Versuch einer Deutung
"Ist Mechthild Bach also ein Ausnahmefall ?" fragt die Reporterin
G. Friedrichsen. Ich bin icht ganz schlau geworden, worauf sich diese Frage
bezieht.Der Statistik zufolge, wonach die Mörder in Krankenhäusern ganz
überwiegend männlichen Geschlechtes seien, ist Frau Bach zweifellos ein
Ausnahmefall.Die Kennzeichnung "verkehrte Welt" scheint sich zunächst aber auf den
Umstand zu beziehen, daß, wie berichtet, ein Mann, der Kranke tötet, als
Massenmörder verschrieen wird, eine Frau jedoch, die das Gleiche tut, als
eine Art Engel gilt. Leider wird das dann nicht näher ausgeführt.Man kann aber im Anschluß an die geschlechtsbezügliche Ungleichbewertung
fragen, ob denn die Statistiken so ganz in Ordnung sind. Wir wissen ja, was
das Thema der häuslichen Gewalt angeht, daß unsere Gynokratie mit
Statistiken sehr eigenwillig umgeht, z.B. eine solche in Auftrag gibt, um
sie dann, weil das Ergebnis "nicht stimmt" (d.h. mit der Ideologie unseres
Regimes nicht über-stimmt), unter Verschluß hält.Es bleibt also eine offene Frage.
"Wenn zwei das Gleiche tun ist es noch lange nicht dasselbe"
Diese alte Volksweisheit kommt mir bei solchen Artikeln immer wieder in den Sinn. Es gibt eine signifikante Unterscheidung bei der Bewertung von Gewaltverbrechen, nicht nur in der Rechtsprechung sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung, reflektiert durch die massenmediale Berichterstattung.
Diese beruht m.E. auf einem uralten Topos: Der Heiligsprechung der Frau aus ihrer Gebärfähigkeit heraus.
"Die Frau schenkt Leben", ebenfalls eine gängige Phrase zur Beschreibung des Gebärvorgangs. "Männer töten" ein anderes Mem, welches schon seit langem im kollektiven Bewußtsein verankert ist.
Eine klassische Rollenzuweisung, vielfach reflektiert und (unbewußt) gelebt.
Das Frauen soviel öfters andere (Männer) mit Tötungen und Morde beauftragen als diese selber durchzuführen liegt nicht ausschließlich in der schwächeren Physis der Frau begründet, sondern zum Gutteil eben auch in genau dem Denkmuster: Solche Schmutzarbeit macht der Mann, er ist qua Geschlecht "der Destruktive, Böse, Zerstörende", die Frau muss "heilig und rein" bleiben.
Dieses Mem reproduziert sich dann auch entsprechend bei der Wahrnehmung solcher Fälle: Dort der grausame Krankenpfleger, Psychopath, tötet aus niederen Beweggründen; hier die edle Ärztin, "erlöst", aus der Gnade ihrer Heiligkeit heraus, leidende Menschen.
Es ist unschwer zu erkennen, dass eine solche Rollenzweisung eine enorme Schieflage in der Symmetrie der Geschlechter erzeugt, eine Störung der gesellschaftlichen Harmonik, wenn es keine äquivalenten Beschränkungen für Frauen in der Aussenwelt gibt.
Diese Disharmonie läßt sich nur auf zwei Wegen beseitigen: Die Gesellschaft muss dieses Mem loswerden oder Frauen müssen aus der Aussenwelt verbannt werden.
Ich plädiere für ersteres, da ich davon überzeugt bin, dass dies ein enormer Schritt in der geistigen Entwicklung der Menschheit darstellen würde.
Realistischer halte ich allerdings die zweite Variante, da die heutige Dominanz des weiblichen im öffentlichen Raum an ökonomisch-gesellschaftliche Rahmenbedingungen gebunden ist, die wir nicht mehr lange aufrechterhalten können.
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- Massenmörder oder Heldin - abhängig vom Geschlecht? -
Student(t),
28.02.2008, 21:14
- Massenmörder oder Heldin - abhängig vom Geschlecht? - Ralf, 29.02.2008, 11:41
- Versuch einer Deutung -
Peter,
29.02.2008, 13:31
- Männer schenken Leben, Frauen töten - so stimmt's. - Student(t), 01.03.2008, 03:11
- Massenmörder oder Heldin - abhängig vom Geschlecht? -
adler,
29.02.2008, 14:16
- Massenmörder oder Heldin - abhängig vom Geschlecht? - guest2, 29.02.2008, 21:45
- Die Ärzte (m/w) können einem Angst machen ! - Student(t), 01.03.2008, 03:18