Dieser Text ist von 2015. Das mit den Tierschutzaktivisten ist also nicht neu und vor fünf Jahren - da stand die Emeritierung wohl noch nicht so aktuell auf der Tagesordnung - hat Logothetis nicht in den Sack gehauen:
Das darf nicht Schule machen
Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Martin Stratmann, zu den jüngsten Entwicklungen um die Entscheidung von Nikos Logothetis
8. Mai 2015
Wie können Forschungsorganisationen ihre eigenen Wissenschaftler vor den aggressiven und unlauteren Methoden von Tierschutzaktivisten schützen? Diese Frage bewegt mich und viele Wissenschaftler in der Max-Planck-Gesellschaft nicht erst seit September vergangenen Jahres, als das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in den Fokus von Tierschutzaktivisten geraten ist. Ihren Übergriffen sahen sich auch schon Wolf Singer in Frankfurt oder Andreas Kreiter an der Universität Bremen ausgesetzt.
Die Ereignisse in Tübingen offenbaren aber noch mehr: Die Tierschutzaktivisten vernetzen sich inzwischen international. So hat sich die SOKO Tierschutz von ihren britischen Kollegen beraten und unterstützen lassen, die bereits seit Jahren mit Undercover-Aktionen an renommierten Forschungseinrichtungen in Großbritannien auf sich aufmerksam machen. Wir haben es hier mit einem professionell aufgestellten Netzwerk zu tun, bei dem es fraglich ist, ob es den Beteiligten tatsächlich immer um den Tierschutz geht – denn hier stehen auch handfeste finanzielle Interessen im Raum. Und die Wissenschaft hat dem bisher zu wenig entgegenzusetzen.
Trotz großer Rückendeckung durch den Oberbürgermeister in Tübingen und die Landesregierung Baden-Württemberg – für die ich mich ausdrücklich bedanken möchte – sowie einer Vielzahl unterstützender Maßnahmen, die die Max-Planck-Gesellschaft für ihren Direktor Nikos Logothetis in den vergangenen Monaten ergriffen hat, konnten wir eines nicht stoppen: die fortlaufend perfiden Drohungen, Beleidigungen und Schmähungen, denen er und viele Mitarbeiter vom Campus ausgesetzt waren. Diese werden unter dem Deckmantel der Anonymität via Mail oder in den sozialen Medien geäußert. Wir dachten, der mittelalterliche Pranger sei Geschichte und müssen nun erleben, dass er im Zeitalter des Internets wieder aufersteht und verheerende Ausprägungen zeigt.
Nikos Logothetis hat sich dieser Hasswelle nicht weiter aussetzen wollen und daher entschieden, zukünftig nicht mehr an Primaten zu forschen. In einer Stellungnahme hat er jedoch noch einmal unmissverständlich klargestellt, dass er von der Notwendigkeit tierexperimenteller Forschung an Primaten nach wie vor überzeugt ist! Seine Entscheidung hat uns getroffen und betroffen gemacht. Eines hat sie aber auch bewirkt: Sie hat uns, das Land und die Politik, ja die Wissenschaftler der ganzen Welt aufgerüttelt. Es setzt nun das ein, was vielleicht schon früher hätte einsetzen müssen: ein Strom der Unterstützung. So sind über viertausend Forscher aus aller Welt einem Aufruf des Tübinger Kollegen Peter Thier gefolgt, um ihre Solidarität mit Nikos Logothetis zu bekunden.
Wir können nicht zulassen, dass gesetzlich legitimierte und international anerkannte Forschung durch fragwürdige, mit unlauteren Mitteln erzeugte Kampagnen beschädigt wird. Die Max-Planck-Gesellschaft wird sich diesem Druck nicht beugen und auch in Zukunft auf Tierversuche und Versuche mit Primaten setzen, dort, wo es wissenschaftlich geboten erscheint. Die Herausforderung wird nun sein, wie wir unsere Forscher zukünftig besser schützen und gleichzeitig den offenen Umgang an unseren Instituten erhalten können. Wir wollen auch zukünftig keine Mauern um unsere Institute hochziehen, denn ich bin davon überzeugt: Nicht Forschung im Verborgenen, sondern bewusste und aktive Beteiligung der Öffentlichkeit ist das Gebot der Stunde. - https://www.mpg.de/9222947/das-darf-nicht-schule-machen
Stellungnahme der Max-Planck-Gesellschaft zur Entscheidung von Nikos Logothetis
30. April 2015
Nikos Logothetis hat die Scientific Community darüber informiert, dass er nach Abschluss der laufenden und bereits genehmigten Experimente an Primaten zukünftig ausschließlich an Nagetieren forschen wird. Die Max-Planck-Gesellschaft bedauert diese Entscheidung.
Seit September 2014 ist die Primatenforschung am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in der Abteilung von Nikos Logothetis im Fokus einer Kampagne von Tierschutzaktivisten. Mit Bildern aus der Tierhaltung, die zum Teil mit falschen Texten unterlegt oder bei denen Tiere mutmaßlich manipuliert wurden, wird tierexperimentelle Forschung diskreditiert. Die Max-Planck-Gesellschaft und das Institut sind den erhobenen Vorwürfen entgegengetreten und haben alles unternommen, um zu einer sachlichen Aufklärung beizutragen. Nikos Logothetis hat in jeder Hinsicht die Unterstützung der Max-Planck-Gesellschaft erfahren. Und auch von Seiten der Politik haben sich namhafte Vertreter frühzeitig und sehr deutlich für die Forschung am Max-Planck-Institut ausgesprochen. Dafür sind wir sehr dankbar. Auch die Darstellung in den meisten Medien war sachlich und differenziert. Die immer wieder aufkeimenden Anfeindungen, die Vielzahl an Drohmails und Beschimpfungen über die vergangenen Monate hinweg waren jedoch eine große Belastung für alle Beteiligten. Die Intensität und intolerante, teilweise menschenverachtende Aggressivität mit der manche unter dem Deckmantel der Anonymität für die Ideen des organisierten Tierschutzes eintreten, hat uns erschüttert. Nikos Logothetis hat nun die Scientific Community darüber informiert, dass er nach Abschluss der laufenden und bereits genehmigten Experimente an Primaten zukünftig ausschließlich an Nagetieren forschen wird. Die Max-Planck-Gesellschaft bedauert diese Entscheidung. Ungeachtet dessen wird es in der Max-Planck-Gesellschaft auch weiterhin tierexperimentelle Forschung an nicht-humanen Primaten geben. Dies ist nach wie vor der einzige Weg, um Behandlungsansätze zu entwickeln für neurologische Gehirnerkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson und psychiatrische wie Schizophrenie. Deshalb wird die Max-Planck-Gesellschaft innovative Forschungsansätze auf dem Gebiet der Primatenforschung auch zukünftig fördern. - https://www.mpg.de/9209981/primatenforschung
Alle Jahre wieder...
Hier wurde Logothetis von der Max-Planck-Gesellschaft im Jahr 2018 in Schutz genommen:
Open Letter by the Max Planck Society
Response of the Max Planck Society to the Open Letter of FENS and SfN
AUGUST 14, 2018
The recent open letter from FENS and SfN, which suggested that the Max Planck Society (MPG) failed to provide support to Dr. Nikos Logothetis and his work with animals at the Max-Planck-Institute for Biological Cybernetics was unfortunately based on an incomplete and one-sided view of the situation. Up until now, the MPG has tried to limit public comments about the situation in order to protect the personal interests of Dr. Logothetis. However, the recent highly sensationalized discussions about the decision of the MPG to suspend part of Dr. Logothetis management function, has led to serious misunderstandings in the public sphere, and the MPG would like to take this opportunity to clarify the facts of the situation:
The scientific excellence of Dr. Nikos Logothetis and the value that his work brings to the study of the brain is without question. [...]
The MPG takes full responsibility for the decisions to pause Dr. Logothetis’ oversight of the animal facility and his personal performance of animal experiments, to support him in the legal process, and to continue investing in animal experimentation. - https://www.mpg.de/12200653/open-letter-logothetis