Re: Männerpuff? Ratet mal warum..

Garfield, Wednesday, 07.12.2005, 12:19 (vor 6918 Tagen) @ Zeitgenosse

Als Antwort auf: Re: Männerpuff? Ratet mal warum.. von Zeitgenosse am 06. Dezember 2005 19:07:

Hallo Zeitgenosse!

"Es gibt auch die Vermutung, Hitler habe zwar rechtzeitig von den Attentatsvorbereitungen der Engländer auf Heydrich erfahren, den Dingen aber bewußt seinen weiteren Lauf gelassen. Heydrich soll ihm aufgrund seiner kalt-bürokratischen Machteffizienz umheimlich geworden sein. Heydrich soll u.a. über alle möglichen NS-Größten Dossiers mit belastentem Material angefertigt haben."

Das würde ich Hitler durchaus zutrauen, obwohl es ein weiterer großer Fehler von ihm gewesen wäre. Heydrich hat es nämlich geschafft, in der Tschechei einigermaßen Ruhe zu schaffen, und zwar nicht nur durch Terror, sondern auch durch Maßnahmen, die bei der tschechischen Bevölkerung positiv ankamen (z.B. die Öffnung von Luxushotels für das einfache Volk). Genau deshalb war er ja den Briten und der tschechischen Exil-Regierung so lästig. Nach seinem Tod begann die SS in der Tschechei mit voller Härte zu wüten, was natürlich viele Tschechen, die sich vorher schon mit der Nazi-Herrschaft arrangiert hatten, in den Widerstand trieb.

Hitler hat so etwas nie begriffen. Er glaubte, mit rücksichtsloser Härte meist am weitesten zu kommen. Überhaupt hat er sich ja auch nie wirklich für die Mentalität anderer Völker interessiert und war allein deshalb auch gar nicht in der Lage, die Wirkung von Terrormaßnahmen auf diese Völker vorherzusehen.

Aber vor allem war er eben ein Diktator, und Diktatoren neigen nun einmal dazu, alle Menschen, die in ihrem Umfeld einen eigenen Willen und/oder Macht-Ambitionen zeigen, als potenzielle Gefahr zu betrachten.

Daß Hitler Vegetarier war, hing zum Teil mit seiner Angst um seine Gesundheit zusammen. Seine Mutter ist ja an Krebs gestorben, und er war fest davon überzeugt, daß ihn dasselbe Schicksal treffen würde. So erklären sich teilweise auch seine oft überstürzten Entscheidungen - er fürchtete tatsächlich, daß er nicht mehr lange genug leben würde, um seine Pläne umzusetzen. Schon damals gab es Leute, die glaubten, daß der Verzehr von Fleisch generell ungesund wäre, und Hitler glaubte ihnen.

Er hat sich aber tatsächlich auch Gedanken über den Tierschutz gemacht und hielt auch nichts von der Jagd. Es erscheint natürlich erst einmal als krasser Widerspruch, daß jemand, der eiskalt anordnet, Millionen von Menschen umzubringen, auf einmal ein Problem damit hat, wenn Tiere zur Produktion von Nahrungsmitteln getötet werden. Aber Hitler hat sich aus allem, was irgendwie mit Juden-Verfolgung oder KZ zu tun hatte, weitgehend herausgehalten. Zweifellos hat er auch dort die Linie vorgegeben, aber die konkrete Umsetzung hat er lieber anderen überlassen. Vermutlich weil er fürchtete, ansonsten dieser ihm in seinem Wahn als nötig erscheinenden Aufgabe nicht gewachsen zu sein.

Tatsächlich war - abgesehen von einigen Sadisten - kaum jemand dieser Aufgabe gewachsen. Zu Anfang, als die Massenmorde noch durch Erschießen durchgeführt wurden, gab es immer wieder Probleme damit, daß die SS-Leute, die das tun mußten, oft psychische Probleme bekamen. Es ist ein Unterschied, ob man jemanden im Krieg tötet, mit dem Wissen, daß man sonst selbst von ihm getötet wird, oder ob man wehrlose Zivilisten erschießen muß, die einem nicht gefährlich werden können. Auch Himmler bekam das zu spüren, als er mal persönlich bei einer Massen-Erschießung im Osten anwesend war. Da sah er unter den Opfern einen blonden Jungen, der eigentlich genauso aussah wie die Nazis sich einen echten Germanen vorstellten. Als dann das Feuer-Kommando gegeben wurde, konnte er nicht zusehen und wandte sich ab. Es hätte Hitler sehr gut getan, auch mal persönlich einer solchen Erschießung beizuwohnen. Aber gerade deshalb hat er das immer vermieden. Andere Nazi-Größen konnten oder wollten den Wahnsinn auch nicht stoppen, und so lief es so weiter. Man erfand lediglich effizientere Tötungsmethoden, für die nicht mehr so viel Personal benötigt wurde und die den SS-Leuten auch mehr Abstand vom Tod verschafften.

Freundliche Grüße
von Garfield