Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Zur Meinungsfreiheit in feministischen Foren

Arne Hoffmann, Monday, 03.02.2003, 11:36 (vor 7770 Tagen) @ Ferdi

Als Antwort auf: Re: Zur Meinungsfreiheit in feministischen Foren von Ferdi am 02. Februar 2003 17:14:22:

Hi Ferdi,

Nimm diese schroffe Ablehnung als das, was sie ist: als beeindruckende Bestätigung, dass Du mit Deinen Veröffentlichungen richtig liegst.

Ja, sicher, aber trotzdem empfinde ich den kompletten Widerstand gegen jede Kommunikation miteinander als frustrierend. Ich habe fast den Eindruck, dass da eine riesige Angst besteht: "O Gott, wenn ich sein Buch lese oder mich mit ihm unterhalte, dann kommen all diese fremden Gedanken in meinen Kopf rein ... und dann kann ich vielleicht mein Weltbild nicht mehr zusammenhalten ... und was passiert dann mit mir?"

Sorry, das mag jetzt hoch gegriffen sein, aber vom Prinzip her erinnert mich das an die Reaktion der Kirche auf Galileo Galilei. Er entwickelt ein astronomisches Fernrohr, betrachtet damit den Sternenhimmel und stellt so fest, dass die Theorie von Kopernikus richtig ist: Die Erde dreht sich um die Sonne und nicht umgekehrt, wie man die ganze Zeit dachte. Als Galilei seine gesammelten Fakten in einem Buch veröffentlicht ("The Starry Messenger"), wird er der Ketzerei beschuldigt. Daraufhin bittet er einen Haufen Jesuitenpriester zusammen und fordert sie auf, dann eben selbst durch sein Fernrohr zu schauen, um sich ein Bild von der Sache zu machen. Und ALLE lehnen ab, bis auf einen, und auch der kann nicht glauben, was er da sieht. Er meint, es läge nur am Fernrohr, ohne das Gerät wäre alles in Ordnung. Aber die Leute, die solche Angst hatten, dass sie sich das nicht mal anschauen wollten ... sowas fasziniert mich. Und solches Verhalten findet man eben nicht nur bei katholischen Priestern vor dem Zeitalter der Aufklärung. Das passiert immer wieder, auch heute noch.

Und ein bisschen erinnert mich das auch an totalitäre politische Systeme, wo jeder Kontakt mit "dem Feind" tunlichst vermieden werden muss, weil er einen sonst "infiltrieren" könnte mit seiner "bösartigen Propaganda". Dahinter steckt oft eine enorme Unsicherheit.

Ich kann verstehen, dass die Themen, die ich regelmäßig anschneide (z. B. häusliche und sexuelle Gewalt durch Frauen/Mütter) für viele Menschen heftiges Zeug sind und dass diese Leute noch nicht bereit oder in der Lage sind, sich damit zu beschäftigen. Sie reagieren dann mit Abwehr oder Aggression. Andererseits macht gerade das Beispiel von Galilei deutlich, dass sich die Ängstlichen und die Fundamentalisten auf Dauer eben nicht durchsetzen können. Langfristig betrachtet bin ich also durchaus guter Sinne. :-)

Herzlicher Gruß

Arne


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