Debatte um Corona-Amnestie Das ist geradezu lächerlich (Allgemein)
Debatte um Corona-Amnestie
Das ist geradezu lächerlich
Keine Amnestie für Julian Seiferth´s Lügenjournalismus
Die Pandemie-Regeln beschäftigen Deutschland auch lange nach ihrem Ende. Nun fordert ein Politiker die Corona-Amnestie.
Berlins Ex-Bürgermeister hat eine Idee: Er bringt eine Amnestie ins Spiel für Strafen, die während der Corona-Pandemie ausgesprochen wurden – beispielsweise für Menschen, die mit sechs statt der zwischenzeitlich erlaubten fünf Kontaktpersonen unterwegs waren. Das Land diskutiert mal wieder über die Pandemie:
Julian Seiferth Politik-Redakteur
Nein, das wäre inkonsequent und kurzsichtig
Wenn wir von Amnestie sprechen, geht es oft um die großen Ungerechtigkeiten. In Deutschland gibt es mehrere Beispiele für Amnestien. Eine davon betraf politisch Inhaftierte in der ehemaligen DDR – 17.000 Menschen wurden dadurch endgültig auch juristisch von den Überresten des Unrechtsstaates befreit. Diese Amnestie war ein Akt der Gerechtigkeit.
Vor diesem historischen Hintergrund wirkt Michael Müllers Idee geradezu lächerlich. Eine Amnestie für Regelverstöße während der Corona-Zeit – warum eigentlich, und für wen? Wir sprechen bei der Bundesrepublik der Jahre 2020 bis 2022 nicht von einem DDR-gleichen Unrechtsstaat. Wer gegen die Regeln verstieß, wurde nicht aus politischen Gründen inhaftiert, sondern bekam in den allermeisten Fällen eine Verwarnung oder ein Bußgeld – auch, wenn sich einige von ihnen das im trotzigen Bewusstsein ihrer vermeintlich heldenhaften Rebellion gegen "die da oben" anders einreden mögen.
Was Michael Müller hier tut – bewusst oder unbewusst – ist klar: Seit Wochen schwappt eine Welle der Corona-Revision durch das politische Land, ein "Vielleicht war das Virus gar nicht so schlimm". Müller will diese Welle reiten. Vielleicht sollten wir uns daran erinnern, wie nachhaltig das Virus tatsächlich Schaden anrichten konnte: Mehr als 180.000 Corona-Tote gab es in Deutschland seit März 2020, Spitzensportler wie Lewis Hamilton brauchten nach einer Corona-Infektion Monate, bevor sie sich wieder auf einen leistungsfähigen Körper verlassen konnten. Viele leiden noch heute an den Spätfolgen
Es ist einfach, heute auf einzelne Regelungen zu zeigen und festzustellen, dass man anders hätte vorgehen können. Nur: Man wusste in vielen Fällen damals nicht, was man heute weiß. Der Kampf gegen ein bis dahin unbekanntes Virus bedeutete, dass die Verantwortlichen gewissermaßen auf Sicht fahren mussten. Regeln, die in dieser Zeit galten, waren unter diesen Umständen durchaus sinnvoll, auch wenn sie selbstverständlich ihre absurden Ausschläge hatten, wie beispielsweise Strafen für sechs- statt fünfköpfige Spaziergruppen.
Doch wer es nicht schafft, sich im Angesicht eines tödlichen Virus solidarisch zu verhalten, der muss die Konsequenzen tragen – noch mal, wir reden hier nicht von jahrelangen Haftstrafen, sondern von Strafzetteln und Verwarnungen. Die Idee einer Corona-Amnestie ist inkonsequent und kurzsichtig. Denn auch in der nächsten Pandemie, die laut Experten nur eine Frage der Zeit ist, muss klar sein, was gilt und was nicht. Ein Aufweichen dieses Prinzips heute schwächt die Autorität des Rechtsstaates in der Zukunft.