
Die Rechtverordnung zum Dosenpfand hat die Regierung Kohl eingeführt. Meines Wissens war Umweltminister Töpfer damals federführend. Rotgrün hat die Töpferverordung nur umgesetzt.
Vorurteile machen meist blind!
Ade HanJüChuan
NuMolLangsamNuMolNitHuddle
Rückabwicklung ?
Dark Knight, Monday, 17.07.2006, 17:50 (vor 6933 Tagen) @ HanJüChuan
Die Rechtverordnung zum Dosenpfand hat die Regierung Kohl eingeführt.
Meines Wissens war Umweltminister Töpfer damals federführend. Rotgrün hat
die Töpferverordung nur umgesetzt.
Vorurteile machen meist blind!
Rotgrün hätte aber die Verordnung nicht umsetzen müssen, sondern zurücknehmen können... wie es ja auch bei der Einbeziehung des demographischen Faktors bei der Rente gemacht wurde, was ja auch ein Kohl-Kind war.
Dark Knight
Rückabwicklung ?
HanJüChuan, Tuesday, 18.07.2006, 13:44 (vor 6932 Tagen) @ Dark Knight
Die Rechtverordnung zum Dosenpfand hat die Regierung Kohl eingeführt.
Meines Wissens war Umweltminister Töpfer damals federführend. Rotgrün
hat
die Töpferverordung nur umgesetzt.
Vorurteile machen meist blind!
Rotgrün hätte aber die Verordnung nicht umsetzen müssen, sondern
zurücknehmen können... wie es ja auch bei der Einbeziehung des
demographischen Faktors bei der Rente gemacht wurde, was ja auch ein
Kohl-Kind war.Dark Knight
Hätte, bräuchte, täte!
Die Verordnung und der damit einhergehende Bürokratische Wust - siehe Bestimmung des Mehrweganteils - stammt von einer CDU / FDP Regierung!
Ade HanJüChuan
NuMolLangsamNuMolNitHuddle
Free speech for the dump
Rückabwicklung ?
Dark Knight, Thursday, 20.07.2006, 21:09 (vor 6930 Tagen) @ HanJüChuan
Dann bleibt die Frage, warumRotgrün am gleichen Brett weitergebügelt hat und sogar weitergegangen ist.
Dark Knight
Rückabwicklung ?
HanJüChuan, Thursday, 20.07.2006, 23:02 (vor 6930 Tagen) @ Dark Knight
Dann bleibt die Frage, warumRotgrün am gleichen Brett weitergebügelt hat
und sogar weitergegangen ist.Dark Knight
Ich weiß jetzt nicht was "sogar weitergegangen" heißen soll, aber rotzgrün hatte einen anderen, (ich bin hier nicht wirklich gut informiert) besseren Entwurf, der an der Unionsmehrheit im Bundesrat scheiterte.
Außerdem habe ich nicht die geringste Lust die rotzGrüne FlitzKa... zu verteidigen. Ich finde nur das Unionspersonal noch abstoßender.
Ade HanJüChuan
NuMolLangsamNuMolNitHuddle
THE NIGHTMARE CONTINUES
PROTEST AND SURVIVE
Die Zukunft des Feminismus
Odin, Tuesday, 18.07.2006, 23:59 (vor 6932 Tagen) @ Nihilator
Nette Dinge, die du da schreibst und ein eindeutiger Beleg dafür, daß es eben nicht geht, der Gesellschaft ein System aufzuzwingen, wie es manche hier tun möchten.
Auch die CDU hat dies endlich eingesehen, nachdem sie jahrzehntelang die Hausfrauenehe finanziell unterstützt und gefördert haben. Jetzt sind sie bereit, diesen Weg zu verlassen. Warum? Aus dem selben Grund wie Russlang: Die Geburtenzahlen gehen zurück.
Während Klaus_Z und andere also im Bahnhof nach links blicken und hoffen, daß ihr Zug mal einfährt, fährt dieser gerade rechts aus dem Bahnhof raus.
Die Politik hat zu lange auf den Joker: "Frauen unterstützen, sie zuhause halben und Kinder betreuen lassen" gesetzt. Nun merken sie: Nur Frauen, die dazu bereit sind und nichts zu verlieren haben, steigen hier ein. Das sind: Frauen, die eh keine Lust zum arbeiten haben und denen eine "Karriere" als Tengelmannverkäuferin bevorsteht. Oder aber Frauen, die am Existenzminimum leben und mit Kindesunterhalt, Kindergeld und Sozialhilfe mehr Geld zur Verfügung haben.
Nun, das sind aber eigentlich die Frauen, von denen man nicht so viele Kinder erhofft.
Die anderen Frauen: Frauen, die arbeiten, gut ausgebildete Frauen, gleichberechtigte (und gleichverpflichtete) Ehen, Ehepaare, die ihre Kinder versorgen - nicht nur finanziell, die kriegen kaum noch Kinder. Sollten sie aber - ergo: Es muss etwas geändert werden, damit diese ebenfalls Kinder bekommen.
Folge: Ende des Ehegattensplittings, Elterngeld und für die nächsten Monate werdet ihr noch mehr in dieser Hinsicht hören.
Warum?
Weil das Hausfrauenehemodell in den "Abgrund" führt und kaum noch Kinder geboren werden und wenn, dann nur von "Versagerfrauen" (und Männern)
Mein Konzept dagegen: Kein sozialistisches oder Klaus_z-modell mit vorgeschriebenen Lebensläufen und wirtschaftlichem Druck und Bevormundung, sondern ein gleichberechtigtes Modell in dem jeder sein Familienmodell leben kann und keine benachteiligt ist.
Und da geht der Weg hin
Aber ihr dürft gerne weiter träumen und nach links schauen
--
Odin statt Jesus!
www.maskushop.de - Erster Webshop der politischen Männerbewegung
Die Zukunft des Feminismus
Nihilator , Bayern, Wednesday, 19.07.2006, 00:25 (vor 6932 Tagen) @ Odin
Während Klaus_Z und andere also im Bahnhof nach links blicken und hoffen,
daß ihr Zug mal einfährt, fährt dieser gerade rechts aus dem Bahnhof
raus.
Klaus ist ein Linker???
Die Politik hat zu lange auf den Joker: "Frauen unterstützen, sie zuhause
halben und Kinder betreuen lassen" gesetzt. Nun merken sie: Nur Frauen,
die dazu bereit sind und nichts zu verlieren haben, steigen hier ein. Das
sind: Frauen, die eh keine Lust zum arbeiten haben und denen eine
"Karriere" als Tengelmannverkäuferin bevorsteht. Oder aber Frauen, die am
Existenzminimum leben und mit Kindesunterhalt, Kindergeld und Sozialhilfe
mehr Geld zur Verfügung haben.
Nun, das sind aber eigentlich die Frauen, von denen man nicht so viele
Kinder erhofft.
Unbestreitbar richtig. Was macht man aber gegen die Kinder solcher Frauen?
Die anderen Frauen: Frauen, die arbeiten, gut ausgebildete Frauen,
gleichberechtigte (und gleichverpflichtete) Ehen, Ehepaare, die ihre
Kinder versorgen - nicht nur finanziell, die kriegen kaum noch Kinder.
Sollten sie aber - ergo: Es muss etwas geändert werden, damit diese
ebenfalls Kinder bekommen.
Stimmt das so wirklich? Soweit ich weiß, wird noch immer die Mehrheit der Kinder in Paarbeziehungen geboren. Mit "traditioneller" Arbeitsteilung, natürlich.
Folge: Ende des Ehegattensplittings, Elterngeld und für die nächsten
Monate werdet ihr noch mehr in dieser Hinsicht hören.
Warum?
Weil das Hausfrauenehemodell in den "Abgrund" führt und kaum noch Kinder
geboren werden und wenn, dann nur von "Versagerfrauen" (und Männern)
Waaas? In den Abgrund? Warum sind wir bisher nicht in den Abgrund gestürzt?
War nicht die erfolgreichste Zeit, was Geburten angeht, das Dritte Reich? Die Zeit also, als man genau dieses Modell mit aller Konsequenz förderte (und damit den meisten Frauen ihre WIRKLICHEN Wünsche erfüllte)?
Mein Konzept dagegen: Kein sozialistisches oder Klaus_z-modell mit
vorgeschriebenen Lebensläufen und wirtschaftlichem Druck und Bevormundung,
sondern ein gleichberechtigtes Modell in dem jeder sein Familienmodell
leben kann und keine benachteiligt ist.
Und da geht der Weg hin
Meinst Du wirklich, "wo jeder sein Modell leben kann" oder eher "wo jeder DEIN Modell leben muß"? Dein Sendungsbewußtsein läßt da gewisse Zweifel bei mir aufkommen.
Noch eine Frage: siehst Du bei Dir eigentlich nennenswerte Unterschiede zum Femi-Mainstream? Wenn ja, worin?
Gruß,
nihi
--
CETERUM CENSEO FEMINISMUM ESSE DELENDUM.
MÖSE=BÖSE
Fast ein Jahr lang suchte sie Hilfe bei Psychiatern, dann wandte sie sich Allah zu.
Die Zukunft des Feminismus
susu, Wednesday, 19.07.2006, 03:13 (vor 6932 Tagen) @ Nihilator
Klaus ist ein Linker???
Da wo Klaus steht, gibt es kein links und kein rechts. Es gibt ja nicht mal den aufrechten Gang.
Die anderen Frauen: Frauen, die arbeiten, gut ausgebildete Frauen,
gleichberechtigte (und gleichverpflichtete) Ehen, Ehepaare, die ihre
Kinder versorgen - nicht nur finanziell, die kriegen kaum noch Kinder.
Sollten sie aber - ergo: Es muss etwas geändert werden, damit diese
ebenfalls Kinder bekommen.
Stimmt das so wirklich? Soweit ich weiß, wird noch immer die Mehrheit der
Kinder in Paarbeziehungen geboren. Mit "traditioneller" Arbeitsteilung,
natürlich.
Erneut lesen und überprüfen ob sich die Aussagen tatsächlich inhaltlich widersprechen.
Waaas? In den Abgrund? Warum sind wir bisher nicht in den Abgrund
gestürzt?
War nicht die erfolgreichste Zeit, was Geburten angeht, das Dritte Reich?
Die Zeit also, als man genau dieses Modell mit aller Konsequenz förderte
(und damit den meisten Frauen ihre WIRKLICHEN Wünsche erfüllte)?
Nihi, du bist ein Sarkast...
Meinst Du wirklich, "wo jeder sein Modell leben kann" oder eher "wo jeder
DEIN Modell leben muß"? Dein Sendungsbewußtsein läßt da gewisse Zweifel
bei mir aufkommen.
Das widerum ist albern. Worin besteht das Sendungsbewustsein von Odin? Darin, daß er bestehende Nachteile für Modelle, die nicht der Ein-Versorger-Ehe entsprechen abgebaut sehen will? Wer darin schon den Untergang der bürgelichen Kleinfamilie sieht, kann von deren Vorteilen nicht wirklich überzeugt sein...
Noch eine Frage: siehst Du bei Dir eigentlich nennenswerte Unterschiede
zum Femi-Mainstream? Wenn ja, worin?
Wie wäre es mit: Odin setzt sich für Männerrechte ein?
susu (kopfschüttelnd)
Die Zukunft des Feminismus
Garfield, Monday, 17.07.2006, 19:49 (vor 6933 Tagen) @ Andreas C.
Hallo Andreas!
Du hast ja nicht unrecht, aber du läßt einige wichtige Faktoren außen vor.
Nehmen wir beispielsweise mal das hier:
"Was ist aus der europäischen Hochkultur des 17. und 18. Jahrhunderts geworden? Aus Mozart und Haydn? Heute, wo alle gleich sind, ist es eben auch leichter geworden, den Geschmack der Massen (MTV, Blöd-TV) überall durchzusetzen."
Wie war es denn Menschen wie Mozart, Haydn, Händel, Goethe und anderen möglich, nicht nur Bedeutendes zu schaffen, sondern es auch bekannt zu machen?
Laut deiner Theorie müßten die Menschen früher anspruchsvoller gewesen sein und tiefere Werte gehabt haben.
Aber war das wirklich so? Wer finanzierte denn prominenten Musiker oder Dichter im 17./18. Jahrhundert maßgeblich? Das war nicht das einfache Volk, das sich Bücher, Konzert-, Theater- oder Opernbesuche kaum leisten konnte, sondern es war vor allem die Mittel- und Oberschicht. Es waren Menschen, deren Eltern ihnen eine gute Bildung vermittelten und sie eben oft auch frühzeitig an Musik oder Literatur heranführten. So wurde es diesen Menschen ermöglicht, Talente zu erkennen, und wenn sie auch noch große Vermögen hatten, konnten sie diese Talente auch fördern.
Heute haben wir eine völlig andere Situation. Heute wird viel Geld mit musikalischer und literarischer Massenware verdient, die dann leider oft auch ein entsprechendes Niveau hat. Schließlich ist die Profitspanne immer dann am größten, wenn man minimal in das Produkt investiert.
Heute bestimmen die Massenmärkte, was in den Medien läuft. Diese Massenmärkte gab es so für Musik und Literatur in früheren Zeiten gar nicht. Sie basieren heute auf den gestiegenen Einkommen auch der unteren Schichten und auf den modernen Medien.
Hätte man im 18. Jahrhundert der Bevölkerung Geld gegeben und die heute üblichen Massenmedien eingeführt, dann hätte sich flugs genauso ein Unterhaltungsniveau entwickelt wie wir es heute kennen, oder wohl eher ein noch schlimmeres. Leute wie Mozart oder Goethe wären in diesem Sumpf völlig versunken und von den Massen kaum zur Kenntnis genommen wurden.
Ansatzweise hat es so etwas nämlich auch damals schon gegeben, in Form von fahrenden Sängern und Theatern, die den Geschmack der ungebildeten Massen bedienten und oft auf eher niedrigem Niveau tätig waren. Aber die geringe Kaufkraft der Massen und das Fehlen der heute üblichen Medien zur weiten Verbreitung der Produkte dieser mehr oder weniger talentierten fahrenden Künstler sorgten dafür, daß der Nachwelt davon nicht viel erhalten geblieben ist. Die wesentlich solventeren oberen 10.000 dagegen sorgten dafür, daß die Werke von Mozart & Co. gedruckt, in Konzerthäusern und Opern gespielt und in Bibliotheken gesammelt wurden.
Das tun sie heute noch. Aber auch bei den oberen 10.000 gibt es heute das Problem einer gewissen Dekadenz. In früheren Zeiten hatte es Tradition, daß man die Kinder früh mit Musik und Literatur vertraut machte. Mit der Entwicklung des Bürgertums gelangten immer mehr Menschen zu Reichtum, die ursprünglich nicht den oberen 10.000 angehörten und keine entsprechende Bildung genossen hatten. Die wollten aber krampfhaft am Leben der etablierten oberen 10.000 teilhaben und sich somit auch für Musik, Literatur oder Kunst interessieren. Das Ergebnis sind dann heute noch Leute, die ernsthaft über von Chimpansen "gemalte Bilder" debattieren, oder über "Kunstwerke", die beispielsweise aus einem schwarzen Strich auf weißem Grund bestehen (während der "Künstler" sich womöglich innerlich über ihre Dummheit amüsiert).
Es gibt auch heute noch genügend Menschen, die gute Musik oder gute Literatur zu schätzen wissen. Aber der Massenmarkt ist auf den Durchschnitt ausgerichtet. Weil der Durchschnitt heute einigermaßen solvent ist. DAS ist der wesentliche Unterschied zu früher.
Mit dem Feminismus verhält es sich nun sehr ähnlich. Es hat eigentlich zu allen Zeiten Feministinnen gegeben. Aber es gab keine Massenmedien, die ihre Pamphlete verbreiteten. Und es gab niemanden, der ein Interesse daran hatte, sie für seine Zwecke einzuspannen und der deshalb die Verbreitung ihrer Ideen in den Medien (Zeitungen gab es ja schon im 17./18. Jahrhundert) förderte. Selbst wenn das jemand getan hätte: Diese Medien erreichten damals die Masse der Bevölkerung gar nicht. Da konnten ja viele noch nicht einmal lesen.
Mit der Theorie, daß man früher bessere Werte gehabt hätte als heute, läßt sich das alles jedenfalls nicht erklären. Und es kann auch keine Lösung des Problems sein, den Massen die Kaufkraft wieder zu nehmen (was ja ohnehin bereits geschieht) oder nur eine Minderheit bestimmen zu lassen, was gut und was schlecht ist. Letzteres versuchen ja auch die Feministinnen, und auch in der DDR wurde es so praktiziert - da bestimmte die SED-Führung, was dem Durchschnittsbürger zu gefallen hatte. Das war dann letztendlich auch einer der Gründe für den Untergang der DDR. Die Menschen hatten es satt, dermaßen von einer weltfremden Greisen-Truppe bevormundet zu werden.
Freundliche Grüße
von Garfield
Die Zukunft der Kulturindustrie
susu, Monday, 17.07.2006, 19:53 (vor 6933 Tagen) @ Andreas C.
Die Zukunft des Feminismus muss unter dem Wandel der allgemeinen
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse betrachtet
werden. Dieser Wandel wird im wesentlichen die folgenden, bereits
bestehenden Trends fortsetzen:a) alternde Gesellschaft
b) mehr Armut
c) zunehmende Ghettoisierung der grossen europäischen Städte
d) zunehmende Kriminalität
a stimmt. b jedoch ist falsch. Der Lebensstandard in D ist heute höher als vor 10 Jahren. Zwar steigt die Zahl der Personen, die unter der relativen Armutsgrenze liegen an, die jener, die unter der absoluten Armutsgrenze liegen sinkt jedoch ständig (der Grund, die relative Armutsgrenze bezieht sich auf das Durschnittseinkommen und das steigt). c würde ich auch kritisch sehen, zumal Ghettos eben keine neue Erscheinung sind. Allein die Tatsache, das es aktuell in Europa nichts gibt, was sich z.B. mit dem Warschauer Ghetto vergleichen ließe macht zumindest deutlich, daß wir es hier nicht mit einem stetigen Trend zu tun haben. d ist problematisch, die Kriminalitätsrate schwankt, hat aber in bestimmten Zeiträumen säkuläre Trends gezeigt. Interessant ist, daß diese Trends besonders Rechtsbereiche betreffen, in denen sich die Gesetzeslage geändert hat. Straftaten gegen das Leben nahmen von 1987 bis 2005 ab (von 5,7 zu 4,3 Fällen pro 100.000 Einwohnern), Vergewaltigungen nahmen zu (von 8,6 zu 9,9), aber das Sexualstrafrecht wurde zwischen 87 und 05 mehrfach geändert. Dazu kommt, daß neuartige Technologien, neuartige Verbrechen hervorbringen. Die Computerkriminalität ist z.B. seit den 70ern enorm gestiegen.
Man kann zum Beispiel auf die Französische
Revolution zeigen, die postuliert hat, dass alle Menschen gleich sind und
zur Aufhebung der jahrhundertealten Ständeordnung (Adel, Kirche,
Bauernstand u. Bürger) geführt hat. Diese Sichtweise, dass alle gleich
sind scheint human und gerecht, nur hat sie eben auch Nebenwirkungen.
Diese Sichtweise war keineswegs Ansinnen der Französischen Revolution. Das ist allerdings ein Übersetzungsproblem, da "Égalité" mit "Gleichheit" übersetzt wird. Equality ist auch nicht das gleiche wie sameness. Das Prinzip, das dahinter steht, ist, wie Beelzebub es mal ausdrückte "Gleiches gleich, Ungleiches aber ungleich behandelt werden sollte". Die Amerikanische Declaration of Independence beginnt dementsprechend mit "We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness."
Kurz: Es wird als selbstverständlich angesehen, daß alle Menschen die gleichen Rechte haben sollten. Was eben den Bruch mit der Ständegesellschaft bedeutet, die Menschen aufgrund ihrer Eltern unterschiedliche Rechte einräumte.
Was
ist aus der europäischen Hochkultur des 17. und 18. Jahrhunderts geworden?
Aus Mozart und Haydn? Heute, wo alle gleich sind, ist es eben auch leichter
geworden, den Geschmack der Massen (MTV, Blöd-TV) überall durchzusetzen.
Mozart:
"Er war superstar
Er war populär
Er war so exaltiert
Because er hatte flair
Er war ein virtuose
War ein rockidol" (Falco)
Im Grunde war er der Kübelböck der Wiener Klassik. BTW nach Hitler der zweitbekannteste "Deutsche" in Großbritanien.
Haydn hatte im Zuge der Fußball-WM einen riesen Sommerhit. Zwar mit neuen Lyrics (Wobei "Gott erhalte Franz den Kaiser" bei der WM ja auch gepasst hätte...), dazu noch inspiriert von der Französischen Revolution. Aber dafür kennt das jeder.
Interessant ist deine Meinung da nicht wirklich, berücksichtigt sie doch nicht die Umstände unter denen Musik zur Zeit der Wiener Klassik gemacht wurde: Ein Komponist will gerne was zu essen haben und seine Werke aufgeführt sehen. Das kostet. Und deshalb ist er froh über den Mäzen, dessen Geschmack er bedient "Ach dieser Quartseptakkord im Scherzo, machen´s den doch weg". Sich bei einer kleinen finanziell starken Elite einzuschleimen ist genausowenig progressiv, wie sich bei den Massen einzuschleimen. Neu ist diese Einstellung ebensowenig, die haben Adorno und Horkheimer schon besser ausformuliert - du oller Frankfurter *g*.
Was neu ist, ist das eigentlich jeder selbst Musik produzieren kann, die Wekrzeuge dazu sind extrem preiswert, insbesondere im Vergleich zu Mozarts Zeiten, wo man ein Orchester engagieren muste. Midi-Keyboards gibt´s für 20?, ganz taugliche Software für lau als Freeware (der geilste Limiter den es als VST gibt ist kostenlos, mit dem Teil habe ich Drums, Bässe, Gitarren und Vocals bearbeitet und es klingt super). Für den Preis eines Rechners kannst du ein Studio einrichten, daß semiprofessionellen Ansprüchen genügt. Und dann recht unbeeindruckt von MTV für ein kleines Publikum arbeiten. 90% der Musik die ich konsumiere würde nie auf einem Musik-TV-Sender laufen. Und das gilt offenbar für viele Leute. Die Verkäufe der großen Plattenfirmen sind in Deutschland um über 40% gefallen, VIVA ist gescheitert und wurde von VIACOM geschluckt. Genausowenig wie es einen einheitlichen Lebensentwurf der "Massen" mehr gibt, gibt es auch einen Massengeschmack (jo, Bohlen).
susu
Die Zukunft der Kulturindustrie
Nihilator , Bayern, Monday, 17.07.2006, 23:30 (vor 6933 Tagen) @ susu
Mozart:
"Er war superstar
Er war populär
Er war so exaltiert
Because er hatte flair
Er war ein virtuose
War ein rockidol" (Falco)Im Grunde war er der Kübelböck der Wiener Klassik. BTW nach Hitler der
zweitbekannteste "Deutsche" in Großbritanien.
Ey! Der Vergleich mit Küblböck ist ja wohl unterirdisch. Angebracht wäre evtl. ein Vergleich mit einem mainstreamverweigernden, musikalisch genialen Musiker von heute, aber nicht mit diesem "Superstar".
Und wieso Deutscher in Anführungszeichen? Mozarts Familie stammte aus Augsburg in Schwaben, seine Geburtsstadt Salzburg gehörte zu Bayern und kam erst 14 Jahre nach Mozarts Tod überhaupt erstmalig zu Österreich. Man kann mit aller Berechtigung Mozart als Deutschen bezeichnen. Ganz im Gegensatz zu Herrn Schicklgruber.
Haydn hatte im Zuge der Fußball-WM einen riesen Sommerhit. Zwar mit neuen
Lyrics (Wobei "Gott erhalte Franz den Kaiser" bei der WM ja auch gepasst
hätte...), dazu noch inspiriert von der Französischen Revolution. Aber
dafür kennt das jeder.
Daß unser "Lied der Deutschen" eigentlich ein Lied der Österreicher (besser: Habsburger) ist, wissen vermutlich die wenigsten. Sehr interessant ist, daß im angeblichen Völkergefängnis Donaumonarchie eine Unzahl von Nachdichtungen in den jeweiligen Sprachen des Reiches gab, von Tschechich, Polnisch, Kroatisch und natürlich Ungarisch über Hebräisch, Ruthenisch, Rumänisch bis hin zu Italienisch und Furlanisch: http://de.wikipedia.org/wiki/Österreichische_Kaiserhymnen/Fassungen_in_anderen_Sprachen
Daß der olle Haydn da gekupfert hat, ist wahrscheinlich noch weniger bekannt. Die Melodie der Kaiserhymne geht auf ein kroatisches Volkslied namens "Vjutro rano se ja vstanem" zurück.
Gruß,
nihi
--
CETERUM CENSEO FEMINISMUM ESSE DELENDUM.
MÖSE=BÖSE
Fast ein Jahr lang suchte sie Hilfe bei Psychiatern, dann wandte sie sich Allah zu.
Die Zukunft der Kulturindustrie
susu, Tuesday, 18.07.2006, 02:02 (vor 6933 Tagen) @ Nihilator
Ey! Der Vergleich mit Küblböck ist ja wohl unterirdisch.
Wenn man mal die Protagonisten der Wiener Klassik vergleicht, was ihren Lebensstil angeht, dann ist Mozart derjenige, dem ich am ehesten zugetraut hätte, ohne Führerschein einen Gurkenlaster zu rammen.
Wer Gedichte wie:
"Ich bin heut ausgegangen, Du wußtest nicht warum. -
Ich kann nur so viel sagen, daß es geschah darum,
Um dich mit etwas kleinem ein wenig zu erfreu'n,
Wobei ich weder Kösten, noch Fleiß noch Müh wollt' scheu'n, -
Ich weiß zwar nicht gewieß, ob Du den Punsch magst trinken,
O! Sage doch nicht - Nein, - sonst möcht' das Bindband stinken;
Ich dachte so bei mir, Du liebst die Engeländer,
Denn liebtest du Paris, so gäbe ich Dir Bänder,
Wohlriechende Gewässer, ein künstliches Bouquet,
Du aber, liebste Schwester, Du bist keine Coquette,
Drum nimm aus meiner Hand den guten, kräft'gen Punsch,
Und laß ihn Dir recht schmecken, das ist mein einz'ger Wunsch."
schreibt, und Klaviersoli, die die Betätigung von Tasten mittels der Nase erfordern... Andererseits...
http://www.dani-drives-us-crazy.de/liebe_nation.htm
OK, Mozart ist mehr wie Frank Zappa.
Worauf ich hinauswollte: Er war ein Pop-Musiker. Das zeichnet Morzart im besonderen aus: Er schrieb eben nicht für sich, sondern immer für ein Publikum. Das es am Ende nicht klappte, das hat Michael Jackson auch hinbekommen (und der hat parallel zu Mozart auch ein enormes Einkommen und trotzdem Schulden). Wer unbedingt unpopuläre Hochkultur will, sollte nicht ausgerechnet Mozart als Beispiel wählen, sondern vieleicht eher Schönberg oder gar Varese. Ich mag ja auch Boulez sehr gern.
susu
Die Zukunft der Kulturindustrie
Stadtmensch, Tuesday, 18.07.2006, 04:42 (vor 6933 Tagen) @ susu
bearbeitet von Stadtmensch, Tuesday, 18.07.2006, 04:52
OK, Mozart ist mehr wie Frank Zappa.Worauf ich hinauswollte: Er war ein Pop-Musiker. Das zeichnet Morzart im
besonderen aus: Er schrieb eben nicht für sich, sondern immer für ein
Publikum. Das es am Ende nicht klappte, das hat Michael Jackson auch
hinbekommen (und der hat parallel zu Mozart auch ein enormes Einkommen und
trotzdem Schulden). Wer unbedingt unpopuläre Hochkultur will, sollte nicht
ausgerechnet Mozart als Beispiel wählen, sondern vieleicht eher Schönberg
oder gar Varese. Ich mag ja auch Boulez sehr gern.susu
Oh no Susu,
manchmal haust du wirklich solche schrägen Dinger rein. Zappa's Einfluss ist nach seiner eigenen Aussage u.a. der von dir angegebene Varese. Zappa war immer ein musikalischer Anarchist und Querulant, der - im Gegensatz zum Mäzen-abhängigen Mozart - sich nie hat nehmen lassen, seine Meinung zu politischen Dingen zu verbergen. Er hat auch z.B. seine Tourneen/Plattenfirmen selbst finanziert und seine Musiker selber bezahlt (außer einer kurzen, von ihm selbst bedauerten Phase bei einer Major-Firma, deren Name ich momentan nicht mehr weiß). Nichts mit Unterstützung oder Auftragskompositionen. Falls du wirklich ein Ohr für moderne Klassik hast, sei dir Zappas letzte CD empfohlen mit dem Frankfurter Modern Art Ensemble. Aber Zappa=Mozart ist wirklich Bockmist.
Nach wie vor gibt es auch weder Schulden bei FZ, sondern das respektable "Muffin Research Kitchen"-Label und seine Söhne touren mit Teilen der alten "Mothers of Invention" erfolgreich durch die USA; letztes Jahr in Berlin und Düsseldorf.
Gab's bei Mozart nicht, diese Songs:
"Broken hearts are for assholes"
"Titties and Beer"
"Don't Eat That Yellow Snow"
"I'm The Slime From Your Radio"
und hunderte andere.
Stadtmensch
--
Desire is irrelevant. I am a machine.
Die Zukunft der Kulturindustrie
susu, Tuesday, 18.07.2006, 19:34 (vor 6932 Tagen) @ Stadtmensch
Oh no Susu,
manchmal haust du wirklich solche schrägen Dinger rein. Zappa's Einfluss
ist nach seiner eigenen Aussage u.a. der von dir angegebene Varese.
Richtig. Wobei Varese deutlich weniger Erfolg beim Publikum hatte. Ich bin über Zappas "The real Frank Zappa book" zu Varese gekommen. Und Varese ist ein großer Einfluß, aber weniger auf seine populäreren Werke. Kein Varese-Einfluß in Bobby Brown goes down, aber deutlicher Varese Einfluss in "Prelude to the afternoon by a sexually aroused gasmask" (das war als ich 14 war mein absolutes Lieblingslied).
Zappa
war immer ein musikalischer Anarchist und Querulant, der - im Gegensatz
zum Mäzen-abhängigen Mozart - sich nie hat nehmen lassen, seine Meinung zu
politischen Dingen zu verbergen.
Äh, du meinst "offenszulegen", oder? Mozart hat allerdings auch in seiner Musik Thesen vertreten, die sich mit dem politischen System nicht in Einklang bringen lassen, insbesondere in der Zauberflöte und im Figaro.
Nichts mit
Unterstützung oder Auftragskompositionen. Falls du wirklich ein Ohr für
moderne Klassik hast, sei dir Zappas letzte CD empfohlen mit dem
Frankfurter Modern Art Ensemble. Aber Zappa=Mozart ist wirklich Bockmist.
Ich mag die LSO Aufnahme, auch wenn sie Zappa selbst nicht so toll fand (und das aus dem gleichen Grund: Die notwendige Nachbearbeitung mit Hall). Ich liebe die von Boulez dirigierten Zappa-Stücke. Das man Zappa und Mozart nicht völlig gleichsetzen kann ist mir klar, ich reagierte da auf Nihilators Forderung "Angebracht wäre evtl. ein Vergleich mit einem Mainstreamverweigernden, musikalisch genialen Musiker von heute".
BTW: "Moderne Klassik" ist ein ekeliger Begriff, Klassik ist eine Epochen und Stilbeschreibung, ebenso wie Moderne. Zappa sagte - und den Begriff finde ich ebenfalls angebracht - contemporary orchestral music.
Nach wie vor gibt es auch weder Schulden bei FZ, sondern das respektable
"Muffin Research Kitchen"-Label und seine Söhne touren mit Teilen der
alten "Mothers of Invention" erfolgreich durch die USA; letztes Jahr in
Berlin und Düsseldorf.
Bislang hat es nie hingehauen sie zu sehen. Ich will das allein wegen des "Medleys" mal hören, es soll ja mal eine 4-stündige Version gegeben haben...
Dringend empfohlen seien dir (und allen anderen) übrigens die Solo-Sachen von Belew, der ja nicht nur bei Zappa, sondern auch bei Bowie und King Chrimson spielt(e).
susu (noch Partituren für Triobesetzung mit Fagott, E-Geige und Bariton-Gitarre im Keller habend - aber leider ohne das Geld um sie spielen zu lassen)
Die Zukunft der Kulturindustrie
Garfield, Tuesday, 18.07.2006, 16:56 (vor 6932 Tagen) @ susu
Hallo Susu!
"Der Lebensstandard in D ist heute höher als vor 10 Jahren."
Das kann man so oder so sehen. Es gibt da natürlich wieder eine Vielzahl von unterschiedlichen Berechnungsmöglichkeiten, und ich denke, das Chaos ist durchaus gewollt.
Vor kurzem wurde noch darüber diskutiert, ob die Renten den neuerdings sinkenden Durchschnittseinkommen angepaßt werden sollten, indem man sie entsprechend senkt und nicht nur einfriert. Für 2006 geht man jedenfalls von einem leicht sinkenden Durchschnittseinkommen aus (von 29.569,00 auf 29.304,00 Euro). Wenn man bedenkt, daß die Inflationsrate zwar nicht hoch, aber immerhin wieder bei deutlich über 0 liegen wird, ergibt sich daraus ein noch deutlicheres Absinken der Realeinkommen. 2007 wird das wohl auch kaum anders aussehen - und dann werden allein die satten Steuererhöhungen für einen deutlichen Anstieg der Lebenshaltungskosten sorgen. Das wird sich durch vorgezogene Preiserhöhungen sogar schon in diesem Jahr auswirken.
Somit kann der Lebensstandard gar nicht steigen, und es muß zwangsläufig auch für Berufs-Feministinnen finanziell immer enger werden. Die für 2007 geplanten Steuererhöhungen könnten durchaus nach hinten losgehen, wie die Erhöhung der Tabaksteuer.
"Allein die Tatsache, das es aktuell in Europa nichts gibt, was sich z.B. mit dem Warschauer Ghetto vergleichen ließe macht zumindest deutlich, daß wir es hier nicht mit einem stetigen Trend zu tun haben."
Da bin ich mir nicht so sicher. Mag sein, daß sich bisher solch ein Trend noch nicht statistisch erfassen läßt, aber auf Dauer muß es zwangsläufig so kommen, daß sich Menschen mit geringen Einkommen in bestimmten Vierteln konzentrieren. Es gibt auch bereits das Problem, daß z.B. Türken mit Vorliebe dorthin ziehen, wo bereits viele Türken leben. (Es gibt auch türkische Hausbesitzer, die grundsätzlich nur an Türken vermieten.) Da sich unter Einwanderern aus verschiedenen Gründen besonders viele Menschen mit niedrigen Einkommen befinden, muß allein das schon eine Ghettoisierung bewirken.
"Straftaten gegen das Leben nahmen von 1987 bis 2005 ab..."
Da bin ich mir nicht so sicher. Ich habe mal gehört, daß in Österreich bezogen auf eine bestimmte Einwohnerzahl etwa doppelt soviele Morde registriert werden wie in Deutschland. Das wird allgemein darauf zurück geführt, daß es in Österreich häufiger Autopsien gibt als in Deutschland. So muß man wohl davon ausgehen, daß in Deutschland mehr Morde gar nicht bemerkt werden als in Österreich! Da in den letzten Jahren auch bei der Gerichtsmedizin gespart wurde, ist es durchaus möglich, daß der Rückgang der Mordzahlen in der Statistik nur daraus resultiert.
"Dazu kommt, daß neuartige Technologien, neuartige Verbrechen hervorbringen. Die Computerkriminalität ist z.B. seit den 70ern enorm gestiegen."
Das stimmt natürlich. Manch einer, der früher vielleicht jemanden auf der Straße überfallen und ausgeraubt hätte, versucht jetzt übers Internet, an PIN-Nummern zu kommen oder bei Auktionen Geld für nichts zu kassieren.
"Im Grunde war er der Kübelböck der Wiener Klassik."
So hätte ich es nun nicht ausgedrückt. Aber auch heute ist es ja nicht so, daß alles, was auf MTV oder VIVA läuft, grundsätzlich Müll ist. Umgekehrt produziert auch so mancher, der sich heute an Sinfonien oder Opern versucht, tatsächlich nur Müll und wird dafür manchmal trotzdem gefeiert.
"Sich bei einer kleinen finanziell starken Elite einzuschleimen ist genausowenig progressiv, wie sich bei den Massen einzuschleimen."
Richtig. Aber diese finanziell starke Elite hatte in früheren Zeiten oft auch eine recht gute Bildung und wurde früh mit Musik vertraut gemacht. Das ermöglichte es dieser Elite früher, gute von schlechter Musik zu unterscheiden. Viele Menschen im einfachen Volk bekamen und bekommen diese Erziehung nicht. Auch in der Schule lernt man heute offensichtlich immer weniger dazu. So kennen viele nur das, was eben auf MTV oder VIVA läuft. Alles andere ist verpönt und wird schon grundsätzlich ignoriert. Das macht es den Plattenfirmen leicht, auch eigentlich miserable Musik erfolgreich zu vermarkten.
"90% der Musik die ich konsumiere würde nie auf einem Musik-TV-Sender laufen. Und das gilt offenbar für viele Leute."
Beurteilst du da nicht die Massen zu sehr nach dir selbst? Ich finde es ja toll, seine eigene Musik zu machen und die mit anderen zu tauschen. Aber ich kenne im realen Leben niemanden, der das tut. Ich selbst hätte gar nicht die Zeit dazu, und so geht es wohl vielen. Anderen fehlt einfach das Talent oder das Wissen dafür.
"Die Verkäufe der großen Plattenfirmen sind in Deutschland um über 40%
gefallen..."
Das führe ich vor allem auf die sinkenden Real-Einkommen und zum geringeren Teil auch auf Raub-Kopien zurück. Die Plattenfirmen sehen natürlich nur Raub-Kopien als Ursache - aber die meisten Leute, die illegal kopierte Musik-CDs besitzen, hätten niemals genügend Geld gehabt, um sich die allesamt im Original zu kaufen. Überhaupt wurde ja auch früher schon auf Kassetten kopiert - das ist somit kein neuer Trend. Würde es diese Möglichkeit nicht geben, dann wären die Verkaufszahlen wohl nur geringfügig höher. Als Hauptursache sehe ich eben die sinkenden Real-Einkommen - nur das möchte die Plattenindustrie ja wieder einmal nicht begreifen.
"Genausowenig wie es einen einheitlichen Lebensentwurf der "Massen" mehr gibt, gibt es auch einen Massengeschmack"
Wenn man sich ansieht, welche Musik-CDs in großen Stückzahlen verkauft werden, kann man daraus schon einen Massengeschmack ableiten. Plattenfirmen tun ja auch genau das und richten sich darauf ein. Dieser Massengeschmack wird zwar vor allem durch Jugendliche geprägt, weil die die meisten CDs kaufen. Aber die älteren Menschen waren allesamt auch mal jung und haben dann oft weitgehend den in ihrer Jugendzeit üblichen Massengeschmack beibehalten. Da findet ja auch immer eine gewisse Prägung statt.
Freundliche Grüße
von Garfield
Die Zukunft der Kulturindustrie
susu, Tuesday, 18.07.2006, 21:50 (vor 6932 Tagen) @ Garfield
Hallo Susu!
"Der Lebensstandard in D ist heute höher als vor 10 Jahren."
Das kann man so oder so sehen. Es gibt da natürlich wieder eine Vielzahl
von unterschiedlichen Berechnungsmöglichkeiten, und ich denke, das Chaos
ist durchaus gewollt.
Ich bin kein BWLer und kann dementsprechend nicht kommentieren, aber zumindest die Mehrheit der Berechnungen die ich von internationalen Organisationen (insbesondere der UN und der WHO) kenne, weisen einen positiven Trend aus.
Vor kurzem wurde noch darüber diskutiert, ob die Renten den neuerdings
sinkenden Durchschnittseinkommen angepaßt werden sollten, indem man sie
entsprechend senkt und nicht nur einfriert. Für 2006 geht man jedenfalls
von einem leicht sinkenden Durchschnittseinkommen aus (von 29.569,00 auf
29.304,00 Euro). Wenn man bedenkt, daß die Inflationsrate zwar nicht hoch,
aber immerhin wieder bei deutlich über 0 liegen wird, ergibt sich daraus
ein noch deutlicheres Absinken der Realeinkommen.
Das stimmt. Wobei das Problem ist, daß man zwischen kaufkraft und Lebensstandard unterscheiden muß, in dem man auch die Qualitätsentwicklung der Produkte berücksichtigt. Und das ist sicher problematisch.
2007 wird das wohl auch
kaum anders aussehen - und dann werden allein die satten Steuererhöhungen
für einen deutlichen Anstieg der Lebenshaltungskosten sorgen. Das wird
sich durch vorgezogene Preiserhöhungen sogar schon in diesem Jahr
auswirken.
Stimmt.
Somit kann der Lebensstandard gar nicht steigen, und es muß zwangsläufig
auch für Berufs-Feministinnen finanziell immer enger werden. Die für 2007
geplanten Steuererhöhungen könnten durchaus nach hinten losgehen, wie die
Erhöhung der Tabaksteuer.
Dazu siehe der vorhergehende Einwand. Wenn sich durch Verbesserungen der Technologien, Qualitative Verbesserungen der Produkte, oder eine Niveauverschiebung von Qulitätsmerkmalen des Premium auf den generellen Consumer-Markt ergeben kann der Lebensstandard selbst bei sinkenden Reallöhnen steigen.
"Allein die Tatsache, das es aktuell in Europa nichts gibt, was sich z.B.
mit dem Warschauer Ghetto vergleichen ließe macht zumindest deutlich, daß
wir es hier nicht mit einem stetigen Trend zu tun haben."Da bin ich mir nicht so sicher. Mag sein, daß sich bisher solch ein Trend
noch nicht statistisch erfassen läßt, aber auf Dauer muß es zwangsläufig
so kommen, daß sich Menschen mit geringen Einkommen in bestimmten Vierteln
konzentrieren.
Das ist so, wobei es da durchaus Verschiebungen gibt, weil Städte den entgegenzuwirken versuchen, duch kommunale Bebeauungspläne. Wenn du vor 5 jahren durch Berlin-Wedding gegangen bist, dann sah es da anders aus als heute, wo der Bezirk zu Mitte gehört. Ähnliches passiert in vielen Städten.
Es gibt auch bereits das Problem, daß z.B. Türken mit
Vorliebe dorthin ziehen, wo bereits viele Türken leben. (Es gibt auch
türkische Hausbesitzer, die grundsätzlich nur an Türken vermieten.) Da
sich unter Einwanderern aus verschiedenen Gründen besonders viele Menschen
mit niedrigen Einkommen befinden, muß allein das schon eine Ghettoisierung
bewirken.
Jain. Es ist eine soziale Differenzierung, die aber gerade in der aktuellen Situation keine ethnische ist.
"Straftaten gegen das Leben nahmen von 1987 bis 2005 ab..."
Da bin ich mir nicht so sicher. Ich habe mal gehört, daß in Österreich
bezogen auf eine bestimmte Einwohnerzahl etwa doppelt soviele Morde
registriert werden wie in Deutschland. Das wird allgemein darauf zurück
geführt, daß es in Österreich häufiger Autopsien gibt als in Deutschland.
So muß man wohl davon ausgehen, daß in Deutschland mehr Morde gar nicht
bemerkt werden als in Österreich! Da in den letzten Jahren auch bei der
Gerichtsmedizin gespart wurde, ist es durchaus möglich, daß der Rückgang
der Mordzahlen in der Statistik nur daraus resultiert.
Aber selbst dann würden die Zahlen keinen signifikanten Zuwachs hergeben.
Das stimmt natürlich. Manch einer, der früher vielleicht jemanden auf der
Straße überfallen und ausgeraubt hätte, versucht jetzt übers Internet, an
PIN-Nummern zu kommen oder bei Auktionen Geld für nichts zu kassieren.
Manch einer, der sich einen Raub nicht getraut hätte, ebenfalls. Das sind ja Verbrechen, die ganz unterschiedliche Fähigkeiten erfordern. Und im Bereich der EDV-Vergehen ist gerade auch Wirtschaftsspionage zu nennen, da haben sich durch die Möglichkeiten die Hemmschwellen deutlich gesenkt.
Richtig. Aber diese finanziell starke Elite hatte in früheren Zeiten oft
auch eine recht gute Bildung und wurde früh mit Musik vertraut gemacht.
Das ermöglichte es dieser Elite früher, gute von schlechter Musik zu
unterscheiden.
Die Frage ist, was gute und schlechte Musik ist. Mozart wäre ja nach den Vorgaben, die Bach für seine Musik nutzte grottenschlecht gewesen. Bach war es nach den Regeln, die bis dahin für Sakrale Musik gegolten hatten. Es ist eigentlich unmöglich objektive Kriterien für eine Ästhtik anzuführen.
Viele Menschen im einfachen Volk bekamen und bekommen diese
Erziehung nicht. Auch in der Schule lernt man heute offensichtlich immer
weniger dazu.
Ich habe mich in der Schule wenig für das interessiert, was im Musikuntericht Thema war. Was IMO daran liegt, daß man in der Schule direkt mit Musik konfrontiert wird, zu denen man als Schüler keinen Zugang hat. Im Deutschuntericht der 5. Klasse wird kein Faust gelesen, im Musikuntericht läuft Wagner, oder immer gern genommen: Die Moldau. Und eigentlich hinkt der Vergleich mit dem Deutschuntericht, weil Musik eben nicht "universelle Sprache" ist, sondern eine Fremdsprache. Dazu noch eine hochabstrakte.
So kennen viele nur das, was eben auf MTV oder VIVA läuft.
Alles andere ist verpönt und wird schon grundsätzlich ignoriert. Das macht
es den Plattenfirmen leicht, auch eigentlich miserable Musik erfolgreich zu
vermarkten.
Das ist IMO nicht richtig. Gerade bei Musik läuft ganz viel über den Freundeskreis. Und MTV und VIVA können weniger durchdrücken als es "Das Sommerfest der Volksmusik" kann. Andrea Berg hat 2006 insgesammt 13 goldene und eine Platin-Platte bekommen, das macht 1,6 Millionen verkaufte Alben in diesem Jahr, ein Erfolg, den nur Benjamin Blümchen (2,1 Millionen) und Bibi Blocksberg (1,7 Millionen) überbieten. Die meisten Einheiten auf MTV und VIVA stattfindender Künstler wurden von Coldplay und James Blunt (je 1,2 Millionen) erreicht. Ich werde ja arbeitsbedingt von WDR 4 beschallt, dem Schlagersender des WDRs. Und ich glaube es gibt keinen Sender, der so konsequent einzelne Titel bis zum erbrechen spielen würde. Heavy rotation auf MTV ist nichts dagegen. Wenn man in einem Zeitraum von gut 7 Stunden 40 mal das gleiche Lied der Flippers hört, dann wird man komplett malle. Am Sonntag war ja die CSD-Parade in Köln und meine Splittergruppe hatte das Pech von der Leitung direkt hinter den Wagen von WDR4 gesetzt zu werden. Auf dem Costa Cordalis war. Und Claudia Jung. Und f-ing Marie Luise Nikuta. Und die klingen alle gleich. In einem Scooter-Track sind mehr musikalische Ideen, als im gesammten Schlagersegment der letzten 25 Jahre (und ich bin kein Fan von Kirmestechno).
"90% der Musik die ich konsumiere würde nie auf einem Musik-TV-Sender
laufen. Und das gilt offenbar für viele Leute."Beurteilst du da nicht die Massen zu sehr nach dir selbst? Ich finde es ja
toll, seine eigene Musik zu machen und die mit anderen zu tauschen. Aber
ich kenne im realen Leben niemanden, der das tut. Ich selbst hätte gar
nicht die Zeit dazu, und so geht es wohl vielen. Anderen fehlt einfach das
Talent oder das Wissen dafür.
Es geht da ja nicht um das Produzieren, sondern um das Konsumieren. Und ich unterhalte mich ganz gerne mal mit anderen Leuten über Musik (gerade dann, wenn sich unsere Hörgewohnheiten wenig überschneiden).
"Die Verkäufe der großen Plattenfirmen sind in Deutschland um über 40%
gefallen..."Das führe ich vor allem auf die sinkenden Real-Einkommen und zum
geringeren Teil auch auf Raub-Kopien zurück. Die Plattenfirmen sehen
natürlich nur Raub-Kopien als Ursache - aber die meisten Leute, die
illegal kopierte Musik-CDs besitzen, hätten niemals genügend Geld gehabt,
um sich die allesamt im Original zu kaufen. Überhaupt wurde ja auch früher
schon auf Kassetten kopiert - das ist somit kein neuer Trend. Würde es
diese Möglichkeit nicht geben, dann wären die Verkaufszahlen wohl nur
geringfügig höher. Als Hauptursache sehe ich eben die sinkenden
Real-Einkommen - nur das möchte die Plattenindustrie ja wieder einmal
nicht begreifen.
Ich sehe die Real-Einkommen nicht als Ursache. Sondern die Tatsache, daß sich die Hörvorlieben diversifiziert haben. Wenn du in den 60ern in einer Schulklasse nach Musikvorlieben gefragt hättest, hätten 90% "beat" gesagt. Anfang der Achziger gab es dann ein paar Gruppen, Popper, Punks, etc. Heute würdest du da völlig aberwitzige Kombinationen finden. Ein Schulfreund von mir hatte 3 Lieblingsplatten: "Bat out of Hell" von Meat Loaf, "Daydream Nation" von Sonic Youth und eine Sammlung von Stücken von Chopin. Eine Komilitonin mag Death Metal und Barry White. Die Plattenindustrie hängt aber immer noch der Idee nach, es gäbe stilistische Subkulturen. "Oh, die Leute mögen ... - Last uns alle Künster unter Vertrag nehmen, die genau so klingen und dem ganzen einen Namen geben. NuMetal! BritRock! ElektroClash!" So kann man auch am Markt vorbeiproduzieren.
susu
Die Zukunft der Kulturindustrie
Nihilator , Bayern, Tuesday, 18.07.2006, 22:15 (vor 6932 Tagen) @ susu
Es gibt auch bereits das Problem, daß z.B. Türken mit
Vorliebe dorthin ziehen, wo bereits viele Türken leben. (Es gibt auch
türkische Hausbesitzer, die grundsätzlich nur an Türken vermieten.) Da
sich unter Einwanderern aus verschiedenen Gründen besonders viele
Menschen
mit niedrigen Einkommen befinden, muß allein das schon eine
Ghettoisierung
bewirken.
Jain. Es ist eine soziale Differenzierung, die aber gerade in der
aktuellen Situation keine ethnische ist.
Um das so zu sehen, muß man die Augen aber schon außergewöhnlich fest zukneifen.
Die Türkenviertel, die ich so kenne, sind keineswegs Ghettos sozial Schwacher. Da leben chancenlose Jugendliche neben Ladenbesitzern neben Arbeitern neben gutverdienenden Angestellten, aber eben unter sich. Ethnisch, nicht sozial.
Daß im Schnitt die Sozialstruktur etwas schwächer ist als in einem deutschen Wohngebiet, bezweifle ich nicht. Aber hier wird wieder einmal Korrelation mit Kausalität verwechselt.
Gruß,
nihi
--
CETERUM CENSEO FEMINISMUM ESSE DELENDUM.
MÖSE=BÖSE
Fast ein Jahr lang suchte sie Hilfe bei Psychiatern, dann wandte sie sich Allah zu.
Die Zukunft der Kulturindustrie
Garfield, Wednesday, 19.07.2006, 15:54 (vor 6931 Tagen) @ susu
Hallo Susu!
"Ich bin kein BWLer und kann dementsprechend nicht kommentieren, aber zumindest die Mehrheit der Berechnungen die ich von internationalen Organisationen (insbesondere der UN und der WHO) kenne, weisen einen positiven Trend aus."
Na ja, wenn man auch die Einkommen von Maximal- und Großverdienern hineinreichnet, dann kommt man wohl noch auf gute Gehaltssteigerungen. Das nützt der Masse der Bevölkerung aber nichts. Da Normal- und Gering-Verdiener oft auch in der staatlichen Rente pflichtversichert sind, sind die Zahlen der Rentenkasse wohl interessanter. Und die geht eben für 2006 von einer Einkommens-Senkung aus.
"Das stimmt. Wobei das Problem ist, daß man zwischen Kaufkraft und Lebensstandard unterscheiden muß, in dem man auch die Qualitätsentwicklung der Produkte berücksichtigt. Und das ist sicher problematisch."
Hm, ich glaube, manch einer würde manchmal gern ein qualitativ geringerwertiges Produkt zum niedrigeren Preis kaufen anstatt sich gar kein Produkt leisten zu können. Problematisch ist vor allem, daß es bei manchen Produkten ganz ohne Qualitätssteigerungen oder gar mit Qualitäts- oder Service-Verlusten teilweise massive Preissteigerungen gibt, z.B. bei Treibstoffen, Heizmaterial, Strom, Wasser, Müllabfuhr...
"Es ist eine soziale Differenzierung, die aber gerade in der aktuellen Situation keine ethnische ist."
Ich wohne in einem Viertel, in dem man nur ein paar Straßen weiter nur noch Türken trifft. Wenn das keine ethnische Differenzierung ist... Allerdings ist die ethnische Identität dabei gar nicht der wesentliche Punkt. Die soziale Stellung ist entscheidender. Die Bezeichnung "Ghetto" war wohl auch nur sinngemäß gemeint. Mir fällt ansonsten auch gar kein Wort für eine Gegend ein, in der nur arme Menschen wohnen. Unter "Slum" stellt man sich wackelige Wellblechhütten vor - so schlimm ist es ja glücklicherweise noch nicht.
Ich glaube nicht, daß man mit Bebauungsplänen und ähnlichem viel daran ändern kann. Menschen mit hohen Einkommen wird es nun einmal in Gegenden ziehen, in denen bereits viele Menschen mit hohen Einkommen wohnen. Umgekehrt sind Menschen mit niedrigen Einkommen gezwungen, sich Wohnungen mit niedrigen Mieten zu suchen. Die findet man aber nicht in Neubausiedlungen und auch nicht in teuer sanierten Altbau-Häusern. Und jemand, der ein Haus zum Vermieten baut oder kauft, wird auch darauf achten, daß er sich für ein Haus oder ein Grundstück in einem Viertel entscheidet, das zu seinem gewünschten Klientel paßt.
"Manch einer, der sich einen Raub nicht getraut hätte, ebenfalls. Das sind ja Verbrechen, die ganz unterschiedliche Fähigkeiten erfordern."
Stimmt, wobei EDV-Kriminalität noch nicht einmal unbedingt besondere Fähigkeiten erfordert. Bei ebay irgendetwas anbieten, Vorauszahlung kassieren und dann nichts verschicken kann jeder Depp.
"Die Frage ist, was gute und schlechte Musik ist."
Klar - das ist relativ. Aber wenn du eine gute Bildung auch im musikalischen Bereich bekommst, dann schließt das ja ein, daß du viele Musikrichtungen kennenlernst. Damit hast du mehr Vergleichsmöglichkeiten als jemand, der diese Bildung nicht bekommen hat und dann eben nur das kennt, was er tagtäglich zu hören bekommt.
"Gerade bei Musik läuft ganz viel über den Freundeskreis."
Ja, aber wenn die Freunde auch nur VIVA oder MTV sehen?
"Andrea Berg hat 2006 insgesammt 13 goldene und eine Platin-Platte bekommen, das macht 1,6 Millionen verkaufte Alben in diesem Jahr..."
Das ist mir zwar neu, aber eigentlich wundert es mich nicht. Die Musik, die auf VIVA oder MTV läuft, spricht oft nur Jugendliche an. Andrea Berg dagegen wird auch von Älteren gehört. Die kaufen zwar pro Kopf wahrscheinlich weniger Alben als die Jugendlichen, sind aber dafür in der Überzahl.
Außerdem gibt es in den letzten Jahren einen Trend hin zu deutschen Texten, den auch VIVA und MTV mittragen (Juli, Christina Stürmer usw.). Ich denke, daß Leute wie Andrea Berg davon auch profitieren.
"Ich werde ja arbeitsbedingt von WDR 4 beschallt, dem Schlagersender des WDRs."
Dafür möchte ich dir hiermit mein herzlichstes Beileid ausdrücken...
"Die Plattenindustrie hängt aber immer noch der Idee nach, es gäbe stilistische Subkulturen. "Oh, die Leute mögen ... - Last uns alle Künster unter Vertrag nehmen, die genau so klingen und dem ganzen einen Namen geben. NuMetal! BritRock! ElektroClash!" So kann man auch am Markt vorbeiproduzieren."
Ja, das klingt plausibel. Nachdem Rammstein bekannt wurde, tauchten beispielsweise prompt überall ähnlich klingende Bands auf, die aber meist schnell wieder von der Bildfläche verschwanden. Man versucht immer wieder, Trends zu identifizieren und diesen Trends dann hinterher zu laufen anstatt einfach gute Musiker unter Vertrag zu nehmen und die ihr Ding durchziehen zu lassen. Wenn aber viele Plattenfirmen und Produzenten gleichzeitig einem angeblichen Trend hinterherlaufen, dann führt das natürlich schnell zu einer Sättigung des Marktes.
Freundliche Grüße
von Garfield
Die Zukunft der Kulturindustrie
Andreas C., Tuesday, 18.07.2006, 23:35 (vor 6932 Tagen) @ susu
Ich kann Dir Deine Sichtweise nicht verübeln, wurden wir doch in der Schule unterschwellig dazu angehalten, die Geschichte unter der Prämisse zu betrachten, dass das heute erreichte das "non plus ultra", das Maximum sei.
Dem ist jedoch mitnichten so. Dies ist eine statische Sichtweise der Dinge. Es versteht sich aber, dass unsere Gesellschaft kaum weitere Fortschritte machen wird, genauso wenig wie man vom Alten China vor der Ankunft der Europäer oder vom Alten Rom vor seinem Untergang grosse Sprünge erwarten kommen.
Wir haben heute so viele Gesetze, "social agendas" und politische Absichtserklärungen wie selten zuvor und doch wird immer mehr Leuten bewusst, dass sich das Rad des gesellschaftlichen und technischen Fortschrittes immer langsamer, wenn überhaupt noch spürbar dreht.
Beispiel: Man vergleiche ein mitteleuropäisches Dorf über die Zeit, sagen wir zwischen
a) 1925 u. 1965
b) 1965 u. heute
In welcher Periode erfolgten grössere Fortschritte? Heute wird sehr viel heisse Luft produziert doch Fortschritte lassen auf sich warten. Statt dessen stauen sich immer mehr Probleme auf.
Zur Kriminalität: Wende den Blick einmal nach England. Dort hat Polizei traditionellerweise keine Schusswaffen getragen. Heute ist die Kriminalität so gravierend, dass dies zunehmend als absurd angesehen wird.
Zur Armut: Wieviele Monatslöhne musste man 1965 aufwenden um ein Auto oder eine Wohnung zu kaufen oder um in den Urlaub zu fahren; wie sieht es heute aus? Wieviele Leute/Prozent waren 1965 arbeitslos, wieviele sind es heute?
Wie hoch war die Steuerlast/Krankenversicherungslast/Staatsquote vor 40 Jahren und wie sieht's heute aus?
Zur Ghettoisierung: Das Stadtbild in jeder grösseren mitteleuropäischen Stadt ist heute zunehmend von Immigranten geprägt. Die Segregation nimmt zu, nicht ab!
Ein klares Indiz dafür dass es bergab geht ist die sinkende Bevölkerungszahl und Lebenswartung in Osteuropa!
Gruss
Andreas C.
Die Zukunft der Kulturindustrie
Rainer , Wednesday, 19.07.2006, 01:02 (vor 6932 Tagen) @ Andreas C.
Hallo
Beispiel: Man vergleiche ein mitteleuropäisches Dorf über die Zeit, sagen
wir zwischen
a) 1925 u. 1965
b) 1965 u. heute
Das gilt nicht. Im Zeitraum "a)" hat in mitteleuropa ein Krieg stattgefunden, der Vater aller Dinge.
Rainer
--
Kazet heißt nach GULAG jetzt Guantánamo
Die Zukunft der Kulturindustrie
susu, Wednesday, 19.07.2006, 02:58 (vor 6932 Tagen) @ Andreas C.
Ich kann Dir Deine Sichtweise nicht verübeln, wurden wir doch in der Schule
unterschwellig dazu angehalten, die Geschichte unter der Prämisse zu
betrachten, dass das heute erreichte das "non plus ultra", das Maximum
sei.
Oh ich halte die bestehenden Verhältnisse nicht als das non plus ultra. Aber ich halte es für genausowenig hilfreich in der Geschichte einen stetigen Zerfall zu finden, wie eine stetige Verbesserung. Historischer Materialismus wird nicht besser, wenn er mit negativem Vorzeichen kommt.
Dem ist jedoch mitnichten so. Dies ist eine statische Sichtweise der
Dinge. Es versteht sich aber, dass unsere Gesellschaft kaum weitere
Fortschritte machen wird, genauso wenig wie man vom Alten China vor der
Ankunft der Europäer oder vom Alten Rom vor seinem Untergang grosse
Sprünge erwarten kommen.
Tut es das? Nur wenn man (siehe oben) von einem widerspruchslosen und kontinuierlichen Verlauf der Geschichte ausgeht. Du meinst China in welcher Phase? Rom in welcher Phase?
Wir haben heute so viele Gesetze, "social agendas" und politische
Absichtserklärungen wie selten zuvor und doch wird immer mehr Leuten
bewusst, dass sich das Rad des gesellschaftlichen und technischen
Fortschrittes immer langsamer, wenn überhaupt noch spürbar dreht.
Des technischen? Ich sag mal so: Nö. Gerade im Technischen Bereich tut sich einiges.
Beispiel: Man vergleiche ein mitteleuropäisches Dorf über die Zeit, sagen
wir zwischen
a) 1925 u. 1965
b) 1965 u. heuteIn welcher Periode erfolgten grössere Fortschritte?
Was sind Fortschritte? In Periode b kam der Computer, das Internet und das Handy. In einem mir bekannten Dorf im Sauerland kam 1987 die Elektrizität. Ein paar Dörfer, die vormals von der Deutsch-Deutschen Grenze durchschnitten wurden erlebten den abbau von Selbstschußanlagen (das ist ein Fortschritt). Die Frage ob diese Fortschritte größer waren, als die in den 40 Jahren davor ist müßig. Man kann auch die Position einnehmen, seit dem Rad sei nichts weltbewegendes Mehr passiert.
Zur Kriminalität: Wende den Blick einmal nach England. Dort hat Polizei
traditionellerweise keine Schusswaffen getragen. Heute ist die
Kriminalität so gravierend, dass dies zunehmend als absurd angesehen
wird.
Das ist... neu?
Zur Armut: Wieviele Monatslöhne musste man 1965 aufwenden um ein Auto oder
eine Wohnung zu kaufen oder um in den Urlaub zu fahren; wie sieht es heute
aus? Wieviele Leute/Prozent waren 1965 arbeitslos, wieviele sind es
heute?
Auto
55: VW Käfer: ca 3500DM
Monatlohn (Fachkraft): ca. 500DM
macht: 7 Monatslöhne
06: Citroen C4 9.740?
Monatslohn (Fachkraft): ca. 2000?
macht: 5 Monatslöhne
Arbeitslosigkeit, na da war 1965 mit 0,7% auf dem historischen Tiefstand der BRD. Aber: 1932 war sie z.B. mal 35%.
Eigentumswohnungen kann ich nicht beurteilen, dazu finde ich keine Daten. Beim Urlaub ist die Frage "Wohin" relevant.
Wie hoch war die Steuerlast/Krankenversicherungslast/Staatsquote vor 40
Jahren und wie sieht's heute aus?
Die Staatsquote ist von 37,1% auf 46,9% gestiegen (1965 bis 2004). Die 9,8% Differenz besteht zu 9,5% aus gestiegenen Anteilen an den Sozialversicherungen und nur zu 0,3% aus gestiegenen Ausgaben des Staates selbst! Im Jahr 2000 lag der nicht aus Sozialabgaben bestehende Teil der Staatsquote unter dem Wert von 65...
BTW: Wenn die nicht in Sozialleistungen bestehende Staatsquote seit 65 fast unverändert ist, dann muß die Steuerlast gesunken sein, weil sonst keine stärkere Verschuldung notwendig wäre.
Und BTW 2: Überleg dir mal, wie hoch die Staatsquote 65 im gesammten jetzigen Bundesgebiet war...
Zur Ghettoisierung: Das Stadtbild in jeder grösseren mitteleuropäischen
Stadt ist heute zunehmend von Immigranten geprägt. Die Segregation nimmt
zu, nicht ab!
Beides stimmt, die Segregation nimmt in Bestimmten Bereichen zu, in anderen ab. Das ist ein großes Thema, das sich einfachen Aussagen entzieht.
susu
Die Zukunft der Kulturindustrie
Andreas C., Wednesday, 19.07.2006, 11:52 (vor 6931 Tagen) @ susu
Oh ich halte die bestehenden Verhältnisse nicht als das non plus ultra.
Aber ich halte es für genausowenig hilfreich in der Geschichte einen
stetigen Zerfall zu finden, wie eine stetige Verbesserung. Historischer
Materialismus wird nicht besser, wenn er mit negativem Vorzeichen kommt.
Ich habe in meinem Ursprungsbeitrag deutlich gemacht, dass ich von ein Wachstums- und Zerfallsprozess ausgehe. Dass die zunehmende Dysfuntionalität gesellschaftlicher Institutionen un Abläufe direkt mit dem früheren Erfolg zu tun hat. Somit ist es nicht zulässig, mir zu unterstellen, ich würde von einem "stetigen" Zerfall reden.>
Dem ist jedoch mitnichten so. Dies ist eine statische Sichtweise der
Dinge. Es versteht sich aber, dass unsere Gesellschaft kaum
weitere
Fortschritte machen wird, genauso wenig wie man vom Alten China vor der
Ankunft der Europäer oder vom Alten Rom vor seinem Untergang grosse
Sprünge erwarten kommen.
Tut es das? Nur wenn man (siehe oben) von einem widerspruchslosen und
kontinuierlichen Verlauf der Geschichte ausgeht. Du meinst China in
welcher Phase? Rom in welcher Phase?
Auf die Schnelle kann ich keine genauen Zahlen nennen, ich habe Referenzpunkte genannt. Es dürfte klar sein worum es mir geht: Jede Zivilisation erreicht irgendwann einen Gipfelpunkt in ihrer Entwicklung. Zumindest war dies bis jetzt immer der Fall, was die Annahme nahelegt, dass dieses Gesetz auch für die europäische Zivilisation gilt. Und jetzt bitte keine Dr. Phil Wortklaubereien um den Begriff Zivilisation.
Wir haben heute so viele Gesetze, "social agendas" und politische
Absichtserklärungen wie selten zuvor und doch wird immer mehr Leuten
bewusst, dass sich das Rad des gesellschaftlichen und technischen
Fortschrittes immer langsamer, wenn überhaupt noch spürbar dreht.
Des technischen? Ich sag mal so: Nö. Gerade im Technischen Bereich tut
sich einiges.
Es wird weiter geforscht und entickelt, doch die Innovationen sind zunehmend oberflächlich anstatt mit der Tiefen- und Breitenwirkung, mit welcher sie, sagen wir zwischen 1850 und 1950 daher kamen. 1969 dachte man, heute würde man auf dem Mars stehen? Heute serbelt die alternde Space Shuttle Flotte der Amerikaner langsam dahin, von der russischen Weltraumfahrt wollen wir gar nicht erst sprechen. Was ist mit der Ausbeutung der gewaltigen Ressourcen in den Ozeanen passiert, von der einst die Rede war? Eine Ursache ist der zunehmende gesellschaftliche Widerstand gegen die grossflächige Einführung bestimmter Technologien, was sich etwa am Beispiel der Kernkraft sehr deutlich gezeigt hat. Es wird sich zeigen, ob die heutigen Entwicklungen im Bereich der Robotik sich in den kommenden Jahrzehnten bei uns voll durchsetzen werden. Angesichts dessen, dass immer mehr westliche Staaten dem Bankrott näher rücken, bleiben für mich da gewisse Fragezeichen.
Zur Kriminalität: Wende den Blick einmal nach England. Dort hat Polizei
traditionellerweise keine Schusswaffen getragen. Heute ist die
Kriminalität so gravierend, dass dies zunehmend als absurd angesehen
wird.
Das ist... neu?
Nun, es ist soviel ich weiss ein zunehmendes Problem seit den 80er Jahren und über längere Zeiträume hinweg ist die Verschlechterung sehr deutlich zu sehen. Es ist mir nicht bekannt, dass in den 60er Jahren so viele Schusswaffendelikte vorkamen wie heute und die Gefängnisse derart überfüllt waren. Wenn wir von der Blütezeit des Britischen Empire reden und, sagen wir, 1880 als Referenzpunkt nehmen, dann ist es sonnenklar, dass eine Verschlechterung statt gefunden hat.
Dasselbe kann man für die USA zeigen, wo die Kriminalität, gerade in den südlichen Gebieten, wo auch die Immigration völlig ausser Kontrolle geraten ist, einen explosionsartig angestiegen ist.
Zur Armut: Wieviele Monatslöhne musste man 1965 aufwenden um ein Auto
oder
eine Wohnung zu kaufen oder um in den Urlaub zu fahren; wie sieht es
heute
aus? Wieviele Leute/Prozent waren 1965 arbeitslos, wieviele sind es
heute?
Auto55: VW Käfer: ca 3500DM
Monatlohn (Fachkraft): ca. 500DM
macht: 7 Monatslöhne
06: Citroen C4 9.740?
Monatslohn (Fachkraft): ca. 2000?
macht: 5 MonatslöhneArbeitslosigkeit, na da war 1965 mit 0,7% auf dem historischen Tiefstand
der BRD. Aber: 1932 war sie z.B. mal 35%.
War das ein Verschreiber (55)? Natürlich betrug die Arbeitslosigkeit 1932 35%, aber das war im Kielwasser einer schweren Weltwirtschaftskrise und eines Weltkrieges. Das ändert nichts daran, dass sie seit 4 Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen ist - fast überall im Westen und egal welche politischen Kräfte am Ruder sassen. Für die angelsächsische Welt mag die Aussage weniger offenkundig sein, dafür besteht dort wie gesagt ein erhebliches Problem mit Kriminalität und Verschuldung.
Eigentumswohnungen kann ich nicht beurteilen, dazu finde ich keine Daten.
Beim Urlaub ist die Frage "Wohin" relevant.
Wie hoch war die Steuerlast/Krankenversicherungslast/Staatsquote vor 40
Jahren und wie sieht's heute aus?
Die Staatsquote ist von 37,1% auf 46,9% gestiegen (1965 bis 2004). Die
9,8% Differenz besteht zu 9,5% aus gestiegenen Anteilen an den
Sozialversicherungen und nur zu 0,3% aus gestiegenen Ausgaben des Staates
selbst! Im Jahr 2000 lag der nicht aus Sozialabgaben bestehende Teil der
Staatsquote unter dem Wert von 65...
BTW: Wenn die nicht in Sozialleistungen bestehende Staatsquote seit 65
fast unverändert ist, dann muß die Steuerlast gesunken sein, weil sonst
keine stärkere Verschuldung notwendig wäre.
Und BTW 2: Überleg dir mal, wie hoch die Staatsquote 65 im gesammten
jetzigen Bundesgebiet war...
Man kann es drehen und wenden wie man will: Es gehen immer mehr Mittel durch zentrale bürokratische Apparate (ob das nun im Einzelnen Krankenversicherungen oder Steuern sind, ist für mich nicht wichtig), dem einzelnen bleibt immer weniger zur freien Verfügung. Immer mehr bleibt im Rachen der trotz aller Bemühungen (von Reagan und Thatcher, z. B.) im Rachen einer stetig anwachsenden (unproduktiven) staatlichen und halbstaatlichen Bürokratie hängen.
Zur Ghettoisierung: Das Stadtbild in jeder grösseren mitteleuropäischen
Stadt ist heute zunehmend von Immigranten geprägt. Die Segregation
nimmt
zu, nicht ab!
Beides stimmt, die Segregation nimmt in Bestimmten Bereichen zu, in
anderen ab. Das ist ein großes Thema, das sich einfachen Aussagen
entzieht.
Nein, es passt ins Gesamtbild:
- Wirtschaft: Bahnbrechende technische Innovationen und die Schöpfung von wirklichem Mehrwert bleiben aus, die Belastungen infolge ineffizienter Allokation der Mittel nehmen zu.
- Politik: Die Kontrolle der Staaten über ihre Bevölkerung nimmt trotz grösserer technischer Mittel ab (siehe z. B. mexikanische Immigration USA)
- Gesellschaft: Der Wandel von gesellschaftlichen Normen ist umgeschlagen in einen regelrechten Zerfall jeglicher Werte und Moral.
Der Niedergang auf allen Ebenen und in jedem Lebensbereich ist, wenn man längere Zeiträume betrachtet und das Beispiel vergangener Gesellschaften beizieht, deutlich als solcher zu erkennen. Bis jetzt war der Niedergang vor allem ein relativer, im Vergleich zu anderen Zivilisationen/Kulturkreisen und nur in einzelnen Bereichen (Kultur, Ästhetik, Mozartbeispiel) ist er bereits absolut. Doch der Prozess schreitet fort und schlussendlich wird der Verfall überall und mit sehr drastischen Folgen für die unmittelbare und materielle Lebenswelt manifest werden.
Gruss
Andreas C.
Die Zukunft der Kulturindustrie
susu, Thursday, 20.07.2006, 03:44 (vor 6931 Tagen) @ Andreas C.
Ich habe in meinem Ursprungsbeitrag deutlich gemacht, dass ich von ein
Wachstums- und Zerfallsprozess ausgehe. Dass die zunehmende
Dysfuntionalität gesellschaftlicher Institutionen un Abläufe direkt mit
dem früheren Erfolg zu tun hat. Somit ist es nicht zulässig, mir zu
unterstellen, ich würde von einem "stetigen" Zerfall reden.>
Ok.
Auf die Schnelle kann ich keine genauen Zahlen nennen, ich habe
Referenzpunkte genannt. Es dürfte klar sein worum es mir geht: Jede
Zivilisation erreicht irgendwann einen Gipfelpunkt in ihrer Entwicklung.
Zumindest war dies bis jetzt immer der Fall, was die Annahme nahelegt,
dass dieses Gesetz auch für die europäische Zivilisation gilt. Und jetzt
bitte keine Dr. Phil Wortklaubereien um den Begriff Zivilisation.
Nein, dafür die Frage: jede Kultur von der man in der Vergangenheit sprechen kann, hatte ein Ende. Wenn wir den Entwicklungsstand einer Kultur als Zahl angeben, wäre ihre nicht Existenz 0. Und jede Kultur hätte irgendwann einen Maximalen Wert erreicht. Das ist ein Truismus: Jede Zivilisation hat allein schon wegen mathematischer Zwänge einen Gipfelpunkt. Das wird auch für jede Kultur gelten, die ein Ende findet. Analog dazu sind z.B. die Börsenwerte von Unternhemen: jede Aktie hatte irgendwann ihren Höchststand. Solange ein Unternhemen nicht in den Konkurs geht, kann niemand sicher sagen, ob der bisherige Höchstwert ewig halten wird. Dannach schon.
Es wird weiter geforscht und entickelt, doch die Innovationen sind
zunehmend oberflächlich anstatt mit der Tiefen- und Breitenwirkung, mit
welcher sie, sagen wir zwischen 1850 und 1950 daher kamen. 1969 dachte
man, heute würde man auf dem Mars stehen? Heute serbelt die alternde Space
Shuttle Flotte der Amerikaner langsam dahin, von der russischen
Weltraumfahrt wollen wir gar nicht erst sprechen. Was ist mit der
Ausbeutung der gewaltigen Ressourcen in den Ozeanen passiert, von der
einst die Rede war?
Was ist mit der ISS? Wenn ich mir die Zukunftsvisionen, die die Menschen im 19. Jh. von den 1960ern hatten ansehe, dann blieben die 60er in vielen Punkten deutlich dahinter zurück. Und das gilt für jede Zeit in positiver und negativer Art. 640k of memory should be enough for anybody...
Eine Ursache ist der zunehmende gesellschaftliche
Widerstand gegen die grossflächige Einführung bestimmter Technologien, was
sich etwa am Beispiel der Kernkraft sehr deutlich gezeigt hat. Es wird sich
zeigen, ob die heutigen Entwicklungen im Bereich der Robotik sich in den
kommenden Jahrzehnten bei uns voll durchsetzen werden. Angesichts dessen,
dass immer mehr westliche Staaten dem Bankrott näher rücken, bleiben für
mich da gewisse Fragezeichen.
Bei der Einführung der Kernkraft gab es sehr wenig Widerstand. Vor allem wiel die Risiken unterschätzt wurden und sich fast niemand Gedanken über die Entsorgung der Kernbrennstoffe gemacht hatte.
Die Robotik ist ein Feld, von dem ich mir weitaus weniger erwarte als du anscheinend. Ich sehe uns gerade auf dem Weg in Richtung wirtschaftlicher Neutzung der Kernfusion. Und das ist ein Fortschritt der unser Leben deutlich verändern wird.
Nun, es ist soviel ich weiss ein zunehmendes Problem seit den 80er
Jahren und über längere Zeiträume hinweg ist die Verschlechterung sehr
deutlich zu sehen. Es ist mir nicht bekannt, dass in den 60er Jahren so
viele Schusswaffendelikte vorkamen wie heute und die Gefängnisse derart
überfüllt waren. Wenn wir von der Blütezeit des Britischen Empire reden
und, sagen wir, 1880 als Referenzpunkt nehmen, dann ist es sonnenklar,
dass eine Verschlechterung statt gefunden hat.
Dasselbe kann man für die USA zeigen, wo die Kriminalität, gerade in den
südlichen Gebieten, wo auch die Immigration völlig ausser Kontrolle
geraten ist, einen explosionsartig angestiegen ist.
Die Kriminalitätsrate in den USA ist unter Clinton deutlich gesunken, insbesondere die Schußwaffenkriminalität.
War das ein Verschreiber (55)?
Nein. Ich fand nur keine Quelle für Autopreise und Löhne 1965.
Natürlich betrug die Arbeitslosigkeit
1932 35%, aber das war im Kielwasser einer schweren Weltwirtschaftskrise
und eines Weltkrieges. Das ändert nichts daran, dass sie seit 4
Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen ist - fast überall im Westen und
egal welche politischen Kräfte am Ruder sassen. Für die angelsächsische
Welt mag die Aussage weniger offenkundig sein, dafür besteht dort wie
gesagt ein erhebliches Problem mit Kriminalität und Verschuldung.
Wobei sich da nicht zu jeder Zeit die Ursachen decken. Automatisierung war ein Grund für die steigende Arbeitslosigkeit in den 70ern, die Verlagerung der Produktion in Länder mit niedrigerem Lohn, ist in der Masse ein neueres Phänomen.
Man kann es drehen und wenden wie man will: Es gehen immer mehr Mittel
durch zentrale bürokratische Apparate (ob das nun im Einzelnen
Krankenversicherungen oder Steuern sind, ist für mich nicht wichtig), dem
einzelnen bleibt immer weniger zur freien Verfügung. Immer mehr bleibt im
Rachen der trotz aller Bemühungen (von Reagan und Thatcher, z. B.) im
Rachen einer stetig anwachsenden (unproduktiven) staatlichen und
halbstaatlichen Bürokratie hängen.
Zum einen besteht ein deutlicher Unterschied zwischen Sozialsystemen und dem Staat (insbesondere in der Form in der sie Leistungen erbringen). Die Staatsquote stieg in den USA unter Reagan auf ihren historischen Höchststand, wobei er sie nicht durch Steuern, sondern durch höhere Verschuldung finanzierte. Erst unter G.W.Bush stieg sie wieder darüber hinaus (und der schafft gerade den letzten Rest Sozialstaat ab, obwohl das social security System der USA fast schon durch die Zinsgewinne der eigenen Finanzrücklagen finanzierbar ist).
susu