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Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

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Junge Männer wollen zur Bundeswehr (Manipulation)

Marvin, Wednesday, 20.03.2024, 19:39 (vor 246 Tagen)

Keine „Work-Life-Balance“, aber bis 3700 Euro netto: Willkommen beim Soldaten-Casting

Die Bundeswehr braucht dringend Nachwuchs, gerade in Zeiten von Krieg, Unsicherheit und Bedrohung. Denn die Truppe ist überaltert und ausgedünnt. Aber wer will für Deutschland sein Leben riskieren? FOCUS online traf junge Männer, die bereit sind zu kämpfen.

Es sind Sätze, die man von einem 19-Jährigen nicht unbedingt erwartet: „Deutschland zu verteidigen, für das Land zu kämpfen – das ist meine Grundüberzeugung“, sagt Max, der gerade sein Fachabitur macht. Und schiebt hinterher: „Auch mit der Waffe.“

Eigentlich hat Max, dunkelblaues Hemd, Undercut, modische Brille, eine Ausbildung zum Elektroniker in der Verpackungsbranche absolviert. Doch die Arbeit sei ihm „zu eintönig“ gewesen, erzählt er. Jetzt möchte der 19-Jährige aus Niedersachsen zur Bundeswehr. Er will Offizier werden. In der Artillerie. Panzer, Raketen – das große Kaliber.

Im Internet hatte Max häufiger Werbung für die Bundeswehr gesehen, auch die Youtube-Serie „Die Rekruten“. Er fühlte sich direkt angesprochen und motiviert.

etzt, an einem grauen Märzmorgen, sitzt er in der Gereon-Kaserne in Köln-Porz, genauer gesagt im ACFüKrBw – und hofft, dass sich sein Berufswunsch erfüllt. ACFüKrBw steht für Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr.
Zeitenwende: Die Bundeswehr braucht dringend Nachwuchs

Seit Jahrzehnten findet in dem zweistöckigen, langgezogenen Bau das Auswahlverfahren für die Offizierslaufbahn und andere Karrieren bei der Truppe statt. Mehrmals in der Woche stellen sich bis zu 50 Bewerber täglich vor. Sie wollen Offizier, Sanitäter oder Techniker werden. Sie alle haben sich bewusst für die Bundeswehr entschieden. So wie Max.

Im Prinzip werden sie hier mit offenen Armen empfangen. Denn die Armee braucht dringend Nachwuchs. Die deutsche Truppe, konstatierte die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) kürzlich, „schrumpft und altert immer weiter“. Die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schon 2022 ausgerufene „Zeitenwende“ sei beim Militär bislang wenig zu spüren, rügte sie.

181.500 Soldaten dienen derzeit bei der Bundeswehr. In sieben Jahren sollen es 203.000 sein. So will es die Politik. In der gesamten Armee sind allerdings schon jetzt 20.000 Stellen unbesetzt. Zu hoch ist die Abbrecherquote im Dienst.

Högls Worte wiegen schwer: Es mangele an Ausrüstung „vom Großgerät bis zu Ersatzteilen“. Der Zustand in den Kasernen sei teils beschämend. Bis 2026 ist das 100-Milliarden-Euro Sondervermögen der Bundesregierung ausgegeben. Wie es dann weitergeht, ist völlig unklar.

Wer will unter diesen Vorzeichen noch zur Truppe – und sich auf Jahre verpflichten?
Einsätze sind gefährlich: Wer das nicht versteht, ist raus

Thomas Lange kennt die Antwort. Der Kapitän zur See leitet seit mehr als elf Jahren das Assessmentcenter. Kantiges Gesicht, streng frisierte weiße Haare. Er sieht aus wie ein Kapitän aus dem Bilderbuch und kennt die Truppe von A bis Z.

Die Bewerber nennt Lange „junge Leute“. Selten nutzt er auch mal die weibliche Berufsbezeichnung. Beim Sprechen sagt er „zwo“ statt zwei, alte Funkersprache. Auf die drastischen Worte der Wehrbeauftragten angesprochen, zuckt der Kapitän mit den Schultern.

„Ehrlichkeit überzeugt“, sagt der 58-Jährige. Man müsse den Bewerbern klipp und klar sagen, was sie bei der Truppe erwartet, alles andere wäre Schönfärberei.

So erkläre er den Bewerbern gleich am Anfang, die Einzelstuben in der Kölner Kaserne, in denen Leute wie Max übernachten, seien bei der Armee „kein Standard“. Normalerweise gehe es in den Unterkünften weit weniger komfortabel zu. Das müssten die Interessenten wissen, bevor sie im „echten“ Soldatenleben aus allen Wolken fallen.

Zur Wahrheit gehöre auch, dass ein Job bei Bundeswehr sehr belastend sein kann. Tod, körperliche Verletzungen, mögliche psychische Schäden – über all das würden die „jungen Leute“ aufgeklärt. Wer das nicht verstehe, sei „sofort raus“, sagt Lange.

Über einen Mangel an Interessenten kann Lange nicht klagen. Allein vergangenes Jahr meldeten sich 11.500 Bewerber, 6500 von ihnen wurden ins Assessmentcenter nach Köln eingeladen. Kapitän Lange kann jedes Jahr 2500 Posten neu besetzen – und schafft das auch. Dass trotzdem Fachkräfte fehlen, liege daran, dass etwa 20 Prozent der angenommenen Bewerber im Dienst wieder hinschmeißen, erzählt er.

An schlechter Bezahlung kann der Personalschwund kaum liegen, denn wer sich für die Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr entscheidet, verdient gutes Geld. Die Anfangsvergütung als Soldat auf Zeit liegt zwischen 2320 und 3776 Euro netto. Außerdem stellt die Bundeswehr Unterbringung und Verpflegung.

Das Materielle ist das eine. Das andere sind die Entbehrungen, das Risiko, die Gefahr.
FOCUS-online-Schwerpunkt „Bundeswehr“

Nie war sie so wichtig wie heute: eine wehrhafte, vollständig verteidigungsbereite Armee. Doch wie „kriegstüchtig“ ist die Bundeswehr? Könnte sie uns im Ernstfall schützen? Wie sind wir militärisch aufgestellt, falls Russland ein Nato-Mitglied angreifen und damit auch Deutschland herausfordern würde?

FOCUS online geht diesen Fragen in einem Schwerpunkt nach.
Fabian: „Einen Kriegseinsatz wünscht sich niemand hier“

„Einen Kriegseinsatz wünscht sich niemand hier“, sagt Fabian, 22 Jahre alt. Auch er will Offizier werden. Sein Ziel: Die Panzertruppe.

Fabian ist gelernter Metallhandwerker, war Jahrgangsbester. Er trägt ein lila Hemd, einen akkuraten Kurzhaarschnitt und hat eisblaue Augen. In seiner Jugend lernte er beim Technischen Hilfswerk und der Freiwilligen Feuerwehr, was Kameradschaft bedeutet. Genau das sucht er nun bei der Bundeswehr. 13 Jahre würde sich Fabian verpflichten müssen, wenn er das Angebot der Streitkräfte annimmt.

Der 22-Jährige erinnert sich noch genau, wie er als Kind auf dem Hessentag einen Panzer vom Typ „Marder“ bestaunt hat. Seitdem ist er begeistert von der Technik. „Wenn ich einen V12-Motor mit 40 Liter Hubraum höre, dann löst das schon etwas in mir aus.“

Auch Lars will seine Chance im Kölner Assessmentcenter nutzen. Er hat im vergangenen Jahr Abitur gemacht. Der 19-Jährige möchte bei der Bundeswehr Medizin studieren, später in den Sanitätsdienst. „Wenn ich Arzt werde, werde ich auch Soldat sein. Ich muss die Schusswaffe beherrschen.“ Und sagt dann schnell: „Man will ja nicht auf Menschen schießen, sondern soll sich verteidigen.“

Er trägt ein kariertes Jackett zum weißen Hemd, seine schwarzen Haare sind nach vorne gegeelt. Dass Politiker mittlerweile davon sprechen, dass die Bundeswehr „kriegstüchtig“ werden müsse, stört ihn nicht. „Das war eher eine Motivation, zur Truppe zu gehen“, sagt er. „Ich will für die Demokratie kämpfen“.
Sporttest morgens um sechs: Sprint, Kraft, Ausdauer

Das Programm in der Gereon-Kaserne ist straff. Die Bewerber müssen früh aufstehen, meistens um fünf Uhr. Am ersten Tag geht es zum Logik- und Persönlichkeitstest. „Vor dem Mathematikteil haben alle Angst“, scherzt Lange. Anschließend mustert ein Arzt die Bewerber „von Kopf bis Fuß“, wie es auf der Webseite der Armee heißt.

Am nächsten Morgen um sechs Uhr der Sporttest: Sprint, Kraft, Ausdauer. Das Frühstück kurz davor liege dem Nachwuchs dabei schwer im Magen, scherzt ein junger Soldat. In Gruppen- und Einzelgesprächen werden die Bewerber dann nochmals auf ihre Persönlichkeit geprüft.

„Wir gucken auf die Trainierbarkeit und auf die Potenziale, auch im Hinblick auf das verpflichtende Studium“, erläutert Kapitän Lange. Fragen zu Politik oder den Einsätzen der Bundeswehr werden nicht mehr gestellt. Der Bewerbungsbogen umfasst nur noch zwei Seiten.

Aber ist den jungen Menschen klar, dass es kein Spiel ist, auf das sie sich da einlassen, kein unbeschwertes Abenteuer?
Es geht um Werte: Kameradschaft, Demokratie, Gleichheit

Die Bundeswehr will niemandem etwas vorgaukeln. Schon vor Jahren habe man die Werbung umgestellt, sagt Lange. Weniger bunte Welt, mehr Werte: Kameradschaft, Demokratie, Gleichheit. Im Büro des Chefs hängen Poster. Auf einem steht: „Die Zukunft beginnt am heutigen Tag.“

Die Arbeit der Bundeswehr, sie ist in Zeiten der Krisen und Unsicherheiten ein wichtiger Faktor. Nicht nur die Politik will sich damit profilieren. Auch die Gesellschaft beschäftigt sich seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine mehr mit dem Thema.

Das haben sie bei der Bundeswehr auch gemerkt. Das Interesse an der Truppe ist zwar gestiegen. Kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs gab es mehr Beratungsgespräche. Aber genauso schnell sind die Zahlen auch wieder gesunken.

Dabei will die Armee ein attraktiver Arbeitgeber werden – anders geht es auch nicht. „Wir müssen konkurrenzfähig am Arbeitsmarkt sein“, sagt Kapitän Lange. Pauschal auf die Generation-Z draufhauen, das will er nicht. Bei der Bundeswehr erlebe er sehr reflektierte junge Menschen, die Leistung bringen wollen.

„Wenn man sich für die Bundeswehr entscheidet, kann man nicht von Work-Life-Balance sprechen“, sagt Fachabiturient Max aus Niedersachsen. Seine Einheiten sind im Süden stationiert. Er müsste für den Job durchs ganze Land pendeln.
Reflektierte junge Menschen, die Leistung bringen wollen

In den zwei Tagen in der Gereon-Kaserne lernt die Bundeswehr ihre Bewerber gut kennen. Wissen, Intelligenz, Fitness, Gesundheit, Persönlichkeit, Karrierewünsche: Von Lebenshilfe will Kapitän Lange nicht sprechen, aber es gebe immer ehrliches Feedback. Für manche Bewerber sogar zum ersten Mal in ihrem Leben.

Lange zieht an einer Zigarette und lässt den Blick über den Kasernenhof schweifen. Ein Torpedo liegt auf Europaletten vor dem Ausgang. Zwischendrin laufen die Bewerber mit Zetteln über den Hof. Da hinten, zeigt Lange, stehe noch ein alter Leopard A1 Panzer. Er soll ausgetauscht werden. Viel zu alt.

Die Zeitenwende, sie kommt. Wenn auch mit kleinen Schritten.

https://www.focus.de/politik/deutschland/junge-maenner-wollen-zur-armee-19-jaehriger-max-ich-moechte-deutschland-verteidigen-auch-mit-der-waffe_id_259779339.html

Wie sie mit Verlogenheit, Scheinheiligkeit und Hinterfotzigkeit junge männliche Menschen in den Krieg stürzen wollen!

Warum ich die Bundeswehr verlassen habe:

Günni, Thursday, 21.03.2024, 18:03 (vor 245 Tagen) @ Marvin

Warum verlässt man als Offizier, der gerne bei der Truppe war, die Bundeswehr? Ich kann nur einige Aspekte beitragen, die vor vielen Jahren zu meiner Entscheidung beigetragen haben.

Als ich 1999 meinen Antrag auf Entlassung nach dem Personalstrukturgesetz stellte, wollte mein Personalführer eine Begründung von mir. Ich war zwar nicht verpflichtet, meinen Antrag zu begründen, habe ihm aber trotzdem eine Liste mit den folgenden Punkten gegeben:

1. ständig weiter klaffende Schere zwischen Auftrag und Mitteln bei ungenügend angepassten Ansprüchen an Erziehung und Ausbildung der Soldaten

2. nicht mehr nachvollziehbare, restriktive Auflagen für Ausbildung, Führung und Erziehung.

3. Planungschaos auf allen Ebenen und in allen Bereichen

4. langwierige und in ihren Ergebnissen oft nicht nachvollziehbare Entscheidungsprozesse

5.zunehmende Aufgabe der Auftragstaktik zugunsten kleinlicher Befehlsregelungen

6. stetig ansteigende Bürokratisierung in der Armee

7. Zerstörung der unteilbaren Führungsverantwortung der militärischen Führer, vor allem auf der Ebene Kompaniechef und Bataillonskommandeur, durch Wegnahme der für die Erfüllung des Auftrages erforderlichen Mittel und Einflußmöglichkeiten

8. unüberlegtes Zerschlagen gewachsener Strukturen, gefolgt von einem überhasteten Aufbau neuer Organisationen mit eben denselben Aufgaben.

9. Entscheidungen in der Bundeswehr oder für die Bundeswehr werden vielfach von wahlpolitischen Opportunitäten der politischen Führung bestimmt.

10. eklatante Mängel in der Personalführung.

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