Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Kennt sich jemand in der Geschichte aus?

Hemsut, Friday, 10.04.2009, 17:25 (vor 5717 Tagen) @ Legio

Ist hier jemand geschichtlich versiert und kennt Angriffskriege, die von
Herrscherinnen angefangen wurden?

... als da hätten wir die Damen Maria Theresia von Österreich und Elisabeth von Rußland. Die beiden Damen brachen mehr oder weniger den Siebenjährigen Krieg vom Zaun. Der alte Fritz mit seiner Annexion Schlesiens war zwar nicht gerade unschuldig an der Sache, jedoch mischten sich die Russen unter ihrer Zarin in Dinge ein, die sie nicht unbedingt was angingen. In Frankreich gabs damals zwar einen König, der jedoch mit der Pompadour auch eine nicht gerade sanftmütige Dame an seiner Seite hatte. Mit dem Tod Elisabeths von Rußland war der Krieg keineswegs gegessen, das kurze Intermezzo von Peter III rettete zwar den Alten Fritz, jedoch folgte nach erfolgreicher Ermordung des Zaren wieder eine Frau auf den Thron: Katharina II. Was diese Dame an Kriegen angezettelt hat, ist Legion: Astrachan, die Türken, die Teilungen Polens usw.

Weiter geht´s - zurück in der Geschichte - zu den Tudormädels: Maria I, Elisabeth I und Maria Stuart (stark verwässertes Tudorblut, aber immerhin). Maria I war absolut nicht zimperlich, was die Durchsetzung ihrer religiösen Interessen anging, Elisabeth I kommandierte die Männer ihrer Regierung herum wie ihre Lakaien (zugegeben vereitelte sie einen spanischen Angriff auf England) und Maria Stuart "verteidigte" angeblich auch nur ihren Thron gegen - natürlich - Männer. Daß die Helfershelfer der Letzteren ihr Leben oft genug in Kerkern, unter der Folter oder bei einer der zahlreichen Exekutionen ließen, interessierte Maria Stuart nur insoweit, als daß sie wieder ein neues Nachrichtennetz aufbauen mußte. Bothwell, die Babington-Verschwörung, die Jesuiten, die ihr helfen wollten und die umkamen - alles das lastet auf dem Gewissen der Stuart-Königin. Eine entfernte Verwandte dieser drei Damen aus der neueren Geschichte ist übrigens Viktoria. In ihre Regierung fallen die Kolonisationskriege, die es a) nicht gebraucht hätte und die b) einen Haufen Menschenleben kosteten.

Verlassen wir England und begeben uns nach Spanien. Isabella von Kastilien, die gemeinsam mit Ferdinand von Aragon Spanien von den Mauren "befreite" und die Reconquista zu Ende und gleichzeitig die Inquisition auf die iberische Halbinsel brachte. Sie vertrieb jedoch nicht nur die Muslime sondern nebenbei auch gleich die Juden. Beides führte zu einem intellektuellen und wissenschaftlichen Aderlaß ohne Gleichen. Ganz nebenbei legte sie auch noch den Grundstein für das spätere Reich von Karl V (ihr Enkel). Man sieht: von Benachteiligung keine Spur.

Ein besonderes Leckerli gab es in der Zeit um 900: die sogenannte Pornokratie in Rom. Dabei ging es im Großen und Ganzen um das Papsttum und dessen damalige Käuflich- und Verderbtheit. Zentrum der Pornokratie waren die Damen Theodora I und Marozia, zwielichtige Gestaltinnen als dem Clan der Tusculaner. Damals war die Bezeichnung senatrix gang und gäbe - womit die Wichtigkeit und der Einfluß der zwei relativ gut beschrieben ist. Sie hatten das Sagen über einen kurzen Zeitraum und kontrollierten Rom und das Papsttum, damals immerhin eine der einflußreichsten Körperschaften der Welt. Man sieht auch hier: von Benachteiligungen nichts zu sehen.

Im Norden sah es übrigens nicht anders aus als im heißen Süden. Margarethe I von Dänemark vereinigte die Reiche Dänemark, Schweden und Norwegen in der sog. Kalmarer Union. Da das natürlich nicht so einfach ging, griff sie ganz nebenbei Herzog Albrecht von Mecklenburg (damals auch König von Schweden) an bzw. ließ ihn angreifen. Albrecht wurde gefangengenommen, und da er das Lösegeld nicht zahlen konnte, ging Schweden relativ legal an Margarethe über. Müßig zu spekulieren, wieviel davon geplant und was reiner Zufall war.

Wie auch immer, die Mädels waren und sind keineswegs die friedliebenden Wesen, als die sie sich immer darstellen. Auch Frauen können machtpolitisch einiges auf dem Kasten haben - gekämpft haben jedoch immer Männer für sie und ihre Sache. Von lediglich einer Königin ist bekannt, daß sie ebenfalls an vorderster Front gekämpft hat, um ihr Land vor einer Eroberung zu bewahren: Königin Boudicca von East Anglia. Genützt hat es allerdings nichts - die Römer waren einfach die Besseren.

Kleine Exkurse in die Geschichte mit - Hemsut


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