Diese Wendung fußt tatsächlich auf den Verben gehen und geben, doch sind diese nur als Wurzel zu rekonstruieren.
Ursprünglich handelte es sich bei gang und gäbe um einen Ausdruck aus dem Münzwesen, der die jeweils im Umlauf befindliche Währung bezeichnete und bereits seit dem 13. Jahrhundert, im Sachsenspiegel, belegt ist (vgl. Lutz Röhrich, »Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten«, Freiburg 1991).
Sein Gebrauch hat sich im Laufe der Jahrhunderte von der Bezeichnung umlaufender Münzen auf die Bezeichnung von Waren ausgedehnt, bis sie schließlich, wie noch heute, in allen Bereichen des täglichen Lebens für alles, was »Sitte und Brauch« ist, Anwendung fand.
gang ist als abgeleitetes Adjektiv mit der Bedeutung ›gangbar‹ aufzufassen – vgl. gängig. In frühneuhochdeutscher Zeit war das heute veraltete Wort gäng oder gänge/genge (mittelhochdeutsch geng) recht verbreitet und wurde in der Bedeutung ›unter den Leuten umhergehend, verbreitet, gewöhnlich, leicht gehend, rüstig, bereit‹ verwendet; damals war gänge sein und gänge werden (›in Gang kommen‹) nicht selten. Verwendet wurde es im Sinne von ›gebräuchlich, geläufig, üblich‹, aber auch in anderer Weise (hierzu ist besonders im »Deutschen Wörterbuch« der Brüder Grimm, Leipzig 1854 ff., viel zu lesen). Die Kurzform ohne Umlaut gang tritt als Variante hinzu, die fragliche Wendung ist also auch in der Version gänge und gäbe belegt.
Auch der zweite Bestandteil gäbe, heute ebenfalls unüblich, war im Mittel- und Frühneuhochdeutschen als Adjektiv geläufig. Er trug die Bedeutung ›annehmbar, lieb, gut‹, später ›was gegeben werden darf, annehmbar, brauchbar, gebräuchlich‹ und ist auf geben zurückzuführen (ähnlich: genehm – nehmen). In letzterer Bedeutung ist – einer Leserauskunft zufolge – das Adjektiv gäbig heute noch in der Schweiz gebräuchlich: e gäbigi Sach ›eine praktische Sache‹, e gäbigs Auto ›ein gutes/brauchbares/praktisches Auto‹, isch no gäbig ›ist noch gut‹.
Beide Wörter – gang (gänge) und gäbe – sind heute nur noch in der Wendung gang und gäbe erhalten geblieben; auch hier sieht man wieder einmal, dass ältere Sprachformen durch Redewendungen bis in unsere heutige Zeit bewahrt werden.
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