Liste Femanzen Prof. Dr. Susanne Baer (Liste Femanzen)
F67 Prof. Dr. Susanne Baer – geboren am 16.02.1964 in Saarbrücken – studierte Rechtwissenschaften und Politikwissenschaften an der FU Berlin – Professor für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin - seit 2009 Studiendekanin der Juristischen Fakultät – Direktorin des GenderKompetenzZentrums an der Huboldt-Universität zu Berlin von 2003 bis 2010, das vom BMFSJ gefördert wurde - seit 2011 Richterin am Bundesverfassungsgericht, nominiert durch SPD und Grüne – sie ist Vorstandsmitglied der 2010 gegründeten Fachgesellschaft Geschlechterstudien/Gender Studies Association Gender e.V. (siehe auch Sabine Hark) – Mitherausgeberin der feministischen Rechtszeitschrift "Streit" - www.fg-gender.de – www.gender.hu-berlin.de - sekretariat.baer@rewi.hu-berlin.de – baer@rewi.hu-berlin.de
"Wir nehmen den Jungs nicht die Autos weg!"
Ist Gender-Mainstreaming wirklich ein Umerziehungsprogramm? Susanne Baer, Leiterin des "Gen-derKompetenzZentrums", beruhigt die aufgebrachte Männerwelt
INTERVIEW HEIDE OESTREICH
taz: Wie erklären Sie dem Menschen auf der Straße Gender-Mainstreaming?
Susanne Baer: Stellen Sie sich vor, Sie müssten in ihrer Gemeinde über die Sportförderung entscheiden. Sie können sagen: Da sind die Vereine, die brauchen diese Halle und jenen Platz. Sie können aber auch sagen: Wem möchten wir ein sportliches Angebot machen? Denn Sport ist ja nicht nur für diejenigen gesund, die schon im Verein sind. Dann wollen Sie vielleicht lieber eine Mehrzweckhalle bauen, für Männer und Frauen mit unterschiedlichen Interessen. Die Bundesländer haben mit diesem Denken gute Erfahrungen gemacht.
Die Bundesregierung hat auch schon einige Projekte auf den Weg gebracht. Was hat's gebracht?
Das bekannteste Beispiel ist wohl die Strahlenschutzverordnung. Als diese neu gefasst wurde, wurde klar, dass nicht einfach Frauen wegen ihrer Gebärfähigkeit zu schützen sind, sondern auch Männer in ihrer Zeugungsfähigkeit. So hat ein Gender-Blick alte Klischeevorstellungen entlarvt, die nicht sachgemäß sind. Ein anderes Beispiel ist die Kinder- und Jugendhilfe. Eine gleichstellungsorientierte Analyse zeigt, dass es unsinnig ist, immer nur Mädchenkurse zu machen und die Jungen auf den Bolzplatz zu schicken. Jungen könnten auch mal andere Dinge kennenlernen - und die Mädchen wollen sich auch austoben.
FAZ und Spiegel werfen Ihnen vor, Mädchen in Jungenrollen zu drängen und Jungs zu Mädchen umerziehen zu wollen.
Da finden ein paar Vermischungen statt, die auch zur rhetorischen Strategie gehören. Gender-Mainstreaming ist ja zunächst nur eine Aufforderung an die Verwaltung, genauer zu prüfen, was sie für wen tut. Also: Stellen wir mit unserem Handeln mehr Gerechtigkeit her oder vertiefen wir Ungleichheiten? Das Ergebnis kann sein, dass Kinder auch einmal neue, ungewöhnliche Angebote finden und nicht nur die üblichen Schubladen. Rollenzwang führt nicht zu mehr Selbstbestimmung und mehr Gerechtigkeit. Aber niemand will kleinen Jungs die Autos wegnehmen, also keine Angst, meine Herren.
Wie kommt denn dann Volker Zastrow von der FAZ auf die Idee, es handele sich um eine "politische Geschlechtsumwandlung"?
Die Rede von der Umerziehung ist Ausdruck diffuser Ängste und gezielter Aggressionen. Diese brechen sich jetzt Bahn, weil nochmals versucht wird, tradierte Vorstellungen von Männlichkeit zu behaupten, obwohl eigentlich klar sein dürfte, dass diese nicht mehr überlebensfähig sind. Gender-Mainstreaming hat Geschlechterthemen aus der Frauenecke herausgeholt und konfrontiert jetzt auch Männer mit Fragen, über die sie bisher hinweggesehen haben. Insofern sind die Aggressionen eine Art paradoxer Erfolg von Gender-Mainstreaming.
Wie treten Ihren Gender-Trainern die Verwaltungen gegenüber? Wer etwas verändern will, stört ja wohl erst einmal?
Die Erfahrungen in der strategischen Beratung, die wir anbieten, sind sehr unterschiedlich. Viele Einrichtungen freuen sich, wenn sie zusätzliches Datenmaterial bekommen, mit dem sie zum Beispiel ihre Zielgruppen genauer bestimmen können. Anders ist es manchmal, in Unternehmen über Diskriminierung zu sprechen, denn niemand lässt sich gerne nachsagen, er oder sie diskriminiere irgendwen.
Die Frauen wollen einfach nicht in die Führungsebene, sagt Ihnen der Personalchef dann.
Ja. Nur: Wenn Sie guten Nachwuchs für ihre Führungspositionen wollen, dann sollten Sie mal gucken, ob der nicht vielleicht von den mystifizierten Arbeitszeiten und der mangelnden Flexibilität in Ihrer Führungsetage abgeschreckt wird. Das haben international agierende Firmen erkannt.
Was haben denn umgekehrt junge Männer davon, wenn man sie ermutigt, in pflegende Berufe zu gucken, wie es das Familienministerium tut?
Sie haben einen Beruf mehr zur Auswahl. Es wollen ja nicht alle Jungen ausschließlich klassische Karrieren machen.
Kann man denn guten Gewissens einen schlecht bezahlten Job empfehlen?
Das muss ja nicht so bleiben. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Jobs, in die mehr Männer strömen, besser bezahlt werden und die, in die mehr Frauen kommen, schlechter. Das könnte den Pfiff haben, dass wir uns mal Gedanken darüber machen, was wir da eigentlich genau bezahlen wollen und das vom Geschlecht unabhängig machen.
Gegen Gender-Mainstreaming wird auch ins Feld geführt, dass es sehr viel Aufwand bei wenig Ergebnissen bedeutet.
Das ist entweder sehr uninformiert oder eine Diffamierung. Politik ist heute komplex: Es geht um mehrere Ebenen - von der EU bis zur Kommune, um zahlreiche Interessen und um komplexe Ziele. Im Gender-Mainstreaming sind da beeindruckend einfache Prüffragen entwickelt worden: Erreiche ich eigentlich, was ich will und wen ich will? Das ist alles. Es ist insofern nicht kompliziert.
Nun haben einflussreiche Zeitungen gegen Gender-Mainstreaming mobil gemacht. Wie gefährlich ist das?
Ich nehme solche Dinge sehr ernst, auch weil die prominenten Gegenstimmen fehlen. Es gibt keine Koalition von Oliver Kahn bis Anne Will, die offensiv für die Gleichstellung streitet. Daher ist es bedenklich, wenn eine sehr konservative Linie diese Diskursposition besetzt - und das auch noch mit lauter falschen Behauptungen. Frauen wird immer vorgeworfen, sie seien so unsachlich und emotional. Jetzt ist emotionale Unsachlichkeit vor allem in diesen Zeitungen zu fürchten. Ich würde mir da mehr Qualität erhoffen.
Im Moment ist eine Polarisierung der Geschlechter wieder schwer in Mode. Steht man da mit Gleichstellungspolitik auf verlorenem Posten?
Nein. Das Konzept Gender-Mainstreaming wirkt langfristig. "Streaming" ist ein Prozess. Es geht darum, etwa Artikel 3 des Grundgesetzes, der uns verpflichtet, etwas für die Gleichstellung zu tun, mit realem Handeln zu unterfüttern. Das ist nicht immer en vogue - und im Moment müssen wir dank der Medienkampagne wieder vieles klären, was ich für geklärt hielt. Aber international ist Gender-Mainstreaming doch anerkannte Politik. Es wird irgendwann auch in Deutschland weitergehen.
Ein letzter Vorwurf lautet, dass Gender-Mainstreaming quasi als Geheimprojekt eingeführt wurde, ohne demokratische Debatte. Ist da was dran?
Was für eine Verschwörungstheorie! Die Regeln, nach denen die Ministerien nun arbeiten, werden ganz normal im politischen Prozess verhandelt - und das gilt auch für die seit über sieben Jahren vielfach geregelte Pflicht, auf Gleichstellungsbelange zu achten. Eine solche Gleichstellungsverträglich-keitsprüfung ist ja letztlich eine Analogie zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Dass die Medien sich dafür nicht interessiert haben - dafür kann das Projekt ja nichts.
Länder wie Frankreich oder Luxemburg haben einen Nationalen Aktionsplan mit Zielvorgaben zur Gleichstellung. Braucht Deutschland auch so ein echtes Programm?
Ja. Nicht nur das GenderKompetenzZentrum wäre froh, wenn Politik offensiver für Gleichstellung werben würde. Im Vordergrund steht derzeit Familienpolitik, der Rest der Gleichstellungspolitik darf kein Stiefkind werden!
Wie machen Sie Männern Gender-Mainstreaming schmackhaft?
Wir tun gut daran, Debatten von dem simplen Schema "böse Männer - gute Frauen" zu befreien. Nicht den Frauen muss mal wieder geholfen werden, sondern beide Geschlechter sind die Zielgruppe. Gender-Mainstreaming eröffnet Männern neue Möglichkeiten neben der etwas tristen Alternative: Geld ranschaffen, aggressiv, rational und cool daherkommen. Und es geht um einen sehr alten und sehr schönen Wert: Gerechtigkeit. Warum wollen wir immer weiter in einem ungerechten System leben? Das mögen kluge Männer auch nicht.
Nun ist ja die klassische Männerrolle eine Abwehrstruktur, die tief in den Persönlichkeiten wurzelt. Ist es nicht naiv, den Leuten mal eben von neuen Möglichkeiten vorzuschwärmen?
In Gender-Trainings zeigt sich oft, dass 10 bis 15 Prozent der Menschen die neuen Ideen ganz kate-gorisch ablehnen. Weitere 10 Prozent sind bereits überzeugt und finden Gender-Mainstreaming prima. Dazwischen gibt es die große Menge der Skeptischen, die sich nicht so schnell von alten Sicherheiten verabschieden wollen. Die lassen sich aber mit guten Argumenten durchaus überzeugen. Es ist eben auch eine Befreiung, wenn nicht immer nur in diesem einen binären Modell "Mann oder Frau" geurteilt wird. Wir sind schließlich auch noch ganz viel anderes.
http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2007/02/22/a0214
Gesundheit Wie Elite wächst
Nur mit Gleichstellung und Genderforschung kommt die Wissenschaft weiter
Ein Evaluationsforscher verfocht unlängst die These, Gleichstellung trage zu mehr Ungleichheit bei, Wissenschaft dürfe auf das Geschlecht nicht achten. Ein Kollege meinte, Gender Studies seien eine Mode, die man schnellstens ad acta legen solle. Im „Spiegel“ war zu lesen, Gleichstellungspolitik wolle uns zu „neuen Menschen umerziehen“, und in der „FAZ“ hieß es, nun werde offiziell „Geschlechtsumwandlung“ betrieben. – Warum ist Gleichstellung ein so schwieriges Thema, und warum ruft die auch an deutschen Hochschulen etablierte Genderforschung bei manchen noch immer so merkwürdige Reaktionen hervor?
Eigentlich sind Befund, Diagnose und Therapie eindeutig: Gleichstellung ist in der deutschen Wissenschaft nicht erreicht.
Das ist zumindest ein Wettbewerbsnachteil, der zu beseitigen ist. Und Gender Studies sind international Teil anerkannter Forschung. Wissenschaftsrat und DFG haben im Rahmen der Exzellenzinitiative denn auch vorgegeben, Gleichstellung zu berücksichtigen. Und alle großen Wissenschaftsorganisationen haben Ende 2006 eine „Offensive“ gestartet, die mehr Gleichstellung bringen soll.
Doch gelingt es dem Thema nicht wirklich, aus der Schmuddelecke herauszukommen: Viele Kolleginnen und Kollegen reagieren empfindlich, genervt, gelangweilt, bagatellisierend oder aggressiv, wenn die Frage nach Gleichstellung in der Wissenschaft gestellt wird. Sie geben an, sich „lieber mit Wissenschaft“ befassen zu wollen. Eben deshalb scheuen sich akademische Eliten gerade in Leitungspositionen wohl auch, aktiv für Gleichstellung zu sorgen. Ausgeblendet wird, dass Wissenschaft und Geschlechterfragen untrennbar zusammenhängen.
Die Folgen: Deutschland steht auch im internationalen Vergleich schlecht da. In den akademischen Eliten herrschen oft geschlechtshomogene Verhältnisse, nur 14,3 Prozent der Professuren und neun Prozent der hoch dotierten Stellen haben Frauen inne. Noch weniger Frauen – 6,5 Prozent – gibt es in Führungspositionen in außeruniversitären Einrichtungen.
Daneben zeigt das deutsche Wissenschaftssystem weitere Schwächen. Wenn attraktive, einflussreiche Posten vergeben werden, orientiert es sich nicht so sehr an der Leistung wie an der sozialen Herkunft. Auch ist evident, dass Forschende mit Migrationshintergrund in Deutschland kaum zu finden sind. Wir sind also noch weit davon entfernt, das in der Wirtschaft angepeilte Ziel der Vielfalt („diversity“) im akademischen Feld zu realisieren. Das erstaunt umso mehr, als gerade dann Innovationseffekte zu erwarten sind, wenn sehr unterschiedliche Menschen über ein Problem nachdenken.
Es schadet nicht, auf diesem Gebiet weiter zu forschen. Allerdings wollen manche mit dem Ruf nach mehr Daten auch nur verhindern, dass gehandelt wird. Andere verweisen auf den Zeitablauf: Das Problem werde sich von selbst erledigen. Es dauere einfach, bis zunehmend mehr Frauen in den wissenschaftlichen Nachwuchs aufsteigen und dann auch in größerer Zahl auf Professuren berufen werden könnten.
Tatsächlich zeigt sich bei Karriereverläufen in der Wissenschaft aber das Phänomen einer „leckenden Pipe-line“ („leaky pipeline“), in der an bestimmten Stellen auffällig viele Frauen auf der Strecke bleiben. Belegt ist, dass weder Frauen die Wissenschaft immer freiwillig verlassen noch sich alles auf die Kinderfrage reduzieren lässt. Vielmehr wird der weibliche talentierte Nachwuchs insbesondere zum wichtigen Schritt der Promotion von den ganz überwiegend männlichen Professoren seltener ermutigt; Studentinnen haben weniger informelle Kontakte zu Professoren als Studenten. Doch die Neigung, diese Ergebnisse der Forschung zugunsten eigener anekdotisch selektierter Erfahrung zu ignorieren, ist gerade hier sehr groß. Kennt nicht jeder eine vielversprechende junge Frau, der die Familie wichtiger war?
Es gibt drei gute Gründe für die Gleichstellung in der akademischen Welt: Gerechtigkeit, ökonomischer Mehrwert und qualitativer Gewinn. Die Frage nach der Qualität ist die, an der es hakt. Zunächst: Frauen haben schlicht ein Recht auf die Chance, an einer so begeisternden Sache wie der Wissenschaft mitwirken zu können. Damit geht es um mehr als um junge Frauen in einer „rush hour of life“. In Deutschland verengt sich die Debatte ja oft auf Kinder, die damit nur noch mehr allein den Frauen anvertraut werden. Grundsätzlicher müssen antiquierte Vorstellungen über Bord geworfen werden, sowohl über die Rolle von Eltern als auch über den Präsenzmythos im „Beruf als Berufung“. Kitas und Elternzuschüsse sind für forschende Frauen und Männer zwingend, aber nicht ausreichend. Vielmehr ist auch sinnvolle Zeitpolitik gefragt.
Für die OECD wie auch für die EU und Teile der Öffentlichkeit geht es auch um Gerechtigkeit, aber mehr noch ums Überleben. Wenn China seit Jahren erfolgreich Frauen zum Beispiel in die Technikwissenschaften integriert und so weit mehr Talente erschließt als die Wettbewerber USA oder Europa, dann beunruhigt das. Es sei zu schade, dass so viele schlaue Frauen verloren gehen, heißt es hierzulande. Diese Argumentation ist charmant, weil sich niemand angegriffen fühlen muss und alles nach Win-win klingt – jedenfalls dann, wenn man sich nicht daran stört, als „Humankapital“ oder gar als „Reservearmee“ gesehen zu werden.
Wenn allerdings gesagt wird, zugunsten der Konkurrenzfähigkeit europäischer Forschung gelte es, Talente vorurteilsfrei zu identifizieren, ist der Vorwurf impliziert, die Entscheider und die „peers“ hegten Vorurteile. Spätestens hier wird Gleichstellung in der Wissenschaft weithin als externe Zumutung, gar als Eingriff in die akademische Freiheit, als Störung des Strebens nach Erkenntnis empfunden. Das ist der Grund, kognitiv zu verweigern, Zielvorgaben zu ignorieren oder zu unterlaufen. Der Glaube, Qualität entscheide und werde vorurteilsfrei gemessen, dominiert. Wer infrage stellt, dass Wissenschaftler frei von persönlichen Annahmen urteilen, zielt auf den Kern akademischer Identität.
Durch die Abspaltung des Privaten, Subjektiven, vulgo Weiblichen von der Person des Denkers wurde schon in der Antike die Kategorie Geschlecht in das Wissen eingeschrieben: Weiche Empfindung gehört nicht zum harten Denken. Im 19. Jahrhundert musste „aperspektivische Objektivität“ zum Credo werden, um Forschung denken zu können. Der Forscher war nun der eigenschaftslose Beobachter. Unterschiedliche soziale Verhält-nisse, die Wissenschaft eben auch ausmachen, konnten heimlich weiter wirken.
Wenn heute Journale wie „Science“ und „Nature“ Beiträge zum „gender bias“, dem Vorurteil, publizieren, ist es an der Zeit, sich von dieser Illusion zu befreien. „Nature“ dokumentierte, dass Frauen etwa zweieinhalb Mal produktiver sein müssen als Männer, bevor sie für gleichermaßen kompetent gehalten werden. Und Naturwissenschaftler verwiesen darauf, dass reine Männerteams dazu neigen, die Welt eingeschränkt wahrzunehmen.
Aus dieser Beobachtung ergibt sich das entscheidende dritte Argument für Gleichstellung. Solange Wissenschaft unter einem tradierten „gender bias“ leidet, leidet die Qualität. Das gilt eben nicht nur fürs Personal, sondern auch für die Inhalte von Wissenschaft. Forschung ohne Reflektion auf Gender, also auf die jeweilige Bedeutung von Geschlecht im Zusammenwirken mit anderen sozial wirksamen Kategorien wie Alter oder Herkunft, weist schlicht Defizite auf.
Die Medizin riskiert schwere Behandlungsfehler, solange sie paradigmatisch am männlichen Patienten orientiert arbeitet. Ingenieurwissenschaften verfehlen Märkte, wenn nicht reflektiert wird, dass Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen an Technik unterschiedliche Erwartungen haben. In den Geistes- und Sozialwissen-schaften werden riesige Problemfelder wie die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates oder der „neuen Kriege“ nur partiell behandelt, solange die Dimension Geschlecht außen vor bleibt.
Eine Gleichstellungsoffensive ist daher nicht nur eine Reaktion auf Fragen der Gerechtigkeit und ökonomisch notwendig, sondern in der Wissenschaft auch eine Qualitätsoffensive. Wer das thematisiert, macht sich nicht beliebt. Wer verdeutlicht, dass formale und informelle Strukturen mehrfach diskriminierende Wirkung entfalten, greift Personen und das System an, mit dem sich diese identifizieren und dem sie ihren Status wesentlich verdanken. Es mag schmerzen, diesen Haken aus dem Fleisch des Akademischen zu lösen, doch ist Linderung gewiss.
Gewinnen lässt sich, wenn der „gender bias“ in der Wissenschaft beseitigt wird, sowohl im Wettbewerb um Personal als auch im Wettbewerb um die beste Erkenntnis. „Blinde“ Bewertungen in transparenten Verfahren, Kompetenz in der Genderforschung bei jeder Begutachtung, Sondermittel für Forscherinnen, die sich ihre akademische Heimat damit selbst aussuchen, oder auch die sinnvolle Quotierung bestimmter Positionen, wie sie der ehemalige DFG-Präsident Winnacker in die Debatte warf – es gibt der Instrumente viele. Nur weiter warten, prüfen, wägen – das ist nicht mehr angesagt.
Die Autorin, Professorin für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität, hält heute das Impulsreferat auf dem Kongress „Gender in der Forschung – Innovation durch Chancengleichheit“ in Berlin. Anlass der vom Bundesforschungsministerium geförderten Tagung ist das Europäische Jahr der Chancengleichheit.
http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/gesundheit/wie-elite-waechst/835960.html
Gender-Theorien am Bundesverfassungsgericht
von Christl R. Vonholdt
Am 1. Februar 2011 tritt Susanne Baer ihr neues Amt als Richterin am Bundesverfassungsgericht an. Die 46jährige bekennend lesbisch lebende Rechtswissenschaftlerin ist Vertreterin der radikalen Gender-Theorien. Seit 2002 ist sie Professorin für öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt Universität in Berlin. Dort lehrt sie Feministische Rechtswissenschaft, zugleich der Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Baer ist Mitherausgeberin der feministischen Zeitschrift Streit.
Von der Gründung 2003 bis 2010 war Baer Direktorin des GenderKompetenzZentrums (GKompZ) an der Humboldt Universität Berlin, das bis zum Sommer 2010 vom Bundesfamilienministerium vollfinanziert wurde. Baer hat die Inhalte und Zielrichtung des GKompZ entscheidend geprägt. Aufgabe des GKompZ war und ist es, das Programm des Gender Mainstreaming, auf das sich die Deutsche Bundesregierung im Jahr 2000 festgelegt hat, politisch und gesellschaftlich in die Praxis umzusetzen. Dabei geht es, so Baer, um „gleichstellungsorientiertes“ Handeln. Ein Blick auf die Arbeit des GKompZ von 2003 bis 2010 zeigt aber: Ausgangspunkt dieser Gleichstellung ist weniger das Geschlecht als vielmehr Gender.
http://anonym.to?http://www.dijg.de/gender-mainstreaming/susanne-baer-bundesverfassungsgericht/
Die Rechtstheoretikerin Susanne Baer sucht nach juristischen Wegen zur Gleichberechtigung
16.08.1999 00:00 UhrVon Ada Freese
Wie Jurastudentinnen sehen die meisten Frauen im Hörsaal nicht aus: Statt Perlen in den Ohren tragen sie Ringe in Nase und Augenbrauen, statt aufgesteckter Frisuren kurzrasierte oder bunt gefärbte Haare. Sie hören auch keine Vorlesung im Verwaltungs- oder Schuldrecht. Sprechen wird Susanne Baer über das Thema "Recht und Geschlecht - eine problemorientierte Einführung in feministische Ansätze in der Rechtswissenschaft".
Susanne Baer lehrt an der Humboldt-Universität als erste und einzige Dozentin in Deutschland "Feministische Rechtswissenschaft". In dem eleganten Leinenanzug wirkt die 35-jährige Juristin, die sich selbst als radikale Feministin bezeichnet, wie eine erfolgreiche Managerin.
Als wolle sie die landläufigen Vorurteile Lügen strafen, Feministinnen seien aggressive Eiferinnen, spricht sie über die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu den deutschen Quotenregelungen betont sachlich. Quotenregelungen, so Baer, das seien Notlösungen. "Es sind Gesetze, die Ungleichheit festschreiben, um Ungleichheit zu beenden." Auch für die Frauenbewegung liege darin ein Dilemma: "Einerseits sollen die Regelungen der Emanzipation dienen, andererseits machen sie aus der Frau ein Opfer, dem man helfen müsse - und das dient der Emanzipation nun nicht gerade."
Ihren Ruf als "Emanzenclub und Männerhasserverein" sind Baer und ihre Studentinnen trotz betonter Sachlichkeit noch nicht ganz losgeworden. Immer wieder müssen sie sich gegen herabsetzende Nachrede gerade auch von Frauen wehren und klarstellen, dass sie keine Selbsthilfegruppe sind, sondern sich mit wichtigen juristischen Problemen befassen. Die feministische Rechtstheorie wolle mit juristischen Mitteln die Gleichberechtigung von Mann und Frau erreichen, betont Baer - und dabei solche Notnägel wie die Quote weit hinter sich lassen. Baer lobt die Berliner Gleichberechtigungsgesetze: "Bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst werden auch typisch weibliche - beispielsweise soziale - Kompetenzen berücksichtigt und nicht nur auf die typisch männliche Qualifikationsleiter gestarrt."
Während in den USA, Kanada, Großbritannien und in vielen skandinavischen und afrikanischen Ländern der Problemkreis Recht und Geschlecht schon lange einen festen Bestandteil des Lehrangebots bildet, ist in Deutschland das Projekt an der HU bislang das einzige seiner Art. Es entstand 1994 auf studentische Initiative und mit der Unterstützung des damaligen Dekans der juristischen Fakultät, Bernhard Schlink. Alle zwei Semester werden ein Seminar und ein Kolloquium angeboten. Der akademische Senat der Universität hat sogar beschlossen, in Zukunft eine Professur für Feministische Rechtswissenschaft einzurichten. "Damit wäre die HU Vorreiterin", sagt Baer; bei vielen Rechtswissenschaftlern gelte die Beschäftigung mit Fragen nach der Kategorie Geschlecht im Recht als "abseitig und unwissenschaftlich"; die meisten Kollegen an der HU hingegen anerkennen und unterstützen diese Arbeit mittlerweile.
Als Studentin nahm Susanne Baer an einer Tagung zum Thema Frauen und Recht in den USA teil, wo sie Catharine MacKinnon kennenlernte, eine der dort prominentesten feministischen Rechtstheoretikerinnen. Auf MacKinnons Anregung schrieb die damals 21-Jährige 1986 einen zivilrechtlichen Gesetzesentwurf gegen Pornografie. In der feministischen Rechtstheorie wurden damals die Möglichkeiten, mit juristischen Mitteln gegen die Diskriminierung von Frauen durch Pornografie vorzugehen, heiß diskutiert. "Ich sprach mich in meinem Entwurf dafür aus, dies nicht wie bisher in einem strafrechtlichen Prozeß zu tun, sondern als zivilrechtliches Verfahren." Im Strafrechtsverfahren übernimmt der Staat als "Hüter der Moral" die Rolle des Anklägers. Baer plädierte dafür, daß die betroffenen Frauen - also beispielsweise die Darstellerinnen in Pornofilmen oder Frauen, die nach der pornografischen Vorlage Opfer sexueller Gewalt geworden sind - selbst klagen dürfen. Der Gesetzentwurf wurde zwar nie umgesetzt, aber die Problematik ließ Baer nicht mehr los; sie wurde in der Berliner Frauenbewegung aktiv. Auch wenn sich viel verbessert habe, seien Frauen vor allem im Erwerbsleben immer noch benachteiligt; nicht zuletzt weil hauptsächlich sie es sind, die sich um Haushalt und Kinder kümmern.
Die Bedeutung der Feministischen Rechtswissenschaft für die juristische Ausbildung sieht Baer vor allem darin, dass der Studierende hier wie in allen juristischen Grundlagenfächern nicht nur die handwerkliche Anwendung von Gesetzen lernt, sondern über die Prämissen von Recht nachdenken muss. Der kreative Umgang mit Recht komme in der verschulten juristischen Ausbildung leider oft zu kurz.
Außerdem sei die Beschäftigung mit Geschlechterfragen auch für die Praxis von potenziellem Nutzen. Wer etwa die Vorlesung "Recht und Geschlecht" gehört hat, kennt schließlich viele der geschlechtsspezifischen juristischen Probleme, die als Anwalt auf ihn oder sie zukommen werden. "Das reicht vom Arbeitsrecht - beispielsweise Fragen der Lohngleichheit oder sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz - über das Familienrecht - darunter sorgerechtliche Fragen - bis hin zum Finanzrecht, wenn zum Beispiel Banken den Frauen ungünstigere Kreditbedingungen bieten als Männern", sagt Baer.
"Ein Jurist muss ein Gespür für die Formen der geschlechtsspezifischen Diskriminierung haben", begründet Baer die Notwendigkeit einer feministisch-rechtstheoretischen Ausbildung von Jurastudenten. "Ein normal ausgebildeter Jurist bemerkt sowas gar nicht erst." Feministische Rechtswissenschaft sei ein "Training in Geschlechtssensibilität".
Dass man tatsächlich etwas bewegen kann, zeigt etwa das von ihr mit ins Leben gerufene "Berliner Interventionsprojekt gegen Gewalt gegen Frauen". "Kürzlich habe ich in Bayern 200 Führungskräfte der Polizei fortgebildet, mit ihnen über Opferbedürfnisse und Täterarbeit diskutiert und sie mit Rollenspielen auf ihre Einsätze vorbereitet", sagt Susanne Baer und fügt nicht ohne Stolz hinzu: "Das war schon eine große Herausforderung."Im Wintersemester 1999/2000 findet an der Humboldt-Universität ein Seminar und ein Kolloquium zur "Feministischen Theorie und Rechtswissenschaft" mit Susanne Baer statt (Seminar dienstags 12-14 Uhr und Kolloquium dienstags 18-20 Uhr, Bebelplatz 1, Raum 44), Beginn erst ab 1. November
Hadmut Danisch über Susanne Baer:
Hintergrund meiner Anfrage ist, dass ich Susanne Baer auf Grundlage ihrer Äußerungen und Publikationen sowie ihres Lebenslaufes weder als Verfassungsrichterin noch als Rechtsprofessorin für qualifiziert halte. Einmal weil sie Politik und Wissenschaft nicht auseinanderhalten kann und Politik als Wissenschaft ausgibt. Zweitens weil sie formal Juristin, faktisch aber fast nur im soziologisch-philosophischen Bereich tätig ist und sich nach meinem Eindruck aus der Rechtswissenschaft ziemlich heraushält und ich von ihr keine ernstlichen juristischen Leistungen gefunden habe. Drittens weil sie extrem ideologisch ausgerichtet ist und man ihren Publikationen die Unwissenschaftlichkeit sehr deutlich anmerkt, da ist alles willkürlich, unbewiesen, nicht nachvollziehbar, esoterisch. Sie erklärt sogar, wissenschaftliche Qualitätskriterien schlechthin abzulehnen und propagiert im Rahmen der Gleichstellung qualitätslose Beliebigkeit, die Abschaffung jeglicher Anforderungen an Frauen. Viertens weil sie ausdrücklich erklärt, ihr willkürliches und selbsternanntes Gerechtigkeitsgefühl über gedrucktes Recht zu stellen, und damit ihre Eigeninteressen über das Grundrecht zu stellen. Fünftens weil sie anscheinend nur Artikel 3 Grundgesetz kennt und ich der Meinung bin, dass Verfassungsrichter sie alle kennen müssen.
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Die ultimative Dienstleistungsoffensive des Antifeminismus
Ein bisschen Frauenhass steht jedem Mann!
wikimannia statt femipedia
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- Liste Femanzen Prof. Dr. Susanne Baer -
Oberkellner,
17.11.2013, 11:04
- Liste Femanzen Prof. Dr. Susanne Baer - knn, 17.11.2013, 21:08