Ostbiografie als Begründung für (staatlichen) Kindesentzug (Recht)
Ostbiografie als Begründung für Kindesentzug
Gregor Gysi kritisiert fragwürdige Gerichtsgutachten
Wie das MDR-Nachrichtenmagazin "Exakt" in seiner heutigen Ausgabe berichtet, belasten fragwürdige Gutachten vor sächsischen Gerichten ostdeutsche Familien.
Die Argumentation des Gutachters: Personen, die ihre Kindheit in der DDR, in einem "diktatorischen Gesellschaftsverhältnis", verlebt haben, hätten Bindungsstörungen davon getragen und seien damit erziehungsunfähig. Mit dieser Begründung war einem Vater das Sorgerecht für seinen Sohn verweigert worden. Einer anderen Familie drohte der Kindesentzug.
Der Fraktionsvorsitzende Der Linken im Bundestag Gregor Gysi reagierte empört. Es sei völlig absurd, dass Ostdeutschen gesagt werde, sie könnten wegen ihrer Herkunft kein Sorgerecht bekommen und dürften keinen Umgang mit ihren Kindern haben. "Diese Gutachten strahlen eine nicht hinnehmbare Arroganz im Umgang mit Ostbiografien aus."
Mindestens zwei sächsische Gerichte hatten einen Sozialpädagogen aus Bayreuth als Gutachter berufen, der den Zusammenhang zwischen Ost-Herkunft und Erziehungsunfähigkeit als Risiko benannte.
Psychotherapeuten beklagen ganz allgemein die unzureichende Qualität von Gutachten vor Gericht, die zum Teil zu folgenschweren Entscheidungen für die betroffenen Familien führen. Kerstin Dittrich von der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer stellt fest, dass die fachliche Eignung einiger Gutachter zweifelhaft ist und fordert deswegen festgelegte Standards für die Qualifikation von Gutachtern.