Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Cornelia Funke (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Sunday, 08.12.2013, 11:35 (vor 4011 Tagen)

F94 Cornelia Funke geboren am 10.12.1958 in Dorsten (NRW) – Ausbildung zur Diplompädagogin in Hamburg - Kinder- und Jugendbuchautorin – lebt heute in Los Angeles (USA) - www.corneliafunke.com - baumhaus-dorsten@t-online.de - http://www.flutteringbutterflies.com/2011/07/blog-tour-and-giveaway-reckless-by.html

Seit ihrer "Tinten-Trilogie" ist sie Deutschlands international erfolgreichste Schriftstellerin. 2005 wurde Cornelia Funke vom "Time Magazine" sogar zu den hundert einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt gewählt. Ihr neues Buch schrieb sie in Los Angeles, wo sie seit einigen Jahren lebt. "Reckless" kommt heute in die Buchhandlungen – in die deutschen ebenso wie in die amerikanischen und britischen.

WELT ONLINE: Und, haben Sie schon den neuen Günter Grass gelesen? "Grimms Wörter"?

Cornelia Funke: Nein, eine Journalistin hat ihn mir gerade erst mit nach Los Angeles gebracht. Ich wusste nicht einmal davon. Was sich schon wieder sehr nach C.G. Jung und dem kollektiven Unterbewussten anhört…


WELT ONLINE: …weil die Grimms auch in Ihrem neuen Buch eine tragende Rolle spielen. Jacob und Will Reckless heißen Ihre Helden. Übersetzt: Jacob und Wilhelm Grimm. Richtig?

Funke: Nicht ganz. Ich habe die Namen benutzt, natürlich. Aber die beiden sollen nicht tatsächlich die Brüder Grimm sein. Ich war ganz überrascht, als ich mehr über die Grimms las und andere Übereinstimmungen entdeckte.

WELT ONLINE: In "Reckless" verbirgt sich die Grimmsche Märchenwelt hinter einem Spiegel. Da leben Zwerge und Feen, es gibt sogar ein Knusperhäuschen. Haben Sie die Hausmärchen als Kind gemocht?

Funke: Nein, das ist ja das Verrückte. Bei der Arbeit kamen all die Märchen hoch, die ich als Kind gar nicht gemocht, aber trotzdem ständig gehört habe. Damals gab es noch diese ständig verkratzten Langspielplatten.

WELT ONLINE: Haben Sie sich damals gefürchtet?


Funke: Sehr. Die Märchen erschienen mir fremd. Ich wohnte in einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen, und plötzlich drangen diese bizarren Fantasien aus dunklen Wäldern und einer mittelalterlich geprägten Welt auf mich ein. Ich weiß noch, wie entsetzlich ich die "Gänsemagd" fand – mit dem Pferd, dem der Kopf abgeschlagen wird.

WELT ONLINE: Wenn man Ihren Roman liest, könnte man den Eindruck gewinnen, eben dazu seien Märchen da: Uns das Fürchten zu lehren.

Funke: Ja und nein. Märchen spielen mit vielerlei Wünschen, etwa dem nach Rache. Dem nach Reichtum. Dem nach Macht. Oft appellieren sie an alles andere als das Gute in uns. Wenn man Märchen liest, ist man erstaunt darüber, wie reaktionär wir oft sind. Oft bestärken Märchen ja bloß bestehende Normen. Und wenn man sich dann noch ansieht, was die Grimms mit den Frauengestalten gemacht haben, ist man erst recht erschrocken.

WELT ONLINE: Wieso sind wir reaktionär?


Funke: Märchen sagen oft: Glück ist, wenn du es als armer Bauer schaffst, eine reiche Prinzessin zu heiraten. Wenn du dich an allen rächst, die dir nur irgendwie im Weg sind und ihnen möglichst auch noch die Augen aushackst. Märchen bestätigen im Grunde immer bloß bestehende gesellschaftliche Machtverhältnisse. Bei den Grimms zieht der Held aus in die Welt, hat aber danach gefälligst ins bürgerliche Leben zurückzukehren.

WELT ONLINE: Heißt das, Märchen sind spießig?

Funke: Sie können sehr spießig sein. Und dann gibt es wiederum auch ganz anarchische Märchen. Man lernt viel über die menschliche Natur und unsere geheimen Begierden. Es ist ein seltsamer Pol von Weisheit und Dummheit.

WELT ONLINE: Und die Gebrüder Grimm haben einen antifeministischen Zug?

Funke: Dieser Zug ist sogar erschreckend stark. Das Rotkäppchen ist eines der drastischsten Beispiele, woran allerdings nicht nur die Brüder Grimms schuld sind. Am Anfang der Überlieferung steht nämlich gar kein dummes, eitles Mädchen, das sich ein rotes Käppchen aufsetzt und damit in den Wald marschiert, sondern eines, das auf einen Werwolf trifft. Ursprünglich rettet es sich aus eigener Kraft, und den Wolf erledigen einige Wäscherinnen am Fluss – nicht der Jäger.

WELT ONLINE: Bei Ihnen schläft Dornröschen durch, weil der Prinz versagt, und Schneewittchen lässt sich scheiden. Ihre Rache an den Grimms?

Funke: Oh, nein. Das war mein Spieltrieb. Es macht Spaß, solche Motive auf den Kopf zu stellen.

WELT ONLINE: Im Roman steht die Märchenwelt an der Schwelle zur Moderne. Die Technik hat Einzug gehalten. Eine Bewegung zum Schlechten?

Funke: Die Gefahr, die vorindustriellen Zeiten zu verklären, habe ich hoffentlich vermieden. Ich habe meine Märchenwelt ganz bewusst an das 19. Jahrhundert angelehnt, das beides kannte: Fortschrittsbegeisterung und romantische Vergangenheitsverklärung.

WELT ONLINE: Geschrieben haben Sie das Buch alleine. "Erdacht" aber haben Sie es zusammen mit Lionel Wigram, dem Produzenten der Harry Potter-Filme. Wie geht das?


Funke: Die ursprüngliche Idee einer Märchenwelt, die erwachsen werden will, ist in einem Filmprojekt aufgetaucht, an dem ich mit Lionel gearbeitet habe. Dabei haben wir festgestellt, dass wir zusammen Geschichtenfäden spinnen können. Und als ich mich dann entschied, einen Roman aus dem Stoff zu machen, wollte ich Lionel nicht ausschließen. Nur: Wie arbeitet man zusammen an einem Buch?

WELT ONLINE: Das würde uns auch interessieren.

Funke: Wir haben uns monatelang jeden Tag sechs bis sieben Stunden lang zusammengesetzt und die Charaktere, die Handlung und einzelne Szenen diskutiert. Danach habe ich mich hingesetzt und geschrieben, und mein Cousin hat, was ich geschrieben hatte, ins Englische übersetzt, damit Lionel es überhaupt lesen konnte.

WELT ONLINE: Ideen hat man aber doch alleine?

Funke: Das habe ich ja auch erst gedacht. Aber dann hat der eine die eine Idee, der andere eine andere und so entsteht eine dritte.

WELT ONLINE: Wessen Idee war es, eine der Städte im Buch Schwanstein zu nennen? Das klingt so deutsch, dass es schon wieder englisch klingt.

Funke: Das ist auf meinem Mist gewachsen.

WELT ONLINE: Ist "Reckless" ein deutsches Buch?

Funke: Das war schon erstaunlich – mit einem Briten mein deutsches Erbe zu erkunden. "Was zum Teufel ist ein Heinzelmann?" hat mich Lionel mal gefragt. Aber im zweiten Teil werden britische und französische Märchen eine große Rolle spielen. Und im dritten russische.

WELT ONLINE: Hatten Sie als Buchmensch bei der Zusammenarbeit mit einem Filmmenschen denn gar keine Bauschmerzen?

Funke: Glauben Sie mir, diese Bauchschmerzen hatte ich vom ersten Moment an. Wir werden Prügel dafür kriegen, habe ich zu Lionel gesagt. Jeder wird uns unterstellen, dass wir das nur für den Film machen. Man wird uns vorwerfen, dass wir das Buch regelrecht schneiden. Er hat das nicht glauben wollen. Wir würden doch vollkommen anders arbeiten als beim Film, hat er gesagt. Wir täten ja endlich all das, was er beim Film nicht dürfe.

WELT ONLINE: Was tun Sie denn im Buch, was man im Kino nicht darf?

Funke: Wir schlüpfen in die Köpfe unserer Helden. Das geht nur im Roman. Außerdem kann man eine unterirdische Höhle erfinden oder einen Palast an die Decke hängen, ohne sich Gedanken zu machen, wie viel die Realisierung kostet.

WELT ONLINE: Wird "Reckless" denn verfilmt?

Funke: Wir haben erstaunlich schnell das erste Angebot auf dem Tisch gehabt, aber das haben wir noch nicht angenommen. Wir wollen uns Zeit lassen und uns erst mal darüber freuen, dass wir ein Buch geschrieben haben. Das Filmgeschäft ist so sehr darauf angewiesen, die ungeheuren Produktionssummen wieder einzuspielen. Im Buchgewerbe ist die Profitmarge klein und immer noch viel Leidenschaft im Spiel.

WELT ONLINE: Sie schreiben anders als früher. "Reckless" ist schnell: Kapitel, Absätze, Sätze – alles rast. In "Tintenherz" war das noch anders. War das eine bewusste Entscheidung?

Funke: Als ich "Tintentod" überarbeitete, hatte ich schon den ersten Überdruss: Ich hatte das Gefühl, im Barock gebadet zu haben. Am Ende hatte ich 128 Figuren, 27 Erzählperspektiven und mich mit meinen eigenen Bildern erschlagen. Dieser Stil hatte seinen Zweck in den Tinten-Büchern, und ich würde sie wahrscheinlich immer noch genauso schreiben. Selbst aber habe ich mich weiter in die moderne Welt bewegt. Ich bin in den letzten Jahren unsentimentaler geworden.

WELT ONLINE: Und Ihre Helden werden älter. Jacob und Will sind über zwanzig. Ist die Grenze zwischen Jugend- und Erwachsenenliteratur mittlerweile hinfällig?

Funke: Relativ hinfällig, auch wenn es noch deutliche Unterschiede gibt. Das reine Geschichtenerzählen findet, glaube ich, derzeit vor allem im Jugendbuch und in der Genreliteratur statt. Und ich würde mich eher als Geschichtenerzählerin denn als Schriftstellerin bezeichnen.

Cornelia Funke: Reckless. Steinernes Fleisch. Dressler, Hamburg. 349 S., 19,95 Euro

http://www.welt.de/kultur/article9613379/Cornelia-Funke-knoepft-sich-reaktionaere-Maerchen-vor.html

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