Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Wieder mal Susanne Gaschke

pi b., Saturday, 17.12.2005, 18:11 (vor 6907 Tagen) @ Harry006

Als Antwort auf: Wieder mal "Zeugungsstreik" von Harry006 am 16. Dezember 2005 18:39:

Also, von Susanne Gaschke habe ich bisher schon einiges gelesen und von ihrem Journalismus, über ihre Einstellung zur Wehrpflicht, bis zu ihrer Interpretation der Kinderlosigkeit in Deutschland, bin ich bisher wenig beeindruckt. Im wesentlichen zeichnet sie sich ihr Journalismus, in meine Augen, durch Ahnungslosigkeit und Ignoranz aus. Zusammen mit ihrer Dreistigkeit wird eine recht bittere, aber unnötige, Pille daraus. Zumal die Zeit ansonsten eine anspruchsvolle Wochenzeitung ist.

Wir sind es gewohnt, den Anti-Kinder-Trend vor allem als Nebeneffekt der höheren Bildungsbeteiligung von Frauen zu betrachten. Wirklich frappierend aber ist die zunehmende Kinderlosigkeit der Männer (bis zum 45. Lebensjahr), besonders der Akademiker: Diese blieben 1971 nur zu 16Prozent kinderlos, heute zu 35,6 Prozent (nur 32,7 Prozent der Akademikerinnen bis 45 bleiben ohne Nachwuchs).

Interessant! Sind doch drei Prozent-Pünktche nicht wirklich viel um eine erwähnenswerte Differenz anzuprangern, da erweckt Frau Gaschke, indem sie das kleine Wörtchen "nur" verwendet, einfach den Eindruck als bestünde hier ein überdimensionales Missverhältnis.

Die Autoren konstatieren eine Art deutsches Nesthockersyndrom: Während junge Männer in Dänemark, Finnland oder den Niederlanden deutlich früher von zu Hause ausziehen, bleiben deutsche Jungs gern bis Mitte zwanzig bei den Eltern. Vergleichbares Verhalten zeigen auch Griechen, Italiener und Spanier. Kann es sein, dass diese Muttersöhnchentendenz vor allem in jenen Gesellschaften anzutreffen ist, die – anders als etwa die skandinavischen Länder – an traditionellen Männerbildern festhalten?

Natürlich sind, und das Gutachten Starke Familie weist zu Recht darauf hin, die Ausbildungszeiten in Deutschland besonders lang, der Berufseinstieg ist schwieriger geworden und durch endlose Praktika und Erprobungsphasen ausgedehnt. Aber alle diese Faktoren hindern junge Frauen offensichtlich nicht daran, aus dem Elternhaus auszuziehen und sich auf Partnerschaft oder Ehe einzulassen. So ist die Hälfte der weiblichen 30-Jährigen verheiratet, aber weniger als ein Drittel der männlichen.

Mir ist bekannt das junge Frauen in Deutschland wesentlich früher von Zuhause ausziehen als junge Männer. Aber eine Erklärung dafür fehlte mir nur so lange, bis mir bewusst wurde, dass in Partnerschaften bei jungen Menschen, die Jungs in den aller meisten Fällen einige Jahre älter sind als die Mädchen. Das bedeutet: Während die Mädchen gerade die Schule verlassen sind die Jungs oft mit der Berufsausbildung fertig und haben die finanziellen Mittel von zuhause auszuziehen. Das ist bei Männern, wenn man die Wehrpflicht berücksichtigt, oft erst mit Mitte zwanzig der Fall. Die jungen Frauen haben es dagegen wesentlich einfacher. Die brauchen nämlich nur zu ihren älteren Freunden zu ziehen und fertig ist. Das geht sowohl schon während der Berufsausbildung und sogar schon während der Schuldausbildung mit ganz ohne Einkommen. Und schon haben wir ein Missverhältnis, was Frau Gaschke als Nesthockersyndrom bezeichnet und mit dem sie junge Männer als Muttersöhnchen diffamiert, sinnvoll, logisch und durchaus zutreffend erklärt. Und so schlecht kommen die Jungs dabei gar nicht weg.

Woran kann das liegen? Überschätzen traditionell empfindende junge Männer die Größe ihrer Aufgabe als Familienernährer? Lassen sie sich vorsichtshalber auf gar nichts ein aus Angst, den vermuteten Erwartungen nicht gerecht zu werden? Verliert die Vaterrolle an Attraktivität, wenn sie nicht mehr mit der Würde des Familienoberhaupts ausgestattet ist?

Das ist Gaschke wie sie leibt und lebt. Finanzielle vorsorge und Lebenshaltungssicherung in Angelegenheiten der Familienplanung sind natürlich nicht unerheblich gerade in einem Land wo Arbeit und und praktische Berufsausbildung nicht mehr selbstverständlich sind. Wie würde es Frau Gaschke bezeichnen wenn sich Männer eine große Familie anschaffen ohne sie finanzieren zu können? Verantwortungslos? Asozial? Gute Frage: Was wäre ich lieber? Feige und selbstgerecht oder verantwortungslos und azozial!?

»Der Rückgang der Geburtenrate ist dort am stärksten ausgeprägt, wo Frauen weitgehend emanzipiert sind, wo der Rest der Gesellschaft aber noch auf einem vergleichsweise traditionellen Entwicklungsstand verharrt. Gesellschaften, in denen die neue Rolle der Frau anerkannt und unterstützt wird, zeichnen sich hingegen durch relativ hohe Kinderzahlen aus«, heißt es dort.

Also wo die Gesellschaft auf einem traditionellen Entwicklingsstand verharrt, darüber lässt sich streiten. Ich halte mich ja für relativ aufgeschlossen und habe kein Problem damit eine Frau als Bundeskanzlerin oder in irgendwelchen Führungspositionen zu haben. Es sei denn, sie ist absolut unqualifiziert dafür. Ob ich deswegen traditionell konservativ eingestellt bin, das weiß ich nicht. Da muss ich mal die Frau Gaschke fragen.



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