Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Alles auf dem Prüfstand

Garfield, Wednesday, 05.07.2006, 14:57 (vor 6927 Tagen) @ Nihilator

Hallo Nihi!

"Wenn sich nicht mehr recht etwas tut, liegt es also vielleicht an den Männern, die unter diesen Umständen nicht mehr wollen?"

Da Männer nach wie vor diejenigen sind, die die Familien hauptsächlich oder sogar allein ernähren, machen sie sich natürlich auch mehr Gedanken darüber, wie Kinder bei sinkenden Realeinkommen und steigenden Lebenshaltungskosten noch finanzierbar sein sollen. Und da sie natürlich auch die Ausbildung der Kinder wesentlich finanzieren, machen sie sich auch Sorgen darüber, wie das in Zukunft bei weiter steigenden Anforderungen an die berufliche Qualifikation und sinkendem Niveau der öffentlichen Schulen dann auch noch möglich sein soll.

Frauen fühlen sich da weitaus weniger in der Ernährer-Pflicht. Viele Frauen haben auch heute noch den Gedanken im Hinterkopf, daß es ja Sache des Mannes ist, genügend Geld heranzuschaffen. Auch wenn sie selbst berufstätig sind, wollen sie doch immer die Option haben, irgendwann für Kinder aus dem Beruf aussteigen zu können - und dann soll der Mann eben die Ernährer-Rolle übernehmen. So machen sie sich wohl auch weniger Gedanken über die Finanzierbarkeit von Kindern, zumal bei ihnen der Kinderwunsch sowieso meist stärker ist als bei den Männern.

Da sind es wohl eher die Männer, die bremsen. Dazu kommen dann noch die hier immer wieder diskutierten Probleme mit Unterhalt, Sorgerecht usw., die auch weit überwiegend Männer betreffen. Viele Männer verdrängen das, in der Hoffnung, daß ihnen so etwas mit ihren Partnerinnen nie passieren wird. Die oben erwähnten finanziellen Probleme lassen sich aber nicht so einfach verdrängen. So denke ich, daß dieser finanzielle Aspekt tatsächlich der wesentlichste Grund für den Geburtenrückgang ist. Das sieht man ja auch in Gegenden, wo es zeitweilig mal Jobs gibt, z.B. im Raum Cloppenburg. Da steigen die Geburtenraten prompt an. Im Osten Deutschlands gingen sie auch erst zurück, als nach der Wende die Erwerbslosenzahlen explodierten und immer mehr Menschen keine Perspektive mehr sahen.

Es gibt dann zwar immer noch den Effekt, daß vor allem junge Mädels in so einer Situation ganz bewußt schwanger werden, um sich den Streß mit Lehrstellen- und Jobsuche für die nächsten Jahre vom Hals zu schaffen, aber das ist nur eine Minderheit, die den allgemeinen Geburtenrückgang nicht ausgleichen kann. Ganz zu schweigen davon, daß die Kinder solcher Mütter dann nicht selten unter katastrophalen Verhältnissen aufwachsen und manchmal sogar tot in Mülltonnen landen...

"Politik und Medien vermeiden sorgfältig, diese Thema auch nur zu tangieren."

Das hat ja eine lange Tradition. Probleme für Männer werden seit Jahrtausenden ignoriert. Das kriegt man nicht in ein paar Jahrzehnten wieder weg.

"Ich warte auf den Tag, an dem sich das nicht mehr unter der Decke halten läßt; einige jüngere Meldungen machen mich da optimistisch."

Ja, langsam scheint sich etwas zu bewegen. Zeit wird's ja auch...

"Das neue Elterngeld soll vor allem die unerträgliche Benachteiligung von eigenverantwortlich Lebenden mindern. Es kann nicht im Sinne einer Familienpolitik sein, das Lebensmodell "Einkommen Kind" zu fördern (was sich bekanntlich über die Generationen fortpflanzt), ebensowenig wie es zukunftsweisend sein kann, die Fortführung unseres Gemeinwesens allein Unterprivilegierten zu überlassen."

Das ist sicher richtig. Aber ich denke nicht, daß die Gesetzesänderungen deshalb gemacht wurden. Es ging wohl wie immer vor allem um Leistungskürzungen. Daß sich das auch positiv auswirkt, ist wohl nur ein zufälliger Nebeneffekt. Sicher hat man auch kalkuliert, daß das Ganze so eher akzeptiert wird.

"Der Weg "Einkommen Kind" kann also mit einiger Berechtigung als erpresserische Geiselnahme angesehen werden."

Das sehe ich auch so. (Siehe oben) Aber ich glaube kaum, daß unsere Spitzenpolitiker sich darüber Gedanken machen. Sie sehen aber schon, daß die Kinder von Eltern, die ihre Kinder vor allem als Geldquelle sehen, dem Staat hohe Kosten verursachen - anfangs über die hohen Zahlungen für die Eltern, später über Kosten durch Sozialleistungen und Kriminalität. Da liegt es natürlich nahe, so etwas weniger zu fördern und dafür die Förderung mehr auf Menschen zu verlagern, die Jobs haben und die Kinder somit weitgehend selbst ernähren und ihnen auch eher eine Zukunft bieten können.

Es gibt da allerdings ein Problem: Da wir längst keine Vollbeschäftigung mehr haben und auch nie mehr haben werden, wächst der Anteil derjenigen, die zwar gern arbeiten würden, aber tatsächlich keine Chance mehr dazu bekommen. Wenn nun in Zukunft diejenigen, die bisher über ihre Kinder mit versorgt wurden, auch auf den schrumpfenden Arbeitsmarkt drängen, dann kann das nur ein noch schnelleres Absinken der Realeinkommen und damit eine Verschärfung nahezu aller bestehenden Probleme zur Folge haben. Tatsächlich ist genau das wohl auch ein wesentlicher Hintergedanke der ganzen Sache, fürchte ich.

"Und auch der Bonus für die Vätermonate ist positiv zu bewerten. Wenn es um einige tausend Euro geht, werden Väter selbstbewußter ihr Recht fordern - und die Arbeitgeber sich fügen, die Mamis vielleicht auch."

Da bin ich geteilter Meinung. Einerseits stimmt es schon, daß Väter, die mit den Kindern zu Hause bleiben möchten, so eine bessere Position gegenüber ihren Chefs und ihren Partnerinnen haben, wenn diese das ablehnen. Andererseits ist das aber letztendlich eine Einmischung in private Angelegehnheiten, weil Paare so ja zu einer Rollenverteilung gedrängt werden, die nicht immer sinnvoll und auch von beiden Partnern nicht immer gewollt ist. Ich bin mir nicht sicher, was da nun schwerer wiegen sollte...

Freundliche Grüße
von Garfield


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