Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Susanne Klingner (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Wednesday, 22.05.2013, 15:17 (vor 4209 Tagen)

F6 SUSANNE KLINGNER geboren am 17.06.1978 in Berlin -
Beruf: Studium der Journalistik und Politologie in Leipzig, Volontariat bei der taz. Seit 2005 freie Journalistin in München, u. a. für das SZ-Magazin, emotion und fluter. Privat: Ein fester Freund, viele Freundinnen, die meisten davon Femanzen. Buchveröffentlichungen: Mit Jörg Sundermeier „Leipzigbuch“, Verbrecherverlag, 2005; Mit Meredith Haaf und Barbara Streidl: "Wir Alphamädchen. Warum Feminismus das Leben schöner macht", Hoffmann und Campe, Hamburg 2008; Mit Bastian Obermayer „Pärchenabend forever“, Kiepenheuer & Witsch, 2010; „Habe ich selbst gemacht“, Kiepenheuer & Witsch, 2011 - Und sonst? Spielt und bloggt in der maedchenmannschaft.net. Zum taz-Gespräch traf sich Susanne Klingner mit taz-Redakteurin Heide Oestreich im Dutschke-Haus in Berlin – Inhaberin der Seite „fraulila“, ein feministischer Verein in Zusammenarbeit mit Barbara Streidl und Katrin Rönicke - http://fraulila.dehttp://haltungstattposen.wordpress.comwww.sprechwerk.net - Anschrift: Susanne Klingner, Lindwurmstraße 85, 80337 München – siehe auch F5 Barbara Streidl und F13 Meredith Haaf – susanne@fraulila.de – post@fraulila.de - http://10.re-publica.de/10/speakerpics/86.jpg


Zehn Jahre freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft waren absolut nutzlos. Und da sich auf freiwilliger Basis die gegenseitige Bevorzugung der Männer nicht knacken lässt, ist es Zeit für eine gesetzliche Vorgabe.

www.berlinererklaerung.de/erstunterzeichnerinnen

Frauen gegen Frauen
Kolumne von SUSANNE KLINGNER
Lasst mich in Ruhe!", forderte Zeit-Redakteurin Ursula März vor Kurzem in einem Essay. "Ein emanzipiertes Subjekt hat keinen Gefallen daran, ohne Unterlass gemustert, berat-schlagt, beurteilt, kurzum: gegängelt und bevormundet zu werden", schrieb sie. Und ich denke mir: Ja, tatsächlich wäre eine Pausetaste für den Geschlechterdiskurs schön.
Feministin zu sein ist nämlich viel zu oft ziemlich scheiße; es ist anstrengend, nervig, frust-rierend. Dem Klischee der frustrierten Emanze begegne ich nicht selten - meistens im Spie-gel. Aber wie sollten Feministinnen auch nicht frustriert sein, wenn sich doch so ätzend we-nig tut in Sachen Gleichberechtigung. Und bitte jetzt kein "Frauen ging es vor hundert Jahren viel schlimmer, es hat sich schon so viel getan". Ich wills nicht hören, echt nicht. Ich will, dass mein Leben und das Leben von Frauen heute gut ist. Wirklich gleichberechtigt.
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Zu allem Überfluss wird über die mit den emanzipatorischen Forderungen immer wieder diskutiert: Ist die überhaupt eine richtige Feministin? Denn: Wer sich Feministin nennt, be-kennt sich offenbar nicht einfach nur zu bestimmten Werten, sondern muss sich einem ganzheitlichen Lebenskonzept verschreiben und dieses bitte bis ins verstaubteste Eck ihres Leben einhalten. Sie darf nicht die Stirn krausziehen, wenn die Waage wieder ein Kilo mehr anzeigt.

SUSANNE KLINGNER ist Mitautorin des Buches "Wir Alphamädchen" und bloggt als Frau Lila. Foto: Stephanie Fuessenich
Nicht "Germanys Next Topmodel" schauen. Sie muss den jüngsten Report von Terre des femmes oder Medica Mondiale lesen, anstatt "Bridget Joness Diary". So etwas wie gut ge-pflegte guilty pleasures, die jeder Mensch für ein gesundes Ich braucht, sind für Feministin-nen aber tabu - auf weniger als ein perfektes Emanzenleben steht die verbale Steinigung im öffentlichen Diskurs.
Das Schlimmste ist: Die größten Kritiker von Feministinnen sind andere Feministinnen. Zum Erscheinen des Buchs "Wir Alphamädchen" diskutierten Feministinnen jeglicher Couleur erst einmal, ob ich jetzt tatsächlich und überhaupt eine echte Feministin sei. Die meisten kamen zu dem Schluss: Auf keinen Fall! Zu mainstreamig, zu wellnessig, zu lebenslustig, gut gelaunt, zu leicht verständlich, zu jung - ganz einfach zu unpassend.
Zeit-Redakteurin Ursula März schreibt über Frauen: "Zu erleben, wie sie sich begegnen, sich gegenseitig belauern und bewerten, ist eine deprimierende Erfahrung. Man steht dabei und möchte rufen: Lasst los! Dies, diese Hysterie unfreier und unfreiwilliger Lebensplanwirtschaft, kann mit Feminismus ja wohl nicht gemeint gewesen sein." Sie trifft damit mitten in die Problemzone des Feminismus.
Das gegenseitige Belauern der verschiedenen emanzipatorischen Strömungen ist fast schon so etwas wie das Markenzeichen des deutschen Feminismus. - "Entspannt euch!" will auch ich rufen. Und vor allem: "Ihr werdet doch alle gebraucht." Manche gesellschaftliche Missstände werden sich mit Graswurzelarbeit beseitigen lassen, andere durch radikale Protestaktionen. Warum soll es nicht beides geben?
Ich verstehe Ursula März Ruf nach einer Pause im Geschlechterdiskurs gut - aber wenn meine "nur" sieben Monate Elternzeit dumm kommentiert werden, wenn ich sexistische Werbung sehe oder Familienministerien Kristina Schröder; dann hebt sich meine innere Faust: "Ursula, der Kampf geht weiter." Tut mir leid.

http://www.taz.de/!72688/

"Der Sex wird auch besser"
Susanne Klingner ist volljährig und nennt sich "Mädchen". Und andererseits "Feministin". Sie sieht sich als vierte Welle der Frauenbewegung. Warum sie Charlotte Roche ganz okay findet, Alice Schwarzers PorNo-Standpunkt ablehnt und Sarah Kuttners "Playboy"-Fotos für unkritischen Umgang mit Sexismus hält

INTERVIEW HEIDE OESTREICH

taz: Frau Klingner, Sind Sie volljährig?

Susanne Klingner: Ja, schon lange.

Warum bezeichnen Sie drei sich dann als "Mädchen"? Soll man Sie nicht für voll nehmen?

Doch. Aber in unserer Generation bezeichnen sich viele bis dreißig eben noch als Mädchen. Alphafrauen, das klingt nicht so sympathisch.

Intelligente Frauen haben sich mit Ihren Themen wie Schönheitsterror oder Diskrimi-nierung im Beruf längst auseinandergesetzt. Wer braucht Ihr Buch?

Viel junge Frauen denken, sie lebten doch schon selbstbestimmt und brauchten keinen Feminismus mehr. Aber wenn man genauer hinguckt, sind sie nicht so selbstbestimmt.

Wo sehen Sie das?

Sie denken: Hm, ich habe den Job nicht bekommen, weil der Typ halt besser war. Oder später: Ich verdiene eben weniger Geld als mein Freund und bleibe deshalb mit dem Kind zu Hause. Die Summe dieser Erlebnisse bildet ein System. Das muss man erst mal kapieren.

War das bei Ihnen so?

Bei uns selbst, ja. Aber eben auch bei fast allen unseren Freundinnen. Wir wollten erst über die Probleme unserer Generation schreiben. Und dabei haben wir bemerkt: Es hakt an Punkten, die der Feminismus auch schon lange bearbeitet.

Den Feminismus fanden Sie vorher auch altbacken?

Ja. Als etwa in der Schule in Gemeinschaftskunde über Quoten diskutiert wurde, war ich strikt dagegen: Niemals eine Quotenfrau sein, habe ich gedacht. Jetzt denke ich: Her mit der Quote!

Wie kommt's?

Beim Berufseinstieg merkt man plötzlich: Die Chefs sind immer Männer. Die Frauen werden oft nicht so ernst genommen. Der Chef sagt dir: Du kannst alles werden. Du musst dich nur anstrengen. Aber wenn es um die Stellenbesetzung geht, dann bleibt man komischerweise wieder draußen. Darüber sprechen viele nicht. Wer sich beschwert, gilt als Opfer. Das ha-ben wir verinnerlicht.

Tja, und dann?

Wenn man verstanden hat, dass man nicht zu blöd ist, sondern dass man als Mädchen halt anders sozialisiert wurde, sich zum Beispiel nicht so gut verkauft wie Männer, dann kann man sein Verhalten auch ändern. Wissen Sie, je mehr wir gelesen haben, desto wütender wurden wir. Und desto größer wurde die Lust, sich mal klar zu positionieren.

In den USA hat Jessica Valenti etwas Ähnliches mit dem Buch "Full Frontal Feminism" verfolgt. War das Ihr Vorbild?

Valenti hat uns den Kick gegeben, es wirklich Feminismus zu nennen. Das Problem ist, dass Feministinnen in den USA sich von Welle zu Welle fortbewegen können, sie sind jetzt schon bei der vierten Welle. In Deutschland ist das anders, der Feminismus ist zwischendurch völlig verschwunden.

Die wievielte Welle sind Sie?

Eigentlich auch die vierte. Aber schon die dritte Welle gab es ja hier kaum. In den USA hat sie mit den Riot Grrrls begonnen, hier ist sie im Girlietum versandet. Da gibt es noch ein paar Ladyfeste. Aber diese Freiräume für Frauen, das ist nicht mehr unser Ding.

Sondern?

Wir wollen lieber in der Gesellschaft laut sein. Wir wollen uns durchboxen. Sich als Frau wahrnehmen, abseits der Männer, das brauchen wir nicht mehr so sehr.

Und freuen sich die Männer darüber?

Die einen schon, die wollen auch gern Familie und Beruf miteinander vereinbaren und inte-ressieren sich für unsere Themen. Die anderen, Männer und Frauen, greifen uns dagegen auch schon mal an. Auf unserem Blog kommen dann solche Kommentare: "Wie die schon aussehen, wie Männer!", "Ihr seid doch nur frustrierte Emanzen", usw. Menschen, die mich nur entfernt kennen, sind über meine "Entwicklung" befremdet. Obwohl ich mich gar nicht verändert habe. Aber beim Etikett Feminismus, da schnallen manche ab.

Die Schriftstellerin Thea Dorn hält den Begriff für unrettbar verloren.

Es kommt doch darauf an, wie man Menschen auf neue Art zeigen kann, dass Feminismus das Leben einfach besser machen kann. Erkenntnisprozesse machen doch immer Spaß. Und etwas benennen können heißt, dass man sich dann auch wehren kann. Und die Beziehungen werden besser, und der Sex auch.

Das hat die alte Frauenbewegung auch gewollt. Nur: Männer haben selten mitgemacht.

Aber heute ist es doch anders. Es unterdrücken ja nicht mehr die Männer die Frauen. Die Rollenzwänge sind eher latent. Da macht man eigentlich alles freiwillig. Aber plötzlich passt wundersamerweise alles besser, wenn alle sich traditionell verhalten. Das ist doch die Gefahr.

Das heißt, der Machtbegriff hat sich verändert. Ist diese Macht heute noch mit "Patriarchat" gut beschrieben?

Tja. Es geht jedenfalls nicht mehr darum, dass die Männer hier die Frauen beherrschen und die Frauen deshalb gegen die Männer schießen müssen. Man muss sich mehr gegen Strukturen wehren. Wenn etwa die Unternehmenskultur männlich ist und dann alle meinen, die Frauen seien nur zu blöd, um aufzusteigen, dann nützt es nichts, die Männer anzugreifen. Sondern man muss über die Kultur reden. Und wenn Frauen dann eher mal den Mund aufmachen, hat man schon etwas geändert.

Kommt man mit solcher Mikropolitik gegen Strukturen und Diskurse wie etwa die der Schönheitsindustrie an?

Das ist eine schwierige Frage. Weil gerade die Schönheit so ein Grenzgebiet ist. Alle wollen Körperlotion und noch bessere Mascara. Aber die Schönheitsindustrie will eben auch immer neue Märkte. Jetzt kann man schon das Fitzelchen Fett über dem Ellbogen absaugen lassen. Eine Stelle, die ich mir noch nie im Leben überhaupt angesehen habe. Um dagegen anzugehen, brauchen Frauen eine Art Kompetenz: Wo will ich mich wohlfühlen, und wo fange ich an, mich für ein Ideal zu quälen?

Schönheit muss leiden.

Nein, es gibt eine Grenze, die viele junge Frauen gar nicht mehr kennen. Fast keine Frau findet ihren Körper gut. Deshalb braucht es so dringend diese feministische Denke, mit der man sich mal davon frei machen kann. Und sich überlegen, ob das Selbstbewusstsein nicht auch noch von etwas anderem abhängen könnte als dem Superpo.

Schönheits-TV-Shows wie "The Swan" scheinen das Gegenteil zu beweisen.

Nein. Bei "The Swan" konnte man besonders gut beobachten, dass das Selbstbewusstsein dieser Frauen zuvor zerstört worden war. Da hat etwa der Vater oder die Schwester dauernd gesagt, du siehst unmöglich aus. Es ist doch klar, dass diese Frauen dann Probleme entwickeln. Ich finde es traurig, dass sie dann nicht lieber eine Psychotherapie machen.

Eine Operation ist halt einfacher als eine Psychotherapie.

Aber das ist ein feindlicher Angriff auf sich selbst.

Aber Frau Klingner, Sie als junge, gut aussehende Frau wollen den nicht so schönen Frauen erzählen, sie dürften keine Schönheits-OP machen?

Nein, das muss jede für sich entscheiden. Aber ich kann ihr sagen: Guck doch mal, wie gut es anderen Menschen geht, die auch nicht wahnsinnig super aussehen. Wie liebenswert und beliebt die sind. Und sie sollten sich fragen, ob es ihnen nach einer OP wirklich bessergehen würde oder ob sie dann nicht schon die nächste "Problemzone" ausfindig gemacht haben, die unbedingt wegmuss.

In Ihrem Buch geht es viel um Körperpolitik. Sie greifen auch die alte Pillenkritik wieder auf. Geht das heute noch?

Dass es mal eine feministische Pillenkritik gab, wissen junge Frauen nicht. Alle, alle nehmen die Pille. Das ist krass. Viele Nebenwirkungen machen sich ja erst später bemerkbar. Und immerhin wird man jahrelang hormonell fremdgesteuert. Wollen wir das wirklich? Das überlegen junge Frauen gar nicht mehr. Stattdessen riskieren sie, Aids zu bekommen, oder Geschlechtskrankheiten, oder auch dieses Virus, der Gebärmutterhalskrebs auslösen kann. All das könnte man vermeiden, wenn man einfach Kondome benutzen würde.

Sie grenzen sich stark von Alice Schwarzers PorNO-Kampagne ab. Also PorYES?

Wenn Sie so fragen: PorJEIN. Es müsste ein Qualitätssiegel für gute und fair produzierte Pornos geben. Alles muss freiwillig sein.

Wenn alle einverstanden sind, kann man gerne weiter Vergewaltigungen inszenieren?

Nein, keine Vergewaltigungen. Aber Dominanz sollte nicht automatisch mit tabu sein. Pornos sind ein Kunstprodukt. Sie sollten frei sein. Das heißt aber auch, dass man darüber diskutieren und sie kritisieren muss. Aber zuerst sollte es normaler werden, dass Frauen auch Pornos gucken. Dann wird sich das Gewerbe auch weiterentwickeln, weil sicher nicht so viele Frauen auf Unterwerfungspornos stehen.

Charlotte Roche ist bekennender Pornofan. Ist es in Ordnung, wenn sie gerade den Playboy mit einem Interview beehrt? Der hat ja nicht gerade den New Porn erfunden, sondern steht eher für die Vertierung der Frau als Bunny.

Ich hätte vielleicht nicht gerade dem Playboy ein Interview gegeben. Aber Charlotte Roche hat einfach eine andere Haltung. Diese ganze Kritik an der nackten Frau als Objekt findet sie nicht mehr so relevant. Wir sehen es anders. Aber deshalb kann Charlotte Roche trotzdem Feministin sein. Diese Aufspalterei machen wir nicht mit. Was mich eher nervt, ist, wenn Sarah Kuttner sich für den Playboy auszieht und sagt, das sei großer Rock 'n' Roll.

Ist das nicht Rock 'n' Roll?

Nö, wo denn? Sich in so etwas Sexistisches einfach unkritisch hineinzubegeben finde ich nicht so toll.

Erst Sexsymbol, dann geläuterte Mutter, das ist in der Popkultur im Moment das Modell. Auch das kritisieren Sie. Sind junge Frauen für den Mutterkult tatsächlich noch anfällig?

Das Problem ist, dass sie gar nicht im Kopf haben, dass es diesen Mythos gibt. Man ist ja heute die aufgebrezelte, coole Mutter mit Bugaboo-Kinderwagen und erklärt es zum Lifestyle, dass man aus dem krassen Arbeitsleben aussteigt. Dass man einfach für sich selbst sorgen können sollte, dieses urfeministische Anliegen, geht verloren.

Nicht nur das Thema "Zeit für Kinder" ist in der Arbeitswelt unerwünscht. Generell sind die Personalabteilungen eher allergisch gegen Frauen. Wie kann man damit umgehen?

Das wird sich nur langsam verändern. Es gibt drei Ansatzpunkte: Zum einen merkt die Wirtschaft: Sie braucht Frauen. Zum zweiten: die Männer. Wenn Männer in stärkerem Maße Elternzeit nehmen, schrumpft das Vorurteil gegen die Frauen.

Es bleiben doch viele Geschlechterklischees übrig, mit denen man Frauen diskrimi-nieren kann.

Ja, von diesen Klischees lebt zum Beispiel die ganze Comedyszene. Und die Wissenschaft hat jahrelang versucht, Geschlechterunterschiede herauszuarbeiten. Das war nicht hilfreich. Aber jetzt geht es ja langsam eher darum, dass die Unterschiede innerhalb der Geschlechter größer sind als die zwischen den Geschlechtern. Der dritte Ansatzpunkt: Als Frau kann man viel machen, wenn man mutiger ist.

Also Individualpolitik.

Ja, aber man kann als Individuum auch politisch handeln. Gegen Strukturen angehen, sich vernetzen.

Ansprechpartner für die Politik sind normalerweise Verbände. In welchem Verband sind Sie denn Mitglied?

In keinem. Das ist nicht unbedingt nötig. Die größte Angst unserer Generation ist ja, von irgendeiner Organisation wie von einem Mob vereinnahmt zu werden.

Wenn Sie da alle nicht eintreten, wird es diese Organisationen bald nicht mehr geben.

Wenn eine kleine Gruppe feministisch gesinnter Frauen zu einem Thema richtig Stimmung macht, dann wird das auch gehört, da bin ich ganz sicher.

Es sei denn, sie nennen sich Feministinnen. Die werden prinzipiell nicht gehört.

Das wollen wir ja ändern. In den USA sagen auch alle Frauen in mächtigen Positionen, sie seien Feministinnen. Das soll hier auch zu einem normalen Wort werden. Wer für Demokra-tie und Menschenrechte ist, ist auch für Feminismus.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=sp&dig=2008%2F03%2F22%2Fa0166&cHash=8aa0261211

"Feminismus ist für Männer erholsam"
27.03.2008 10:19 Uhr
Von Interview: Sylvia Vogt
… weil sie nicht das testosterontriefende Alphamännchen markieren müssen, sagen die Journalistinnen Meredith Haaf, Susanne Klingner und Barbara Streidl. In ihrem Buch "Alphamädchen" räumen sie mit so einigen Ge-schlechterklischees auf. Tagesspiegel.de hat nachgefragt.

Alphamädchen sind in aller Munde. Der Spiegel macht damit eine Titelstory und auch euer Buch heißt so. Wer und was sind diese Alphamädchen?


SUSANNE KLINGNER: Alphamädchen sind alle jungen Frauen, die mitdenken und Ziele haben; die sich für die Welt interessieren und frei und selbstbestimmt leben möchten und auch dafür kämpfen, dass sie das können.

Abtreibung, Pille, Gewalt gegen Frauen, bei vielen Themenkommen Sie auf ähnliche Antworten wie der alte Feminismus. Warum brauchen wir trotzdem einen neuen?
MEREDITH HAAF: Der alte Feminismus muss modernisiert werden, da er nicht nur ein Imageproblem hat, sondern auch viele Ansätze überholt sind.
Wir müssen zum Beispiel heute die Männer nicht mehr ausschließen, um uns selbst zu finden. Heute muss Emanzipation gemeinsam mit den Männern passieren. Viele denken, Feministinnen seien spaß-, männer- und lustfeindlich. Aber auch: "Das betrifft mich doch gar nicht mehr, das ist doch was aus der Zeit, in der meine Mutter jung war." Die Themen sind aber nach wie vor relevant. Und da wir 30 Jahre weiter sind, haben sich natürlich auch die Ansprüche und Ideen weiter entwickelt.
Mädchen hängen die Jungs in der Schule ab, Frauen dominieren angeblich die Talk-Kultur, und dann gibt's da noch Angela Merkel. Haben wir nicht längst Gleichberechtigung?
BARBARA STREIDL: Das ist so ein Totschlagargument, "Was wollt ihr denn - Deutsch-land hat doch eine Bundeskanzlerin." In Ordnung, Frau Merkel regiert unser Land. Und wunderbar, dass es einige erfolgreiche TV-Talkerinnen gibt. Doch nur weil Frauen in der Öffentlichkeit präsent sind, heißt das nicht, dass wir in diesem Land schon Gleichberech-tigung haben.
Feminismus macht das Leben schöner, schreiben Sie. Auch für Männer. Wieso denn das?
KLINGNER: Ganz einfach: Mit einer emanzipierten Frau an seiner Seite, wird auch das Leben des Mannes bereichert. Vom Alltag über die Kindererziehung und das Berufsleben bis hin zum Sex wird er ganz neue Möglichkeiten kennenlernen. Hinzu kommt, dass der Feminismus ganz grundsätzlich gegen Geschlechterklischees kämpft - was auch für die Männer sehr erholsam sein dürfte, müssen sie doch nicht mehr immer nur das testoste-rontriefende Alphamännchen markieren.
In welchen Situationen erfahren Sie persönlich Ungerechtigkeit, weil Sie Frauen sind?
STREIDL: Da gibt es viele Situationen, aber es geht ja nicht um unsere persönlichen Er-fahrungen. Wir wollten ja mit dem Buch gerade nicht eigene schlimme Erlebnisse verar-beiten. Der Antrieb war die Erkenntnis, dass einfach jede Frau schon eine oder mehrere Situationen erlebt hat, in der sie übergangen oder angegriffen wurde, sei es verbal, sexuell, karrieretechnisch oder privat - aber aus dem Grund, dass sie eine Frau ist.
Wie sind Sie Feministinnen geworden und was war der Anlass für das Buch?
HAAF: Im Grunde waren wir schon immer Feministinnen, auch wenn wir uns bis vor einigen Jahren noch nicht so genannt haben. Irgendwann wurde uns bewusst, dass ganz viele Frauen die gleichen Probleme haben: Sie werden bei ihrer Karriere übergangen, von Familie und Gesellschaft in die Mutterrolle gedrängt, verdienen weniger als ihre Kollegen, waren schon mal Opfer sexueller Gewalt. Hinzu kam die laute öffentliche Diskussion um die Rolle der Frau, in der unserer Generation vorgehalten wurde, wir seien zu egoistisch und die jungen Frauen sollten gefälligst wieder Kinder kriegen. Und erstaunlicherweise kam von Gleichaltrigen kein öffentlicher Widerspruch. Also mussten wir das tun - mit diesem Buch.
Auf dem Pressefoto trägt Susanne Klingner ein Barbie-T-Shirt. Ausgerechnet die Spielzeugpuppe, die schon kleinen Mädchen ein völlig unrealistisches Schönheitsideal einprägt. Wie geht denn das mit Feminismus zusammen?
KLINGNER: In der Wunderwelt der Ironie ist alles möglich. Barbara hat mit ihrer Band "Die Moulinettes" auch über eine Krankenschwester-Barbie gesungen. Warum auch nicht? Humor ist wichtig, gerade für Feministinnen. Wir würden verzweifeln, könnten wir zwischen den vielen Nachrichten über Ungerechtigkeiten, die Frauen in der ganzen Welt angetan werden, nicht auch mal ausgiebig über uns selbst lachen.
In Ihrem Buch grenzen Sie sich immer wieder von Alice Schwarzer ab. Was haben Sie eigentlich gegen sie?
STREIDL: Wir haben überhaupt nichts gegen Alice Schwarzer. Die Dinge, die sie in den letzten dreißig Jahren zusammen mit anderen Frauen erkämpft hat, sind wertvolle Bestandteile unseres Verständnisses von Feminismus. Wenn wir einige ihrer Positionen kritisieren, dann einfach nur deshalb, weil diese nicht mehr zum Lebensstil unserer Ge-neration passen oder wir ihr nicht zustimmen. Frau Schwarzer ist aus unserer Mütter-Generation. Ganz klar, dass wir an einigen Stellen modernisieren möchten.

Sie sprechen sich für Pornografie aus. Warum?
HAAF: Weil Pornografie an sich für die Sexualität überaus bereichernd sein kann, weil sie offenbar einem menschlichen Bedürfnis entspricht - nämlich sich von Medien erregen zu lassen, bzw. einfach anderen beim Sex zuzuschauen. Unserer Meinung nach können Frauen mit Hilfe von Pornografie mit der eigenen Sexualität viel offensiver und damit positiver umgehen - sofern sie das wollen. Das heißt aber nicht, dass an Pornos alles toll ist. Es gibt gute und schlechte.
Haben nicht Porno-Bilder eine ähnliche Macht, wie Sie sie den Bildern der Schönheitsindustrie durchaus einräumen?
KLINGNER: Ein entscheidender Unterschied ist, dass die Einflüsse der Schönheitsin-dustrie omnipräsent sind, man sieht ja überall Models, in jeder Frauenzeitschrift geht es andauernd um die weiblichen Makel, aber nicht um Pornos. Der Schönheitsdruck ist kul-turell viel stärker verwurzelt als pornografisches Verhalten. Nichtsdestotrotz können Pornos natürlich auch eine schädigende Wirkung auf die Konsumenten haben, wie alle anderen Medien auch. Gerade wenn Jugendliche zu stark mit Pornos sozialisiert werden, kann das deren Vorstellung von Sexualität natürlich grob in die falsche Richtung manipulieren. Das ist allerdings eher ein gesellschaftliches Problem als ein feministisches.
Sie sind alle drei Bloggerinnen und auch sonst im Internet aktiv. Ist das In-ternet eine besondere Chance für Frauen und wo liegen eventuell Gefahren?
HAAF: Das Internet bietet unendlich viele Möglichkeiten zur Entfaltung und Kommuni-kation und Vernetzung und ist nicht verteilt, ständig ändert sich etwas im Netz. Aus die-sen Gründen bietet es für Frauen an sich und für den Feminismus im Besonderen viele Chancen. Gefahren liegen unter anderem darin, dass Machtverhältnisse und Repräsentationsschemata aus der realen Welt reproduziert werden. Und natürlich auch, dass sich Internetuser sehr aggressiv und sexistisch äußern, wenn ihnen etwas nicht passt. Das kann die eigene Redefreiheit doch stark beschneiden.

Und wie geht es jetzt weiter? Was muss sich ändern? Und wer macht's?

STREIDL: Wer - wenn nicht wir alle. Jede Frau und jeder Mann, denen Gleichberechtigung am Herzen liegt, müssen sich selbst und ihr Umfeld überprüfen. Leider haben wir heute keinen klaren Feind mehr, der ganz allgemein am Unglück der Frauen schuld ist. Vielmehr müssen viele kleine Mechanismen und viele ungerechte Strukturen geknackt werden. Ein guter Anfang wäre zum Beispiel, in die nächste Gehaltsverhandlung mit ei-ner klaren Haltung zu gehen und das Wunschgehalt durchzuboxen. Oder sich mal mit dem Partner hinzusetzen und in Ruhe zu besprechen, warum das einfach nicht geht, dass er weiter seine Karriere verfolgt, sie aber ihre beruflichen Pläne zurückstecken muss, weil beide Kinder bekommen haben. Es gibt also keinen Zehn-Punkte-Plan, sondern von unserer Seite vor allem ein "Na los jetzt!", dass die Emanzipation keine Sache ist, die jetzt erreicht ist und damit gut, sondern um die wir immer wieder und immer wieder neu kämpfen müssen.

Noch eine personalpolitische Frage: Hillary Clinton oder Barack Obama?

HAAF: Man muss als Feministin nicht um jeden Preis eine Frau auf ihrem Weg ins Amt unterstützen. Bei Hillary Clinton scheint der Preis, wenn man ihre Wahlkampftaktiken beobachtet, eindeutig zu hoch. Barack Obama ist mit Sicherheit der sympathischere und glaubwürdigere Kandidat von den beiden. Generell ist natürlich die Tatsache, dass sich die Entscheidung der amerikanischen Wähler gerade zwischen einer Frau und einem Schwarzen abspielt, sehr zu begrüßen. Das wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen.

http://www.tagesspiegel.de/kultur/literatur/gleichberechtigung-feminismus-ist-fuer-maenner-erholsam/v_print/1197734.html

Sonntagabend. ARD. Die Frage des Abends lautet “Hat Deutschland ein Sexismusproblem?” Die der Moderator allerdings im Laufe der Sendung immer wieder gekonnt umschifft. Stattdessen kann man an diesem Abend überraschend viel darüber lernen, was verschiedene Generationen für Emanzipation halten. Denn dort sitzt zu Günther Jauchs Linken Wibke Bruhns, Journalistin Jahrgang 1938, und vertritt vehement die Meinung, als Frau solle man sich nicht so anstellen, nicht freiwillig zum Opfer machen, stattdessen lieber wehren und akzeptieren, dass Männer nun mal so sind. Sie zeichnete als Ideal das, was man früher eine “starke Frau” genannt hätte.
Allein ihre Aussagen und ihr stets süffisantes Lächeln, mit dem sie auf die Zustandsbeschreibungen des deutschen Sexismus reagierte, waren eigentlich Beweis genug, dass wir da tatsächlich noch ein Problem haben. Wir, das heißt in diesem Fall: die deutsche Gesellschaft. Jedenfalls so lange selbst Frauen der Überzeugung sind, es sei schon okay, im Job vom Vorgesetzten / Kollegen / Gegenüber angegraben zu werden oder einfach auf anzügliche Weise angequatscht. Dass Frauen das eben aushalten müssten, wenn sie sich in die Männerwelt begeben.Bruhns hat mit ihren Statements genau dieses Denken gezeigt: dass sie die Arbeitswelt für die Domäne der Männer hält, in der es eben auch unangenehme Spielregeln gibt, die Frauen nun mal mitspielen müssen – und sich nicht nach übergriffigen Situationen ins Abseits, sprich: in die Opferecke, stellen sollten.
Das mag in Bruhns frühen Berufsjahren der einzig gangbare Weg gewesen sein, doch zwischen damals und heute gab es die Frauenbewegung, die massenhafte Emanzipation der Frauen und ihr genauso massenhafter Eintritt in die Berufswelt. Was alles geändert hat oder alles hätte ändern müssen. Auch die Spielregeln.
Das versuchten die Diskussionsteilnehmerinnen auf Jauchs linker Seite auch klarzumachen: Alice Schwarzer beschrieb genau diese weibliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Silvana Koch-Mehrin deutete an, dass sie durchaus ekliges Verhalten von Männern in der Politik erlebt hat und weiß, es an sich abprallen zu lassen, es aber für eine absolute Notwendigkeit hält, dass sich Männer und Frauen im Berufsleben auf Augenhöhe begegnen. Anne Wizorek wiederum machte klar, dass es zum Selbstverständnis junger Frauen gehört und gehören muss, sich nicht schmierig anmachen lassen zu müssen, dass sie von ihrem Gegenüber erwarten dürfen, die Grenze zwischen Geplauder, Flirt und Übergriffigkeit zu kennen.
Hellmuth Karasek, der ebenfalls in der Runde saß, illustrierte Wibke Bruhns Mann-Frau-Verständnis so hübsch wie aggressionsauslösend: Man dürfe doch Sex nicht verbieten, Dirndl seien doch erfunden worden, um Frauen auf den Busen zu schauen, und überhaupt: Wo kämen wir denn hin, wenn die Frauen einfach bestimmen dürften, was sie als sexistisch empfinden? Karasek bewies: Man kann es auch einfach nicht verstehen wollen. Oder schlicht überfordert sein von den Zeiten, in denen sich Frauen tatsächlich als gleichberechtigt verstehen. Karasek gab an diesem Abend die traurigste Figur ab. Man hätte ihn gern an der Hand aus der Runde geführt und in einen gemütlichen Sessel gesetzt, einen Schmöker in die Hand gedrückt.
Noch trauriger war an diesem Sonntag nur noch das vermittelte Männerbild. Wibke Bruhns fand, Männer sind nun mal so und es komme nur auf die Menge Alkohol an, die einer getrunken habe, bevor er anzüglich werde. Und Jauch schritt nicht etwa ein, vielmehr schien er vom Thema / vom Problem kaum weniger überfordert als Karasek, wenn er als Moderator (!) Anne Witzork antippt unf fragt, ob er ihr denn zum Beispiel ein Kompliment für ihr Kleid machen dürfe oder ob das schon sexistisch sei.
Als Showeinlage wäre das eine hübsche Demonstration dessen gewesen, wie ahnungslos (oder darf ich sagen: dumm?) man sich stellen kann, wenn man vom existierenden Sexismus nichts wissen will. Leider war die Frage ernst gemeint.
Die Erkenntnisse des Abends waren vordergründig extrem gering – man konnte vor allem einen zu niedrigen Blutdruck etwas in Schwung bringen. Und doch stand das Gesagte und Gesehene für so vieles, dass jetzt nach und nach und unabhängig vom Fall Brüderle besprochen werden muss. Schön wäre gewesen, hätte Deutschlands wichtigste Talkshow wenigstens den Versuch gemacht, die Dunkelstellen auszuleuchten und die Debatte wirklich anzuschubsen. Während sich Jauch eine Stunde lang offensichtlich unwohl in seiner Rolle als Mann und Moderator wand, wünschte ich mir immer wieder Anne Will auf seinen Stuhl, die der Diskussion allein mit einer gehobenen Augenbraue hätte Beine machen können.

http://haltungstattposen.wordpress.com/2013/01/28/die-starke-frau/

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