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Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

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Liste Femanzen Dr. Adrienne Goehler (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Wednesday, 01.10.2014, 17:13 (vor 3699 Tagen)
bearbeitet von Oberkellner, Wednesday, 01.10.2014, 17:24

F206 Dr. Adrienne Goehler – geboren am 13.10.1955 in Lahr im Schwarzwald (Baden-Württemberg) – Studium der Germanistik und Romanistik in Freiburg und Grenoble – Initiatorin der Grüne/GAL-Frauenliste – 1986 Abgeordnete der GAL-Frauenfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft - seit 1991 parteilos – von 1989 bis 2001 Präsidentin der Hochschule für bildende Künste in Hamburg- 2001 Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Kultur der rot-grünen Übergangsregierung in Berlin – von 2002 bis 2006 Kuratorin des Hauptstadtkulturfonds – seit 2005 Aufsichtsrätin der „taz“ - adrienne.goehler@berlin.de - http://www.hfm-berlin.de/Binaries/Binary1421/goehler_adrienne.jpg

Adrienne Goehler über Frauen in der Politik und die weibliche Doppelspitze
Wenn Politik sich institutionalisiert, wird sie männlich, sagt Adrienne Goehler. Das ist den Grünen wie allen anderen Parteien passiert. Eine weibliche Doppelspitze bei der LINKEN sieht sie als Chance, den Stillstand aufzubrechen. Über Geschlechter in der Politik im Allgemeinen und eine weibliche Doppelspitze für die Linkspartei im Speziellen sprach mit ihr Jörg Meyer.
nd: Die Grünen haben in ihrer Geschichte öfter schon rein weibliche Doppelspitzen gehabt, und in Hamburg existierte ab 1990 eine GAL-Frauenfraktion. Was bringt »das Weibliche« in die Politik?
Goehler: Das Frauen-Triumvirat an der Spitze der Bundestagsfraktion Mitte der 80er Jahre war der Versuch, der überall vorfindlichen männlichen Definitionsmacht etwas entgegenzusetzen. Es war der Versuch, eine andere Sprache, andere Prioritäten und andere Lebensgeschichten ins Parlament zu bringen. Das ist uns gelungen. Wir sind zur Hamburger Bürgerschaftswahl 1990 mit einer Liste von 100 Prozent Frauen angetreten - und haben das erste zweistellige Ergebnis eingefahren, obwohl Spötter und Kritiker meinten, mit so einer Idee würden wir grandios an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.
Mit der Idee wollten wir auch die Grün-Alternative-Liste (GAL) als politische Gruppierung zu einem Experiment herausfordern. Auf großen Zuspruch sind wir anfangs nicht gestoßen. Die Einen sagten: Das ist zu früh, die Anderen: Das ist zu spät, und ich habe gefunden, es gibt für eine Frauenfraktion nie den richtigen Zeitpunkt.
Ich bin aber auch illusionslos genug, um zu wissen, hätte der »Spiegel« nicht ein Streitgespräch mit einer Gegnerin und einer Befürworterin der Frauenliste abgedruckt, wäre diese Tür für uns nicht aufgegangen - nebenbei: das erste Streitgespräch zwischen zwei Frauen im »Spiegel« überhaupt. Die anderen Medien haben nachgezogen, und ab dem Punkt hätte die GAL richtig dumm dagestanden, hätte sie gesagt: »Das ist ja ein wahnsinnig lustiger Versuch, aber Politik ist ja doch ein hartes Geschäft.« Die Frauenfraktion wäre auch nicht durchgekommen, wäre die GAL damals nicht schon zwischen Fundis und Realos hochgradig polarisiert gewesen. Keine Seite hat der anderen das Schwarze unter dem Fingernagel gegönnt. Also waren die Frauen das kleinere Übel.
War die Frauenfraktion dann auch paritätisch zwischen Realos und Fundis besetzt?
Nicht ganz, aber nachdem Lächerlichmachen und Wegschweigen nicht mehr funktionierten, haben die Parteigranden selbstverständlich ihre Vertrauensfrauen zum Aufpassen in die Fraktion geschickt. Es war dennoch die heterogenste Liste, die wir je hatten, in der einfach ganz unterschiedliche Einflüsse zusammengekommen sind. Das hat das Alltagsgeschäft nicht unbedingt erleichtert. Wir waren sehr erfolgreich in der Parlamentsarbeit, weil wir von sehr vielen anonymen Frauen in den Verwaltungen unterstützt worden sind, die eine wunderbare Komplizinnenschaft mit uns eingegangen sind. Die Frauen haben mit uns den Kopf ein Stück höher getragen. Das war eine interessante und gute Erfahrung.
... die übertragbar ist?
Ich glaube, wenn man nach einem roten Faden für die Übernahme der Spitzen durch Frauen sucht, dann ist das eine angekränkelte oder paralysierte Organisation durch Elchkämpfe, die davon auch Wunden mit sich herumträgt. In der rot-grünen Koalition in Nordrhein-Westfalen nach 2000 ist Wolfgang Clement mit den Grünen umgegangen wie mit schwer erziehbaren Kindern. Und jetzt stellt man fest, es gibt auch eine sachorientierte, unaufgeregte Art Politik zu machen unter dem Motto: Wir gucken mal, wie weit wir miteinander kommen, statt des a priori Absteckens von Fronten oder Rangfolgen.
Und das Gucken, wie weit man miteinander kommt, führte jetzt zur Neuauflage von Rot-Grün?
Genau. Mit Hannelore Kraft (SPD) und Sylvia Löhrmann (Grüne) gibt es zwei Frauen, die sehr unaufgeregt zusammenarbeiten. Die Riesenfreude der beiden nach den ersten Hochrechnungen war doch einfach toll anzusehen. Sie haben sich erkennbar zusammen gefreut. Das ist eine Qualität, die ich so aus Männerkonstellationen nicht kenne. Aber noch mal: Es ist klar, es hätte keine Frauenfraktion in Hamburg gegeben, wenn die Paralyse durch die beiden Großgruppen und das gegenseitige Misstrauen nicht so groß gewesen wären.
Wenn man jetzt auf die LINKEN guckt, die sich für mich, die ich eher antiautoritär strukturiert bin, lange viel von den Großkopferten haben gefallen lassen, befinden sie sich vielleicht in einer ähnlichen Situation. Es ist nach wie vor keine Selbstverständlichkeit, dass mal Männer und mal Frauen die Spitzenpositionen einnehmen.
Sie meinen die Kandidatur zur weiblichen Doppelspitze ...
Katja Kipping und Katharina Schwabedissen wären nicht aus der Deckung gekommen, wenn die Partei nicht kurz vor dem Scheitern stehen würde. Es ist auch die Müdigkeit bei den Frauen in der Partei, bei den zeitvergeudenden leeren Männerkämpfen nur dasitzen zu müssen. Dann haben sie eben gesagt: »Nein, das wollen wir nicht mehr!«
Katja Kippings Herangehen deckt sich mit der langen Erfahrung, die ich mit Frauen habe, die sich überlegen, so einen Posten zu übernehmen und trotzdem sagen: »Ich bin nicht bereit, mich 80 Stunden die Woche für die Partei und die Verbreiterung meines eigenen Machteinflusses abzuarbeiten.« Und genau das hat auch eine gesellschaftliche Relevanz. Wenn sich eine hinstellt und klar sagt: »Ich bin Mutter, und ich übergehe das nicht so wie Kristina Schröder. Das heißt für mich Teilzeit.« Das finde ich positiv, weil es Türen öffnet - nicht nur ins Bewusstsein, sondern auch im tatsächlichen Handeln. Das ermutigt mehr Frauen zu sagen, das kann ich auch, ohne zu vernachlässigen, was mir sonst noch wichtig ist. Diese Politmaschinen, die wir in allen Parteien haben, die mag man ja einfach alle nicht mehr sehen, oder?
Frauen als Doppelspitze, das hat an sich schon Nachrichtenwert. Warum? Geschlecht ist letztlich konstruiert. Frauen sind nicht schon genetisch »sozialer«.
Deswegen habe ich ja die Frauenfraktion initiiert. Ich hatte die Nase voll davon, dass wir Frauen in den Bereichen Soziales, Jugend, Kinder, Alte unsere Kärrnerarbeit machen, und die großen Politikfelder mit Reputation und Geld liegen bei den Männern. Dieser Aufteilung kann man nur mit einer Frauenfraktion begegnen.
Haben Sie ein Beispiel?
Wir hatten eine Mathematikerin als Haushaltsexpertin. Sie hat die Männer zum Wahnsinn getrieben, weil sie sehr genau nachgerechnet und bei jeder Diskussion das männliche Maß als Leitlinie entlarvt hat. Wir sind unter dem Eindruck von Tschernobyl in die Bürgerschaft eingezogen. Diese Abgeordnete hat einen Tumult ausgelöst, als sie sagte, alle Messungen und Gutachten seien an einem 40 Jahre alten, mittelgroßen, gesunden Mann orientiert. Aus dieser Norm fielen Kinder, Alte und Frauen. »Bleiben Sie sachlich!« wurde ihr entgegengerufen. Das fand ich bemerkenswert. Und als sie einen Abgeordneten fragte, ob er seiner Lieblingsnichte jetzt bedenkenlos ein Speiseeis servieren würde, hieß es: »Das hat hier nichts zu suchen!« Aber genau das hatte es.
Inwiefern?
Ich glaube, Frauen sind begabter, den Moment des Subjektiven, des Alltäglichen mit in die Politik zu nehmen. Damit will ich nicht an der These rütteln, dass Geschlechterrollen soziale Konstruktionen sind. Das sind sie, aber als solche sind sie eben auch wirksam. Deswegen müssen wir damit auch einen Umgang finden. Ich denke, was bei Kipping und Schwabedissen entscheidend ist: Beide wirken nicht so, als erzählen sie das Eine und meinen das Andere. Ich sehe mir das aus der Ferne an und sehe den Versuch, aus der Lähmung herauszukommen. Wichtig wäre dabei, dass sie in ihrem Tun als Frauen die Analysefähigkeit behalten, was das gerade bedeutet. Dann könnte gesellschaftlich auch darüber hinaus etwas verstanden werden. Das war auch mein Bemühen in der Frauenfraktion.
Es gibt eine Bundesfamilienministerin, es gibt eine Arbeitsministerin, und es gibt die Bundeskanzlerin. Was es nicht gibt, ist Gleichbezahlung, Gleichberechtigung und den gleichen Zugang zu Positionen am Arbeitsmarkt. Müssen Frauen in der Politik noch immer die besseren Männer sein?
Wenn man sich ansieht, was an Bewusstsein versackt ist und jetzt wieder über Statistiken hochgezogen wird, kann ich aus der Perspektive einer Feministin nur sagen, dass das letzte Jahrzehnt eine Katastrophe war. »Was? Frauen verdienen immer noch weniger? Scheiße! Na ja, dann müssen wir mal mit den Arbeitgebern reden.« So läuft es doch. Da ist es fast befreiend, wenn mit der LINKEN eine Gruppierung, die bisher nicht in dem Verdacht stand, dass Frauen das Sagen haben, erkennt, dass es eine Möglichkeit gibt, die Debatte wieder neu zu beleben. Und zur Frage, ob die Frauen die besseren Männer sein müssen: Ich fürchte ja. Oder aber man macht es wie »das Merkel« und zieht sich in eine gewisse Neutralität zurück. Was sie aber nicht davor schützt, von mittelmäßigen Männern »Mutti« genannt zu werden.
Renate Künast hat in ihrer Zeit als Landwirtschafts- und Verbraucherministerin einen völlig anderen Politikstil an den Tag gelegt. Als beim Thema BSE noch kein Mensch wusste, worum es ging, fand ich genau richtig, wie sie vorgegangen ist. Sie hat keine fertige Lösung präsentiert, weil sie die nicht hatte. Sie hat viele Möglichkeiten aufgezeigt, und man konnte ihr fast beim Denken zugucken. So stelle ich mir Politik vor. Das hat Renate Künast sich damals getraut, und diese Fähigkeit hat sie in dem Maße verloren, wie sie ausschließlich zur grünen Funktionärin wurde
Sie sind 1991 aus den Grünen ausgetreten ...
... weil sie die Ämterrotation aufgegeben haben. Das war für mich das wichtigste unterscheidbare Gut von allen anderen Parteien, zu sagen, wir lassen immer wieder neue Einflüsse zu und damit auch Störungen. Das ist die einzige Möglichkeit, Durchlässigkeit zu bewahren. Das haben sie sich abkaufen lassen. Ich habe einmal eine grüne Bundestagsabgeordnete gefragt, was ist der Unterschied zwischen Regieren in Bonn und in Berlin? In Berlin, sagte sie, kannst du keinen einzigen klaren Gedanken fassen, weil du sofort zehn Mikrofone vor der Nase hast. Den Satz »darüber muss ich noch mal nachdenken« sagst du einmal, da wirst du zerrissen.
Was ist von der neuen Art der GAL-Frauenfraktion, Sachpolitik ins Parlament zu bringen, übrig geblieben?
Die meisten sozialen Bewegungen wurden von Frauen erfunden und dann von Männern übernommen und institutionalisiert. Das Geschlecht ändert sich von Bewegung zu Institutionalisierung. Die Anti-AKW-Bewegung war stark von Frauen geführt. Der Wechsel ist eine Strukturfalle, glaube ich. Ich habe kein Rezept, wie man dem entgehen kann, obwohl ich nach wie vor glaube, dass die Rotation die stärkste Methode dagegen wäre. Was eben auch Parteien davor bewahren würde, dass sie mehr und mehr als Entität wahrgenommen werden, durch die man sich hochdienen muss.
Das ist das Überraschende an der weiblichen Doppelspitze bei den LINKEN: Die beiden bewegen sich nicht im Fahrwasser der Gysi- oder Lafontaine-Nachfolge, sondern sie stehen quer dazu. Und sie sind nicht in erster Linie Parteisoldatinnen, sondern sie sind stärker an der Sache orientiert.
Sachpolitik ist weiblich?
So vorsichtig ich an diesem Punkt bin, um nicht in die Geschlechterfalle zu gehen, glaube ich schon, dass die Sachorientierung bei Frauen stärker ausgeprägt ist, so sie nicht dem allgemeinen Erscheinungsbild der Partei untergeordnet wird. Die Gefahr ist aber stets da. Es ist kein Wert an sich, aber es ist auf jeden Fall ein Bruch mit der Logik der LINKEN, wenn zwei von den alten Männern unabhängige Frauen für die Parteiführung kandidieren. Zwei Frauen unter 40, die den Stillstand, das Sklerotische satt haben und sagen: »Wir machen das jetzt«, das sieht man derzeit in keiner anderen Partei. Von daher könnte jetzt das, was in der LINKEN passieren könnte, auch eine langfristige Wirkung haben: Aus dem Stillstand heraus passiert etwas ganz Neues.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/228412.ein-bruch-mit-der-logik-der-partei.html

ADRIENNE GOEHLER
Publizistin, Berliner Kultursenatorin a. D.
Seit Gründung der Grünen habe ich im gesellschaftlichen Raum keine leidenschaftlichere Debatte erlebt. Hier stehen sich Menschenbilder gegenüber: Muss der Mensch durch Arbeit diszipliniert werden, um nicht zu verlottern? Oder könnte das bedingungslose Grundeinkommen das Vermögen der Einzelnen freisetzen? Hier geht der protestantische Arbeitsethos in Stellung gegen ein "Zu viel an Freiheit ist aller Laster Anfang". Obwohl das bedingungslose Grundeinkommen ja kein Arbeitsverbot bedeutet, sondern die Selbstsuche von Arbeit eher ermöglichen würde. Außerdem ist es eine Frage der Würde! Wie könnte es den Klang dieser Republik verändern, wenn wir dem verhängnisvollen Cogito der Lohnarbeitsgesellschaft: "Ich werde bezahlt, also bin ich" entwachsen könnten.

http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2007/04/30/a0155

1.000 Euro für jeden: Freiheit. Gleichheit. Grundeinkommen
von Götz W. Werner Adrienne Goehler
Angst vor zunehmender Armut und Erwerbslosigkeit prägen unsere Gesellschaft. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander. Der heutige Sozialstaat weiß darauf keine Antwort. Es fehlt an Ideen, die Wende zur Kulturgesellschaft zu gestalten. Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein bahnbrechendes Konzept, um dem grundlegenden Wandel von Leben und Arbeit zu begegnen und die Menschen von Existenzangst zu befreien. Einfach, gerecht und finanzierbar!
Götz Werner und Adrienne Goehler zeigen, wie das Bedingungslose Grundeinkommen in die Praxis umgesetzt werden kann und wie es den Traum der Französischen Revolution von einer solidarischen Gesellschaft einlöst.

http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2007/04/30/a0155

Mit einer GAL-Frauenliste in die Bürgerschaft: 13 Hamburgerinnen mit einer anderen Politik als die "Männer in dunklen Anzügen".
Hamburg. Adrienne Goehler war erst ins Schauspielhaus gegangen und danach auch noch ins Thalia-Theater. Erst dann hatte die GAL-Politikerin mit dem schwarzen Wuschelkopf sämtliche Textilien zusammen, die sie für den historischen Auftritt brauchte: 13 Nadelstreifen-Anzüge in den passenden Größen. Für 13 Frauen und ihren großen Auftritt.
Fast 100 000 Stimmen bei der Bürgerschaftswahl am 9. November 1986 hatten dafür gesorgt, dass die GAL mit 10,4 Prozent ein zweistelliges Ergebnis erreichte, nachdem sie 1982 mit 6,8 Prozent erstmals in das Parlament eingezogen war. Eine ziemliche Sensation war das, verbunden mit einem weltweit einmaligen Experiment: Eine reine Frauenfraktion war angetreten, den Männern die Macht im Rathaus zu entreißen. "Wir können sie nicht mehr ertragen, diese 50- bis 60-jährigen dunklen Anzüge, die unterschiedslos Bauknecht-Küchen, Autobahnabschnitte und Atommeiler einweihen", hatte Adrienne Goehler rund 1200 begeisterten GALiern ein paar Wochen zuvor auf der zentralen Wahlkampfveranstaltung in der Markthalle zugerufen.
Es ist der 26. November 1986, als sie und ihre zwölf Kolleginnen selbst in dunkle Anzüge schlüpfen und dazu wahlweise Fliege oder Krawatte über die weißen Hemden binden. So ziehen sie ins Rathaus ein und nehmen vier Bürgerschaftsreihen in Besitz: Kristina Kukielka, Thea Bock, Ulla Jelpke, Adrienne Goehler, Anja Kuhr, Erika Romberg, Cornelia Jürgens, Ulla Bussek, Margret Hauch, Heide Neitsch, Eva Hubert, Ingeborg Glock und Eva Brandes. Und weil SPD-Spitzenkandidat Klaus von Dohnanyi den Weiberwahlkampf als "Kasperletheater" abgetan hatte, trägt jede der Frauen eine kleine Kasperpuppe aus Stoff im Knopfloch. Das konnte ja lustig werden.
Wurde es aber nicht. "Die Grünen haben den Humor ja auch nicht gerade mit Löffeln gefressen", sagt Adrienne Goehler heute. Was vor genau 25 Jahren nach einem einmütigen Spaß-Auftritt aussah, war in Wahrheit das mühevolle Ergebnis einer zähen parteiinternen Auseinandersetzung.
Die Idee für eine Frauenfraktion war der Diplom-Psychologin Goehler, heute 56, in Paris gekommen, an der Pilgerstätte von Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir auf dem Friedhof Montparnasse. Die französische Schriftstellerin, Philosophin und Feministin war im April 1986 gestorben, und Goehler dachte an diesem symbolischen Ort zum ersten Mal konkret darüber nach, wie es wohl wäre, wenn einmal Frauen allein die Geschicke der grünen Politik in die Hände nähmen. "Wenn die Männer ans Mikrofon traten, haben sie jedes Mal das Rad neu erfunden. Und wenn danach eine Frau das Wort ergriff, sagte sie mit viel leiserer Stimme: 'Ich kann's kurz machen, denn es ist ja im Wesentlichen schon alles gesagt worden'", erinnert sich Goehler. "Furchtbar war das!"
Also schrieb sie ihre Gedanken in einem Brief an die Grünen nieder. Begeisterte Resonanz blieb, vorsichtig formuliert, aus. Es gab heftigen Widerstand gegen die "Frechen Frauen" um Goehler, auch von Frauen aus den eigenen Reihen. Die grüne Regula Bott warf Goehler "unkritische Mystifikation von Weiblichkeit und unreflektierten Biologismus" vor. "Weiblichkeit ist noch keine Gewähr für richtige Politik."
In einem Streitgespräch im "Spiegel" hielt Goehler dagegen: "Wir wehren uns gegen die Behauptung von Frauen wie dir, Regula, dass es ganz egal ist, ob Mann oder Frau Politik macht. Frauen sind anders als Männer."
Männer auch, könnte man hinzufügen, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass damals auch die "Rosa Biber" gegen die Frauenfraktion aufmuckten. Die Schwulengruppe der GAL wollte als Opfer des Patriarchats ebenfalls einen Platz auf der Frauenliste, als "Ausnahmekandidat". Kriegten sie aber nicht. Schon ein einziger männlicher Kandidat, so die Begründung, hätte die Idee zerstört. "Deshalb kann frau kein Hähnchen im Körbchen akzeptieren", befand die Vorzeige-Grüne Antje Vollmer. Und Basta! Bitter für die Biber.
Was den "Frechen Frauen" schließlich aber zum Durchbruch verhalf, war ein viel größerer Konflikt innerhalb der Partei: Der Streit zwischen den Fundis, die jede Regierungsbeteiligung ausschlossen, und den Realos, für die genau das eine Option war, um gesellschaftlich etwas zu verändern. "Fundis und Realos verharrten gegenseitig in ihren Stellungskriegen und haben wahrscheinlich gedacht, bevor die anderen die Macht kriegen, stimmen wir lieber für eine Frauenfraktion", sagt Goehler. Es sei nicht so gewesen, dass die GALier den historischen Schritt begriffen hätten. Insofern sei ihr Plan kühnem Kalkül gefolgt. "Ich habe an der Berechenbarkeit der Geister entlang gedacht."
Thea Bock, 73, konnte mit den grünen Flügelkämpfen nie viel anfangen. Die Umweltaktivistin hatte Gegner ganz anderen Kalibers. Unternehmen wie Boehringer beispielsweise. Das Chemiewerk, 1984 stillgelegt, hatte auf dem Werksgelände in Moorfleet dioxinhaltige Abfälle abgelagert, und rund 1600 frühere Beschäftigte waren giftgeschädigt. Da blieb keine Zeit für interne Schlammschlachten. Unermüdlich im Kampf gegen gewissenlose industrielle Verschmutzer, war Thea Bock innerparteilich unangreifbar. Sie wurde die Chefin der 13 grünen Frauen, die GALionsfigur, sozusagen.
Die Frauenfraktion sei der "Rettungsanker" für die GAL gewesen, sagt Thea Bock. Schon vorher sei die Situation wegen der verschiedenen Parteiströmungen teilweise so kritisch gewesen, dass sie manchmal fürchtete, "der Laden fliegt auseinander". Allmählich setzte sich dann die Meinung durch, dass die Frauen besonnener und harmonischer miteinander umgehen würden und der Richtungsstreit vielleicht aufhöre. "Und irgendwann konnte keiner mehr dagegen sein", sagt sie.
Zwei Tage nach der Wahl wurde Thea Bock zur Vorsitzenden gewählt und präsentierte einen Forderungskatalog an die SPD, der "ohne Abstriche" galt. Die wichtigsten Bedingungen: sofortiger Ausstieg aus der Atomenergie, Stopp der Einleitung von Schwermetallen in die Elbe, ein Niederlassungsrecht für Ausländer und eine Frauenquote von 50 Prozent im öffentlichen Dienst.
Schon das Wahlprogramm der grünen Frauen listete detailliert wie nie zuvor die Benachteiligung der Frauen in Hamburg auf. Eine Arbeiterin verdiente 30 Prozent weniger als ihr männlicher Kollege, Frauen stellten 93 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten, 60 Prozent der Sozialhilfeempfänger, drei Prozent aller Ingenieure. 56 Prozent der Rentnerinnen mussten mit weniger als 500 Mark auskommen.
"Mir ging es nie darum, ob Frauen besser oder schlechter Politik machen", sagt Goehler, "sondern darum, dass sie anders Politik machen." Es sei eben anders, wenn das Subjekt der politischen Betrachtung eine alleinerziehende Mutter mit Kindern sei. Oder wenn man Stadtplanung stärker an Menschen als an Lastwagen ausrichte.
Schon nach wenigen Wochen änderte sich die Haltung der übrigen Parlamentarier. SPD-Fraktionschef Henning Voscherau bescheinigte den "Damen von der GAL, viel sachlicher und emotionsloser kooperiert zu haben" als die meisten GAL-Männer. "Locker, fröhlich und präsent" fand Kultursenatorin Helga Schuchardt ihre Kolleginnen, die zudem überaus fleißig agierten. Wenig Spektakel, viele Anfragen. "Und dabei halfen uns viele Frauen in den Behörden, die an ihren männlichen Vorgesetzen nicht vorbei kamen, mit uns sympathisierten und uns mit Informationen versorgten", sagt Adrienne Goehler. Das könne man ja 25 Jahre später ruhig mal verraten.
Die Frauen konnten bald handfeste Ergebnisse vorweisen. Sie sorgten dafür, dass alternative Wohnprojekte und preiswerte Wohnungen weiterhin gefördert wurden, dass Hamburg im Bundestag für ein Verbot aller krebserregenden Stoffe initiativ wurde und dass ehemalige Boehringer-Arbeiter kostenlos untersucht wurden. Und weil sie den SPD-Minderheitssenat bei Haushaltsabstimmungen unterstützten, bekamen sie im Gegenzug fünf Millionen Mark für alternative Projekte wie eine deutsch-ausländische Begegnungsstätte oder Übungsräume für Rockmusiker.
Dabei sah es zuerst gar nicht nach einer Zusammenarbeit zwischen Grünen und SPD aus. "Dohnanyi wollte gar keine Koalition", sagt Thea Bock. "Das waren Verhinderungsgespräche mit uns", sagt Adrienne Goehler. Thea Bock erzählt, dass von Dohnanyi ihr während der Verhandlungen mal ein Zettel über den Tisch schob, auf den er geschrieben hatte, dass er jetzt auch lieber mit ihr um die Alster spazieren würde als hier zu sitzen. So kam es schließlich im Mai 1987 zu Neuwahlen. Die Frauenriege rutschte auf sieben Prozent ab. Und die internen Kämpfe gingen von vorne los.
Thea Bock fand die Zeit der grünen Frauenfraktion "lehrreich und anstrengend". "Aber Spaß gemacht hat es auch." Bis der Spaß irgendwann vorbei war. Die Nachrückerin Eva Brandes warf 1988 die Brocken hin, weil sie in der GAL ein "hasserfülltes" und "Angst machendes Klima" spürte. Innerhalb der einzelnen Gruppierungen gelte es zu gehorchen, sonst sei "der Teufel los in der kirchlich-dogmatischen Vereinigung". Überall herrschten "Klüngelei, Kungelei, Kader, Parteidisziplin".
Für Thea Bock war im gleichen Jahr Schluss, als man sie zwingen wollte, eine Gegendarstellung zu einem Bericht in der "Morgenpost" zu schreiben. Es ging um eine Aktion von Autonomen, die per Transparent Solidarität mit den Hungerstreikenden der RAF eingefordert und sich in den GAL-Fraktionsräumen versteckt hatten. In einer Presseerklärung hieß es, Thea Bock sei mit der Aktion einverstanden gewesen. War sie aber nicht, und so stand es auch in der "Mopo". "Ich kann keine Solidarität mit Menschen zeigen, die Genickschüsse verteilen", sagt sie heute.
Wutentbrannt bestellte sie also die Fraktion, die ihr die gefälschte Presseerklärung untergejubelt hatte, für den nächsten Tag um zehn Uhr morgens ins Café Picasso an der Rathausstraße. Als um elf Uhr immer noch niemand erschienen war, schrieb sie auf einen Bierdeckel: "Hiermit trete ich aus der GAL aus und lege mein Mandat nieder."
1991 zog sie für die SPD in den Bundestag. Im gleichen Jahr trat Adrienne Goehler aus der grünen Partei aus.
Ist das Frauen-Experiment geglückt? "Es hat deshalb nicht geklappt, weil sich darin eigentlich nur die Zerstrittenheit der Partei gespiegelt hat", sagt Thea Bock. Zu viele Männer im Hintergrund hätten die Frauen gesteuert. "Man muss das nicht noch einmal machen - aber es war auch kein Fehler."
Adrienne Goehler ist anderer Meinung. "Ja, ich würde es jederzeit wiederholen", sagt sie. Wie wenig Gleichberechtigung in Wirklichkeit erreicht worden ist, zeige doch die Tatsache, dass die Frauen im Land im Schnitt immer noch 25 Prozent weniger verdienen als Männer in gleichen Positionen. Nicht nur deshalb tritt die Publizistin überall vehement für einen Mindestlohn ein.
"Die Frauenfraktion", sagt sie, "war ein historisch notwendiges Pilotprojekt, das nach seiner Fortsetzung sucht."

Artikel erschienen am 09.07.2012
Jan Haarmeyer
http://mobil.abendblatt.de/hamburg/article2106582/GAL-Frauenliste-Als-die-Frauen-frech-wurden.html?emvcc=-3

Penisgröße scheint nicht anders als zu Großvaters Zeiten Ehrensache zu sein. Männer in vielen Kulturen der Welt machen reichlich Aufhebens um das Ding an sich. Steinzeitliche Papuas stecken es in einen aus Kürbis gefertigten Köcher, den sie stolz vor sich her tragen. Aborigines tunen ihr Glied durch Aufschlitzen der Harnröhre. Die kultische Verehrung der Penis war in Ägypten, Griechenland und Rom üblich. Von der graeco-romanischen Phallus-Verherrlichung zeugen noch heute Statuen des Priapos mit seinem enormen Ständer. In Japan werden hölzerne Phalli bei Shinto- Prozessionen durch die Straßen getragen und zwei Weltreligionen, Judentum und Islam, nehmen männliche Kleinkinder nur in die Gemeinde auf, wenn ihnen die Vor-haut entfernt wurde (was – nebenbei bemerkt – viele gesundheitliche Vorteile hat). Seit Freud stehen Hochhausarchitekten und Raketenbauer im Verdacht unterbewusste Neigungen zu kompensieren. Zwei Tage nach dem 11. September 2001 erklärte die deutsche Kulturpolitikerin Adrienne Goehler die Zwillingstürme hätten wegen ihrer phallischen Symbolik eine Provokation dargestellt.

http://www.welt.de/lifestyle/article4316535/Alles-ueber-das-beste-Stueck-des-Mannes-Teil-1.html

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Oliver, Wednesday, 01.10.2014, 17:54 (vor 3699 Tagen) @ Oberkellner

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Liebe Grüße
Oliver


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Joachim, Wednesday, 01.10.2014, 18:38 (vor 3699 Tagen) @ Oliver

Das ist doch ein Fake, oder? Photoshop!

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Oberkellner @, Wednesday, 01.10.2014, 19:12 (vor 3699 Tagen) @ Joachim

Das ist doch ein Fake, oder? Photoshop!

Das ist durchaus kein Fake. Zweck ist die Integration in die Gesellschaft.

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WilhelmTell @, Schweiz, Thursday, 02.10.2014, 08:23 (vor 3699 Tagen) @ Joachim

... diese Frau sieht ja noch schlechter aus als ich! s_traenenlachen

Das hier sind wahrscheinlich ihre Schwestern ...

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Wenn ich so bin, wie ich bin, bin ich ich.

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Manhood, Wednesday, 01.10.2014, 19:39 (vor 3699 Tagen) @ Oliver

....und bitte stets eine Bildwarnung im Titel anfügen.....! :-D

Grüsse

Manhood

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Oliver, Sunday, 05.10.2014, 06:22 (vor 3696 Tagen) @ Manhood

....und bitte stets eine Bildwarnung im Titel anfügen.....! :-D

Verstehe Manhood!

:-D

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Liebe Grüße
Oliver


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