Die Gell-Mann-Amnesie (Gesellschaft)
Die meisten Leute scheinen blind zu glauben, was sie in diversen Medien vermittelt bekommen und vertrauen darauf. Selbst wenn über ein Thema vollkommen falsch berichtet wurde und sie dies erkannt haben.
Den Begriff „Gell-Mann-Amnesie“ hob der Autor Michael Crichton in einer im Jahr 2002 gehaltenen Rede aus der Taufe, um ein Phänomen zu beschreiben, das in der aktuellen Medienlandschaft und bei der Nutzung sozialer Netzwerke zunehmend an Bedeutung gewinnt. Das Phänomen lässt sich wie folgt beschreiben:
Ein Leser, der auf einem bestimmten Gebiet ein ausgewiesener Fachmann ist, entdeckt in seiner Zeitung einen Artikel über ein Thema, das seine Expertise abdeckt und stellt fest, daß der Artikel voller Fehler ist und der Verfasser offenbar keine Ahnung von der Sache hat, über die er schreibt. (Das Beispiel gilt nicht nur für die klassische Zeitung, sondern auch für eine bevorzugte Nachrichtensendung oder ein anderes Medium; um des Beispiels willen bleiben wir bei der Zeitung.) Diese Feststellung vergisst er dann sofort wieder, sobald er die Seite umblättert und einen Artikel außerhalb seiner Fachexpertise liest und diesen dann für absolut bare Münze nimmt.
Der Name „Gell-Mann-Amnesie“ ist eine Reminiszenz an den Physiker Murray Gell-Mann, mit dem Crichton befreundet war und mit dem er ein Gespräch über eben jenes Thema führte. „Durch die Nennung seines berühmten Namens erhoffte ich mir und dem Phänomen eine größere Bedeutung zuzuschreiben, als wir ansonsten erzielt hätten“, ließ Crichton darüber verlauten. Ein kleiner Marketing-Trick, sozusagen.
Crichton weiter: „Kurz gesagt funktioniert der Gell-Mann-Amnesie-Effekt wie folgt. Sie schlagen die Zeitung auf und lesen einen Artikel über ein Thema, das Sie gut kennen. In Murrays Fall war das Physik. In meinem Fall ist es Showbusiness. Sie lesen den Artikel und stellen fest, dass der Journalist weder die Fakten noch das Thema überhaupt versteht. Oft ist der Artikel so falsch, dass er die Geschichte auf den Kopf stellt – also Ursache und Wirkung vertauscht. Ich nenne das die „Nasse Straßen verursachen Regen“-Geschichten. Die Zeitungen sind voll davon. Jedenfalls liest man voller Unglauben oder mit Belustigung die vielen Fehler in einer Geschichte, blättert dann zu nationalen oder internationalen Angelegenheiten um und liest einfach weiter, so als ob der Rest der Zeitung irgendwie akkurater über Palästina berichten würde als der Blödsinn, den man gerade gelesen hat. Sie blättern um und vergessen, was Sie wissen. Das ist der Gell-Mann-Amnesie-Effekt.“[..]
Zahlreiche Fälle
Für dieses Verhalten eines Großteils der Medienkonsumenten (nicht nur) in Deutschland gibt es mehrere Gründe:
Viele Menschen betrachten Medienorganisationen als Autoritäten und neigen daher dazu, ihnen zu vertrauen, auch wenn dieses Vertrauen ungerechtfertigt ist. (Logischer Fehlschluss: Argumentum ad verecundiam)
- Die meisten Medienkonsumenten verfügen oft nicht über die Mittel, oder über den Intellekt, oder den Willen, in den Mainstream-Medien behauptete Sachverhalte zu überprüfen; entweder, weil ihnen die tatsächlichen Informationen zum ursprünglichen Sachverhalt fehlen, oder weil sie nicht über das erforderliche Fachwissen oder die erforderlichen Ressourcen verfügen, um solcherlei Informationen zu sichten, zu bewerten und einzuordnen. (Dummheit und Faulheit)
- Für viele Menschen ist es oft bequemer, einfach davon auszugehen, dass die Tagesschau schon recht haben wird. Eine andere Annahme würde womöglich zu unangenehmer Unsicherheit führen, oder es kostet sie zusätzliche Zeit und Mühe, um die vorliegenden Informationen zu überprüfen. (De Maizièresches Verunsicherungs-Paradoxon)
- Menschen gehen oft lieber davon aus, dass das, was sie in der Tagesschau sehen und hören (ihrer liebsten Medienquelle), zutreffend ist, weil diese Informationen ihre bereits bestehenden Überzeugungen bestätigen. (Kognitive Verzerrung durch Bestätigungsfehler)[..] https://www.achgut.com/artikel/die_gell_mann_amnesie
Für uns hier ist das ja kein neues Phänomen, aber jetzt hat das Kind wenigstens einen Namen
Christine
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohl angepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein
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