1. Jahrestag des Beschneidungsgesetzes (Allgemein)
Berlin - Ein Jahr nach der Verabschiedung des Beschneidungsgesetzes haben Ärzteverbände und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine negative Bilanz gezogen.
Wie die verbotene weibliche Genitalverstümmelung verstoße auch die Beschneidung bei Jungen gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit, sagte Irmingard Schewe-Gerigk von "Terre de Femmes" am Donnerstag in Berlin. "Was bei Mädchen verboten ist, darf bei Jungen nicht erlaubt sein." Alexander Bachl von der Betroffenen-Organisation "MOGiS" beklagte, dass ihm mit seiner Beschneidung das Recht auf seinen Körper genommen worden sei.
Im vergangenen Dezember hatte der Bundestag nach monatelangen hitzigen Debatten das Beschneidungsgesetz beschlossen. Demnach blieb die Beschneidung von jüdischen und muslimischen Jungen in Deutschland erlaubt - vorausgesetzt, der Eingriff werde "nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt". Solange das Kind höchstens sechs Monate alt ist, dürfen zudem nicht nur Ärzte den Eingriff vornehmen, sondern auch ausgebildete Beschneider.
Vertreter von Ärzteverbänden kritisierten diesen Punkt. Es sei ein hochpräziser Eingriff, kein simpler Schnitt, sagte Ulrich Fegeler vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Außerdem erfolgten die Eingriffe nicht zwangsläufig schmerzfrei. Das sei grausam und ethisch nicht vertretbar, sagte der Generalsekretär der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, Manfred Gahr.
Bei zahlreichen Beschneidungen komme es zu Komplikationen. Dazu zählten Infektionen und Blutungen. Gahr fordert, dass Beschneidungen - wenn überhaupt - zumindest unter medizinischer Aufsicht geschehen.
Außerdem müsse mehr dafür getan werden, ältere Kinder über Risiken und mögliche Spätfolgen aufzuklären, sagte Andreas Bergen von "pro familia". Dabei müsse die mögliche Einschränkung der sexuellen Erlebnisfähigkeit zur Sprache kommen. Das Gesetz regele die Aufklärung und das Mitspracherecht von älteren Jungen aber nicht ausreichend. "Dieses Gesetz ist unglaublich schlampig formuliert."
Aus Sicht des Präsidenten der Gesellschaft für Kinderchirurgie, Bernd Tillig, sind die Kinderrechte per Gesetz beschnitten worden.
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