Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

an Conny

carlos, Sunday, 23.07.2006, 17:12 (vor 6953 Tagen)

Servus, Conny!

Ich antworte dir hier oben einmal sehr ausführlich mit einem neuerlichen Faden, weil meine Antwort weiter unten sonst wieder gleich ins Archiv durchrutschen würde.

?Das geht bei Jet-Set schon sehr lange gut und da sagt auch niemand was, obwohl alle für deren Zins Arbeiten. Wenn mans genau nimmt arbeitest du länger für den Zins anderer als für Alg 2 jener Empfänger. Falls zu zu Miete wohnst: 70 % Deiner Miete sind nur Zins. Laß uns den Zins abschaffen und die Konjunktur zieht auch an. Über deine Steuern werden außerdem die 60 Milliarden Euro ans Zins für die Verschuldung von uns, wofür ich gleich gar nichts kann bezahlt. D.h.: Sicher mehr als eine halben Montat arbeitest Du nur für den Zins anderer.?

Alles ist Zins, und Zinsen sind im Grunde alles; Zinsen bewegen die Welt; Zinsen sind Früchte und Lohn/Belohnung für deine geleistete Arbeit. Menschen, die dir nahe stehen, leihst du Geld auch ohne Zinsen dafür zu fordern, oder du schenkst es ihnen gleich ganz, oder du erweist ihnen einen Dienst (in Form von Arbeit), ohne daß du dafür Lohn (Zinsen) verlangst. Leiht dir hingegen eine Bank Geld, dann will sie sich diesen Dienst bezahlen lassen, indem sie für ihr verliehenes Geld Zinsen verlangt. Was soll an alledem anrüchig sein?
Daß viele Jetsets mit ihrem Reichtum protzen und zu lebensuntüchtigen Geizhälsen mutieren liegt leider in der menschlichen Natur begründet; viele (Neu-)Reiche krepieren auch elendiglich in der Gosse, weil sie den Umgang mit Geld nicht beherrschen: Man muß das Geld beherrschen und darf grundsätzlich niemals zulassen, vom Geld beherrscht zu werden.
Alles im Leben hat seinen Preis; Dinge, die es für lau gibt, haben keinen Wert; rein vordergründig einmal abgesehen von obig erwähnten Freundschaftsdiensten (aber gerade auch die haben ja ihren besonderen Wert!). Jemand, der sich von Kindesbeinen an in seinem Leben niemals hat anstrengen müssen, sich nie den Widrigkeiten des Lebens hat stellen müssen, weil die Eltern im Geld schwimmen, und der gewohnt ist, daß jeglicher Wunsch umgehend erfüllt wird, geht zugrunde; ganze Unternehmerdynastien haben das schon vorexerziert. Sich anzustrengen, sich Mühe zu geben, Bildung zu erstreben, formt Gesinnung und Charakter und macht einen Menschen erst zu einem.
Wir alle sind Egoisten, und darin liegt auch unser aller gutes Recht. Auch du bist Egoist, lieber Conny, wenn du einmal näher nachgrübelst. Als erstes denkt jeder an sein persönliches und das seiner Lieben Wohl. Unser Staat begeht einen Kardinalfehler, diese selbstverständlichen Zusammenhänge zu verneinen, sie zu torpedieren. Wer ein Unternehmen gründet, der will und muß als erstes Gewinne machen und nicht als erstes Arbeitsplätze schaffen, ansonsten kann er sogleich den Weg zum Konkursrichter antreten. Egoist zu sein in wirtschaftlichen Belangen schließt nun keinesfalls aus, humanistisch und altruistisch zu denken und zu handeln. Anderen kann man nun einmal erst dann helfen, wenn man sich vorher dazu in die Lage gebracht hat, indem man sich eben selbst geholfen hat.

?Ich gehe sogar davon aus, daß die Rate derjeniger sinken wird, die nichts tun, wenn das bGe da wäre. Denn dann können Arbeiten, die heute wegen der paar Kröten niemand macht, wieder gemacht werden. Auch ehrenamtliche Tätigkeiten könnten einen Boom erleben.?

Das behauptest du. Und du vermixt da die Ebenen, lieber Conny. Selbst ein Pfennig besitzt seinen Wert. Gerade ehrenamtliche, sozial-caritativ tätige Organisationen wissen seinen Wert zu schätzen.

?Des weiteren ist es ein leben in Sicherheit. Es gehen von daher Krankheiten zurück, die auf Ängste zurückzuführen sind (z.B. Depressionen).?

Nein, lieber Conny: Du vermischst hier erneut zwei Ebenen miteinander: Pathologie ist eine Ebene, Geld und dessen Wert eine andere.

?> Daß wir hierzulande die Staatsbürokratie radikal abbauen müssen, ist nicht neu; das muß unabhängig, wovon auch immer, geschehen.
- Die wird die nächsten Jahre ausgebaut werden müssen. Die Zahl der Arbeitslosen wird nicht sinken. Sie wird steigen. Ich, und noch eine reihe anderer am bGe mitstreiten, gehen davon aus, daß bis zum Jahre 2012 zw. 12 und 15 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos sein werden. Heute sind es 6,7 Millionen, wenn man nur diejenigen zählt, die vom Staat Lohnersatzleistungen bekommen. Die offizielle Statistik läßt ja die aus, die vom Arbeitsamt in Maßnahmen wie Fortbildung oder 1-Euro-Job sind. Neuerdings wird auch keiner mitgezählt, der zum Stichtag wegen einer erkältung mal ein paar Tage krank geschrieben ist.?

Nicht nur die Arbeitslosenzahlen werden nicht sinken; es wird noch viel dicker kommen... Das komplette Land wird den Bach runter gehen... Immer schon hat es das gegeben, wenn Staaten konsequent Fehler auf Fehler fabrizieren.

?Unter Merkel wird noch mehr rationalisiert wie unter Schröder. Alternativ kann man auch sagen, daß die rationalisierung an Fahrt gewonnen hat. Agenda 2010: Die europäische Wirtschaft soll zur Produktivsten Weltweit ausgebaut werden. Wo sollen denn die ganzen Güter abgesetzt werden, wenn die Binnenkonjunktur lahmt und ein Kyoto-Protokoll uns dazu zwingt, nicht mehr mehr CO2 zu produzieren??

Im Klartext: Deutschland sitzt in der Schuldenfalle. Seit mehr als 40 Jahren haben ganz Politikergenerationen je und je den Schuldenberg weiter aufgetürmt. 1965 hatte die damalige schwarzgelbe Koalition beschlossen, fortan keine Altschulden mehr tilgen zu wollen, sondern nur noch umzuschulden; will sagen, neue Schulden aufzunehmen, um alte zu bezahlen. 1969 änderte die große Koalition sogar die Verfassung ab: Den Bundes- und Landesrechnungshöfen wurde die Exekutiv-Gewalt, also das Recht auf Amtsanklage genommen; seitdem, zu zahnlosen Tigern degradiert, können sie das Treiben des Politiker-Gesindels nur noch monieren.
Die Leute da draußen haben sich auch immer gerne belügen lassen. Die buntesten Lügen wurden kritiklos geschluckt. Versuchte es hingegen einer mit Ehrlichkeit, indem er den Leuten reinen Wein einschenkte, wurde er nicht gewählt; tief rein mit dem Vogel-Strauß-Kopf in den Sand... Nun ja... in der Antike brachte man die Überbringer schlechter Nachrichten der Einfachheit halber gleich um...

?Es kann doch nur sein, daß immer mehr Menschen aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Werden weiltweit alle Maßnahmen zur Automatisierung und Rationalisierung ausgeschöpft, sind wir in der 2080 Gesellschaft. D.h. 20 % der Menschen produzieren das, was 100 % brauchen. Ja willst du mitten in Deutschland Wellblechhüttensiedlungen? Man kann die Wirtschaft nicht ständig wachsen lassen. Irgend wann ist Schluß.?

Vieles davon ist sicher richtig, und die Wellblechhütten könnten ohnehin bald Realität werden, wenn du all die heruntergekommenen Städte im Osten anschaust. Auch wenn uns möglicherweise eines Tages die Arbeit ?ausgehen? sollte, wie Jeremy Rifkin orakelt... Hätte sich der Staat nicht so gründlich in die Pleite geritten, sondern sich seine finanziellen Handlungsspielräume bewahrt, dann könnte er heutigentags dafür Sorge tragen, Lohnnebenkosten und Sozialversicherungsbeiträge kräftig zu senken. Diese Option haben die Politiker aber schon seit Dekaden nicht mehr, weil man sonst nicht wüßte, wie der Schuldendienst auch nur annähernd bedient werden sollte; seit den Nachkriegszeiten, sowie schon lange davor sind in den Grundrechenarten nämlich keinerlei neue Forschungsergebnisse mehr zutage gefördert worden... Adenauer und seine unsolide Rentenpolitik (?Kinder kriegen die Leute sowieso...?) haben wir hier ja schon zur Genüge diskutiert. Der dümmste und unfähigste Supertrottel war jedoch Willy Brandt: Als der an die Macht gekommen war, ekelte er seinen einzigen Fachmann, Karl Schiller, zum Teufel, und dann griff Willy so richtig tief in die Schuldenkiste, um Gelder zu verteilen, von denen man genau wußte, daß sie niemand mehr würde zurückzahlen können. Beamtenapparat und Öffentlicher Dienst wurde in nie gekanntem Maße aufgebläht, und alle, alle liebten den Willy... vielleicht deswegen, weil der im Grunde seiner Seele der selbe kleinkarierte Kleinkrämerspießer wie Hempel nebenan war, der sich lieber mit seinem Nachbarn vom Schrebergartenverein vor Gericht um die Zipfelmützenfarbe der Gartenzwerge stritt, anstatt sich ernsthaft auf die echte Lösung der gravierenden Probleme zu konzentrieren.
Noch einen besonderen Schabernack betreiben wir so ganz nebenbei im Zuge unsere horrenden Abgeben an den Staat: Wir vertreiben seit Jahren Kapital und Wissen in die anglophonen Länder und bitten Arbeitslose, Kriminelle und ganz gewöhnliches bildungsunwilliges, sowie ?unfähiges Lumpenproletariat aus aller Herren Länder herein. Klar, die Gerufenen kamen und kommen in hellen Scharen und wollen nun auch alimentiert werden. Kaum einer von denen denkt auch nur daran, seinen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten; siehe das Publikum in unseren Restschulen. Nebenbei verdienen sich nicht wenige noch ein kriminelles ?Zubrot? und kosten so den Staat nochmals eine dicke Stange Geld, das wir aber eben schon lange nicht mehr haben. Ein interessanter Gesichtspunkt hierbei, wie unterschiedlich Kulturen geprägt sind und wie sich das in der Sprache widerspiegelt: Nehmen wir den Terminus ?Bildung? oder ?Allgemeinbildung?: Wir Westler verstehen darunter ganz generell den abgeprüften, gymnasialen Fächerkanon. Ein ?gebildeter? Moslem hingegen, der unter seinesgleichen höchstes Ansehen genießt, ist einer, der den Koran auswendig gelernt und wenigstens einmal die ?Hadsch?, also die Pilgerfahrt nach Mekka, absolviert hat. Der Staat hat sich eine finanzpolitische Schere geöffnet, deren immer dickroter werdender Minus-Saldo uns noch das Fürchten lehren wird. Degressive Zuwachraten zeitigen ausschließlich in der ersten Ableitung eine Richtung nach unten; in ihrer realen Funktion steigen sie aber weiter an. Wer ?integriert? hier eigentlich wen à la longue? Die werden uns was husten... Die Zustände in Frankreich und England kommen so auch von ganz alleine zu uns...
Heute konkurriert Deutschland mit der ganzen Welt, und während transnationale Konzerne längst woanders bilanzieren, belasten die Politiker die Hiergebliebenen, zumal Angestellte und Selbständige im Mittelstand, mit immer höheren Abgaben. Einem Familienvater, meinetwegen ein 0815-Ingenieur bei BMW, zwackt der gierige Staat annähernd 50% seines Einkommens ab, wenn seine Frau auch arbeitet... das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen...
Daß man Wirtschaftskrisen auch gut abfedern kann, wenn man vorher solide Wirtschaftspolitik betrieben hat, zeigt sich indes an Singapur und Taiwan: Diese zwei Staaten waren die einzigen, welche die Asienkrise vor ein paar Jahren unbeschadet überstanden hatten. Noch einmal und zweitens: Nicht die stabile Währung, wie sie die Deutsche Mark war, ist schuld am heutigen Desaster; in zweiter Linie sind es die Politiker, die den Staat und seine stabile Währung überschuldet haben, in erster Linie jedoch ist?s die übergroße Mehrheit der Wähler: In einer Demokratie trägt grundsätzlich der denkfaule, vollgefressene Souverän die Schuld, wenn er sich belügen und betrügen läßt.

?> Dieser Staat verschlingt ohnehin immer mehr und leistet immer weniger.
- Nach Deine Vorstellgungen werden bald alle, die nicht mehr in der Produktion arbeiten, auf dem Arbeitsamt beschäftigt sein. So geht das künftig nicht mehr. Da muß was geschehen. Na ja, man kann es schon so weiter laufen lassen. Dann wird es auf das hinaus laufen, was 1933 kam.?

Mich würde es nicht wundern, wenn sich Geschichte wiederholt. Daß die Menschheit jemals etwas dazulernen wird, bezweifle ich nicht erst seit gestern.

Des Gegenteil jedoch geschieht: Die große Koalition baut immer neue Bürokratien auf - siehe Gesundheitsfond" - anstatt idiotische, überflüssige abzubauen, von denen wir mehr als genug haben.

- Das schafft wenigstens ein paar zusätzlicher Arbeitsplätze. Das ist doch genau das, was Du willst. Wo sollen denn neue Arbeitsplätze entstehen?

Nein, das ist falsch. Die meisten Jobs, die heute im öffentlichen Sektor NEU entstehen, sei es in Form von Beamten oder Bediensteten, sind unproduktiv und überflüssig und belasten einmal mehr nur den Steuerzahler. Ich kenne z.B. den öffentlichen Dienst von Frankfurt am Main sehr genau: Dort sorgen die Gewerkschaften mit ihrer Parteibuchwirtschaft dafür, daß es oftmals fast so zugeht wie in der DDR, wo sich ja auch 10 Leute einen Arbeitsplatz geteilt haben. Parteibuchwirtschaft... ein weiteres Krebsgeschwür... Nicht umsonst hassen Parteibonzen jeglicher Couleur Hans Herbert von Arnims Analysen...

?> Dreh- und Angelpunkt von allem ist die Staatspleite...
- Lassen wir sie kommen und räumen hier mal anständig auf ... gleich mit Zinslosem Geld, dann kann das, was augeblicklich hier stattfindet nicht mehr passieren. Alternativ können wir ja mit Bush in den Iran einmarschieren. Das kostet auch soviel Geld, daß das unsere sich dann von selbst erledigt. Der Dollar ist doch auch schon am Ende.?

Ich glaube kaum, daß dich das wirklich erfreuen wird; siehe Argentinien oder Venezuela, zwei vormals reiche Länder, wo die unzähligen Ärmsten der Armen heute gar nichts mehr wert sind...

?> keiner der Diskutanten hier hat diesen Umstand entsprechend gewürdigt in den Diskussionen. Nun ist andererseits die Staatspleite nicht über uns gekommen wie die sieben biblischen Plagen; die deutsche Mehrheit hat deren Protegées und Apologeten je und je in Amt Würden gewählt, anstatt sie zum Teufel zu jagen... Wir sind also selber schuld und bekommen nun, was wir verdienen... nicht mehr, und nicht weniger. Immer noch sind überschuldete Staaten irgendwann vor die Hunde gegangen; das lehren Mathematik und Historie; und das ohne jegliche Ideologie. Gell...
- Ja, und alle 50 bis 70 Jahre soll ein Staat mit diesem teuflischen Zinsgeld heute pleite gehen. Wäre unser Geld zinslos, wären die Staatsschulden nicht vorhanden. D.h. 1,5 Billionen Euro haben wir seit der ersten Mark schulden schon an Zins nur auf Staatsebene bezahlt. 60 Milliarden pro Jahr zur Zeit. das bekomme die 6,7 Millionen Arbeitslosen wohl kaum.?

Nein, lieber Conny, nicht die Zinsen per se tragen die Schuld, sondern die aufgetürmten Staatsschulden, weil Staatschulden eben nicht einfach so mir nichts dir nichts vom Himmel fallen. Schuld und Verantwortung tragen gewissenlose Politiker und ihre dummen Wähler. Taiwan und Singapur habe ich ja bereits erwähnt; auch Bill Clinton hatte zweimal nacheinander Staatshaushalte ohne jegliche Neuverschuldung samt nominalem Schuldenabbau aufgelegt. Sein grunzdummer Nachfolger im Amte jedoch wollte sich vermittels Krieg das Erdöl im Irak sichern, und mußte zudem partout sein Land zur Hochsicherheitsfestung ausbauen. Jeder, der heutigentags in die USA einreist, weiß, was das mittlerweile bedeutet...
Zu den integralen Bestandteilen einer Demokratie gehört zwar sicherlich auch das Recht auf Dummheit. Gleichwohl, man hätte Rechnungshöfen und stabiler Währung, sowie dem Menschenrecht, keine Mega-Schuldenberge vorvoriger Generationen abtragen zu müssen, nicht nur einen Artikel im Grundgesetz geben sollen, sondern ihnen einen eigenen Passus im Katalog der Menschenrechte gestalten sollen; also demjenigen Teil des Grundgesetzes, der auch bei 4/5-Mehrheit nicht zur Disposition stünde. Wahllügen, übermäßige Klientel-Klüngelei, sowie nicht mehr rückzahlbaren Staatsschulden wären so wirksame Riegel vorgeschoben worden; die beste Sozial-Politik ist schließlich die, die man über den echten Geldwert umsonst bekommt, wenn also der kleine Mann nicht ständig dem Wert seines Lohns hinterdrein hecheln muß. Das würde auch dir helfen, lieber Conny!

Freundliche Grüße,
carlos

an Conny

Ekki, Monday, 24.07.2006, 21:30 (vor 6952 Tagen) @ carlos

Hallo Carlos!

Bin zwar nicht angesprochen, diskutiere aber immer wieder gerne mit Dir.

Ein Punkt ist mir nicht klar:

Die Zustände in Frankreich und England kommen so auch von ganz alleine zu uns...

Ich nehme an, Du meinst mit den "Zuständen" die Rasseunruhen, die neulich in den französischen Banlieus aufgeflackert sind, aber auch in Großbritannien mal zu beobachten waren.

Ausgehend davon, daß ich Dich richtig verstanden habe, hierzu folgende Anmerkungen:

1)
Frankreich und England haben eine koloniale Vergangenheit, deren Folge u.a. ist, daß Bewohner der ehemaligen Kolonien (soweit ich richtig informiert bin) jederzeit die Staatsbürgerschaft des Mutterlandes in Anspruch nehmen können. Das ist in Deutschland nicht der Fall. Und obwohl wir uns durch die unkontrollierte Einwanderung auch ohne Kolonien inzwischen Probleme zu Hauf geschaffen haben, die ich keineswegs kleinreden will, liegt eben hier ein Unterschied, den die Politik sich zu Nutze machen sollte: Wir müssen diese Leute nicht wg kolonialer Vergangenheit hereinlassen, also, wer sich nicht benimmt ... Sind ja auch etliche aus den ehmaligen französischen und britischen Kolonien darunter.

2)
In jeder anderen Hinsicht - d.h. abgesehen von dem Problem der unkontrollierten Immigration - sind Frankreich und Großbritannien in meinen Augen die denkbar extremsten Gegensätze:

Großbritannien bekam das Gottesgeschenk der Margaret Thatcher[/u] , die sowohl in ihrem eigenen Haus mit eisernem Besen auskehrte, als auch zum Untergang des Kommunismus ein Erkleckliches beitrug. Nebenbei gesagt, hängt m.E. sowieso das eine mit dem anderen zusammen: Die linken Spinner, gegen die die Eiserne Lady so bewundernswert viel Rückgrat zeigte, waren ja bei der Nomenklatura des Ostblocks bestens angeschrieben. Wer weiß, was da noch mal eines Tages ans Licht kommt an Zersetzungsarbeit. Letztere bestand bekanntlich noch immer darin, bei anderen Zustände zu befördern, die man bei sich selbst keinen Tag lang geduldet hätte. - Unglaublich, aber wahr: Die Wirkung der Eisernen Lady war so weitreichend, daß Tony Blair von der Labour Party sich unumwunden zur Fortsetzung ihrer Politik verpflichtete. Solches hätte man sich von Labour vor Blair nie vorstellen können. Zwar hasse ich im allgemeinen Verschwörungstheorien, aber in diesem Fall schwant mir, daß da im Hintergrund Kräfte am Werk waren und Blair aufgebaut haben, von denen wir noch gar nichts wissen. Rupert Murdoch war einer von ihnen, aber da waren wohl noch ganz andere Leute am Werk (z.B. Nachrichtendienste). Sonst hätte man die Gewerkschaftssyndikate wohl nie zerschlagen können.

Bei Frankreich dagegen habe ich in den letzten Monaten mit Bestürzung gehört und gelesen, daß unsere Erbfreunde noch viiiiieeeeel beratungsresistenter sind als Dumm-Doof-Deutschland: Die Franzosen, so hieß es, wollten das "alte, gemütliche Frankreich" bewahren. Und so kam es denn, daß ein Gesetz, daß sowohl befristete Arbeitsverhältnisse (sprich: leichtere Kündigung) als auch Wiedereinstellungen[/u] erleichtern sollte, zu einem Volksaufstand führte, vor dem die politische Klasse Frankreichs flugs in die Knie ging - ohne auch nur ansatzweise die Standfestigkeit einer Margaret Thatcher zu zeigen.

"Vieles muß sich ändern, damit alles beim Alten bleibt", heißt ein kluges Wort. Wer eine Gemütlichkeit bewahren will, die in Wahrheit längst zum Teufel ist, wird untergehen[/u].

Gruß

Ekki

--
Ich will ficken, ohne zu zeugen oder zu zahlen.
Lustschreie sind mir wichtiger als Babygeplärr.

an Conny

carlos, Tuesday, 25.07.2006, 15:16 (vor 6951 Tagen) @ Ekki
bearbeitet von carlos, Tuesday, 25.07.2006, 15:21

Servus, Ekki!

?Bin zwar nicht angesprochen, diskutiere aber immer wieder gerne mit Dir.?

Mille grazie... ;-)

?1) Frankreich und England haben eine koloniale Vergangenheit, ... Das ist in Deutschland nicht der Fall. ...?

Exakt. Zweimal vermerken wir die selben sozialen Phänomene mit jedoch unterschiedlichen Ursachen. Hinzu kommt, daß Deutschland mittlerweile in kriegerische Auseinandersetzungen hineingerissen wird, deren Ursachen in Problemen liegen, welche die vormaligen Kolonialmächte angerichtet hatten und somit eigentlich auch allein zu verantworten hätten. Was hätte denn die Bundeswehr am Hindukusch, im Kongo oder jetzt, wie es sich bereits abzeichnet, im Libanon zu bekämpfen oder zu verteidigen? Nichts. Absolut nichts. Abgesehen von den Toten, die es gibt und geben wird ? nun gut, wer als Soldat partout dort überall hin will, der soll das meinetwegen auch dürfen ? kostet die ganze Gaudi ja auch einmal mehr den deutsche Wahl- und Zahlvolk eine schöne, dicke Stange Geld. Na gut, wir haben?s ja...
?Aufgeflackert? ist übrigens eine Untertreibung. Die Bombenanschläge in London, die Rassenunruhen überall zeitigen keine vorübergehende Erscheinung oder gar deren Ende, sondern markieren vielmehr den Beginn des Kampfes der Kulturen. Alle Ziffern sprechen klar dafür.

2) ?In jeder anderen Hinsicht - d.h. abgesehen von dem Problem der unkontrollierten Immigration - sind Frankreich und Großbritannien in meinen Augen die denkbar extremsten Gegensätze:
Großbritannien bekam das Gottesgeschenk der Margaret Thatcher , die sowohl in ihrem eigenen Haus mit eisernem Besen auskehrte, als auch zum Untergang des Kommunismus ein Erkleckliches beitrug...?

Das ist sicherlich richtig, wenngleich mir, als abendländischem, humanistisch denkendem Europäer, ein Monetarismus à la Milton Friedman und seinen ?Chicago-Boys?, die alles und nichts ausschließlich nach seinem Geldwert (was der im Einzelfall auch immer beinhalten möge...) bemißt, im Klartext also ?Rambo-Kapitalismus? vertritt, auch nicht gut schmeckt. Der Post-Sowjetunion in der Stunde Null hatte man ihn ja über Nacht quasi übergestülpt, mit verheerenden Resultaten. Am Beispiel der vom nunmehrigen Rußland abgefallenen GUS-Staaten kann man sehr schön ersehen, daß es den USA keinesfalls um Menschenrechte ging, sondern ausschließlich darum, zu billigsten Konditionen ? vulgo Korruption der jeweiligen neuen Potentaten - die riesigen Öl-Lagerstätten Zentralasiens auszuplündern; den Menschen in den GUS-Staaten selbst bleibt kaum etwas vom Reichtum. Abgesehen von ihrer Deutschland-Phobie war Margret Thatcher jedoch für die britische Wirtschaftspolitik der beginnenden 80-er sicherlich keine schlechte Medizin. Einen Gutteil von ihr könnten wir hierzulande trotzdem gut gebrauchen.
Keinen Pups besser sind jedoch die deutschen Gewerkschafts-Bosse, insbesondere Jürgen Peters, der Boß der IG-Metall. Arbeitsplätze sind dem Manne scheißegal; Arbeitslose, die er schafft, interessieren ihn nicht. 2003 mußte er im Osten partout einen Streik anzetteln, um die Anhebung der Löhne der Ossis auf West-Niveau zu erzwingen. Die Ossis erwiesen sich als wesentlich klüger als ich für möglich hielt und dachten keineswegs daran zu streiken: Sie wußten genau um die schlechte Ertragslage ihrer Betriebe und waren froh, überhaupt Arbeit mit vergleichsweise niedriger Entlohung zu haben, als ganz ohne Arbeit und ganz ohne Geld auf der Straße zu stehen. Peters war das einmal mehr scheißegal, und so karrte er 1000e von Streikposten aus dem Westen heran, welche die Ossis am Betreten ihrer Arbeitsplätze hindern sollten. Wenig später wurde der ?Streik? ergebnislos abgebrochen, und Jürgen Peters wurde zur Belohung zum obersten Chef der IG-Metall gewählt... Daß sich die Welt seit den 50-er Jahren auch in Deutschland weiter gedreht hat, braucht einen ideologisch verbohrten Betonschädel offensichtlich nicht zu kümmern... gell... Dieses bräsige, verdammte, grandiose Arschloch gehört geknackt; Peters persönlich wünsche ich eine Margret Thatcher auf den Hals, fürwahr...!
Am beschissenen Szenario hierzulande mit seinen horrenden Lohnnebenkosten stricken aber beileibe nicht nur die Gewerkschaften mit. Der idiotische Jugendwahn bewirkt, daß ältere Arbeitnehmer lange vor Beginn des regulären Rentenalters entweder ganz entlassen oder eben halt in den ?Vorruhestand? geschickt werden. Und das kostet halt tüchtig was. In allen Gremien der Sozialversicherungsträger hocken neben der Politik und den Gewerkschaften auch die Arbeitgeber-Verbände mit am Tisch; diese ganze tauglose Mischpoke dort sorgt in wahrer Eintracht dafür, daß sich eben gar nichts ändert...

?Bei Frankreich dagegen habe ich in den letzten Monaten mit Bestürzung gehört und gelesen, daß unsere Erbfreunde noch viiiiieeeeel beratungsresistenter sind als Dumm-Doof-Deutschland: Die Franzosen, so hieß es, wollten das "alte, gemütliche Frankreich" bewahren. Und so kam es denn, daß ein Gesetz, daß sowohl befristete Arbeitsverhältnisse (sprich: leichtere Kündigung) als auch Wiedereinstellungen erleichtern sollte, zu einem Volksaufstand führte, vor dem die politische Klasse Frankreichs flugs in die Knie ging - ohne auch nur ansatzweise die Standfestigkeit einer Margaret Thatcher zu zeigen.?

Ja, ich weiß... Frankreich besitzt neben revolutionärer Tradition eben auch Revoluzzer-Geist. Das merken französische Politiker auch dann, wenn EU-Agrar-Beschlüsse umgesetzt werden sollen und die Agrarios mit ihren Träckern mal eben das komplette Land blockieren... solange Deutschland zahlt, fließen anschließend eben auch die Subventionen weiterhin problemlos... Heute schon schaut es in Frankreich vielerorts so elend und trist aus, wie in einem Entwicklungsland. Der Pleitegeier erfaßt eines schönen Tages garantiert auch Frankreich; davon bin ich felsenfest überzeugt.
Die Bildungsmisere, also hinsichtlich der ?Bildung? nach abendländischem Verständnis, zeitigt in Frankreich indessen die deckungsgleichen Symptome wie hierzulande: Kaum einer der Maghreb-Jugendlichen aus den Banlieus hat Bock darauf, seinen Arsch in eine der, man höre und staune, auch in Frankreich kostenlosen Schulen zu setzen, dort 12 oder 13 Jahre lang in höflicher Aufmerksamkeit still zu sitzen, kurz, sich aus purem Eigeninteresse kräftig anzustrengen und die bemackte Birne mit Wissen zu füllen... Und die Hodschas und Imame in den Moscheen nebenan trichtern ihnen fleißig ein, daß sie, als die echten Gläubigen, auf all die ?Ungläubigen? ringsum ja kräftig spucken dürften... ?s ist exakt wie hierzulande, lieber Ekki... Q.e.d...

Mach?s gut,
carlos

an Conny

Ekki, Wednesday, 26.07.2006, 15:00 (vor 6950 Tagen) @ carlos

Hallo Carlos!

Ja, ich weiß... Frankreich besitzt neben revolutionärer Tradition eben
auch Revoluzzer-Geist.

Das Irre daran:

Dieser "Revoluzzer-Geist" ist das extremste denkbare Gegenteil von "Revolte" (also "Umsturz"): Dieser Un-Geist ist strukturkonservativ und reaktionär bis zum Äußersten.

Eine wahre Revolte würde mit diesen Realitätsverweigerern aufräumen ...

Revolutionär gestimmt (und längst ins Ausland verduftet)

Ekki

--
Ich will ficken, ohne zu zeugen oder zu zahlen.
Lustschreie sind mir wichtiger als Babygeplärr.

powered by my little forum
[x]
[*]