Ein linksextremer Feminist (Allgemein)
"Menschen, die im Bürgerkrieg nicht wählen durften, waren unter anderem Frauen. Trotzdem lebt Ihr Film von starken Frauenfiguren. Warum war das wichtig für Sie?
Weil ich glaube, dass der Westen ohne Frauen nicht funktioniert hätte. Bei allem, was passiert ist, hatten Frauen einen großen Einfluss. Sie haben vielleicht keine Entscheidung getroffen oder haben an der Front gekämpft. Aber es lag in ihrer Verantwortung, ihre Familien zu ernähren, das Haus sauber zu halten und die Kinder zu erziehen. Die Frauen von damals waren heldenhaft, Frauen sind bis heute heldenhaft. Sie schuften aufs Härteste – und sind dabei noch wunderschön. Der Film ist durch die weiblichen Charaktere noch stärker geworden, weil die ganze Geschichte durch die Frauen zusammengehalten wird."
Hollywoodstar Kevin Costner
"Wir müssen unsere Augen öffnen"
Am 22. August kommt Kevin Costners neuer Film in die Kinos. Im t-online-Interview verrät der Schauspieler, warum "Horizon" ein wahres Herzensprojekt ist.
Es dauert rund eine Stunde, bis Kevin Costner in seinem neuen Film auf der Leinwand erscheint. "Horizon" nimmt erst richtig Fahrt auf, wenn auch der Hollywoodstar mitmischt. Es wirkt, als sei ihm die Rolle des Cowboys auf den Leib geschnitten. Kein Wunder, saß der 69-Jährige in Projekten wie dem Kinoklassiker "Der mit dem Wolf tanzt" und der Erfolgsserie "Yellowstone" bereits öfter auf dem Rücken eines Pferdes.
In "Horizon" schlüpft Kevin Costner jedoch nicht nur in die Hauptrolle Hayes Ellison, sondern ist auch als Produzent, Regisseur und Drehbuch-Co-Autor für den Film verantwortlich. Zudem investierte er 100 Millionen US-Dollar (rund 91 Millionen Euro) seines Privatvermögens in die vierteilige Western-Saga.
Das erste Kapitel blickt ins Jahr 1861. Die Vorboten des amerikanischen Bürgerkrieges erschüttern das südliche Nordamerika. Weiße Pioniere besetzen die Gebiete der Apachen, die sich gewaltsam gegen die Aneignung zur Wehr setzen. Im t-online-Gespräch erklärt Kevin Costner, warum ihn diese Epoche der amerikanischen Geschichte fasziniert, was sein 15-jähriger Sohn Hayes damit zu tun hat und welche Emotionen er mit Blick auf die US-Wahl hat.
t-online: Herr Costner, Sie haben das Konzept für "Horizon" bereits in den Achtzigerjahren entwickelt. Wie fühlt es sich jetzt an, den Film nach all der Zeit einem internationalen Publikum zu präsentieren?
Kevin Costner: Ich spüre eine gewisse Erleichterung. Ich bin froh, dass ich den Film so machen konnte, wie ich ihn mir all die Jahre vorgestellt habe. Ich bin sehr glücklich mit dem Ergebnis. Der Film macht mich wirklich stolz. Ich hoffe, dass er auch dem Publikum gefällt – und zwar nicht nur in Amerika, wo der Film spielt, sondern in der ganzen Welt.
"Horizon" blickt auf einen ziemlich brutalen Teil der amerikanischen Geschichte zurück. Welche Ähnlichkeiten sehen Sie mit Blick auf die heutige Gesellschaft?
Im Westen gab es keine Gesetze, die das Leben regelten. Das ist natürlich ein deutlicher Unterschied zur heutigen Gesellschaft. Trotzdem war die Stimmung damals dieselbe wie heute: Wir haben ein Land, das sich gespalten fühlt. Im Amerika des 19. Jahrhunderts zogen die Menschen wegen dieser Spaltung in den Krieg. Sie kämpften im Grunde um dieselben Dinge wie heute.
Die Idee des Films war es daher, zu den Wurzeln der Gründung Amerikas zurückzukehren. Amerika sollte damals ein Ort des Gedeihens werden, an dem alle Menschen gleiche Chancen haben. Damals, im Bürgerkrieg, hatten Afroamerikaner kein Stimmrecht. Frauen hatten kein Stimmrecht. Die indigene Bevölkerung, die schon seit 50.000 Jahren dort lebte, hatte kein Stimmrecht. Sämtliche Menschen, die kein Eigentum besaßen, hatten kein Stimmrecht. Amerika ist also ein junges Land, das sich im Laufe seiner Geschichte bereits mit den unterschiedlichsten Problemen konfrontiert sah. "Horizon" greift diese Geschehnisse auf. Es ist keine Geschichte, wie Disneyland sie schreibt. Es ist eine Geschichte, die die Realität widerspiegelt.
So brutal dieser Teil der amerikanischen Geschichte auch war: Gibt es Ihrer Meinung nach etwas, das wir aus diesem Kapitel lernen können?
Ich glaube, das Wichtigste ist: Wir müssen unsere Augen öffnen. Wir wissen es besser. Wir wissen, was passiert, wenn Menschen nur wegen ihres Egos an die Macht wollen. Menschen, die nur wegen ihres Ansehens regieren wollen – nicht, um die Bevölkerung zu schützen. Wir brauchen keinen Führer, der versucht, andere Länder zu übernehmen. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass das zu keinem positiven Ergebnis führt. Es ist viel besser, gemeinsam mit anderen Ländern und anderen Kulturen zu leben. Damit die Welt wirklich Erfolg hat, ist vor allem eines wichtig: Es muss mehr Harmonie geben. Es muss eine Akzeptanz für andere geben, eine Akzeptanz der Grenzen. Das gleiche Land, das jemand zu besetzen versucht, könnte ein wunderbarer Nachbar sein, von dem wir viel lernen können.
2024 ist ein wichtiges Jahr für die USA. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die Wahlen im November?
Ich glaube, vielen ist gar nicht bewusst, wie bedeutend dieses Jahr ist. Die Menschen müssen diese US-Wahl wirklich ernst nehmen. Das Wichtigste, das alle Amerikaner verstehen müssen: Ihr müsst wählen gehen! Es gibt viel zu viele Menschen, die nicht wählen gehen. Und das hat Auswirkungen auf uns alle. Wir müssen letztendlich mit dem leben, was uns die Leute eingebrockt haben, die nicht wählen waren.
Menschen, die im Bürgerkrieg nicht wählen durften, waren unter anderem Frauen. Trotzdem lebt Ihr Film von starken Frauenfiguren. Warum war das wichtig für Sie?
Weil ich glaube, dass der Westen ohne Frauen nicht funktioniert hätte. Bei allem, was passiert ist, hatten Frauen einen großen Einfluss. Sie haben vielleicht keine Entscheidung getroffen oder haben an der Front gekämpft. Aber es lag in ihrer Verantwortung, ihre Familien zu ernähren, das Haus sauber zu halten und die Kinder zu erziehen. Die Frauen von damals waren heldenhaft, Frauen sind bis heute heldenhaft. Sie schuften aufs Härteste – und sind dabei noch wunderschön. Der Film ist durch die weiblichen Charaktere noch stärker geworden, weil die ganze Geschichte durch die Frauen zusammengehalten wird.
Der Film zeigt uns nicht nur die wichtige Rolle der Frauen in dieser Zeit, er führt uns auch an sehr faszinierende Orte in der Natur. Als Regisseur des Films: Was für Schwierigkeiten bringen derartige Drehorte mit sich?
Das war eine der größten Herausforderungen des Films. Ich bin bekannt dafür, dass mir die passenden Drehorte sehr wichtig sind. In den Kulissen, die ich auswähle, ist es nicht leicht zu filmen. Aber ich denke, dass sie atemberaubend schön sind und ein Gefühl für den amerikanischen Westen vermitteln. Diese Kulissen sind authentisch und transportieren einen Eindruck, wie es damals an jeder Ecke aussah. Die Leute kamen in den Westen und erwarteten, eine Stadt wie zum Beispiel Berlin zu finden. Aber da, wo sie ankamen, war nichts. Nichts außer Natur. Amerika war damals ein sehr seltsamer Ort. Amerika ist nach wie vor ein seltsamer Ort. All die großen Städte wie Chicago, Los Angeles und Saint Louis: Alles begann mit einem Pfahl in der Erde. Und die amerikanischen Ureinwohner waren überall. Die Leute, die den Pfahl in den Boden steckten, sahen sie an und sagten: "Bitte tut uns nicht weh!" Und das taten die Ureinwohner auch nicht, nur, um am Ende überrollt zu werden.
Wie bereits erwähnt, waren Sie nicht nur Schauspieler, sondern auch Regisseur des Films – nicht das erste Mal in Ihrer Karriere. Welche Vorteile bringt diese Doppelrolle mit sich?
Der Vorteil für mich ist, dass alles, was mir für den Film wichtig war, umgesetzt wurde. Wir haben ja schon über die Frauen im Film gesprochen. Als ich an "Horizon" gearbeitet habe, hat jemand zu mir gesagt: Du hast zu viele Frauen im Film. Da ich der Regisseur war, konnte ich ganz einfach sagen: Das sehe ich anders. Ich konnte "Horizon" so umsetzen, wie ich den Film haben wollte. Alle vier Kapitel der Saga sind genau so, wie ich sie mir erträumt habe.
"Horizon" ist als Saga konzipiert: Drei weitere Kapitel sind geplant. Können Sie den Zuschauern verraten, was sie von den kommenden Filmen erwarten können? Unterscheiden sie sich vom ersten Teil, der jetzt in die Kinos kommt?
Der erste Teil ist ja erst der Anfang. Ich hoffe, dass der erste Film die Leute dazu motiviert, sich auch die weiteren drei Teile anzusehen. Ich hoffe, es ist ein Film, der Emotionen auslöst, sodass man danach noch lange darüber nachdenkt. Und dass die Leute beginnen, sich mit der damaligen Zeit verbunden zu fühlen. Dieses Gefühl soll durch den zweiten, dritten und vierten Teil noch verstärkt werden. Durch die Filme bauen die Menschen idealerweise eine eigene Beziehung zum amerikanischen Westen auf. Vielleicht verlieben sie sich in die Landschaft oder entwickeln ein besseres Verständnis für die Menschen von damals. Das wäre großartig, denn jeder hätte auch zur damaligen Zeit leben können.
Eine Sache kann ich versprechen: Kapitel zwei wird noch härter. Man bekommt auch mehr Einblicke in die Köpfe der Leute. Man fängt an, alle Figuren zu verstehen, ihre Geschichten, man lernt sie besser kennen. Man fängt tatsächlich an, einige zu mögen und andere nicht zu mögen. Aber es stoßen auch neue Personen dazu, das bringt eine neue Dynamik mit sich. Sie alle versuchen, an den sogenannten Horizont zu gelangen – daher auch der Name des Films.
Die weiteren Teile der Saga geben dem Publikum ein Gefühl für diese große Wanderung gen Westen. Das ist immens wichtig, denn viele Menschen haben Vorfahren, die über den Atlantik nach Amerika gegangen sind. Amerika wurde von einer Vielzahl von Europäern besiedelt. Daher haben Menschen auf der ganzen Welt eine Beziehung zu Amerika. Das ist auch der Grund, warum diese Epoche Menschen aus aller Welt fasziniert.
Als Regisseur haben Sie auch beschlossen, Ihrem Sohn Hayes eine Rolle zu geben. Erzählen Sie mir, wie es dazu kam: Musste er für den Film vorsprechen? Und wie war die gemeinsame Arbeit vor der Kamera?
Um ehrlich zu sein: Ich ging einfach den Flur entlang, klopfte an seine Tür und sagte ihm, er solle aufhören, ein Videospiel zu spielen – ich hätte einen Vorschlag für ihn. Und er war von der Idee fasziniert und sagte zu. Ich bin sehr froh darüber, dass meine Kinder nicht mit dem Wunsch aufgewachsen sind, Schauspieler zu werden. Aber Hayes wollte unbedingt in dem Film mitspielen. Also hat er die Rolle einfach bekommen. Das heißt aber nicht, dass er nicht hart arbeiten musste. Aber die Arbeit hat sich ausgezahlt: Er hat sich am Set sehr gut entwickelt.
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