Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Warum der Mensch Vertrauen braucht, um zu leben

Nick, Tuesday, 15.03.2005, 18:01 (vor 7185 Tagen) @ Nick

Als Antwort auf: @Andreas, den Anderen von Nick am 15. März 2005 12:55:47:

Ohne Vertrauen kann kein Mensch leben, er findet sich dann nirgends mehr zurecht, sondern wird augenblicklich verrückt, eng, ängstlich, neurotisch. Er verblödet auch völlig, da ohne Vertrauen unter anderem nicht komplex nachgedacht werden kann, rein hirnphysiologisch betrachtet. Schon nach kurzer Zeit zerfällt das Gehirn förmlich, die Synapsen verschwinden (im Wortsinne), wenn es nichts gibt, auf das man vertrauen kann. Die allgemeine Verblödung, die wir beklagen, hat mithin hirnphysiologische Gründe: es gibt keinen Glauben, kein Vertrauen mehr...

Mathematik ist nur möglich, wenn 1+1 immer gleich 2 ist. Wenn manche meinen, daß ihre Freiheit darin bestünde zu finden, es sei drei, andere, es sei vier, wieder andere finden, daß es 0,7 sein müsse etc... und man einigt sich "demokratisch" darauf, daß es heute statistisch 2,27 ist, gestern 2,19 war und für morgen völlig unbekannt ist, dann haben wir damit etwa die Situation skizziert, die ich in unserer heutigen Welt des Werterelativismus erkenne.

Wahrheit ist objektiv - aber unendlich, und deshalb objektiv unerforschlich. Man kann (und soll) sie erforschen, wird sie aber niemals vollständig erfassen. Sie offenbart sich jedoch (siehe dazu einen schönen Text von Michail hier im Forum: index.php?id=33164). Glaube heißt einfach Vertrauen in sich offenbarende, absolute Wahrheit, die man dadurch - nota bene! - nicht "besitzt" oder begreift, der man aber eben aus gutem Grund vertraut und Frieden findet: Vertrauen reduziert Komplexität, die einen andernfalls heillos überfordern würde, und macht schnell, treffsicher, lebenstüchtig im besten Sinn.

Philosophisch fand der Bruch mit der Wahrheit statt in Descartes Satz: "cogito ergo sum" - "Ich denke, also bin ich (...das, was ich mir ausdenke, das ich sei)". Damit wird die Wahrheit auf den Kopf gestellt, die nämlich lautet: "Ich bin, also denke ich (darüber nach, was ich bin)". Der größte Feind der Wahrheit ist nicht die Lüge, sondern die falsch Gewißheit. Gefährlich wird es immer dann, wenn falsches Vertrauen entsteht. Das "Cogito, ergo sum" war der philosophische Ausgangspunkt falschen Vertrauens schlechthin. Auf diesem falschen Vertrauen gründet unsere heutige Welt.

Noch existieren viele historisch geschaffene "Vertrauensstrukturen", deren Wert aber in ihrer Zuverlässigkeit und Beständigkeit liegt. Glaube heißt, Vertrauen zu haben egal was passiert! Den Glauben für überflüssig zu halten ist m.E. nicht nur arrogant, sondern auch unendlich dumm, da sich die Wahrheit dieses Glaubens (es ist ja auch einer!) erst erweisen kann, wenn alle Strukturen des Vertrauens wegbrechen. Das ist bei jedem Menschen spätestens beim Sterben der Fall.

Eine Welt, die nicht vertrauensvoll auf "unerforschliche Wahrheit" gründet, kann auch nicht auf Dauer frei bleiben, sondern versinkt früher oder später notwendig im Totalitarismus. Denn Freiheit ist nicht ohne Vertrauen möglich. Wer nicht vertraut, muß kontrollieren. Lenin sagte folgerichtig: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!" Und genauso war jene Welt denn auch beschaffen, die er und seine Nachfolger heraufführten. Entsprechend kläglich winselnd ist sie dann in sich zusammengesunken, als man nicht mehr weiterwußte. Das ist das unausweichliche Schicksal jeder rein auf menschliche Setzungen ("Cogito, ergo sum!") gründenden Welt. Das Mehrheitsprinzip der Demokratie funktioniert nämlich nur, wenn zuvor(!) die Basis des Vertrauens gesichert ist, denn "die Mehrheit" kann sie nicht "erzeugen". Was ist, wenn die Mehrheit beschließt, z.B. "alle Juden umzubringen"? Ist die Basis des Vertrauens einmal zerstört, dann kommt unausweichlich der Terror. Die Geschichte der vergangenen 200 Jahre belegt dies auf das Grausigste.

Der Hort und Kern des Vertrauens ist zu allen Zeiten die Familie gewesen. Heute wird sogar dieser innerste Kern zerstört. Das hat es bisher nie gegeben. Die Folge davon wird nicht die "befreite Gesellschaft" sein, sondern eine Art von endgültigem Wahnsinn, wie ihn die Welt nie zuvor gesehen hat. Die Gehirne werden einfach bei lebendigem Leibe zerfallen. Die Anfänge dieser Entwicklung erleben wir in unserer Zeit. Nichts ist wichtiger, als auf diesem Weg umzukehren. Sonst gibt es irgendwann kein Zurück mehr.

Heute erleben wir eine weltweite Kollektivierung der Affekte. Alle Menschen denken und fühlen und meinen und finden das Gleiche, und zwar zur selben Zeit. Die modernen Medien machen das möglich. Das gaukelt eine enorme "Sicherheit" vor. Aber gerade diese scheinbare Sicherheit täuscht so fatal und ist deshalb so tödlich gefährlich.

Erstens: Wohin führt diese weltweite Kollektivierung eigentlich? Was bedeutet sie für die Freiheit des Individuums?

Zweitens: Was wird passieren, wenn diese Verbindung plötzlich reißt und jeder allein für sich ist. Wo gibt es dann ein Vertrauen? Worin?

Fragt
der Nick


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