Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Dr. Barbara Unmüßig (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Sunday, 11.05.2014, 10:48 (vor 3827 Tagen)

F193 Dr. Barbara Unmüßig geboren 1956 in Freiburg im Breisgau (Baden Württemberg) – Studium der Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin – wissenschaftliche Mitarbeiterin der Aktion Dritte Welt e.V. – 1991 Leiterin der Projektstelle UNCED (UN-Konferenz Umwelt und Entwicklung), des Deutschen Naturschutzrings (DNR) und des Bund für Umwelt und Naturschutz - von 1996 bis 2001 Aufsichtsratsvorsitzende der Heinrich Boell Stiftung in Berlin – gleichzeitig Vorstandsvorsitzende von WEED, die sie 1990 gegründet hatte – 2000 Gründungsmitglied des Deutschen Instituts für Menschrechte (DIMR) – Mitglied im Kuratorium des Instituts Solidarische Moderne (ISM) - seit 2002 gemeinsam mit Ralf Fücks im Vorstand der Heinrich-Boell-Stiftung - Seit 2009 ist Barbara Unmüßig Jurymitglied des Helene-Weber-Preises für Nachwuchskommunalpolitikerinnen, ein Preis der vom Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend verliehen wird -
http://images.zeit.de/wirtschaft/2010-05/boell-stiftung/boell-stiftung-180xVar.jpg

BERLIN | Am 20. Januar erscheint “Die antifeministische Männerrechtsbewegung. Denkweisen, Netzwerke und Online-Mobilisierung”, eine Expertise im Auftrag des Gunda-Werner-Instituts in der Heinrich-Böll-Stiftung und der Landesstiftungen der Heinrich-Böll-Stiftung in NRW, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Erstellt wurde sie von Hinrich Rosenbrock, Lehrassistent an der Ruhr-Universität Bochum.
Im Mittelpunkt steht die antifeministische Männerrechtsbewegung, sogenannte Männerrechtler, die sich gegen Frauen- und Gleichstellungspolitik, Gender Mainstreaming und Feminismus auflehnen. In ihren Blogs und Online-Debatten werden Männer oftmals als Opfer von Frauen- und Gleichstellungspolitik und des Feminismus dargestellt, über Frauenförderung wird geklagt.
Der Autor Hinrich Rosenbrock nennt als Ziele der antifeministischen Männerrechtsbewegung: “Es geht den Akteuren – und das sind nicht nur Männer – um die Stärkung oder zumindest den Erhalt männlicher Vorrechte und das Zurückdrängen feministischer Argumentationen bzw.
Institutionen. Dies gipfelt teilweise in Vernichtungsphantasien gegen den Feminismus und auch gegen einzelne feministische Personen.” Die Expertise stellt heraus, dass diese Bilder von Männlichkeit von den meisten Männern nicht geteilt werden. “Da die Antifeministen jedoch Männer, die ihren Vorstellungen nicht entsprechen, ausgrenzen, sind sie zu großen Teilen nicht nur frauen- sondern auch männerfeindlich”, so Rosenbrock weiter.
Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, stellt die Expertise in den Zusammenhang mit der Ende 2011 veröffentlichten Langzeitstudie “Deutsche Zustände” des Soziologen W. Heitmeyer: “Wir müssen damit rechnen, dass sich rechtsextreme Haltungen und eine ‘Ideologie der Ungleichwertigkeit’ weiter ausbreiten. Das bedroht die demokratische Basis und spielt vor allem dem Rechtspopulismus in die Hände. Ein Grund ist eine wachsende sozioökonomische Verunsicherung, die auch traditionelle Männlichkeitsbilder reanimiert. Hier sind Aufklärung und Information unabdingbar. Unsere Expertise soll dazu beitragen.”

http://der-dienstag.de/2012/01/20/die-antifeministische-mannerrechtsbewegung-expertise-im-auftrag-der-heinrich-boll-stiftung/

Mit der Finanzsteuer Armut bekämpfen!
Wer den Schaden verursacht, muss auch dafür zahlen, fordert Barbara Unmüßig, Leiterin der Böll-Stiftung, in einem Gastbeitrag. Sie will mit einer Finanzsteuer der Dritten Welt helfen.
Endlich! Die Finanztransaktionssteuer, über viele Jahre von der orthodoxen Ökonomie als Gutmenschen-Idee belächelt, hat es in das Zentrum der finanzpolitischen Entscheidungsprozesse geschafft. Viele Jahre lang als Instrument der Krisenprävention gefordert, hat sie nun inmitten der größten Finanzkrise nach 1929 endlich die Chance, umgesetzt zu werden. Und das ist gut so.
Eine Bändigung der entfesselten Märkte und die Beteiligung der Finanzbranche an den Kosten der von ihr ausgelösten weltweiten Krisen müssten eigentlich jedem einleuchten. Das Verursacherprinzip muss endlich zum Zuge kommen. Diejenigen, die den Schaden mit verursachen, müssen auch für die Beseitigung des Schadens aufkommen. Dieses Prinzip ist in unserer Gesellschaft breit akzeptiert und praktiziert. Warum fällt es der Politik so schwer, dieses Prinzip auch für die toxischen Bestandteile unserer marktwirtschaftlichen Ordnung konsequent anzuwenden?


Seit Mai 2002 leitet Barbara Unmüßig die Heinrich-Böll-Stiftung. Sie ist verantwortlich für die Strategie und Programmentwicklung für Lateinamerika, Afrika, Asien, Nahost und das "Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie". Die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen auf den Themen Globalisierung und internationale Klimapolitik, nationale und internationale Geschlechterpolitik sowie Demokratieförderung und Krisenprävention.
Bemerkenswert an der laufenden öffentlichen Debatte ist, dass sie sich fast ausschließlich auf den – von den üblichen Verdächtigen – bestrittenen Regulierungseffekt konzentriert. In Vergessenheit geraten zu sein scheint, was die unermüdlichen und langjährigen Befürworter des Instrumentes damit ebenfalls intendierten: einen Solidarbeitrag für die Armen weltweit, gedacht als fairer Ausgleich für die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise, als fairer Ausgleich für die ebenfalls vom Norden zu verantwortende Klimakrise.
Die Finanztransaktionssteuer – eine Art "Robin Hood der Entrechteten und Entehrten"? Sie war und ist seit zehn Jahren die Kernforderung des globalisierungskritischen Netzwerks Attac. Die Kampagne des Bündnisses "Steuer gegen Armut" ("Robin-Hood-Steuer") wird breit unterstützt, auch in Deutschland von namhaften zivilgesellschaftlichen Organisationen – darunter der DGB, kirchliche Hilfswerke wie Adveniat und EED, BUND, Oxfam oder Welthungerhilfe.
Die Finanztransaktionssteuer wird viele Milliarden Dollar einbringen. Diese sollten nicht nur zur Finanzierung der Krisenbewältigung im Inland und in der Euro-Zone genutzt werden. Die Gelder werden dringend benötigt, um die soziale Entwicklung (Milleniumsziele) und die ökologische Transformation, die Vermeidung von und die Anpassung an den Klimawandel zu finanzieren. Auch hier gilt: Krisenprävention ist finanziell allemal günstiger als Hilfe im ökologischen Katastrophenfall, beim Zerfall von Staaten oder für die Einhegung interner gewalttätiger Konflikte.
Die öffentlichen Finanztransfers in die Länder des globalen Südens werden auch weiterhin gebraucht. Denn die realwirtschaftlichen Folgen der letzten Finanzkrise haben viele Entwicklungserfolge zunichte gemacht. Die ärmsten Länder haben über die Entwicklungshilfe die versiegenden privaten Kapitalströme und Wachstumseinbußen abzufedern versucht und Sicherheitsnetze aufgespannt, wo sie am dringendsten nötig waren. Staatliche Basisfunktionen – Krankenbetreuung, Grundschulbildung und wirtschaftliche Infrastruktur – konnten in einem gewissen Umfang aufrechterhalten werden. Dennoch sind nach Schätzungen der Weltbank mehr als 100 Millionen Menschen krisenbedingt und ohne eigenes Verschulden in die Armut zurückgefallen.
Die Finanztransaktionssteuer muss also auch Finanzmittel für die Armutsüberwindung und für den Kampf gegen den Klimawandel bereitstellen – hier fallen die meisten Industrieländer bislang weit hinter ihre Zusagen aus den letzten Jahren zurück. Nur dann lassen sich das wechselseitige Vertrauen in die vielbeschworene globale Partnerschaft stärken und Ziele wie Klimaschutz, globale Sicherheit und nachhaltiger Wohlstand verwirklichen.
Ursprünglich wollte die Finanztransaktionsteuer immer beides: Einen Beitrag zur Regulierung der Finanzmärkte leisten und dringend benötigtes Geld für die Armutsbekämpfung und den Klimaschutz mobilisieren. Das muss heute auf der Agenda aller Regierungschefs in und außerhalb Europas stehen.
http://www.zeit.de/wirtschaft/2010-05/gastbeitrag-transaktionssteuer

Bar­ba­ra Un­mü­ßig en­ga­giert sich seit vie­len Jah­ren für den Um­welt­schutz. 1991/92 hat sie in Vor­be­rei­tung auf den Erd­gip­fel in Rio de Ja­nei­ro die Pro­jekt­stel­le UNCED (United Na­ti­ons Con­fe­rence on En­vi­ron­ment and De­ve­lop­ment) des Deut­schen Na­tur­schutz­rings (DNR) und des Bun­des für Um­welt und Na­tur­schutz Deutsch­land (BUND) ge­lei­tet. Seit 2002 ist sie Vor­stand der Hein­rich-Böll-Stif­tung. Diese führ­te am 31. Mai 2012 eine Pres­se­kon­fe­renz zum Thema "Zah­len, Daten, Fak­ten zum Erd­gip­fel in Rio im Juni 2012: Grüne Öko­no­mie - Wun­der­waf­fe oder Wolf im Schafs­pelz?" durch, auf der auch Bar­ba­ra Un­mü­ßig einen Vor­trag hielt. Im An­schluß an die Kon­fe­renz ergab sich für den Schat­ten­blick die Ge­le­gen­heit zu einem In­ter­view mit der Re­fe­ren­tin. [1]
Schat­ten­blick: Sie haben vor kur­zem ge­mein­sam mit Tho­mas Fa­theu­er und Wolf­gang Sachs die Bro­schü­re "Kri­tik der grü­nen Öko­no­mie" ver­öf­fent­licht. Wür­den Sie sagen, daß sich Ihre kri­ti­sche Ein­stel­lung ge­gen­über grü­nen Pro­jek­ten in den letz­ten Jah­ren ver­schärft hat?
Bar­ba­ra Un­mü­ßig: Es geht ja nicht um grüne Pro­jek­te, es geht in un­se­rer Kri­tik vor allem um die di­ver­sen Kon­zep­te grü­ner Öko­no­mie wie sie UNEP, die OECD oder jüngst die Welt­bank ver­öf­fent-


licht haben. Ich bin zu­tiefst davon über­zeugt, dass wir drin­gend eine grü­ne­re Öko­no­mie, eher noch eine Öko­lo­gi­sie­rung der Welt­wirt­schaft brau­chen. Wir stel­len uns im Essay der Frage, wie eine grüne Öko­no­mie aus­se­hen soll. Ist es wirk­lich ein Pa­ra­dig­men­wech­sel? Wie kön­nen wir maß­voll wirt­schaf­ten oder wol­len wir be­ste­hen­de Struk­tu­ren nur etwas er­grü­nen las­sen? Dar­über geht ja der Streit. Da ich an­ge­sichts der pla­ne­ta­ri­schen Gren­zen und der öko­lo­gi­schen Her­aus­for­de­run­gen sehr dafür stehe, dass wir grund­sätz­lich nach­den­ken müs­sen, wie wir wirt­schaf­ten, geht mir das, was die grüne Öko­no­mie an Kon­zep­ten vor­legt, nicht weit genug. Von daher bin ich eine Kri­ti­ke­rin auch der jetzt vor­lie­gen­den Kon­zep­te von UNEP, OECD und auch Wirt­schafts­in­sti­tu­ten wie das von McK­in­sey.
SB: Bei der heu­ti­gen Pres­se­kon­fe­renz fiel auf­fäl­lig sel­ten das Wort "Nach­hal­tig­keit". Wie de­fi­nie­ren Sie den Be­griff?
BU: Ich sel­ber be­nut­ze den 1992 ge­adel­ten Be­griff von Nach­hal­tig­keit nicht mehr gerne, weil er be­lie­big ge­wor­den und in­halt­lich ent­leert ist. Er ist ein Plas­tik­be­griff ge­wor­den, den alle und jede für sich um­de­fi­nie­ren. Ei­ni­ge mei­nen damit nach­hal­ti­ges Wachs­tum. Oder nach­hal­ti­ge Ren­ten usw. Die ur­sprüng­li­che Idee, Nach­hal­tig­keit zu de­fi­nie­ren als Ver­ant­wor­tung für jet­zi­ge und zu­künf­ti­ge Ge­ne­ra­tio­nen, näm­lich in öko­lo­gi­schen Gren­zen zu wirt­schaf­ten, finde ich sehr gut. Doch be­nut­ze ich lie­ber For­mu­lie­run­gen wie, "wir müs­sen un­se­re Ge­sell­schaf­ten trans­for­mie­ren". Der Trans­for­ma­ti­ons­be­griff ist um­fas­sen­der, weil wir wirk­lich von der ka­pi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons­wei­se auf eine in Gren­zen blei­ben­de, maß­vol­le Wirt­schaft und Ge­sell­schaft um­stel­len müs­sen. Ich finde "Zu­kunfts­fä­hig­keit" noch einen schö­nen Be­griff, aber "Nach­hal­tig­keit" selbst ist mir zu ent­leert und un­spe­zi­fisch. Von daher be­nut­ze ich den Be­griff eher sel­ten.
SB: In der Er­öff­nungs­re­de zum Kon­gress McPlanet.​com im April 2012 ver­wen­de­ten Sie den Be­griff "wachs­tums­be­frie­det". Ist das viel­leicht etwas, von dem Sie sagen wür­den, das wäre an­ti­ka­pi­ta­lis­tisch und gleich­zei­tig auch nach­hal­tig?
BU: "Wachs­tums­be­frie­det" be­deu­tet be­stimmt noch nicht, den Ka­pi­ta­lis­mus zu be­en­den. Wir wis­sen, dass der ka­pi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons­wei­se in­hä­rent ist zu wach­sen. Das ist ein­fach so. Es ist
ein Ge­setz: Das Ka­pi­tal muß Ren­di­te er­wirt­schaf­ten und das ist, ge­ra­de wenn Kre­di­te im Spiel sind, auf Wachs­tum und Ex­pan­si­on aus­ge­rich­tet. Wir müs­sen uns über­le­gen, wie wir zu einem maß­vol­le­ren Wirt­schaf­ten kom­men, zu einem Wirt­schaf­ten, das wirk­lich ernst­haft die kon­sta­tier­ten pla­ne­ta­ri­schen Gren­zen ak­zep­tiert und in ihnen blei­ben möch­te.
In dem Kon­text gibt es - wie ich finde, Gott sei Dank und end­lich wie­der - Such­pro­zes­se. Des­we­gen haben wir eine De­bat­te um "Wohl­stand ohne Wachs­tum", wie sie von Tim Jack­son an­ge­regt wurde; des­we­gen haben wir eine Dis­kus­si­on, wie Post­wachs­tums­öko­no­mi­en aus­se­hen könn­ten; des­we­gen haben wir eine De­growth-, also Ent­schleu­ni­gungs­be­we­gung. Wir haben eine glo­ba­le Re­nais­sance der Ge­mein­gü­ter­be­we­gung. Das sind ja alles nichts an­de­res als Such­pro­zes­se und Such­be­we­gun­gen, wie wir von un­se­rem jet­zi­gen zer­stö­re­ri­schen Pro­duk­ti­ons- und Kon­sum­mo­dell run­ter­kom­men.
Ich finde das mit das Po­si­tivs­te, daß es diese Such­pro­zes­se wie­der gibt und sich Pio­nie­rin­nen ernst­haft Ge­dan­ken ma­chen, wie wir aus den wett­be­werb­li­chen, ef­fi­zi­enz­ori­en­tie­ren und res­sour­cen­zer­stö­ren­den Pro­duk­ti­ons­pro­zes­sen raus­kom­men. Wir als Hein­rich-Böll-Stif­tung un­ter­stüt­zen ex­pli­zit sol­che Such­pro­zes­se, und ein Kon­zept davon ist "wachs­tums­be­frie­de­te Ge­sell­schaft". Den Be­griff hat Wolf­gang Sachs ein­ge­bracht. Dabei geht es um die Frage, wie wir Wohl­stand schaf­fen, wobei es für mich, der ich sehr stark nord-süd-ori­en­tiert, also dem glo­ba­len Süden zu­ge­wandt ar­gu­men­tie­re, wich­tig ist zu fra­gen, wie wir Ge­sell­schaf­ten ohne Armut und ohne Not auf­bau­en kön­nen. Wie sehen Ent­wick­lungs­stra­te­gi­en aus? Mir geht es ja nicht um eine nach­ho­len­de Ent­wick­lung, bei der die Pfade des Nor­dens nach­ge­ahmt wer­den, son­dern um Ent­wick­lungs­pro­zes­se, die Men­schen mit Rech­ten aus­stat­ten und aus Armut be­frei­en. Wir haben zwei Mil­li­ar­den Men­schen, die arm sind und zum Bei­spiel noch nicht ein­mal Zu­gang zu mo­der­ner Elek­tri­zi­tät haben.
SB: Wür­den Sie sagen, dass sich Ihre Er­war­tun­gen und Ihre Vor­stel­lun­gen von 1992 ge­gen­über 2012 ver­än­dert haben und Sie, be­zo­gen auf die Rea­li­tä­ten der Ent­wick­lung, er­nüch­tert wor­den sind?

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BU: Ich habe 1992 an­läss­lich des da­ma­li­gen Gip­fels sehr viel pu­bli­ziert und habe mir diese Pu­bli­ka­tio­nen jetzt, im Jahr 2012, noch ein­mal an­ge­schaut und fest­ge­stellt, dass ich auch da­mals schon sehr rea­lis­tisch und nüch­tern war. Ich bin näm­lich keine, die sagt, '1992 war DER Erd­gip­fel, das war DER Mei­len­stein, das war der his­to­ri­sche Schei­de­weg'. Das war er eben nicht! Und ich möch­te auch noch mal dran er­in­nern, so wich­tig 1992 die Kon­fe­renz war mit ihren kon­kre­ten Er­geb­nis­sen einer Kli­ma­kon­ven­ti­on, Bio­di­ver­si­täts­kon­ven­ti­on, einer Wüs­ten­kon­ven­ti­on, einer Agen­da 21 - das war viel wei­ter als das, was wir jetzt be­kom­men -, aber die Stoß­rich­tung, die dar­un­ter­lie­gen­den Kon­zep­te, die haben mir '92 auch kei­nen be­son­de­ren Mut ge­macht, außer dass mir klar war, dass mit den Kon­ven­tio­nen Pro­zes­se auf den Weg ge­bracht wor­den sind für den Kli­ma­schutz, für den Er­halt der bio­lo­gi­schen Viel­falt. Aber wir alle wis­sen doch, was aus der Kli­ma­kon­ven­ti­on ge­wor­den ist. Bis heute haben wir es nicht ge­schafft, die CO2-Emis­sio­nen so zu re­du­zie­ren, dass wir nicht in eine Kli­ma­ka­ta­stro­phe hin­ein­lau­fen. Die Emis­sio­nen sind heute auf einem welt­wei­ten Höchst­stand.
SB: Wie weit wür­den Sie in Ihrer Ana­ly­se gehen, dass der Ka­pi­ta­lis­mus bzw. die neo­li­be­ra­le Va­ri­an­te we­sent­lich mit­ver­ant­wort­lich ist für die gan­zen um­welt­schäd­li­chen Ent­wick­lun­gen? Müss­ten Ihrer Mei­nung nach be­stimm­te Prin­zi­pi­en wie Pro­fit­ori­en­tie­rung ab­ge­schafft oder an­ders in den Griff ge­nom­men wer­den?
BU: Dazu habe ich mich schon ge­äu­ßert. Ka­pi­ta­lis­mus, wie wir ihn heute ken­nen, ist einer, der Ren­di­te er­wirt­schaf­ten muss, der Pro­fi­te braucht, um eben unter an­de­rem Kre­di­te zu­rück­zu­zah­len, die er braucht, um zu in­ves­tie­ren. Wie kom­men wir aus die­sem Wachs­tums­zwang her­aus und blei­ben in den öko­lo­gi­schen Gren­zen - das ist die große Frage des 21. Jahr­hun­derts. Des­we­gen be­tei­li­ge ich mich und un­ter­stüt­ze ich alles Nach­den­ken dar­über, wie wir aus die­sem Wachs­tums­zwang her­aus­kom­men. Ich be­die­ne mich nicht der Be­griff­lich­keit "an­ti­ka­pi­ta­lis­tisch", weil ich näm­lich noch gar nicht weiß, was gegen "anti-" das Ge­gen­mo­dell, die Al­ter­na­ti­ven sind.
Wir müs­sen nach­den­ken und nicht so tun, als hät­ten wir schon wie­der eine Ant­wort. Die alte linke Ant­wort, 'ver­staat­licht, dann habt ihr das pri­va­te Ei­gen­tums­pro­blem ge­löst', führt doch auch ins
Nichts. Zen­tral sind für mich so­zia­le, de­mo­kra­ti­sche, par­ti­zi­pa­ti­ve In­no­va­tio­nen. Genau diese klam­mern die Kon­zep­te zur grü­nen Öko­no­mie aus und set­zen statt des­sen aus­schließ­lich auf tech­no­lo­gi­sche Ant­wor­ten. Des­we­gen un­ter­stüt­zen wir als Hein­rich-Böll-Stif­tung die Ge­mein­gü­ter­de­bat­te. Wie kön­nen wir so­zia­le In­no­va­tio­nen be­för­dern, so dass die Men­schen auf eine an­de­re Art und Weise mit­ein­an­der um­ge­hen und gleich­zei­tig Res­sour­cen schüt­zen? Wie muss ein Wirt­schafts­mo­dell aus­se­hen, in dem wir Ver­tei­lung, Ge­rech­tig­keit, Fair­ness und In-den-öko­lo­gi­schen-Gren­zen-Blei­ben mit­ein­an­der ver­bin­den?
Es gibt genug linke Re­gie­run­gen, unter an­de­rem in La­tein­ame­ri­ka, die er­folg­reich Um­ver­tei­lungs­po­li­tik or­ga­ni­siert haben, wie zum Bei­spiel die Lu­la-Re­gie­rung. Die Bra­si­lia­ner haben das Mill­en­ni­um De­ve­lop­ment Goal, bis 2015 die Armut in ihrem Land zu re­du­zie­ren, ge­schafft. Aber diese so­zia­le Um­ver­tei­lung, die da rich­ti­ger­wei­se - drei­mal un­ter­stri­chen! - statt­fin­det, geht zu Las­ten der Res­sour­cen und ba­siert auf das, was man Ex­trak­ti­vis­mus nennt, näm­lich auf einem Öko­no­mie­mo­dell, das Res­sour­cen aus­beu­tet, Land aus­beu­tet und Men­schen aus­beu­tet. Das muss man klar und deut­lich sagen. Sonst gäbe es ja auch keine so­zia­len Be­we­gun­gen wie In­di­ge­ne oder Land­lo­se, die sich in Bra­si­li­en eben­falls gegen die­ses Ent­wick­lungs­mo­dell, Um­ver­tei­lun­gen auf Kos­ten der Um­welt, zur Wehr set­zen.
SB: Das ja bis dahin geht, dass im Zu­cker­rohr­an­bau skla­ver­eiähn­li­che Ar­beits­ver­hält­nis­se vor­kom­men.
BU: Ganz genau. Das ist das, was die Land­lo­sen adres­sie­ren: Ar­beits­ver­hält­nis­se, die men­schen­un­wür­dig und men­schen­rechts­ver­let­zend sind. Das be­trifft nicht nur den Zu­cker­rohr­an­bau, son­dern auch den Berg­bau. Uns geht es genau um die Frage, wie eine men­schen­rechts­ori­en­tier­te, so­zia­le Ent­wick­lung statt­fin­den kann, die gleich­zei­tig nicht auf die Aus­beu­tung end­li­cher und knap­per Res­sour­cen hin­aus­läuft. Das ist für mich die Fra­ge­stel­lung 1992 ge­we­sen und das ist sie heute. Das Pro­blem ist, dass wir da kaum kon­zep­tio­nell, aber schon gar nicht in der prak­ti­schen Po­li­tik ein gro­ßes Stück vor­an­ge­kom­men wären.
SB: Pavan Sukhdev war von der Deut­schen Bank für die Auf­ga­be ab­ge­stellt wor­den, so­ge­nann­te Öko­sys­tem­dienst­leis­tun­gen und

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die Bio­di­ver­si­tät auf neue öko­no­mi­sche Grund­la­gen zu stel­len. Gibt es da nicht einen In­ter­es­sen­kon­flikt?
BU: Der Herr Sukhdev ist von der Deut­schen Bank frei ge­stellt wor­den für UNEP die große TEEB Stu­die (The Eco­no­mics of Eco­sys­tems and Bio­di­ver­si­ty) zu lei­ten. Über In­ter­es­sen­kon­flik­te müss­te ich spe­ku­lie­ren, was ich nicht tue. Dazu soll­ten sie ihn selbst be­fra­gen. Ich habe mit Herrn Sukhdev ein aus­führ­li­ches In­ter­view ge­führt, das am 11. Juni in Böll.​Thema er­schei­nen wird. In die­sem In­ter­view habe ich ver­sucht, ihn mit all der Kri­tik zu kon­fron­tie­ren, die es an dem An­satz gibt, durch die Mo­ne­ta­ri­sie­rung von so­ge­nann­ten Öko­sys­tem­dienst­leis­tun­gen und Bio­di­ver­si­tät Natur oder Öko­sys­te­me bes­ser schüt­zen zu kön­nen.
Es gibt an die­ser In­itia­ti­ve "The Eco­no­mics of Eco­sys­tems and Bio­di­ver­si­ty" aus mei­ner Sicht zu Recht sehr viel Kri­tik. Es wird kri­ti­siert, dass hier ein wei­te­rer Schub der Öko­no­mi­sie­rung, der Mer­kan­ti­li­sie­rung der Natur und der Um­welt­po­li­tik statt­fin­det. Es gibt heute immer noch viele Mil­lio­nen Men­schen, die Natur nut­zen, ohne sie un­wie­der­bring­lich zu zer­stö­ren. Sie brau­chen keine neuen markt­ba­sier­ten An­sät­ze, wie sie nun al­ler­or­ten vor­ge­schla­gen wer­den. Und kann man Natur nicht ein­fach auch in Ruhe las­sen, z.B. nicht in der Ark­tis oder in Ur­wäl­dern nach Roh­stof­fen gra­ben? Das sind Fra­ge­stel­lun­gen, die wir als Stif­tung adres­sie­ren, und die auch viele Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen, in­di­ge­ne Be­völ­ke­run­gen, all die Men­schen, die von der Natur, mit der Natur in Ko­exis­tenz fried­lich leben, be­schäf­tigt. Wir wol­len kei­ner fal­schen Öko­no­mi­sie­rung der Natur das Wort reden, bei der ein wei­te­res Mal lo­ka­le Be­völ­ke­run­gen ent­eig­net und ver­trie­ben wer­den.
Wer Natur öko­no­mi­siert und aus Natur, Öko­sys­te­men und Bio­di­ver­si­tät ein Han­dels­gut macht bzw. ein "asset", wie es so schön heißt, der braucht, wenn er damit Han­del trei­ben möch­te, Ei­gen­tums­ver­hält­nis­se. Das führt lei­der dazu, dass ge­mein­schaft­li­che Nut­zungs­for­men (Com­mons) zer­stört wer­den, Men­schen ver­trie­ben und recht­los ge­macht wer­den.
SB: Haben Sie Bei­spie­le für po­si­ti­ve An­sät­ze, wo das bei der Öko­no­mi­sie­rung viel­leicht schon mal im klei­nen ver­wirk­licht wor­den ist?
BU: Wir ste­hen noch am An­fang, uns mit dem gan­zen Thema Öko­no­mi­sie­rung von Natur zu be­schäf­ti­gen. Wir haben zum Bei­spiel etwas, das auch Herr Sukhdev, der Lei­ter von TEEB, sagt: Es kann viel­leicht Sinn ma­chen, dass man be­wer­ten muss, wel­che Dienst­leis­tun­gen Öko­sys­te­me er­brin­gen, wenn es zum Bei­spiel zu Un­fäl­len, wie zum Bei­spiel Schiffs­un­fäl­len, kommt. Da muss man ja einer Ver­si­che­rung sagen: 'Die Be­sei­ti­gung von Öl kos­tet xy Dol­lar oder Euro.' Be­son­ders, wenn man dann auch noch be­mes­sen will, wenn das Öko­sys­tem Meer davon be­trof­fen ist. Dafür kann es sinn­voll sein, Be­rech­nungs­grund­la­gen zu haben. Des­we­gen gibt es schon lange öko­no­mi­sche Ver­su­che, Öko­sys­tem­dienst­leis­tun­gen zu be­rech­nen.
Wo es auch um eine Be­rech­nung von Öko­sys­tem­dienst­leis­tun­gen geht, ist der Vor­schlag Ecua­dors, ihre Öl­re­ser­ven unter dem Tro­pen­wald nicht zu nut­zen. Sie nicht zu er­schlie­ßen, um den Re­gen­wald oben drü­ber zu er­hal­ten. Das ist der be­rühm­te Fall der Yas­uni-Öl­fel­der - "leave the oil in the soil" lau­tet da das Motto. Und da wird ge­gen­ein­an­der­ge­stellt: Was ist der Wald, der da steht, der Mensch­heit, der glo­ba­len Com­mu­ni­ty wert im Ge­gen­satz zu dem, was Ecua­dor an Öler­lö­sen ge­ne­rie­ren könn­te, soll­te es das Öl aus­beu­ten? Das ist ein po­si­ti­ves Bei­spiel. Des­we­gen muss man bei die­ser Be­wer­tung der Natur ei­gent­lich un­un­ter­bro­chen die Frage stel­len: Wem nützt was? Was ge­hört wem? Wer kon­trol­liert? Denn mit die­sen Fra­gen wer­den so­fort die gro­ßen Fra­gen nach Ei­gen­tums­ver­hält­nis­sen und nach Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit ge­stellt.
Die Grund­satz­fra­ge, ob es Kom­pen­sa­ti­ons­leis­tun­gen fürs Nichts­tun, für das Nicht-Aus­beu­ten gibt, ge­hört für mich zu einer sehr, sehr wich­ti­gen De­bat­te in­ner­halb der ge­sam­ten Um­welt­dis­kus­si­on. Und des­we­gen wäre auch Yas­uni als er­folg­rei­ches Mo­dell so wich­tig. Wo die Staa­ten­ge­mein­schaft sagt: Ja, für die glo­ba­len Ge­mein­schafts­gü­ter un­ter­stüt­zen wir die­ses Mo­dell, bei dem das Erdöl in der Erde ge­las­sen wird.
Ich würde mir wün­schen, dass das Bra­si­li­en auch für seine Öl­re­ser­ven vor der Küste macht - "leave the oil in the sea" oder so ähn­lich -, statt mit hoch­kom­pli­zier­ter Hoch­ri­si­ko­tech­no­lo­gie Tief­see­boh­run­gen in 1800 Meter Tiefe vor­zu­neh­men. Also noch schlim­mer und tie­fer als bei De­ep­wa­ter Ho­ri­zon und den dann er-

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folg­ten Le­cka­gen im Golf von Me­xi­ko. Dafür würde es dann öko­no­mi­sche Be­rech­nun­gen geben, wie das Nicht-Aus­beu­ten öko­no­misch zu be­wer­ten ist.
SB: Ist das nicht sehr schwie­rig zu be­rech­nen, weil es un­glaub­lich viele Ri­si­ko­fak­to­ren gibt, die man noch gar nicht kennt?
BU: Ja, wir be­fin­den uns lei­der auf dem Weg, auf all die glo­ba­len Um­welt­pro­ble­me tech­no­lo­gi­sche Ant­wor­ten lie­fern zu wol­len, statt über das maß­vol­le Wirt­schaf­ten, das Spa­ren und das We­ni­ger nach­zu­den­ken, also über Suf­fi­zi­enz. Es geht nicht darum zu sagen, dass Tech­no­lo­gie nicht auch eine Ant­wort sein kann. Jetzt geht es aber darum, immer wie­der zu fra­gen, wel­che Tech­no­lo­gi­en wol­len wir, wer kon­trol­liert die­ses Tech­no­lo­gi­en? Wel­che so­zia­len und öko­lo­gi­schen Fol­gen sind zu er­war­ten?
Ich sehe je­doch mit Sorge einen Boom, Tech­no­lo­gie zum All­heil­mit­tel zu er­klä­ren und zu ver­ab­so­lu­tie­ren, ohne Le­bens­stil- und Kon­sum­de­bat­ten zu füh­ren. Und dann haben wir es auch mit Hoch­ri­si­ko­tech­no­lo­gi­en zu tun, die mit einer Sorg­lo­sig­keit in die Welt ge­setzt wer­den! Es gibt keine ernst­haf­ten Tech­no­lo­gie­fol­gen­ab­schät­zun­gen. Des­we­gen schlie­ßen wir uns als Stif­tung der For­de­rung da­nach an und fän­den es wun­der­bar, wenn der jetzt kom­men­de Rio-Gip­fel es schaff­te, zu­min­dest mal den Pro­zess auf UN-Ebe­ne an­zu­sto­ßen, der sich mit den so­zia­len und öko­lo­gi­schen Fol­gen von Tech­no­lo­gie aus­ein­an­der­setzt. So etwas haben wir nicht auf UN-Ebe­ne, ob­wohl wir Spie­gel im Welt­all in­stal­lie­ren
wol­len, ob­wohl wir groß­flä­chig Ozea­ne dün­gen wol­len!
Jede Re­gie­rung im Nor­den und auch im Süden legt rie­si­ge For­schungs­bud­gets auf, um in diese Hoch­tech­no­lo­gi­en zu in­ves­tie­ren, statt auch mal Gel­der bei­spiels­wei­se in For­schun­gen zu in­ves­tie­ren, wie an­ge­paß­te, kli­ma­re­sis­ten­te Pflan­zen aus­se­hen, die auch ein Klein­bau­er an­wen­den kann. Da bin ich wie­der bei der Frage, wem nutzt wel­che For­schung? Wem nutzt wel­che Tech­no­lo­gie? Wer über­nimmt die Ver­ant­wor­tung für Hoch­ri­si­ko­tech­no­lo­gi­en?
Zur Gen­tech­nik ken­nen wir die in­ter­na­tio­na­le De­bat­te - zur be­rühm­ten Na­no­tech­no­lo­gie gibt es in In­si­der­krei­sen auch eine De­bat­te um Ri­si­ken und Ge­fah­ren die­ser Tech­no­lo­gie, aber eine wirk­li­che ge­sell­schafts­po­li­ti­sche De­bat­te fin­det nicht statt. Oder das ganze The­men­feld Geo­en­gi­nee­ring als Ant­wort auf das Kli­ma­the­ma. Da sind wir wie­der bei der Frage, statt die Ur­sa­chen der CO2-Emis­sio­nen an­zu­ge­hen, statt mit po­li­ti­scher Macht zu sagen, wir müs­sen CO2 re­du­zie­ren, wer­den ein­fach In­ge­nieurs­schrau­ben ge­dreht. Nach dem Motto: Damit krie­gen wir das Pro­blem dann schon in den Griff. Das sind neue Ge­schäfts­fel­der, die sich einen grü­nen An­strich geben, aber über­haupt nicht grün sind, weil sie nicht an die Wur­zel des Übels gehen, son­dern wei­ter Ri­si­ken fürs Erd­sys­tem und für die At­mo­sphä­re be­deu­ten.
SB: Ein pas­sen­des Schluß­wort. Haben Sie herz­li­chen Dank für das In­ter­view.

http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0015.html

Die Erde wird sich vorraussichtlich um drei bis vier Grad Celsius erwärmen, 60% der Ökosysteme sind schwer oder irreparabel geschädigt, durch das menschliche Eingreifen haben wir einen großen Verlust der Artenvielfalt zu beklagen und jährlich gibt es mehr Emissionen (Co2, Müll etc.).
Mit diesem Statement eröffnet Barbara Unmüßig ihrene Podiumsvortrag und fährt auch gleich fort: “Wir haben das Wissen, dies zu ändern.”
Es gibt erneuerbare Energien und wir sind uns der Ressourcenknappheit sehr wohl bewusst. Aber das Wissen, um dies zu ändern, dringt nicht dorthin durch, wo es hin muss. Entscheidungen von kurzer Reichweite werden gefällt und Wachstum ist die oberste Prämisse. Barbara Unmüßig bestätigt den Club of Rome in seiner Vorhersage von 1972. Sie sagt, Wissenschaft muss im Kreislauf denken. Es gibt Peak Oil, Knappheit bei Wasser, Quellen, Mineralien, Land und Böden – Peak Everything. Bei der Herstellung von Solarzellen beispielsweise werden Resourcen verwendet, die wenn es so weitergeht, 2050 vermutlich erschöpft sein werden. Die Reaktion auf dieses Wissen sind – ‘business as usual’.
Wir versuchen unser nördliches Modell auf die gesamte Welt zu globalisieren. Von 1950 bis 2100 wird sich der Weltumsatz ver-80-facht haben. Wirtschaftswachstum ist der Garant unserer Gesellschaft, ohne ihn kann sie nicht stabil bleiben. Wenn kein Wirtschaftswachstum mehr besteht steigt die Arbeitslosigkeit, die öffentliche Verschuldung und unsere Gesellschaft wird in sich instabil. Auf dieses Problem gibt es laut Barbara Unmüßig keine Antwort. Man kann nicht pauschal kein Wachstum fordern ohne sich den Folgen bewusst zu sein. Der Kapitalismus fordert Wachstum um sich selbst zu reproduzieren. Ohne Wachstum geht es nicht. Barbara Unmüßig sagt, wir müssen unser Konsumverhalten überdenken und nicht mit einem SUV in den Bioladen fahren oder die Energiesparlampe, nur weil sie weniger Strom verbraucht, den ganzen Tag leuchten lassen. Es werden Lösungsansätze gebraucht, die besonders in der Politik durchgesetzt werden müssen um zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu gelangen.
http://generationnachhaltigkeit.wordpress.com/2011/12/01/wachstum-und-okologische-grenzen-barbara-unmusig/
„Die Feigheit der Frauen” (Bascha Mika) – ja, sie gibt es. Ebenso wie Komplizinnenschaft – Frauen sind nicht per se die besseren Menschen, nicht im Alltag, in der Politik, in Krieg oder Frieden. Davon zu wissen, ist Realismus. Mich interessieren aber mehr die Mutigen, die die aufbrechen, streiten und kämpfen für Freiheit, Emanzipation und Rechte.
Ich treffe sie überall auf der Welt: die Visionärinnen, Charismaterikerinnen, Theoretikerinnen, Künstlerinnen, Poetinnen. Solche, die im harten Alltag kleine Fortschritte erzielen. Mutige Frauen, die gegen politischen und religiösen Fundamentalismus kämpfen, jedweder Gewalt die Stirn bieten und dabei häufig ihre eigene körperliche und seelische Gefährdung in Kauf nehmen.
Sie machen mir Mut. Sie motivieren mich, nach immer neuen Wegen der Kooperation, der Solidarität und konkreten Unterstützung zu suchen. Es ist ein Privileg, als Vorstandsfrau der Heinrich Böll Stiftung dafür besondere politische und finanzielle Möglichkeiten zu haben. Frauenpolitik und die Dynamiken zwischen den Geschlechtern waren immer ein Thema für mich. Die vielen Begegnungen mit Frauen in aller Welt, die konkrete Arbeit mit dem GWI und mit unseren PartnerInnen weltweit hat sie in den acht Jahren meiner Vorstandsarbeit zu einer tiefen Leidenschaft wachsen lassen. Darüber bin ich richtig glücklich.“

http://www.gwi-boell.de/web/europa-nordamerika-100-jahre-frauentag-unmuessig-3274.html

Spätestens seit dem Beginn des Irakkrieges 2003 kennen wir den Begriff des «embedded journalism», zu Deutsch «eingebetteter Journalismus ». Bei der Wahl des Wortes des Jahres 2003 landete er in Deutschland sogar auf dem 5. Platz. Medien – vor allem in Demokratien – haben schon immer eine äußerst wichtige Rolle gespielt, wenn es darum geht, für Kriegseinsätze öffentliche Akzeptanz zu schaffen, sie zu legitimieren aber auch abzulehnen. Der Begriff des «eingebetteten Journalismus» steht für eine neue Stufe der Beziehung zwischen Krieg und Medien: Journalisten werden direkt einer militärischen Einheit in Kriegs- oder Konfliktgebieten zugeordnet, um von dort zu berichten. Zu Recht spricht man in diesem Zusammenhang nicht mehr allein von der Instrumentalisierung, sondern gar von der Militarisierung der Medien.

Spätestens seit dem Krieg in Afghanistan ist nun auch vom «embedded feminism» die Rede. Der Begriff kommt aus der wissenschaftlichen Auseinandersetzung um die Frage, inwiefern Frauen- und Geschlechterfragen bei der Legitimation beziehungsweise Delegitimation von staatlicher Gewalt eine Rolle spielen, und wenn ja, welche. Die wenigen Untersuchungen aus der Geschlechterforschung kommen zu dem Schluss, dass sich immer häufiger feministische Diskurse und Forderungen in die politischen Begründungen militärischer Interventionen und deren medialer Begleitung einbetten. Krista Hunt benutzte diesen Begriff 2006 in ihrer Veröffentlichung «Embedded Feminism and the War on Terror». Der moralische Wert einer Intervention soll so hervorgehoben und die Bevölkerung gewonnen werden. Im Falle Bosniens und Afghanistans sei dies auch gelungen.


Frauenrechte und die UN-Charta

Die öffentliche Legitimation von Kriegen ist vor allem in westlichen Demokratien mehr denn je «an das Konzept des humanitären Krieges» gebunden. Die Missachtung von Menschenrechten spielt für die öffentliche und teilweise politische Begründung eine zentrale Rolle und wird oft am Beispiel von Frauen dargestellt. Doch gibt es eine völkerrechtliche Grundlage, den Schutz von Frauen gegen geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen mit militärischen Mitteln zu erzwingen – vorausgesetzt, die zivilen Instrumente sind erschöpft?

Im Kapitel VII der UN-Charta der Vereinten Nationen von 1945, das die Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Weltfriedens und bei Angriffshandlungen beschreibt, spielen die Kategorien Geschlecht und sexuelle Gewalt gegen Frauen keine Rolle. Noch nie wurden sie als Begründung für Sanktionen (Artikel 41, Kapitel VII der UN-Charta), für Blauhelmmissionen oder eine militärische Intervention aufgeführt und durch einen Beschluss des UN-Sicherheitsrats legitimiert.

Erst mit den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates – der 1325 aus dem Jahr 2000 und den folgenden 1820 (2008) sowie 1888 und 1889 (2009) – haben die Kategorien Geschlecht und Gewalt gegen Frauen auf völkerrechtlicher Ebene und im Krisenkontext Bedeutung erhalten.

Die Resolution 1820 des UN-Sicherheitsrates aus dem Jahr 2008 hält zum ersten Mal fest, dass sexuelle Gewalt insbesondere gegen Mädchen und Frauen «Konflikte erheblich verschärfen und die Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit behindern» kann. Sie bezieht sich damit zwar auf Grundsätze des Kapitels VII der UN-Charta, nimmt aber ausschließlich bereits bestehende bewaffnete Konflikte, die den Weltfrieden bedrohen, ins Visier. Die UN-Resolution 1820 ist insofern ein Meilenstein in der Fortschreibung des Völkerrechts, als sexuelle Gewalt und Massenvergewaltigungen als Kriegstaktik und Kriegsverbrechen verurteilt und als die «Tatbestandsmerkmale des Völkermords erfüllende Handlung» anerkannt werden. Sie bleibt aber eine UN-Resolution unter mehreren; sie kann die militärische Intervention zum Schutz gegen geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen nicht «erzwingen». Die UN-Charta bleibt von ihr unangetastet.


Frauenrechte in der Kriegslogik

Der Einsatz in Afghanistan ist ein Paradebeispiel dafür, wie Frauenrechte von der Politik und den Medien instrumentalisiert werden, um eine Intervention zu begründen. Neben dem Ziel der Terrorismusbekämpfung rückte das Weiße Haus gleich zu Kriegsbeginn die Rechte der Frauen ins Zentrum der Legitimation. Den Startschuss für eine regelrechte Kampagne gab Laura Bush, damalige First Lady, die ausnahmsweise statt des Präsidenten George W. Bush am 17. November 2001 die Radioansprache hielt und explizit den Krieg gegen den Terror mit dem Kampf um Frauenrechte verknüpfte: «Dank unserer jüngsten militärischen Erfolge in einem großen Teil Afghanistans sind die Frauen nicht länger in ihren Häusern eingesperrt. […] Der Kampf gegen den Terrorismus ist auch ein Kampf um die Rechte und Würde der Frauen». US-Außenminister Colin Powell spitzte in einer darauf folgenden Rede noch zu, dass die Rechte der Frauen in Afghanistan nicht verhandelbar seien. Bei der feierlichen Unterzeichnung des Afghan Women and Children Relief Act im Dezember 2001 hob US-Präsident Bush hervor, dass sich Afghanistan «im Krieg gegen die Frauen» befände. Das Weiße Haus nutzte eine laufende politische Kampagne, die bereits 1997 von der US-amerikanischen Feminist Majority Foundation gestartet worden war: «Stop Gender Apartheid in Afghanistan». 1998 protestierte sie gegen Unocal, eine amerikanische Ölfirma, die am geplanten Bau einer Pipeline in Afghanistan maßgeblich beteiligt war und die dafür einen entsprechenden Vertrag mit den Taliban geschlossen hatte. Die «Gender Apartheid»-Kampagne gewann an Fahrt, als Mavis Leno, die Ehefrau des Talkmasters Jay Leno, im März 1999 eine Gala mit Hollywood-Stars organisierte, um gegen die «Gender Apartheid» des Taliban-Regimes zu protestieren.

Vor dem 11. September 2001 fanden die Forderungen der US-Kampagne, die Frauenrechte in Afghanistan zu respektieren, zwar öffentliche, aber noch keine politische Resonanz. Mit Beginn des Krieges in Afghanistan änderte sich das: Sowohl die USA als auch Europa konnten mit der «Entdeckung der Frauenrechte» manche Friedens- und Frauenaktivistinnen als wichtige Bündnispartner für die militärische Intervention gewinnen.


Frauenrechte in den Medien

Die Kriegsberichterstattung zeigt, wie die Medien der Instrumentalisierung von Frauenrechten zuarbeiten. Die Rolle des Opfers ist zumeist weiblich besetzt. Damit wird implizit oder explizit nach einem Retter und Beschützer – diese Rolle ist traditionell den Männern vorbehalten – verlangt. Auch im Vorfeld des Afghanistankrieges dominierte diese Perspektive, die Frauen wurden vor allem als Opfer der Taliban gehandelt. Die Bildzeitung schreibt am 27. September 2001: «Talibankrieger vergewaltigen Afghanistans schöne Töchter.»

Die Burka, das Symbol der Frauenunterdrückung schlechthin, war in den Medien allgegenwärtig, mit der militärischen Intervention verschwanden diese Bilder mehr und mehr; die « Entschleierung» der Frauen wurde in Bild und Schrift schließlich mit ihrer Befreiung gleichgesetzt. Der Inszenierungscharakter der Bilder war oftmals offensichtlich. Komplexere Ursachen der Diskriminierung und der Gewalt gegen afghanische Frauen sowie Täter (jenseits der Taliban) werden bis heute wenig thematisiert.

Ob in der Berichterstattung über den Irak oder Afghanistan – Frauen sind zwar Adressatinnen von Hilfe und Unterstützung, ihre politischen Forderungen für eine Beteiligung an politischen und wirtschaftlichen Prozessen aber werden weniger aufgegriffen. Aufschlussreich ist auch, wer die Frauenrechte einfordert. Nicht selten sind es konservative Politiker, die «zu Hause» nicht gerade den Ruf genießen, sich für Emanzipation und «Geschlechterfragen» einzusetzen. Die «Befreiung der Frau anderswo» wird dann gerne eingebettet in den «westlichen Wertekanon» und in ein «Wir», das so tut, als hätten «Wir» nie für Geschlechtergerechtigkeit kämpfen müssen – oder als sei sie gar vollendet. Das schadet der Achtung der Menschenrechte mehr, als dass es ihnen zum Durchbruch verhilft.


Frauenrechte in der Zukunft

Völkerrechtlich wurde noch nie ein Einsatz mit der «Erzwingung» von Frauenrechten begründet, und das ist uneingeschränkt zu begrüßen. Frauenrechte lassen sich mit militärischen Mitteln nicht durchsetzen. Frauen sind zwar von geschlechtsspezifischen Menschenrechtsverletzungen besonders betroffen – ein « Spezialfall » der Menschenrechte sind sie deswegen aber nicht. Sie brauchen zuallererst politischen Willen – zum Beispiel durch die konsequente Umsetzung des UN-Übereinkommens über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), das eine große Mehrheit von Ländern ratifiziert hat. Zur politischen Legitimation militärischer Interventionen taugen Frauenrechte nicht. Die UN-Resolution 1820 leistet einen wichtigen Beitrag gegen geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen im Kriegsgeschehen. Und auch die Ächtung und Sanktionierung sexueller Gewalt setzt politischen Willen voraus. Brigadegeneral a. D. Helmut W. Ganser ist zuzustimmen, wenn er eine «ehrliche» Begründung für militärische Interventionen einfordert, wie er es jüngst auf einer Tagung der Heinrich-Böll-Stiftung tat. Die Kriegs- und Sicherheitslogik hat mit Frauenrechten wenig am Hut. Das zeigt sich sehr schnell dann, wenn mit dem Argument «Sicherheit zuerst!» gerade die Rechte der Frauen und ihre politische Partizipation auf der Strecke bleiben.

http://www.boell.de/demokratie/geschlechter/feminismus-geschlechterdemokratie-krieg-im-namen-der-frauen-11268.html

Die ignorierte Expertise
Frauen müssen im Kampf gegen den Hunger mehr Mitsprache bekommen
Von Barbara Unmüßig
Die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) veranstaltet Mitte November in Rom zum dritten Mal seit ihrem Bestehen einen Weltgipfel für Ernährungssicherheit. Dort wollen sich die Regierungschefs der Welt gemeinsam dazu verpflichten, bis 2025 den Hunger abzuschaffen. Das kann nur gelingen, wenn Frauen in der Agrarpolitik künftig eine größere Rolle spielen. Denn ihnen kommt in der Landwirtschaft in armen Ländern eine Schlüsselrolle zu, die aber zu wenig beachtet wird.
Die Beseitigung des Hungers ist ein wünschenswertes Ziel, das allerdings schon häufiger beschlossen wurde, etwa 1974 bei der World Food Conference in Rom. 1996 beim ersten FAO-Weltgipfel fiel das Ziel schon verhaltener aus: Halbierung der Zahl der Hungernden weltweit bis 2015. Noch bescheidener sind die Millennium-Entwicklungsziele aus dem Jahr 2000: Jetzt soll bis 2015 nicht mehr die absolute Zahl der Hungernden halbiert werden, sondern nur noch ihr Anteil an der Weltbevölkerung.
Aber selbst dieses Ziel ist in weiter Ferne. Mit den Nahrungsmittelpreisen ist auch die Zahl der Hungernden in den Jahren 2007 und 2008 wieder gestiegen – laut FAO auf fast eine Milliarde Menschen. Und laut Experten werden die Preise noch geraume Zeit auf einem Niveau bleiben, das für die Armen einfach zu hoch ist. Hinzu kommen die Auswirkungen des Klimawandels sowie das schnelle Wachstum der Weltbevölkerung. All das wird das weltweite Hungerproblem noch verschärfen.
Im UN-System wächst die Erkenntnis, dass es gemeinsame Anstrengungen und einen radikalen Kurswechsel in der Weltagrarpolitik geben muss. Das ist erfreulich, hat aber einen Haken: Die meisten Vorschläge für eine neue Agrarpolitik sind auffallend geschlechterblind und wiederholen damit einen der größten Fehler der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Sie ignorieren, dass Männer und Frauen in ihren jeweiligen Rollen als Produzenten und als Konsumenten auf unterschiedliche Weise von der Krise betroffen sind und unterschiedlich auf die veränderte Situation in der Landwirtschaft reagieren. Entsprechend geschlechterdifferenziert müssten die Antworten auf die Ernährungskrise ausfallen.
Frauen sind besonders stark von den steigenden Nahrungsmittelpreisen betroffen. Sie sind aber nicht nur Opfer der Krise, sondern vor allem einer der Hauptschlüssel zu ihrer Lösung. Die FAO schätzt, dass Frauen in Entwicklungsländern bis zu 80 Prozent der Nahrungsmittel produzieren und für die Versorgung der anderen Haushaltsmitglieder verantwortlich sind. Die Debatten über die politischen Antworten auf die Nahrungsmittelkrise müssen dieser besonderen Rolle von Frauen endlich gerecht werden.
Die Anliegen von Frauen haben keine politische Lobby
Doch leider ignorieren die diskutierten Lösungspakete ihre speziellen Bedürfnisse weitgehend. Frauen sind in lokalen, regionalen und internationalen Interessenvertretungen nur schwach vertreten, ihre Anliegen und Vorschläge haben keine politische Lobby.
Zur Lösung der Krise werden vor allem Investitionen in die Agrarforschung, in landwirtschaftliche Beratung sowie ein besserer Zugang zu Märkten und zu moderner Technik empfohlen. Aber in vielen Entwicklungsländern ziehen Frauen aufgrund traditioneller Geschlechterrollen aus derlei Maßnahmen kaum Nutzen. Häufig dürfen Frauen kein Land erwerben und haben weder Zugang zu Krediten noch zu landwirtschaftlicher Beratung und effizienter Agrartechnik. Die von internationalen Organisationen vorgestellten Ansätze zur Bekämpfung von Hunger sind ein Paradebeispiel dafür, dass die Interessen von Frauen und eine geschlechtergerechte Perspektive zu wenig berücksichtigt werden. Außer einigen Pilotprojekten ist hier kein Perspektivwechsel zu erkennen.
Frauen kommt im Kampf gegen Hunger und Armut eine Schlüsselrolle zu. Die zentrale Frage ist deshalb, wie die landwirtschaftliche Produktivität und die finanzielle Sicherheit von Frauen erhöht werden können. Kurzfristig müssen dazu die bereits angelaufenen Programme zur Bewältigung der Krise auf ihre Wirksamkeit für Frauen überprüft und mittelfristig der Zugang von Frauen zu Produktionsressourcen und Informationen verbessert werden. Das alles wird aber nur passieren, wenn Frauen stärker an Entscheidungen beteiligt werden. Es ist zu hoffen, dass das beim bevorstehenden Gipfel der UN-Welternährungsorganisation in Rom zur Sprache kommt und die Weichen dafür gestellt werden.
http://www.welt-sichten.org/artikel/art-10-009/cm/die-ignorierte-expertise.html?cmode=form&creplyto=0

Vorwort
„Frauen sind weltweit besonderer Diskriminierung und Gewalterfahrungen ausgesetzt.“
Von Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung
Geschlechterpolitik, feministische Analysen und Diskurse haben in der Heinrich-Böll-Stiftung seit ihrer Gründung einen festen Platz. Sie sind – neben Ökologie- und Demokratiepolitik – Schwerpunkt unserer In- und Auslandsarbeit sowie Leitprinzip bei der Studienförderung und in der eigenen Organisationsstruktur.
Unsere Arbeit im Ausland ist noch mehr als in der Bundesrepublik dadurch geprägt, sich mit einer Vielfalt von Lebensund Arbeitsformen und einer Pluralität politischer Kulturen und Strategien auseinanderzusetzen. Selten jedoch präsentieren wir unsere Arbeit im Ausland in solch komprimierter Form wie mit dieser Broschüre. Wir wollen Einblicke in diese Vielfalt geben und zeigen, wie wir mit unseren Partnerinnen und Partnern und Netzwerken an einer geschlechtergerechten Welt arbeiten. Einzigartig ist, dass alle Auslandsbüros der Heinrich-Böll-Stiftung – insgesamt 28 weltweit –, das Thema Geschlechterpolitik bearbeiten. Das "Wie" fällt allerdings sehr unterschiedlich aus (siehe dazu auch den Text "28 Auslandsbüros – und 28 Antworten …" auf der Seite 7). Welche Themenfelder wir vorrangig bearbeiten, belegen die Erfahrungsberichte und Kurzanalysen in dieser Publikation. Über alle Regionen hinweg geht es darum, besonders in Geschlechterfragen die Kritik und vor allem den Kampf gegen patriarchale und gewaltsame Herrschafts- und Machtstrukturen – auf allen Ebenen, ob in sozialen Beziehungen, ob in Politik und Wirtschaft, ob in Kultur oder Öffentlichkeit – zu befördern und zu unterstützen.
Frauen sind weltweit besonderer Diskriminierung und Gewalterfahrungen ausgesetzt. Gleiches gilt für alle, die nicht in die heterosexuelle Norm passen. Lesben, Schwule, Transgender, Bisexuelle – sie alle werden in den meisten Ländern geächtet, vielfach brutal verfolgt und getötet.
Gegen soziale und politische Exklusion, gegen die Prekarisierung ihrer Lebenswelt, gegen den Raubbau an der Umwelt, gegen Unterdrückung und Gewalt wehren sich Frauen und Männer auf der Welt. Sexuelle Minderheiten suchen Verbündete in ihren Ländern, transnational bilden sie Allianzen und Netzwerke und suchen die Öffentlichkeit. Hier setzt das Engagement der Heinrich- Böll-Stiftung an, sie sucht Verbündete und Partnerinnen und Partner.
In dieser Veröffentlichung beschreiben wir Erfahrungen, Rückschläge und Erfolge. Sie sind lediglich ein Ausschnitt unserer Arbeit in « aller Herren Länder ». Eine Vielzahl unserer Partnerinnen und Partner bzw. deren Projekte werden nicht ausschließlich durch die Heinrich-Böll-Stiftung, sondern auch aus anderen Geldquellen und politischen Zusammenhängen heraus unterstützt. Wenn wir unsere Rolle aufzeigen, dann ist dies auch ein Verweis darauf, dass wir mit unseren politischen und finanziellen Beiträgen häufig Teil eines größeren Netzwerks sind, aber wissen, dass sie einen Unterschied machen – für mehr Geschlechtergerechtigkeit.
Recherchiert und geschrieben hat diese Texte Renate Wilke-Launer. Sie hat die vielen einzelnen Informationen zusammengetragen, mit unseren Büros korrespondiert, mit Partnerinnen und Partnern Kontakt aufgenommen und viele Gespräche geführt. Das alles zu bündeln war nur mit redaktionellem Geschick, viel geschlechterpolitischer Erfahrung und Sensibilität möglich. Entstanden ist am Ende eine Mischung aus Analyse, Reflexion, Bericht und Erzählung, ganz ähnlich dem, was auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Büros bewegt. Ihr gilt mein ganz besonderer Dank. Ebenso ein großes Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Auslandsbüros.
In der Heinrich-Böll-Stiftung waren – ungewöhnlich genug – Konzeption und Organisation dieser Zusammenschau in meinem Vorstandsbüro angesiedelt. Claudia Rolf, wissenschaftliche Mitarbeiterin, hat die Fäden zusammengehalten und das Projekt in all seinen Facetten koordiniert. Ihr danke ich sehr herzlich für ihren Rat, ihre Übersicht und Geduld.

http://www.tr.boell.org/web/19-468.html

Janeiro zum zwanzigsten Mal. Wir haben die internationalen Vorbereitungen auf den Rio+20-
Gipfel intensiv beobachtet und uns bei unseren zahlreichen Aktivitaten in Rio und in anderen Stadten
auf das Thema ≪Grune Okonomie≫ konzentriert. Dieses Engagement hat den Ruf der Stiftung
als internationale und kompetente Adresse fur okologische und soziale Nachhaltigkeit gestarkt.
International denken wir auch bei der Energiepolitik: Auf unserer Website ≪energytransition.
de≫ gibt es umfangreiche Informationen zur Energiewende, denn es bietet sich die Chance, Europa
zum Vorreiter fur erneuerbare Energien und Effizienztechnologie zu machen. Wir werben
daher fur die Vorteile eines europaischen Energieverbunds und fur eine gemeinsame europaische
Energiepolitik.
Auch die langst noch nicht bewaltigte Eurokrise halt uns auf Trab. Die Eurokrise erfordert eine
Kombination von Eigenanstrengung und europaischer Solidaritat. Entsprechend sind Reformen
in den Nationalstaaten notig, die auf eine langfristige Konsolidierung des Finanzsektors und eine
nachhaltige wirtschaftliche Dynamik abzielen. Die Heinrich-Boll-Stiftung unterstutzt einen europaischen
≪Green New Deal≫, der insbesondere der jungen Generation neue Perspektiven eroffnen
kann.
Wir erleben derzeit in einigen Landern eine Welle juristischer oder burokratischer Masnahmen,
die die Handlungsspielraume – sowohl fur einheimische NGOs als auch fur internationale
Organisationen – einschranken. So forderte beispielsweise Athiopien die Neuregistrierung unter
dem NGO-Gesetz; unser Auftrag, gemeinsam mit lokalen Partnern fur Demokratie, Geschlechtergerechtigkeit
und nachhaltige Entwicklung einzutreten, war so nicht mehr einzulosen. Die Stiftung
hat sich daher zur Auflosung ihrer Prasenz in Athiopien entschieden. In Agypten geben die politischen
Entwicklungen und der ungeklarte Rechtsstatus noch keine Grundlage fur unsere Arbeit. Die
Kooperation mit unseren agyptischen Partnerinnen und Partnern organisieren wir deshalb uber
unser neues Buro in Tunis.
Ein Grund zum Feiern war das 25-jahrige Jubilaum der Heinrich-Boll-Stiftung Ende letzten
Jahres. Was im November 1987 mit der Grundung der alten Heinrich-Boll-Stiftung in Koln begann,
wurde durch die Fusion mit der Frauenanstiftung und dem Buntstift 1996 zu einem grosen
Ganzen mit einem scharferen inhaltlichen Profil.
Ein groser Anteil am Erfolg der Stiftung in den letzten Jahren gebuhrt Dr. Birgit Laubach, die
ihr Wirken als Geschaftsfuhrerin zum 1. April 2013 beendet. Ihrem grosen Geschick verdankt die
Heinrich-Boll-Stiftung u. a. den erfolgreichen Neubau, der bis heute nicht nur wegen der gestalterischen
Qualitat und der hohen Energieeffizienz, sondern auch im Hinblick auf den verantwortungsbewussten
Umgang mit offentlichen Baumitteln vorbildlich ist.
Groser Dank gilt wie stets unseren hoch motivierten Kolleginnen und Kollegen. Sie sind das
Ruckgrat der Stiftungsarbeit. Wichtige Unterstutzung erfahren wir auch von den ehrenamtlichen
Gremien: dem Aufsichtsrat, der Mitgliederversammlung, dem Frauenrat, den Fachbeiraten und
Fachkommissionen und der Grunen Akademie. Ihnen allen gilt unser ausdrucklicher Dank fur die
vertrauensvolle Zusammenarbeit, die uns – jetzt und in Zukunft – starkt.
Berlin, im April 2013
Ralf Fucks Barbara Unmusig
Vorstand Heinrich-Boll-Stiftung

http://www.boell.de/sites/default/files/Boell_Jahresbericht2012.pdf

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Die ultimative Dienstleistungsoffensive des Antifeminismus

Ein bisschen Frauenhass steht jedem Mann!

wikimannia statt femipedia

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