Recht auf Leben (Allgemein)
Dein fiktives "Recht auf Leben" ist wie alle "Rechte" etwas, das man sich selbst immer wieder erstreiten muß, bis man irgendwann gegen die Natur unterliegt, die einem als Gebrechen, äußere Katastrophe oder andere Menschen entgegentritt. In der Tat ist jeder natürliche oder unnatürliche Todesfall eine Widerlegung des "Rechts auf Leben". Es gibt keine allgemeingültigen, "ewigen" Menschenrechte, die einem ohne eigenes Zutun zustehen. Das ist eine rationale Erfindung des Humanismus und der Aufklärung, die historisch aber immer wieder widerlegt wird, und zwar jedesmal dann, wenn einer der tollen demokratischen Republiken in ihre Verfallsform entartet (wie derzeit die BRD) oder irgend jemand, der das nötige Gewaltpotential kontrolliert, einfach darauf pfeift, daß du dir dieses Recht einbildest, an das sich gefälligst jeder zu halten habe.
Versuche mal, mit der Natur, die dir zwar einen biologischen Körper zugeteilt hat, diesen dir aber hundertprozentig irgendwann wieder entziehen wird, mit Hinweis auf dein "Recht auf Leben" zu diskutieren, um dem natürlichen Lauf aller Dinge zu entgehen. Dieses Bestreben, möglichst nicht verletzt zu werden und auch den Tod nicht schmecken zu müssen, weswegen man ein System schafft, das alle Leiden möglichst aus der Welt schafft und schließlich die Leidensnotwendigkeit des Lebens durch Negation wegdiskutiert, ist spät, zivilisiert und wie alle Überreste untergegangener Kulturen schwächlich.
Anders als die Menschenrechtsreligion, die ein weltfremdes, von der Lebenserfahrung abgezogenes Niedergangssymptom ist, stellt das Gebot “Du sollst nicht morden!” meines Erachtens aber eine religiös untermauerte Kodifizierung einer "richtigen Verhaltensweise" dar, ohne die dauerhaftes, menschliches Zusammenleben nicht möglich ist. Diese Kodifizierung ist aber nachträglich, nach leidvoller Lebenserfahrung schriftlich-abstrakt niedergelegt und durch einen Mythos mit dem göttlichen Ursprung verbunden worden. Das Gebot ist das Ergebnis vorangegangener karmischer Reifung, durch welche Gott (oder die Schöpfung) dem Menschen seinen (ihren) Willen mitteilte. Erfahrungsgemäß sind Gemeinschaften nur stabil, wenn in ihnen nicht ungestraft gemordet werden kann, weswegen man das Gebot in das religiöse System aufnahm, um es auch jenen als Wegweisung dienen lassen zu können, die in sich die Notwendigkeit des Nichtmordens noch nicht begriffen haben. Mit dem Recht, innerhalb der über einen richtenden (religiösen) Gemeinschaft nicht ermodet zu werden, verbindet sich aber kein pauschales, abstraktes Recht auf Leben.