Auch May pudelt, was das Zeug hält

Harald, Friday, 05.06.2009, 15:36 (vor 6029 Tagen) @ Harald

Ich denke allerdings, daß er den Text von "Annabelle" zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung durchaus so meinte, wie er bei uns angekommen ist. Was mir auffällt ist, daß seine "Entschuldigung" im Gegensatz zum Original ziemlich flach und unwitzig ist...

Ob die Meinungsänderung in Alter und beginnender "Zahnlosigkeit" begründet liegt...? Keine Ahnung... Ich erlaube mir kein Urteil dazu.

Faszinierend finde ich allerdings die damaligen Reaktionen der Gutmenschen-Camarilla:

"Einen Höhepunkt erreichte diese Kritik Mitte der 1970er, als Mey in dem Lied Annabelle Erscheinungsformen und Auswüchse der Studenten- und 68er-Bewegung aufs Korn nahm. Thomas Rothschild schrieb in dem Buch Liedermacher: „Mit dieser Karikatur einer linken Studentin [...] entpuppte sich Reinhard Mey endgültig als einer, der seinen kleinbürgerlichen Zuhörern, die sich ihre heile Welt nicht rauben lassen wollen, nach dem Mund singt. [...] Was offenbar sogar Moderatoren für Humor halten, ist bösartige Lächerlichmachung einer Minderheit. Von der Annabelle, die nie lacht, zum Russen mit dem Messer zwischen den Zähnen ist es nur ein Schritt. Mey betreibt mit Annabelle Hexenjagd in Chanson-Form.“

In späteren Jahren wurde Mey nicht mehr derart scharf wegen seiner Liedinhalte kritisiert, und in Frankreich, dem Land des Chansons, gab es jahrzehntelang keinen einzigen vergleichbaren Verriss."

Hhhhhmh... Hhhhmhhh...

--
"Sie müssen sich vergegenwärtigen, daß in jenen Zeiten roher Fortpflanzung durch Lebendgebären die Aufzucht und Erziehung der Kinder in den Händen ihrer Eltern und nicht der staatlichen Normzentralen lag."

(Aldous Huxley: Schöne neue Welt, S. 35)