Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Feminismuskritik in US-Serien

Paul, Saturday, 22.07.2006, 16:07 (vor 6928 Tagen)

Mal ein neues Thema:

Hier wurde sich ja schon oft darüber beklagt, daß auch deutsche Fernsehserien feministisch "verseucht" sind. Sprich: Es gibt nur typisch Frau=Opfer/Mann=Täter Schemata, dazu stereotype "starke Frauen" als Kommissarinnen usw. Da auch die Unterhaltungsmedien letztendlich ein Spiegel der Gesellschaft sind, sollte dies auch nicht verwundern.

Man sagt ja, die USA seien uns in gesellschaftlichen Entwicklungen - speziell was die der Massenmedien betrifft - immer um einige Jahre voraus. Umso bemerkenswerter ist es, daß es, speziell in jüngerer Zeit, mehr und mehr US-Serien gibt, die ausgesprochen feminismuskritische Töne anklingen lassen. Am deutlichsten meiner Beobachtung nach in den Serien "Law & Order" und seinen Spin-Offs "Law & Order: New York" und "Criminal Intent" - alle drei übrigens vom selben Autor, Dick Wolf. Aber auch "CSI" und seine Spin-Offs gehen verstärkt in diese Richtung.

Eine kleiner Auszug aus einigen Episoden dieser Serien, die in letzter Zeit im deutschen Fernsehen liefen. Alles aus dem Gedächtnis, wer Lust hat kann aber im jeweiligen Episode Guide nachschauen :-)

Law & Order: New York: Eine Frau wird als Serienmörderin überführt. In der Staatsanwaltschaft entbrennt ein Streit, ob man die Todesstrafe fordern soll. Eine der Staatsanwältinnen ist strikt dagegen, die andere meint dagegen sinngemäß: "Wäre der Täter ein Mann, würden sie keine Sekunde zögern, die Todesstrafe zu fordern. Nur weil es eine Frau ist soll sie Sonderrechte haben? Läge ihnen an wirklicher Gleichberechtigung, müssten auch Feministinnen hier die Todesstrafe fordern."

Law & Order: Ein minderjähriges (10 Jahre) Mädchen erschlägt einen Jungen mit einem Stein. Wie sich bei der psychologischen Untersuchung herausstellt, ist sie in hohem Grade soziopathisch. Zitat: "Sie ist das Idealtypus eines Serienkillers. Wir haben sie nur sehr früh erwischt." Weiterhin stellt sich heraus, daß die Fehlentwicklung in Zusammenhang mit dem groben Fehlverhalten der (alleinerziehenden) Mutter steht. Der Staatsanwaltschaft fordert die Zwangseinweisung in eine psychatrische Anstalt. Die Richterin entscheidet dagegen. Die Folge schliesst mit einer Szene, in der das Mädchen auf dem Gerichtsflur einem kleinen Jungen gegenüber steht. Er lächelt, sie hat nur einen kalten, leeren Gesichtsaudruck.

Criminal Intent: Ein Uni-Professor wird ermordet. Einer der Studenten wird als Mörder überführt. Wie sich dann aber herausstellt, wurde er von einer Professorin (die Interesse an ihm heuchelte) dazu angestiftet, damit deren lesbische Freundin - ebenfalls eine Professorin an dieser Uni - bessere Aussichten auf einen Posten als Vorsitzende(?) hat, den sowohl diese als auch der Ermordete anstrebten. Während der Charakterexposition sehen wir übrigens die beiden Professorinnen auf dem Uni-Flur, wie sie typisches Feminismus-Geschwätz von sich geben (Thema natürlich die Benachteiligung von Frauen in der Kollegschaft).

CSI: Ein weiblicher Teenager gerät durch eine Verwechslung an eine ansehnliche Menge Drogen. Sie beschliesst mit diesen zu dealen, damit sie ihre ziemlich maßlosen Konsumansprüche befriedigen kann und sie dazu nicht mehr in der Lage war, seit ihr Vater ihr nicht mehr den monatlichen Zigtausend-Dollar-Scheck (es handelt sich um die Upper Class) zukommen lässt. Dabei ist ist ihr bewusst, daß der ursprüngliche Besitzer der Drogen bei einem Freund von ihr danach suchen wird. Sie warnt ihn nicht einmal und nimmt in Kauf, daß er ermordet wird (was auch passiert).

Soweit mal ein kurzer Auszug. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Dies ist nicht repräsentativ für alle Folgen. Natürlich gibt es auch welche, die eher vertrauten Schemata folgen. Trotzdem scheint es so zu sein, daß es in diversen US-Fernsehserien immer weniger pro- dafür umso mehr antifeministische, feminismuskritiksche Töne gibt. Stellt sich nun die Frage, wann dieser Trend auch die deutsche TV-Landschaft erreicht. Dazu muss man allerdings auch wissen, daß speziell die US-Krimiserien heutzutage mit deutlich höheren Budgets und auch höherem Qualitätsanspruch produziert werden, als das, was man hierzulande fabriziert. Trotzdem könnte dieser Trend früher oder später bei uns ankommen.

Man darf gespannt sein.

Gruss,
Paul

Feminismuskritik in US-Serien

Toxido, Saturday, 22.07.2006, 16:51 (vor 6928 Tagen) @ Paul

Vielen Dank, das war sehr interessant.

Im Grunde bekommen damit die Feminisitinnen nur ihre eigenen Waffen auf sich selbst gerichtet. Ich habe irgendwann irgendwo mal in einem Erfolgreiche-Feministinnen-der-ersten-Stunde-Portrait gelesen, dass eine Seriendrehbuchautorin bei Gelegenheit immer ein paar Dialogzeilen für "die Sache" eingeschmuggelt hat. Die Popkultur wurde - und wird - als Waffe angesehen.

Feminismuskritik in US-Serien

......., Saturday, 22.07.2006, 17:24 (vor 6928 Tagen) @ Paul

Ich fand sehr gut bei den Simpsons: Lisa findet das es toll ist das Männer nicht mehr Wissenschaften studieren dürfen und muss sich zwischen "femistry" oder "galgebra" entscheiden. Echt ein Hammer!


http://www.mathsci.appstate.edu/~sjg/simpsonsmath/sumsdesc.html

Die ganze Folge ist übrigens ein Wahnsinn!


.......

Feminismuskritik in US-Serien

Simpson Fan, Sunday, 23.07.2006, 00:08 (vor 6927 Tagen) @ .......

Ich fand sehr gut bei den Simpsons: Lisa findet das es toll ist das Männer
nicht mehr Wissenschaften studieren dürfen und muss sich zwischen
"femistry" oder "galgebra" entscheiden. Echt ein Hammer!


http://www.mathsci.appstate.edu/~sjg/simpsonsmath/sumsdesc.html

Die ganze Folge ist übrigens ein Wahnsinn!


.......

Ja, bei den Simpson steckt mehr drin, als man glaubt ;-)

So zum Beispiel die Folge, in der Millhouse van Houtens Eltern sich scheiden lassen, er bei seiner geschiedenen Mutter lebt und Verhaltensstörungen aufzeigt (fährt mit einem Elektroauto Vasen und Möbel um). Der Vater lebt verhärmt und heruntergekommen in einem Männerwohnheim, während Mutter van Houten mit einem der Schauspieler (Wolfcastle?) ein Techtelmechtel anfängt.

http://springfield-shopper.de/php/epiguide/epiguide.php?show=4F04

[image]

Feminismuskritik in US-Serien

Scipio Africanus, St.Gallen, Saturday, 22.07.2006, 18:01 (vor 6928 Tagen) @ Paul

Trotzdem könnte
dieser Trend früher oder später bei uns ankommen.

Man darf gespannt sein.

Gruss,
Paul

Hallo Paul

Ich weiss nicht, ob dieser Trend so nach Europa hinüberschwappt. Ich sehe einen gewichtigen Unterschied zwischen Europa und den USA, was antifeministische Strömungen betrifft.

In den USA ist gelebte Religiösität nach wie vor eine gesellschaftspolitische Kraft, die von ihrer Wurzel her antifeministisch sein muss, da in der christlichen Tradition die Familie der Kern der Gesellschaft sein muss, und die Ehe im Prinzip immer noch als "Bund bis das der Tod uns scheidet" geschlossen wird ( zumindest besteht dieser Anspruch nach wie vor ). Diese gesellschaftliche Kraft existiert in Deutschland nicht annähernd in dem Masse wie in den USA, stelle ich mal fest, ohne diesen Umstand zu werten.

Gruss Scipio

Feminismuskritik in US-Serien

Krischan der Echte, Saturday, 22.07.2006, 20:07 (vor 6928 Tagen) @ Paul

Ich kann mich daran erinnern, daß in einer "Tatort"-Sendung das väterfeindliche Scheidungs- und Unterhaltsrecht zum Thema gemacht wurde. Es könnte optimistisch wohl als ein Silberstreif am Horizont gewertet werden.

Krischan

--
Der Feminismus rennt froh und munter
Schritt für Schritt die Schißgass' runter
Erst Schwarzer, dann die Zypris, dann die Roth
Versenken wir das lila Boot

Feminismuskritik in US-Serien

Nurmalebenso, Sunday, 23.07.2006, 00:08 (vor 6927 Tagen) @ Paul

[...] Man darf gespannt sein.


Leider ja, aber m.E. im negativen Sinne. Schau Dir zum Vergleich mal einige Serien des Kinderprogramms auf "Nickelodeon" an. Bass erstaunt war ich, als ein Vorspan nur aus Szenen bestand, in denen junge Frauen ihren Freunden/ Männern Ohrfeigen verpassten, dazu trällerte im Hintergrund lustige Musik. Auch die Helden der Zeichentrickserien sind fast nur noch weiblich, Jungen von der "Klugheit" der Mädchen abhängig...

Bei Deiner Beobachtung wird es sich wohl leider nur um ein Strohfeuer handeln.

*Kinderfernsehgeschädigt*

Gruß, Numes

Eine Szene aus "Tatort"

Beelzebub, Monday, 24.07.2006, 23:01 (vor 6925 Tagen) @ Paul

In diesem Zusammenhang sollte eine Szene aus einem "Tatort" nicht unerwähnt bleiben. Es ist die "Tatort"-Sendung, in der Axel Milberg als Kieler Kommissar Borowski sein Debut gab.

In dieser Folge sucht die bei der Ex-Frau des Kommissars lebende Tochter bei ihrem nicht sorgeberechtigten Vater Zuflucht, weil sie unter keinen Umständen mit der Mutter und deren neuen Freund in Urlaub fahren will. Die Mutter erwirkt umgehend den in solchen Fällen üblichen Gerichtsbeschluss, in dessen Folge ein paar Kollegen in der Wohnung des Kommissars erscheinen, um nach der Tochter zu suchen und sie gegebenenfalls der Mutter "zuzuführen". Die Kollegen sehen sich in allen Zimmern der Wohnung um, gucken überall hin, nur nicht dorthin, wo sie Tochter gerade ist. Schließlich sagt der eine:"Ich habe sie in der ganzen Wohnung nirgendwo gesehen." "Wir auch nicht" sagen die anderen, woraufhin alle die Wohnung verlassen und die Tochter bleibt, wo sie ist.

In einer Rezension der Berliner Morgenpost vom 30.11.2003 liest sich das dann so:

"Und so ganz nebenbei erleben wir auch ein Ehedrama mit, lernen, dass es Polizisten zum Schutz ihres Kollegen vor den Nachstellungen hysterischer Ex-Ehefrauen mit Wohnungsdurchsuchungen nicht so ernst nehmen, und haben am Schluss eine ganze Menge Sympathie für den Unkonventionellen aus dem Norden."

Immerhin so was wie ein Silberstreifen am Horizont - und wie schon die alten Chinesen wußten: auch die längste Reise beginnt mit einem einzigen Schritt.

DaPis & DiMsaas

Beelzebub

--
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Ich denke, also bin ich kein Christ. (K. Deschner)

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