Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Parallelen zu solchem Denken gab es ja schon mal in Deutschland o. T.

Altschneider, Friday, 14.10.2005, 02:46 (vor 6972 Tagen) @ SiliKat

Als Antwort auf: Luise.F.Pusch fordert von SiliKat am 13. Oktober 2005 21:40:

...jedenfalls in der Sprache. Sie ist nämlich deutsche Professorin für Sprachwissenschaft. Die zitierten Worte bilden den Titel ihres anscheinend jüngsten Artikels von ihrer website, datiert 15-9-05, nachzulesen unter [luisepusch.de/sprache.html].
Bezeichnende Worte über die Anliegen dieser Sexistin findet man unter
[ulrichdevries.de/frauensprache.html]. Ich bringe aus dem Artikel von Dagmar Lorenz, erschienen 1991, einige Auszüge, wobei ich das mir wesentlich Erscheinende in Fettdruck setze:
[...]
"Auch biologistische Begründungen müssen für diese These herhalten. Der Mann, so Luise Pusch, sei als das sekundäre Geschlecht, als eine Abweichung des weiblichen Bauplans zu betrachten und verdiene daher eine sprachliche Benachteiligung.(4) Die wahren Beweggründe für die geplante "Feminisierung" der Sprache indes, spiegelt das sogenannte "Gerechtigkeits-Argument" wider. Die Sprache, so die Autorin, solle dazu beitragen, eine Art von "kompensatorischer Gerechtigkeit" zu befördern:
Es besteht kein Zweifel daran, daß die Frau sprachlich (natürlich auch in jeder anderen Hinsicht) extrem benachteiligt ist. Was ihr [der Frau]zusteht und was sie braucht, ist nicht Gleich- sondern Besserbehandlung, kompensatorische Gerechtigkeit, (...). Es wird ihm (erg.: "dem Mann") guttun, es im eigenen Gemüt zu erleben, wie es sich anfühlt, mitgemeint zu sein, sprachlich dem anderen Geschlecht zugezählt zu werden, diesen ständigen Identitätsverlust hinzunehmen.(5)
Dieses Zitat drückt es klar und deutlich aus: die von Pusch anvisierte "Feminisierung" der Sprache beruht allein auf der Absicht, Rache am männlichen Geschlecht zu üben. Aber: sollen wir deshalb fortan das Schreiben und Sprechen als Racheakte betreiben?
Die Sprache der feministischen Ideologie
Es sei hier konzediert: eine sachliche Auseinandersetzung mit den radikalfeministischen Thesen von Luise F. Pusch erweist sich als ein recht schwieriges Unterfangen. Die in den Veröffentlichungen der Linguistin Pusch vertretenen Positionen beanspruchen den Rang von Wissenschaftlichkeit, erweisen sich aber in Wahrheit als polemische Sarkasmen, die jede rationale, argumentative Begründung vermissen lassen.
Es ist mitnichten eine Sprache der Kritik, die Pusch in ihren Ausführungen bemüht. Gegen die von ihr bevorzugte Darstellungsmethode der ironischen Glossierung wäre an und für sich nichts einzuwenden, diente sie lediglich als anschauliche Verdeutlichung des argumentativ begründeten Gemeinten. Bei Pusch indes, wird die Glosse selbst in den Rang eines Argumentes erhoben. Dort, wo ernsthafte Erörterungen am Platze wären - im Sachaufsatz nämlich, - wird mit mehr oder weniger gesuchten Wortspielereien jongliert. Das Spiel ersetzt die rationale Argumentation, die doch eigentlich seine Grundlage bilden sollte.
Die klassische Rhetorik unterscheidet zwei Ebenen der Argumentation: die "argumentatio ad rem" diskutiert die jeweiligen Ansichten eines vorgegebenen Themas. Die "argumentatio ad hominem" dagegen, richtet ihren Angriff auf die Person des gegnerischen Redners selbst. Die letztere Methode läßt jede Fairneß vermissen, hat sich jedoch zu allen Zeiten als ungleich wirkungsvoller und bequemer erwiesen. Es ist just diese Methode, die in den von uns genannten Schriften bedenkliche Triumphe feiert. Der Furor gegen ein schimärenhaftes "Männer"-Kollektivum appelliert an emotionale Prägungen, nicht an das rationale Erkenntnisvermögen des Publikums.
Die Sprache der Sprachwissenschaftlerin Pusch ist diskriminierend statt differenzierend. Eine Wissenschaftlerin, die ihr Publikum mit der Frage konfrontiert: Wie können wir aus Männersprachen humane Sprachen machen? muß sich den Vorwurf der Geschlechterdiskriminierung gefallen lassen!
Aus der zitierten Frage läßt sich entnehmen, daß, nach Pusch, die Sprache, da sie von Männern gesprochen wird, nicht mehr den Rang des Menschlichen beanspruchen kann. Folglich plädiert sie für eine "Totale Feminisierung" jener "männlich geprägten" Sprache.
[...]
Die Folgen solcher "Feminisierungen", seien sie nun "partieller" oder "totaler" Art, erschließen sich bereits aus dem von uns anfangs zitierten Beispielsatz. Während die traditionelle Form des "generischen Maskulinums" in der von uns angedeuteten Weise im Verlaufe der Zeiten eine Entwicklung hin zur abstrahierenden Wortbedeutung durchlaufen hat, fällt die sogenannte "Feminisierung" hinter diese historische Entwicklung weit zurück. Sie nämlich verweist wieder auf jene Bedeutung - das natürliche (nicht das generische) Geschlecht - , von der ja in bestimmten Zusammenhängen gerade abstrahiert werden soll, um dem Gleichheitsprinzip Genüge zu tun.
[...]
Ein Wort noch zu dem als Super-Maskulinum geschmähten Pronomen "man". Die Verwendung des generischen Maskulinums, der Gebrauch des Pronomens "man", bzw. "jedermann", die Verwendung überlieferter Sprichwörter oder Sprachfloskeln (der kleine Mann, der Mann auf der Straße, etc.) sind Teil unserer kulturellen Tradition, sind Teil einer Sprache, die von Männern und Frauen gleichermaßen geprägt, überliefert und rezipiert wurde und wird.
Luise F. Pusch hingegen fordert die Eliminierung dieser Tradition. Die Schillersche Maxime: alle Menschen werden Brüder, soll qua administrativer Maßnahme umgewandelt werden in die total-totalitäre Sprachregelung eines ideologisch verstandenen Feminismus und demnach lauten: alle Menschen werden Schwestern.(12)
Derartige Forderungen erinnern in fataler Weise an die Orwellsche Schreckensvision von einer staatlich gelenkten Sprachregelung, die den Rekurs der Sprechenden auf sprachgeschichtlich Gewordenes nicht zuläßt. Die feministische Umwandlung der literarischen Tradition post festum, welche Luise F. Pusch mit dem Furor des Zensors fordert, würde demnach nicht nur die von ihr gehaßten männlichen Autoren betreffen. Auch die Texte sämtlicher weiblicher Schriftsteller vom Mittelalter bis zur Gegenwart wären im Sinne ihres feministischen Prinzips von der vorgeblich "männlichen Sprache" zu "reinigen". (13) Solch abstruse Konsequenzen beruhen letztlich auf der von feministischer Seite suggerierten Verschwörungstheorie, wonach ein fiktives Kollektivum, genannt "die Männer", seit alters vorsätzlich darum bemüht sei, den weiblichen Teil der Gesellschaft durch entsprechende Sprachregelungen zu unterdrücken.(14) Derartige Gedanken können nur als wahnhaft gedeutet werden. Kaum mag man daher die Binsenweisheit anführen, daß Sprache nicht etwa durch ein mysteriöses Männergremium ferngesteuert ist, sondern sich organisch entwickelt hat im lebendigen Dialog der Sprecher beiderlei Geschlechts.
[...]
Die engagiertesten Vertreterinnen der traditionellen Frauenbewegung wandten sich einst gegen die Benachteiligung der Frau in der Gesellschaft, indem sie die gleichberechtigte Teilhabe der Frauen an sämtlichen Bereichen der überlieferten Kultur und Zivilisation forderten. Gleiche Bildungschancen, die Koedukation von Jungen und Mädchen, die gleichberechtigte Berufsausübung zusammen mit männlichen Kollegen - all dies sind längst selbstverständliche Bestandteile unserer gesellschaftlichen Realität. Die noch bis in unser Jahrhundert übliche Trennung der Geschlechter in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens ging stets einher mit einer formalen und faktischen Benachteiligung der Frau. Der Befürwortung einer sprachlichen Apartheidregelung, einer sprachlichen Trennung der Geschlechter, haftet demnach etwas Anachronistisches an. Sie taugt nicht für unsere Zeit. "Sie ist unser bester Ingenieur" - mit diesen Worten charakterisierte neulich ein mir bekannter Techniker seine Arbeitskollegin. Solche Anerkennung läßt nichts zu wünschen übrig!

Was mich am meisten beeindruckt hat:
1.
Der Mann sei eine "Abweichung des weiblichen Bauplanes", also das "sekundäre Geschlecht".
2.
Gleichberechtigung müßte ja nun darin bestehn, dem Mann einen Rang zuzuweisen, in welchem er als neben-, jedenfalls nicht mehr untergeordnet erscheint. Außerdem in eine Entschädigung für die Zeit, da er untergeordnet gewesen ist. Also kompensatorische Gerechtigkeit für den Mann.
3.
Stattdessen fordert die Pusch "kompensatorische Gerechtigkeit" - für die Frau ! Und, vergessen wir Folgendes nicht: Was der Frau demnach zusteht, ist nicht Gleich-, sondern Besserbehandlung.
4.
Fragt sich nur, was jemand, der einen sekundären Rang einnimmt, verschuldet haben kann, daß ihm "kompensatorische Gerechtigkeit" ingestalt von Strafe widerfahren soll. Wir kommen hier jedenfalls in eine schwer auflösbare Dialektik hinein.
5.
Immer aufs Neue beeindruckt mich, wie unser Grundgesetz-Artikel 3, dessen Benachteiligungs-Verbot keine Prioritäten setzt in der Aufzählung von Rasse, Geschlecht, Herkunft, Religion usw., dermaßen selektiv ausgelegt werden kann, daß die auch nur ansatzweise Erwähnung einer bestimmten Gruppe kaum noch gewagt wird, während eine andere bestimmte Gruppe sich straflos die schlimmsten Verunglimpfungen, ja staatlich geförderten Benachteiligungen gefallen lassen muß.
SiliKat


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