Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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INVISIBLE MEN e-zine Nr. 12

Arne Hoffmann, Saturday, 25.08.2001, 14:41 (vor 8490 Tagen)

INVISIBLE MEN e-zine, Nummer 12

herausgegeben von Arne Hoffmann

Herzlich willkommen, liebe Leser, zur zwölften Ausgabe des INVISIBLE-MEN-e-zines!

Zunächst einmal eine Info an alle: Dank des freundlichen Einsatzes meiner Leser Joachim und Joachim gibt es jetzt zwei übersichtliche Archive sämtlicher INVISIBLE-MEN-Ausgaben im Internet: http://www.dabbel.de/invisible-men/index.html sowie http://f25.parsimony.net/forum63299/ Wer also irgendwelche Infos zu früher behandelten Themen sucht, wird auf diesen Websites fündig werden. Lediglich so mancher Link, der auf die Online-Ausgaben bestimmter Zeitungen und Magazine gesetzt wurde, führt irgendwann ins Leere, aber das ist nicht zu ändern. Den Joachims sage ich jedenfalls ganz herzlichen Dank!

Des weiteren habe ich dieser Tage von dem Lektor meines Buches SIND FRAUEN BESSERE MENSCHEN? Rückmeldung erhalten. Da sie auch die Vor- und Mitarbeit von vielen von euch betrifft, möchte ich sie gern mit euch teilen: "Vorab ein großes Kompliment für diese aufregende, kritische und auch mutige Darstellung und Auseinandersetzung mit den unsäglichen Klischees, die durch den Feminismus über uns gekommen sind. Bei vielen Dingen hat man ja eine Ahnung, dass hier Unsinn verbreitet wird, aber hier bekommt man Munition - im Sinne von Argumentationshilfe. Ich denke, dass Ihr Buch dringend gebraucht wird. Und da sehr viel und gründlich recherchiertes Material ausgebreitet wird, bin ich schon auf die Kritiken und die Gegenargumente gespannt. Gegenargumente - das dürfte schwer fallen. Gekeife wird es geben, unsachliche Breitseiten usw." Das wäre dann das, was wir auch aus diversen Internetforen bereits gewohnt sind. Davon abgesehen haben wir jedoch allen Grund guter Dinge zu sein.

FALLS DU DIESES ZINE NICHT MEHR ERHALTEN MÖCHTEST, genügt eine kurze Reply an Cagliostro3@hotmail.com mit einer Botschaft wie "Stop!", "In meiner Mailbox ist schon genug Schrott" oder "Behalt das Zeug bitte für dich". Umgekehrt kann sich natürlich auch jeder als Direktempfänger auf meine Mailingliste setzen lassen, was ja einige schon getan haben.

Ansonsten gelten dieselben Regeln wie in Nummer 1: Für Kritik und Verbesserungsvorschläge bin ich immer zu haben.Und noch immer können die Meldungen dieses Zines bedenkenlos von jedem von euch weiterverbreitet werden: ob in Internet- Foren oder per Mail. Ich persönlich würde lediglich davon abraten, mit den Inhalten dieses Zines Personen missionieren zu wollen, die sich nicht wirklich für diese Debatte interessieren. Das wäre unhöflich und kontraproduktiv. Eine nette Geste wäre es, wenn ihr bei der Weiterverbreitung einzelner Passagen meinen Namen als Urheber angeben würdet.

NEWS:
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POLIZEI KENNT BEI HÄUSLICHER GEWALT NUR MÄNNLICHE TÄTER

Die Gewerkschaft der deutschen Polizei fordert eine Handhabe, "gewalttätige Männer" endlich aus der Wohnung weisen zu können. Dieses Ziel solle auch Bestandteil der polizeilichen Fortbildung werden: http://www.gdp-hamburg.de/aktuell/010427_pm73.htm Zudem plant die GdP mit einer Frauenhilfsorganisation mit dem bezeichnenden Namen "terre des femmes" ein Gedenktag mit dem ebenso bezeichnenden Namen "Nein zu Gewalt an Frauen" (Untertitel: "Gewalt gegen Männer ist uns wurscht"?). Man fühlt sich hier unweigerlich an die alte These Esther Vilars erinnert, der zufolge es völlig egal ist, wenn die Verantwortlichen im Staate hauptsächlich Männer sind, weil auch von den "patriarchalen Institutionen" vorwiegend die Anliegen des weiblichen Geschlechts bedient werden. (Siehe zu diesem Thema auch die Buchvorstellung gegen Ende des zines.)

RTL: LAUT OBSKUREN "SCHÄTZUNGEN" JEDER DRITTE MANN OPFER HÄUSLICHER GEWALT

Die Ministerinnen Bergmann und Däubler-Gmelin erhalten den von ihnen verzapften Kokolores ("Schätzungen zufolge ist jede dritte Frau Opfer häuslicher Gewalt") inzwischen mit gleicher Münze zurück: http://www.rtl.de/rtlworld.html?page=http://www.rtl.de/402958.html&banner=/world/ma... (Auch dazu passt die Buchvorstellung weiter unten.)

LEHRERINNEN DISKRIMINIEREN JUNGEN

Angeheizt durch die Statements Doris Lessings ("Männer, wehrt euch!") rückte die Tatsache ins Licht, dass Mädchen weitaus bessere Noten und Schulabschlüsse vorweisen können als Jungen. Solange der Fall noch umgekehrt lag, sprach jeder von Diskriminierung an unseren Schulen und unter anderem Teile der Grünen forderten ein Ende des gemeinschaftlichen Unterrichts von Jungen und Mädchen. Jetzt, wo das männliche Geschlecht deutlich zurückliegt, schauen die Verantwortlichen in eine andere Richtung. Dabei exisitiert inzwischen eine Anzahl von Untersuchungen, die sämtlich eine Diskriminierung von Jungen durch Lehrerinnen beweisen - die ältesten davon reichen zurück bis 1964: http://www.observer.co.uk/comment/story/0,6903,539031,00.html

SPD DUISBURG MACHT NICHT LÄNGER WERBUNG FÜR MÄNNERVERGASUNGSPHANTASIEN

In der letzten Ausgabe unseres zines hatten wir über eine Website berichtet, auf der die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen Duisburg Valerie Solanas "Manifest der Gesellschaft zur Vernichtung der Männer" als Buchtipp ausgestellt hatte. Dieses Manifest beschrieb Männer als genetisch minderwertig und forderte ihre Massenvernichtung unter anderem durch Vergasung, weshalb diese Buchempfehlung von mir scharf kritisiert wurde. Selbstverständlich ließ ich auch der SPD Duisburg selbst eine Ausgabe meines zines zukommen. Ich erhielt darauf zwar typischerweise keine Antwort (bei anderen Institutionen oder Zeitschriften, die ich in meinem zine kritisiere, läuft das genauso), aber wie ich durch die Mail eines aufmerksamen Lesers erfuhr, war Solanas Buch wenige Tage später von der SPD-Website verschwunden. Ob das Einsicht zu verdanken ist oder lediglich der Befürchtung, der politische Gegner könnte aus dieser Vorlage Kapital schlagen, darüber lässt sich nur spekulieren. Andere sexistische, aber nicht-faschistoide Bücher wie etwa "Sternzeichen Scheißkerl" oder "Die Lügen der Männer" sind auf der SPD-Website jedenfalls weiterhin zu finden.

DIEBIN VON 250.000 DOLLAR WEGEN "EINKAUFSSUCHT" VON GEFÄNGNIS VERSCHONT

Sie habe das Geld nur gestohlen, um ihre Konsumsucht zu befriedigen, urteilte der Richter. "Werden wir als nächstes Vergewaltiger laufen lassen, wenn sie angeben, sexsüchtig zu sein?" fragt der britische Independent unter http://news.independent.co.uk/uk/legal/story.jsp?story=88525

FEMINISTINNEN AGITIEREN GEGEN SEXUELLE AUFKLÄRUNG

Der Inhalt dieser sexuellen Aufklärung umfasst nämlich unter anderem die Binsenweisheit, dass die gesundheitliche Gefahr für ein neues Kind ab einem bestimmten Alter der Mutter deutlich ansteigt. Die protestierenden Frauengruppen argumentieren nun, die Weitergabe solcher Informationen würde junge Frauen zu früher Mutterschaft treiben, statt sie Karriere machen zu lassen: http://www.nandotimes.com/opinions/story/62917p-904216c.html Dass auch heute Frauen NICHT alle Wünsche gleichermaßen erfüllt bekommen können, EGAL, was manche Medien sagen, scheint für bestimmte Aktivistinnen ein allzu heftiger Realitäts-Schock zu sein. "Warum ist es nicht koscher, Feminismus und Fakten zu vermischen?" fragt dazu Betsy Hart vom "Jewish World Report": http://www.jewishworldreview.com/cols/hart081401.asp

BERGMANN DISKUTIERT MIT VÄTERN IN KASSEL

Der Väternotruf vermeldet: Am 5.9.2001 wird Frau Dr. Bergmann auf einer Podiumsdiskussion der Vätergruppe Kassel teilnehmen. Thema: "Mehr Spielraum für Väter". Es wäre schön, wenn sich der eine oder andere engagierte Vater daher nach Kassel "verirrt". Wer interessiert ist, möge bitte ein Mail an Rüdiger Meyer-Spelbrink als Vertreter des Väternotrufes senden (info@meyer-spelbrink.de), um von diesem dann das genaue Programm und einen Plan von Kassel zugefaxt zu bekommen. Vertreter der "Haudrauf-Fraktion" seien für die Debatte mit der Ministerin allerdings ausdrücklich nicht erwünscht.

SCHLAG FÜR MÄNNERDISKRIMINIERENDE UNIVERSITÄT

Ian Maitland, Professor an der Universität Minnesota in Minneapolis, verklagte diese Lehranstalt aufgrund der Diskriminierung von männlichen Professoren. In seiner dritten Entscheidung zu diesem Fall überstimmte ein Berufungsgericht in den USA ein früheres Urteil, das zugunsten der Uni ausfiel: http://news.excite.com/news/uw/010817/university-69

PORNOGRAPHIE HEISSES THEMA AUF DEM CAMPUS

Die akademische Diskussion zum Thema Porno scheint in den USA endlich über das triviale "Verbieten oder nicht verbieten?" hinaus zu sein: http://www.boston.com/dailyglobe2/232/nation/Porn_is_hot_course_on_campus+.shtml Im Fachbereich "Frauenstudien" wird es inzwischen zur Arbeitsaufgabe, einen pornographischen Text zu erstellen, Porno-Stars werden zu Gastvorträgen eingeladen, und selbst renommierte wissenschaftliche Journale widmen sich zunehmend diesem Thema. Die meisten Lehrenden in diesem Spektrum sind Frauen: Sie weisen die feministische Ideologie von der frauenunterdrückenden Pornographie zurück und betrachten Erotika stattdessen als frauenbefreiend. Männliche Professoren haben hingegen noch unter den üblichen Diskriminierungen zu leiden, so etwa unter der ständigen Bedrohung, durch ihren Unterricht der sexuellen Beklästigung bezichtigt zu werden.

UNTERIRDISCHES HAUPTQUARTIER DES PATRIARCHATS ENTDECKT

Lest die schockierende Wahrheit mit kompletten photographischen Beweisen unter http://members.cts.com/king/n/ndanger/980606/patri.htm

LONDON: "MANKIND CONFERENCE" IM SEPTEMBER

Am 15. September 2001 wird in London eine internationale "Mankind Conference" stattfinden, die es sich zur Aufgabe gestellt hat, männerfeindliche Strukturen in unserer Gesellschaft zu benennen und Lösungsvorschläge anzubieten: http://www.electromagnetism.demon.co.uk/2001.htm

NIEDERLANDE: BLITZSCHEIDUNG AN EINEM TAG

In Holland ist seit neuestem für kinderlose Ehepaare eine friedliche Scheidung in kürzester Zeit möglich: http://www.sz-newsline.de/bli/GJV1TOUC_1.php3

MEINUNG:
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"UNSERE KULTUR PREIST FRAUEN UND DÄMONISIERT MÄNNER"

Ausgehend von der Debatte um Doris Lessings "Wehrt euch, Männer!" skizziert Mary Kenny für den britischen Sunday Telegraph eine Gesellschaft, in der Frauen kontinuierlich in den Himmel gehoben und Männer schlecht gemacht werden: ob in der Werbung, Filmen, Daily Soaps oder in der Literatur. Dass da Selbstmorde, Autounfälle und Drogenmissbrauch bei Männern um so vieles höher sind als bei Frauen, sei nicht verwunderlich: http://www.dailytelegraph.co.uk/dt?ac=005803949304366&rtmo=Qe9LmwkR&atmo=rrrrrr...

Auch die britische Times macht es zum Thema, dass in unserer Gesellschaft mittlerweile Jungen und nicht Mädchen massiv benachteiligt werden: http://www.thetimes.co.uk/article/0,,7-2001282346,00.html

PATRICIA OVERBERG: DISKRIMINIERUNG MÄNNLICHER OPFER VON HÄUSLICHER GEWALT IN KOLLISION MIT MENSCHENRECHTEN

Einen weiteren Beleg dafür, wie intensiv dieses Thema in den Medien der USA bereits diskutiert wird, liefert die Los Angeles Daily News, das Konkurrenzblatt zur L.A.Times: http://www.dailynewslosangeles.com/opinions/articles/0801/21/lvew01.asp Patricia Overberg ist übrigens die erste, die sich für die Aufnahme auch männlicher Opfer in den Notunterkünften einsetzte. Inzwischen hat sie zahlreiche Mitstreiter(innen) gewonnen, die ebenfalls die Ansicht vertreten, dass das Problem für beide Geschlechter gleichermaßen virulent ist. Lediglich die Behörden und die politischen Entscheidungsträger sind immer noch ausgesprochen zögerlich.

17. APRIL 1971: BEGINN EINER INTERNATIONALEN HYSTERIE

Rael Jean Isaac vom feminismuskritischen Independent Women´s Forum skizziert den historischen Ablauf einer Ideologie, der zufolge sexueller Missbrauch in den Familien unserer Gesellschaft an der Tagesordnung ist, die dann aber selbst für etliche Familien und Einzelpersonen katastrophale Folgen hatte: http://www.iwf.org/pubs/twq/Summer2001c.shtml

SCHEINT, ALS SEIEN NICHT ALLE KINDERMÖRDER GLEICH

Janet Albrechtsen stellt die Reaktionen von Öffentlichkeit und Justiz zu männlichen und weiblichen Kindermördern einander gegenüber und kommt zu wenig überraschenden Ergebnissen: http://www.theage.com.au/news/state/2001/08/23/FFXH6PLKOQC.html

STEVEN BERKOFF: MÄNNER BRAUCHEN BESSEREN SCHUTZ VOR FALSCHEN BESCHULDIGUNGEN DER VERGEWALTIGUNG

Das Edinburgh-Buchfestival, auf dem letzte Woche schon Doris Lessing durch ihre Thesen zum Geschlechterkonflikt auffiel, ist erneut in den Schlagzeilen: Der Schauspieler und Autor Steven Berkoff sieht sich seiner Darstellung nach unbegründeten Beschuldigungen ausgesetzt, eine Frau vergewaltigt zu haben, forderte auf diesem Festival besseren gesetzlichen Schutz für Männer in dieser Situation und ist selbst bereit, bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu prozessieren. Berkoff, der ironischerweise als feministischer Autor bekannt wurde, stellt klar: "Ich war einmal ein Feminist. Jetzt bin ich ein Frauenfeind. Ich bin so oft von Frauen in der Presse angegriffen worden, und jetzt mit meinem persönlichen Skandal hab ich´s einfach satt. Bestimmte in der Öffentlichkeit stehende Personen sind Freiwild geworden." Der britische Guardian berichtet unter http://film.guardian.co.uk/News_Story/Guardian/0,4029,541271,00.html

TV-TIPP:
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ARTE-FERNSEHABEND ZUM THEMA SEXUELLER MISSBRAUCH AM 6. SEPTEMBER

Beginnend um 20:45 Uhr wird arte das TV-Drama "Schande", eine Dokumentation über Missbrauchsopfer, eine Dokumentation über die "Anziehung der Unschuld" und eine in zwei Teile zerfallende Gesprächsrunde ausstrahlen. Da ich diesen Sender leider immer noch nicht empfange, wird es in den INVISIBLE MEN dazu keine MEDIAWATCH-Kurzanalyse geben.

BUCHTIPP:
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RATGEBER FÜR OPFER FALSCHER ANSCHULDIGUNGEN

Des Englischen kundige Leser, die sich für den richtigen Umgang mit falschen Anschuldigungen bezüglich sexueller Übergriffe interessieren, können bald auf einen neuen Ratgeber zurückgreifen. Am 1. Oktober erscheint in den USA Dean Tongs neuestes Buch "Elusive Innocence: Survival Guide for the Falsely Accused". Verschiedene US-amerikanische Fachleute in dieser Debatte überschütten es auf Tongs Werbeseite für dieses Werk bereits mit Lob: www.abuse-excuse.com Auch Tongs letzte Veröffentlichung zu diesem Problem "Ashes to Ashes, Families to Dust: False Accusations of Child Abuse: A Roadmap for Survivors" erhielt bei der Online-Buchhandlung amazon.com nichts anderes als Fünf-Sterne-Rezensionen: http://www.amazon.com/exec/obidos/ASIN/096548338X/qid=997974814/sr=1-1/ref=sc_b_1/103-4...

BUCHVORSTELLUNG:
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DOKTORARBEIT BOT SCHON 1996 MASSIG INFOS ZU HÄUSLICHER GEWALT GEGEN MÄNNER

Ich habe Jürgen Gemündens an der Uni Mainz erstellte soziologische Doktorarbeit "Gewalt gegen Männer in heterosexuellen Intimpartnerschaften" bewusst als Buchvorstellung statt als Buchtipp deklariert, weil sie als akademische Arbeit für den Durschnittsleser dieses zines vermutlich nur begrenzten Lesegenuss bietet. Auch ich habe etliche Seiten lediglich quergelesen, wenn es allzu wissenschaftstheoretisch wurde. Nichtsdestoweniger muss hervorgehoben werden, dass Jürgen Gemünden das Thema "männliche Opfer von häuslicher Gewalt" in dieser Arbeit bereits in seiner vollen Bedeutng erfasst hat, als die meisten von uns, ich eingeschlossen, es noch für ein auf wenige Einzelfälle beschränktes Kuriosum hielten. Leider bedeutet eine Publikation in einem wissenschaftlichen Buchverlag wie Tectum oft eine Veröffentlichung außerhalb der Öffentlichkeit. (Ich kenne weiß das, weil meine eigene Examensarbeit im selben Verlag erschienen ist und ich die mehr als mageren Verkaufszahlen solcher Titel auch von meiner Tätigkeit als Lektor her kenne.)

Gemündens Arbeit umfasst 300 Seiten und ist sehr dicht mit bedeutsamen Informationen gespickt. Wenn hier und da einige Zusammenhänge und Folgen noch nicht gesehen werden, dann liegt das einzig und allein daran, dass vor fünf Jahren die entsprechenden Informationen einfach noch nicht existierten. Jedenfalls findet man in dieser Arbeit sehr viel Material, davon auch einiges, das mir selbst bislang unbekannt war. Gemünden skizziert den bisherigen Ablauf der Debatte um häusliche Gewalt insbesondere gegen Männer, erläutert die Hintergründe und wägt die verschiedenen ins Felde geführten Argumente sorgsam gegeneinander ab. Zumindest als Autor dieser Arbeit ist er ganz klar kein maskulistischer Aktivist, sondern ein Wissenschaftler, der sich erfolgreich alle Mühe gibt, diesem Problemfeld in seiner Komplexität gerecht zu werden.

Für die INVISIBLE MEN indes halte ich es für angemessen, nicht Gemündens Arbeit an sich zu analysieren, sondern jene Ergebnisse herauszugreifen, die ich für unser Thema als besonders aufschlussreich erachte. Zugegebenermaßen kann man hier eine gewisse Willkür vorwerfen. Wer sich davor schützen möchte, muss sich die Arbeit eben doch im Original besorgen.

Hier also einige von Gemündens Ergebnissen:

- "In Bezug auf das Geschlecht kann festgehalten werden, daß als Gewalt definierbare Aktionen von Männern und Frauen ungefähr genauso häufig begangen werden bzw. Männern und Frauen zustoßen, während Strategien des Ziehens von Konsequenzen deutlich häufiger von Frauen angewandt werden: Frauen geben durchschnittlich etwa sechsmal häufiger an, daß die Gewalttätigkeiten ihres Partners Grund für die Scheidung waren, sie verständigen sechs- bis siebenmal häufiger die Polizei, wenn es zu Gewalttätigkeiten in der Partnerschaft gekommen ist, sie erstatten zehn- bis zwanzigmal häufiger Strafanzeige gegen den Partner, als dies Männer tun. Ferner sind sie im wesentlichen die einzigen, die wegen Gewalttätigkeiten in der Partnerschaft Beratungszentren aufsuchen oder wegen ihrer erlittenen Verletzungen medizinische Notfallzentren aufsuchen und sich dort als Misshandlungsopfer zu erkennen geben." Männer erstatten meist erst dann Anzeige, wenn sie sich während eines Angriffs in unmittelbarer Lebensgefahr befinden.

- Beispielsweise riefen einer Untersuchung zufolge 8,5 Prozent der misshandelten Frauen, aber nur 0,9 Prozent der misshandelten Männer die Polizei. Diese Prozentverteilung deckt sich mit den tatsächlichen Statistiken der bei Dienststellen eingehenden Notrufe: Zwei Drittel bis neun Zehntel sind von Frauen. Der Grund dafür scheint hauptsächlich darin zu liegen, dass das Verständigen der Polizei für Frauen die erfolgsversprechendere Strategie ist, weil die Opferrolle für Frauen sozial anerkannt ist. Das zeigen auch die Ergebnisse einer Untersuchung über Polizeinotrufe in Bayern: "Diese fanden, dass die Polizisten damit Schwierigkeiten haben, Frauen als Täter einzustufen, weil dies nicht ihrer Vorstellung von einem `richtigen Täter´ und einem `richtigen Opfer´ eines Familienstreits entspricht; sie sehen auch eher dann keine Notwendigkeit zum Eingreifen, wenn der Täter eine Frau war". Inszenierte Fälle von Frauenmisshandlung würden demzufolge von Polizisten weit eher geglaubt, während Männern, die sich wegen Misshandlungen an die Polizei wenden, eher kein Glaube geschenkt wird.

- Ministerin Bergmanns Vorschläge, geprügelte Männer bräuchten keine staatliche Hilfe, da sie doch eine Eheberatung in Anspruch nehmen und im Ernstfall bei Freunden Unterschlupf finden können, sind (natürlich) hanebüchen. Erfahrungsgemäß ist die Hilfsbereitschaft des sozialen Umfelds begrenzt - unter anderem wird von diesem erwartet, dass das Opfer die angebotenen Ratschläge befolgt. Kehrt ein geschlagener Partner aber kontinuierlich in die unglückliche Beziehung zurück, entweder um sie zu retten oder weil er aus verschiedenen Gründen kaum eine andere Wahl sieht, zeigt sich der beispielsweise der Freundeskreis als Auffanglager bald erschöpft. Aus eben diesem Grund wurden Frauenhäuser eingerichtet.

- Wenn man den Begriff häusliche Gewalt weiter fasst als Gewalt in der Partnerschaft, kommt das Bild vom Mann als Haupttäter ebenso ins Schwanken. Beispielsweise gibt es Untersuchungsergebnisse, dass Gewalt unter Geschwistern eher von Mädchen ausgeht, in reinen Mädchenfamilien am häufigsten und in reinen Jungenfamilien am seltensten ist. "Nicht-triviale" Gewalt gegen Eltern wird leicht überwiegend von zehn- bis siebzehnjährigen Mädchen statt von Jungen in derselben Altersgruppe ausgeübt. Dass Gewalt gegen Kinder häufiger von Müttern als von Vätern ausgeht, mag niemanden überraschen; schließlich sind Mütter diejenigen, die hauptsächlich mit der Kindererziehung betreut sind. Auffällig ist aber dennoch, dass insbesondere schwere Gewalt wesentlich häufiger von Frauen ausgeht: So verprügeln Mütter ihre Kinder durchschnittlich 7,2mal pro Jahr, während Väter dies einmal pro Jahr tun. Hier stelle sich allerdings die Frage, ob diese Aufrechnerei überhaupt sinnvoll ist, da sich Gewalt in familialen Subbeziehungen gegenseitig bedinge und man zum Verstehen ihrer Ursachen keine Form isoliert betrachten könne. So haben Gemünden zufolge die meisten Menschen, die von ihren Partnern schwer misshandelt werden, auch zu dieser Situation beigetragen. Dies gilt für männliche wie für weibliche Opfer gleichermaßen.

- Eine Untersuchung über sexuellen Druck oder Zwang ("sexual pressure") legt interessanterweise nahe, dass dieser bei Liebespaaren eher von Frauen und bei Verheirateten eher von Männern ausgeht. "In jedem Falle können diese Ergebnisse dahingehend gedeutet werden, dass Männer nicht viel seltener vom weiblichen Partner zum Geschlechtsverkehr gedrängt werden als Frauen von männlichen Partnern. Zu diesem Aspekt ist weitere Forschung nötig und es darf hier nicht zu einer Tabuisierung und zu einem Verharren der Rollenstereotype zu sexuellem Verhalten kommen, wonach die Männer aktiv und immer bereit sind, während sich die Frauen eher passiv-verweigernd verhalten, weswegen die Forschung von vornherein auf Frauen beschränkt war." Verschiedene US-amerikanische Untersuchungen der letzten Jahre stützen mittlerweile Gemündens Haltung.

- Forscher, die häusliche Gewalt gegen Männer als Thema benannten und ihre Untersuchungsergebnisse dazu präsentierten, wurden durch die feministische Fraktion dermaßen unter Druck gesetzt (Morddrohungen etc.), dass sie in späteren Veröffentlichungen abmildernde Ergebnisse behaupteten,die durch ihre Studien selbst nicht gedeckt sind. Beispielsweise trügen Frauen diesen Abmilderungen zufolge die schwereren Verletzungen davon und schlügen selbst häufiger allein zur Selbstverteidigung zu. Gemünden: "Diese Darlegungen lassen sich nur unzureichend aus den Ergebnissen der Arbeit ableiten, wurden teilweise nur unzureichend begründet und stehen teilweise sogar in Widerspruch zu den Befunden ihrer Arbeit, sodaß der Schluss naheliegt, daß Straus et. al. diese Relativierungen zur Beschwichtigung feministisch orientierter Kritiker in die Arbeit aufgenommen haben." (Nebenbemerkung: Dass der Terror der Frauenbewegung Erfolg hatte, kann man heute noch sehen, wenn man sich manche radikalfeministische Websites aus den USA anschaut und dort erfährt, dass das Thema Männer als Opfer häuslicher Gewalt erledigt sei, weil die Forscher, die diese Thesen zuerst aufgestellt haben, sich inzwischen korrigiert hätten ... Die über 100 Folgestudien anderer Forscher ohne diese "Korrekturen" werden dabei frohgemut übergangen.)

- Was mir bislang vollkommen unbekannt war: Dass männliche Opfer häuslicher Gewalt vergleichsweise häufig wie weibliche Opfer sind, ging tatsächlich schon einmal auch durch die deutsche Presse, nämlich als vor mehr als zwanzig Jahren die ersten Erkenntnisse auf diesem Gebiet veröffentlicht wurden. So titelte die BILD am 31.1.1978: "Brutal! Deutsche Frauen schlagen ihre Männer" und die Münchener Abendzeitung oder die Frankfurter Allgemeine berichteten ebenfalls darüber. Nur: Es geschah nichts. Anders als bei weiblichen Opfern verschwand das Thema einfach von der Bildfläche, ohne dass es zur Errichtung von Zufluchtsorten, speziellen Notrufdiensten oder Beratungszentren kam. Gemünden sieht dafür vorrangig zwei Gründe: Das Thema Gewalt gegen Männer werde von der Frauenbewegung tabuisiert, und es gebe keine eigene gesellschaftliche Gruppierung, die diesen Misstand bearbeite oder anprangere. Daraus lässt sich für die Gegenwart die Schlussfolgerung ziehen, dass eine bloße Informierung der Öffentlichkeit, wie sie ja durch Professor Bock und Co. schon geschieht, langfristig bei weitem nicht ausreichend ist, sondern dass tatsächlich eine Art Männerbewegung nötig zu sein scheint, damit unsere Gesellschaft sich endlich um männliche Opfer kümmert.

- Gemünden problematisiert auch quasi vorwegnehmend folgenden in den letzten INVISIBLE MEN angesprochenen Vorstoß unserer Jutizministerin, die gefordert haben soll: "Wenn der Täter oder die Täterin zwar heimtückisch, aber aus einer ungewöhnlichen Notlage heraus handelt, soll auch eine mildere Strafe als lebenslänglich möglich sein. Dies beträfe etwa Ehemänner, die aus Verzweiflung ihre sie terrorisierenden Männer ermorden." Hier sei Gemünden zufolge die Grenze zur Lynchjustiz schwer zu ziehen. "Gewährte man den Frauen ein Recht, außerhalb der Notwehrsituation zu töten, mit welchem Recht wollte man ein solches Sonderrecht einem Schüler gegenüber einem brutalen Mitschüler, einem Beschäftigten gegenüber einem brutalen Arbeitskollegen, einem Kind gegenüber seinen brutalen Eltern verwehren? Das eigentliche Problem besteht nicht in einem männlichen Prinzip, sondern in der größeren Intensität mancher sozialer Beziehungen, die mit den Kategorien des Strafrechts nur schwer fassbar sind." Gemünden weist indes auch darauf hin, dass heute bereits nach § 35 StGB ("entschuldigter Notstand") unter Rückgriff auf eine Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1926 die Tötung eines `schlafenden Haustyrannen´ straflos bleiben kann und dass Frauen, die in einer emotionalen Ausnahmesituation infolge schwerer Misshandlung getötet haben, nach den §§ 20 und 21 StGB auf einen Ausschluss oder wenigstens eine Verminderung ihrer Tatschuld hoffen dürfen.

- Nicht unerwähnt bleiben soll, dass sich Gemünden bereits auf Seite 2 seiner Arbeit gegen eine Überdramatisierung des Problems häuslicher Gewalt wendet, wie sie ja von den Ministerinnen Bergmann und Däubler-Gmelin (im Blick auf weibliche Opfer) sowie aktuell von RTL (mit Blick auf männliche Opfer) geleistet und von Zeitschriften wie NOVO ausdrücklich kritisiert wird. Gemünden zufolge ist es zwar wichtig, dieses Thema an die Öffentlichkeit zu bringen, "aber es ist ebenso wichtig, sich vor Übertreibungen zu hüten, da eine dramatisierende Sichtweise und allzu leichtfertige Eingriffe in die Privatsphäre der Menschen geeignet sind, die sozialen Beziehungen in empfindlichem Maße zu stören und vielen Schaden zuzufügen, um wenigen zu helfen. Manchmal hat man den Eindruck, dass viele Helfer das ethische Problem eines Eingriffs in die grundgesetzlich geschützte Privatsphäre und den Antagonismus zwischen notwendiger Hilfe und staatlichem Interventionismus nicht wahrnehmen."

Ein ganz herzlicher Dank geht an Reinhold Schoeler, der mich auf diese Doktorarbeit aufmerksam gemacht hat.

Soviel für heute, noch eine tolle Sommerwoche euch allen!

Arne


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